11. Juni 2011

Zitat des Tages: "Das Umweltbundesamt schlägt zusätzliche Maßnahmen vor". Was der "Ausstieg" für den Bürger bedeutet. Blick in einen Horrorkatalog

Die deutschen CO2-Emissionen drohen durch den Atomausstieg und die zunehmende Nutzung von Kohle zu steigen. (...) Das Umweltbundesamt schlägt eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen vor, auch im Verkehrssektor.

Erster und letzter Satz einer Vorabmeldung zum gedruckten "Spiegel" der kommenden Woche (Heft 24/2011 vom 11. 6. 2011).


Kommentar: Was es mit diesen "zusätzlichen Maßnahmen" auf sich hat, kann man in dem vorabgemeldeten Artikel des "Spiegel" auf Seite 46 genauer lesen:
Die Koalition könnte zum Beispiel statt des ungehemmten Autoverkehrs die Bahn stärken, ein Tempolimit einführen und Abgasgrenzwerte für Autos verschärfen. Sie könnte Landwirte zum Schutz von Humusböden verpflichten, aus denen derzeit viel CO2 frei wird, und flächendeckend Moore als Kohlenstoffspeicher renaturieren. Die Koalition könnte zudem die Energiesanierung von Altbauten einfordern. Möglich wäre auch, gegen den Stand-by-Modus bei Elektrogeräten vorzugehen, der den Strom zweier Atomkraftwerke verschlingt.
So war es zu erwarten gewesen: Der "Ausstieg" wird nicht nur die Energiepreise in die Höhe treiben, sondern er wird auch der Grund - oder der Vorwand - dafür sein, daß die Öko-Schlinge enger um den Hals des Bürgers gezogen wird. Mal hier, mal dort wird unsere Freiheit vom Staat weiter eingeschränkt werden.

Seit November 2007 gibt es in diesem Blog die Serie "Deutschland im Öko-Würgegriff". Der Stoff für viele weitere Folgen ist gesichert.

Was allein im Bereich des Verkehrs mit dem Bürger gemacht werden könnte, darüber hat sich das Umwelt-Bundesamt bereits im März 2010 auf 82 Seiten seine Gedanken gemacht. Der Sachstandsbericht 5/2010 des Amts heißt "CO2-Emissionsminderung im Verkehr in Deutschland. Mögliche Maßnahmen und ihre Minderungspotenziale" und kann hier als PDF-Datei heruntergeladen werden. Werfen Sie einmal einen Blick in diesen Horrorkatalog (Hervorhebungen und Zusätze in eckigen Klammern von mir):
  • Der Bundesgesetzgeber sollte ... die Verpflichtung der Festlegung von Obergrenzen für die künftige jährliche Siedlungsausweitung für Länder, Regionen und Gemeinden einführen, analog zur Festlegung der Emissionsrechte im Klimaschutz, und ggf. den Handel mit Flächenkontingenten. (S. 18)

  • Die Entfernungspauschale als Aufwandsentschädi-gung für das Erreichen des Arbeitsplatzes begünstigt lange Arbeitswege und die Wohnortwahl auf der "grünen Wiese" im Umland der Kernstädte. Eine Abschaffung dieser Regelung hat kurzfristige Effekte bzgl. der Verkehrsmittelwahl und langfristige bzgl. der Wohnstandortwahl. (S. 19)

  • Da Straßenbaumaßnahmen immer auch zusätzlichen Verkehr induzieren können, sollten die finanzierenden Länder und Gemeinden sowie der Bund auch die damit verbundenen indirekten Umweltbeeinträchtigungen sehr kritisch überprüfen. Grundsätzlich sollten Bund und Länder keinen Straßenneubau mehr unterstützen. (S. 24)

  • Ein Verkehrslenkungssystem und Parkraummanage-ment mit einer Verknappung und Bewirtschaftung der Parkflächen in den Innenstädten fördern zusätzlich den Umstieg auf den ÖPNV [Öffentlichen Personen-Nahverkehr]. (S. 32)

  • Gut ausgebaute Infrastruktur- und Service-einrichtungen allein reichen nicht, um mehr Menschen zum Radfahren und Zufußgehen zu bewegen. Es bedarf weiterer Bildungs- und Aufklärungsarbeit beginnend im frühen Kindesalter (...). Unterstützend kann eine Marketingstrategie wirken, die dazu beiträgt, dass Radfahren und Zufußgehen verstärkt mit einem positiven Image in den Medien – z.B. in Fernsehserien, Filmen – präsent sind. (S. 34)

