18. Juni 2011

Zitat des Tages: "Es dürfen gewaltmäßige Maßnahmen ergriffen werden". Was das Völkerrecht Israel gegen eine erneute Gaza-"Hilfsflotte" erlaubt

ZEIT ONLINE: Womit müssen die Teilnehmer der Hilfsflotte rechnen?

Heintschel von Heinegg: Schiffe, die tatsächlich die Blockade brechen, müssen in Kauf nehmen, dass dann auch gewaltmäßige Maßnahmen gegen sie ergriffen werden. Zudem muss die Blockademacht gar nicht warten, bis jemand tatsächlich die Blockadelinie überschreitet. Es reicht schon, wenn eine eindeutige Absicht erkennbar ist. Dann können Maßnahmen auch schon weit vor der Blockadelinie ergriffen werden.

ZEIT ONLINE: Wie können oder sollten solche Maßnahmen aussehen?

Heintschel von Heinegg: In normalen Fällen geht das relativ problemlos. (...) Wenn aber den Maßnahmen der Blockademacht Widerstand entgegengesetzt wird, dann darf dieser Widerstand natürlich auch überkommen werden. Das heißt, jeder Versuch sich abzusetzen oder auszuweichen darf mit verhältnismäßigen Mitteln überkommen werden.


Aus einem Interview, daß Jade-Yasmin Tänzler für "Zeit-Online" mit dem Völkerrechtler Wolff Heintschel von Heinegg über die Rechtslage für den Fall führte, daß demnächst wieder, wie angekündigt, eine "Hilfsflotte" die Gaza-Blockade zu durchbrechen versucht.


Kommentar: Falls Sie sich fragen, wie man denn wohl Widerstand "überkommt", dann übersetzen Sie das englische overcome richtig; also mit "überwinden". Aber das nur nebenbei. Ich zitiere aus diesem Interview, weil man das, was Heintschel von Heinegg sagt, wissen sollte, wenn demnächst erneut eine sogenannte Hilfsflotte versuchen wird, die Blockade Gazas zu durchbrechen.

Vor einem Jahr war ein entsprechendes Unternehmen, wie erinnerlich, ein voller Erfolg für die Initiatoren gewesen. Israel sollte zu Aktionen gezwungen werden, die sich für antiisraelische Propaganda ausschlachten ließen; und das gelang über die Maßen gut (siehe Ein "Hilfskonvoi" für Gaza. Israelfeindliche Berichterstattung; ZR vom 31. 5. 2010 und Wer hat eigentlich die "Hilfsflotte" für Gaza finanziert und ausgerüstet? Ein Bericht der New York Times; ZR vom 2. 6. 2010).

Das soll jetzt, Ende Juni, in größerem Stil widerholt werden; auch wenn das damalige Hauptschiff "Mavi Marmara" nach einer aktuellen Meldung jetzt doch nicht mitfahren wird.

Auch jetzt wird wieder versucht werden, Israel gegenüber der Weltöffentlichkeit ins Unrecht zu setzen. Gegen solche Propaganda hilft nur Kenntnis der Rechtslage, wie sie in dem Interview von einem Kenner der Materie dargelegt wird.

Wolff Heintschel von Heinegg ist Professor für Öffentliches Recht, insbesondere u.a. Völkerrecht, an der Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Wie ein Blick in sein Schriftenverzeichnis zeigt, ist er Spezialist für Seerecht und dort vor allem Seekriegsrecht. Er hat über ein Thema aus dem Seekriegsrecht promoviert; seine Habilitationsschrift trägt den Titel "Seekriegsrecht und Neutralität im Seekrieg".

Wenn jemand in Deutschland qualifiziert ist, die Rechtslage bei einem erneuten Versuch des Blockadebruchs durch eine "Hilfsflotte" wissenschaftlich zu beurteilen, dann Heintschel von Heinegg. Noch einige seiner Feststellungen zu Israels Seeblockade des Gazastreifens:
Wenn man allerdings nüchterne rechtliche Analysen anschaut, dann wird klar: Die grundsätzliche Zulässigkeit der Blockade ist nie in Zweifel gezogen worden. (...)

Wenn die Blockade rechtlich zulässig ist, dann sind es auch die Maßnahmen zur Errichtung einer Blockade. Es gibt nur ein Prinzip, dass die Blockade kennzeichnet: Das Prinzip der Effektivität. (...)

Wenn jemand vorab der Weltöffentlichkeit erklärt, er reise dorthin, mit dem erklärten Ziel, die Blockade zu brechen – das ist dann ein klarer Beweis für einen Blockadebruch-Versuch. Dann braucht die Blockademacht nicht bis zum Durchbrechen des Schiffes der 20-Seemeilen-Linie zu warten, sondern kann schon vorher intervenieren.
Das Interview in "Zeit-Online" erschien vorgestern. In gut fünfzig Stunden sind dazu nicht weniger als (im Augenblick) 783 Kommentare eingegangen; eine ganz ungewöhnliche Zahl für "Zeit-Online". Schauen Sie da einmal hinein; dann bekommen Sie einen Begriff davon, wie erfolgreich die antiisraelische Propaganda auch in Deutschland ist.
Zettel



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