26. November 2014

Statistisches Rauschen

Lärm kann unangenehm sein. Lärm kann gesundheitsschädlich sein.
Aber welcher Lärm und wieviel Lärm wie stark wirkt - das hängt sehr von den Gegebenheiten und individueller Empfindlichkeit ab. Ein ideales Feld für statistische Forschungen.

Und da Fluglärm politisch besonders heikel ist, wurde er im Umfeld des ausbaufreudigen Frankfurter Flughafens mit einer speziellen Studie bedacht. Und die Ergebnisse sind wie erwartet: Fluglärm behindert das Lernen. In besonders betroffenen Anliegerkommunen, so die Forscher, können Kinder bis zu zwei Monate beim Lesenlernen verlieren.

Jetzt wird natürlich gestritten, ob das zu viel ist - oder angesichts anderer Faktoren doch verkraftbar. Ein Umzug ins falsche Bundesland kann laut PISA-Studie ja locker mal ein ganzes Schuljahr kosten ...

Aber klar scheint, daß Lärm meßbar dem Lernerfolg schadet. Was ja auch intuitiv einleuchtet. Jedenfalls den Eltern, nicht unbedingt den Teenies, die bei den Hausaufgaben Radio hören.

Aber ein merkwürdiges Detail steht da noch in der Studie.
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Aus schwer nachvollziehbarem Grund haben die Forscher Schüler mit und ohne "Migrationshintergrund" getrennt gemessen. Mit dem Ergebnis, daß bei den Schülern mit Migrationshintergrund überhaupt keine Lernbehinderung meßbar ist. Der Lärmeinfluß zeigt sich scheinbar nur bei deutschen Schülern.

Die Forscher haben dafür keine vernünftige Erklärung. Sie spekulieren recht merkwürdig über unterschiedliche Unterstützung in den Elternhäusern. Ob die Migranteneltern zu Hause mehr Krach machen, um ihre Kinder abzuhärten?

Viel naheliegender wäre ein anderer Ansatz: Der Fluglärm - so lästig er manchmal sein mag - hat keine Auswirkungen auf den Lernerfolg. So wie das bei den Migrantenkindern zu beobachten ist.
Aber bei den deutschen Kindern ist ein ganz anderer Effekt zu vermuten: Die "bildungsnäheren", beruflich erfolgreicheren und damit auch finanzstärkeren Familien ziehen nicht in eine schlechte Wohnlage mit Fluglärm. Und in den Fluglärm-Kommunen verbleiben tendenziell eher die Familien, deren Kinder nicht so schnell sind mit dem Lesenlernen.

Das ist natürlich nur eine Vermutung. Die wahrscheinlich weder bewiesen noch widerlegt werden kann.
Denn die Forscher haben bei ihrer Studie eine ganz wesentliche Sache übersehen: Bei ihren Untersuchungsobjekten mit und ohne Fluglärm gilt eben nicht der Grundsatz "ceteris paribus". Die Gemeinden/Schulen mit oder ohne Fluglärm unterscheiden sich eben nicht nur in diesem einen Faktor, sondern auch in vielen anderen. Und damit ist die NORAH-Studie wissenschaftlich wertlos.

R.A.

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