  • Die Mehrwertsteuerbefreiung ist bei grenzüber-schreitenden Flügen aufzuheben. (...) Der Flugverkehr ist nicht länger von der Kerosinsteuer zu befreien. (...) Der Flugverkehr ist in den Emissionshandel einzubeziehen. (S. 37)

  • Durch eine Erhöhung der Energiesteuer auf Kraftstoffe entstehen ökonomische Anreize zum Kraftstoffsparen und damit zur CO2-Minderung. (...) [Vorgeschlagen wird eine] Erhöhung der Kraftstoffbesteuerung um jährlich 3 Cent je Liter (...) (S. 40)

  • Die EVU [Eisenbahnverkehrsunternehmen] sollten in ihre Fahrpläne im Personen- und Güterverkehr größere Zeitpuffer als bislang einplanen, so dass die Fahrzeugführerinnen und -führer möglichst selten Zugverspätungen aufholen müssen. (S. 58)

  • In den Prüfungen der Fahrschulausbildung sollte verbrauchsarmes Fahren z.B. durch die Ermittlung der erzielten Kraftstoffeinsparung auf einer Standard-Prüfstrecke stärker in den Vordergrund treten. (S. 62)

  • Die Automobilhersteller sollten sich verpflichten, für jeden Kauf eines Neufahrzeugs einen Gutschein zur Teilnahme an einer Schulung zur energiesparenden Fahrweise bereitzustellen. (S. 62)

  • Der Bund führt ab dem Jahr 2010 dauerhafte, flächendeckende Geschwindigkeitsbeschränkungen ein. Sie liegen für Pkw auf Landstraßen bei 80 km/h und auf Autobahnen bei 120 km/h. (S. 63)

  • Informations- und Motivationskampagnen von Seiten des Bundes stellen (...) auch die weiteren positiven Effekte – weniger Getötete und Verletzte, weniger Lärm und Schadstoffausstoß – dar und erhöhen die Akzeptanz der Maßnahme in der Bevölkerung. (S. 63)

  • Der Bund sollte mittlere und große Unternehmen (ab circa 100 Mitarbeiter/innen) zu einem Mobilitäts-management für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichten. (S. 65)
  • Sie sehen: Dieses Amt, dessen Aufgabe ja eigentlich der Schutz der Umwelt ist, hat sich zu so etwas wie einer Behörde zur Planung der formierten Gesellschaft entwickelt.

    Von den Bebauungsplänen der Gemeinden über die Erziehung der Kinder bis zu den Fahrplänen der Eisenbahn, dem Übungsprogramm der Fahrschulen und dem, was in Film und und Fernsehen geboten wird, soll alles vom Staat vorgeschrieben, geregelt, zumindest beeinflußt werden. Wolfgang Harich, der Vordenker der Öko-Erziehungsdiktatur, hätte seine helle Freude daran gehabt (siehe Überlegungen zur Freiheit (3): Wolfgang Harich und die Öko-Diktatur; ZR vom 16. 3. 2007).

    Harich kannte noch keine "Klimakatastrophe". Sein Buch Kommunismus ohne Wachstum? Babeuf und der Club of Rome (Gespräche mit Freimut Duve) erschien bereits 1975. Die damaligen Ängste speisten sich aus dem sogenannten "Bericht des Club of Rome"; dem Buch Buch "Die Grenzen des Wachstums", das 1972 erschienen war. Man ängstigte sich seinerzeit vor der "Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen".

    Aber die Inhalte sind ja auch sekundär. Harich, der immer Kommunist geblieben war, träumte von einer perfekten Gesellschaft, in welcher ein fürsorglicher und auch strenger Staat alles zum Besten "seiner Menschen" regelt. Dieses Denken verkörpert sich heute in Dokumenten wie diesem Sachstandsbericht 5/2010 des Umweltbundesamts.

    Ob diejenigen, deren Traum die vollständige Kontrolle der Gesellschaft ist, nun die "Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung" ins Feld führen oder eine drohende "Klimakatastrophe"; oder, wie gegenwärtig, die Gefahr einer Atomkatastrophe in Deutschland, das ist unwesentlich.

    Die Rechtfertigungen wechseln, das Ziel einer vom Staat kontrollierten Gesellschaft bleibt. Oder vielmehr: Einer Gesellschaft, in welcher der Staat denjenigen als ihr Instrument zur Verfügung steht, die sich für die allein Einsichtigen halten und die daraus das Recht ableiten, nach Belieben über die anderen zu bestimmen. Zu deren Bestem natürlich; oder am besten gleich zum Besten des ganzen Planeten.
    Zettel



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