3. Mai 2016

Ein schaler Geschmack

Das Amtsgericht Dresden hat nun also Lutz Bachmann, den inoffiziellen "Frontmann" der Pegidisten wegen Volksverhetzung zu eine Geldstrafe von 9600 Euro verurteilt. Das war nun am Ende nicht wirklich überraschend (das einzige was vielleicht überraschen konnte, ist das das Gericht Lutz Bachmann einen Tagessatz von 80 Euro zuschreibt, dieser Autor hätte angesichts der Geschicklichkeit mit der Herr Bachmann öffentlich auftritt, eher mit 10 Euro gerechnet.)
In der einen oder anderen Form wird gerne kolportiert, dass ein Urteil genau dann richtig ist, wenn es beide Seiten unbefriedigt zurück lässt, entsprechend ist der Staatsanwalt (und noch extremer die versammelte Linke) mit ihren Forderungen nach Gefängnisstrafe gescheitert, Herr Bachmann ist aber auch nicht, wie von den Pegidisten gefordert, freigesprochen worden. Insofern müsste man, wenn man sich irgendwo zwischen den Extremen verordnet, eigentlich ganz zufrieden sein. 

Was ist eigentlich passiert? So weit es in der Presse kolportiert wurde, wurde Herr Bachmann dabei "erwischt" wie er in einem Facebook Chat für Flüchtlinge und Asylanten die Worte "Gelumpe", "Dreckspack" und "Viehzeug" verwendet hat. Auf den Kern betrachtet ist das alles. "Alles" werden sicher einige sagen, das ist doch schon reichlich. Ist es das wirklich? Von den drei Begriffen ist in meiner Empfindung (ja, hier geht es auch um persönliche Empfindung) gerade einmal einer wirklich problematisch. Und das ist das "Viehzeug". Wenn Gelumpe und Pack (auch das Dreckspack) ein Problem sind, dann muss die SPD sich demnächst einen neuen Vorsitzenden suchen (obschon die FDP mit Otto Graf Lambsdorf ja auch lange einen Vorbestraften in ihren Reihen hatte). Nein, ohne Flax gesprochen: Gelumpe und Dreckspack sind vielleicht nicht nett, aber mit Sicherheit nichts wofür man jemanden in den Knast stecken kann. Bleibt also real nur das "Viehzeug" (man hat den Eindruck, die anderen beiden sind vor allem deshalb stehen geblieben, damit man am Ende nicht sagen konnte: "Jetzt muss man schon wegen einem Wort in den Knast."). Viehzeug ist sicher ziemlich daneben. Aber auch hier erlaube ich mir den Vergleich mit einem (jetzt allerdings ehemaligen) Vorsitzenden der SPD: Heuschrecken sind sicher nicht von höherem Niveau als Viehzeug. Und meines Wissens hat Herr Müntefering dafür keine 120 Tagessätze zahlen müssen. Was insbesondere dadurch etwas aussagt, dass Müntefering seine Aussagen an Millionen adressiert hat und nicht an ein paar andere in einem Facebookforum. 

Wenn diese drei Vokabeln bereits genügen jemanden wegen Volksverhetzung zu verurteilen (immerhin kein Vergehen sondern eine massive (!) Straftat mit fünf Jahren Strafandrohung), dann sollten wir lieber leiser werden, wenn wir uns über die mangelnde Meinungsfreiheit in anderen Ländern beschweren. Dieser Autor kann sich zudem nicht des Eindrucks erwehren, dass hier wieder ein besonderes Recht gesprochen wurde, weniger der Begriffe wegen, sondern der Opfer wegen. Hätte es ein ähnliches Verfahren gegeben, wenn die selben drei Begriffe auf einer Homepage der Grünen über die AfD oder die NPD gestanden hätten? Kann sich das jemand vorstellen? 

Man kann natürlich an der Stelle klar bemerken: Es erwischt nicht wirklich den Falschen. Der gute Herr Bachmann ist ein echter Unsympath, zudem ein mehrfach vorbestrafter Gauner mit Knasterfahrung und allem drum und dran. Es ist schwer mit ihm Mitleid zu haben und man kann auch beruhigt davon ausgehen, dass diese Geldstrafe mit Freuden von seinen Anhängern bezahlt werden wird, die sich damit noch geadelt fühlen dürften. Aber: Für einen Anhänger des Rechtsstaates darf das nichts zur Sache tun. Der Rechtsstaat misst sich nicht daran, wie er mit Günther Jauch oder Stefan Raab umgeht (um mal zwei Sympathieträger zu nennen), sondern vor allem darin, wie er mit Magnus Gäfgen und Beatrix von Storch umgeht. Und auch mit Lutz Bachmann.

Alles in allem bleibt von all dem ein schaler Geschmack. Das Urteil hat nicht wirklich etwas besser gemacht. Und am Ende blieb auch noch eine gewisse Unperle des Richters in Erinnerung: Wenn ein Gesetz gebrochen wird, gibt es keine Meinungsfreiheit. So zumindest wird er zitiert. Der Satz könnte 1:1 von einem anderen Protagonisten um der Meinungsfreiheit dieser Tage stammen: Recep Tayyip Erdogan.


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Llarian

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