Manche würden es vielleicht "schizophren" nennen. Aber die Schizophrenie ist trotz ihres Namens keine Spaltung der Persönlichkeit; wenn auch dieses Mißverständnis offenbar unausrottbar ist. Sagen wir also "Multiple Persönlichkeit". Hier: Grüne Multiple Persönlichkeit. Und weil ich diesen Begriff jetzt gleich oft verwenden werde, kürze ich ihn ab: MGP.
Das Phänomen der MGP ist mir schon oft aufgefallen. Jetzt wieder bei dem, was Pirx heute Vormittag in Zettels kleinem Zimmer in seinem Kommentar zum heutigen Zitat des Tages geschrieben hat:
Wenn die MGP ißt, einkauft oder Essen zubereitet, dann hat die in ihr existente Bio-Person die Kontrolle; nennen wir sie Gärtnerin. Gärtnerin ordnet die Welt unter dem Gesichtspunkt der gesunden Ernährung; andere Aspekte kennt sie nicht. Also hat sie keine Bedenken gegen die Bio-Gurke aus Spanien oder Bio-Kartoffeln aus Ägypten. Es darf auch schon einmal der Bio-Apfel aus Südafrika sein oder aus Neuseeland. Zwar wurde er um die halbe Welt transportiert; und das selten im klimaneutralen Segelschiff. Aber das ist nicht die Welt von Gärtnerin.
Die Sorge um den Klimakiller Luftfracht ist Sache einer anderen Person in der MGP; sie mag Klimatiker heißen. Klimatiker sieht die Welt aus der Perspektive einer bevorstehenden Klimakatastrophe, von deren Kommen er überzeugt ist, wenn wir nicht alle "umkehren". Klimatiker fährt mit dem Fahrrad durch Wind und Wetter, um Benzin zu sparen. Er hält Glühbirnen für Teufelswerk und schaltet jeden Abend seine Unterhaltungselektronik komplett ab; denn die zwei oder drei Wattstunden pro Gerät im Standby-Betrieb bedrohen nach seiner Überzeugung unsere Erde.
Wenn Klimatiker die Kontrolle in der MGP hat, dann würde er niemals Importfrüchte und Importgemüse kaufen; denn er ist sich des "Klima-Fußabdrucks" eines Apfels aus Neuseeland nur allzu bewußt. Aber diesen kauft ja nicht Klimatiker, sondern eben Gärtnerin. Wie es in einer MGP nun einmal ist, weiß die eine Person nichts von der anderen und könnte, würde sie diese denn kennen, deren Werte und ihr Verhalten nicht nachvollziehen.
Gärtnerin hat ein eher optimistisches Weltbild, Klimatiker ein eher angstbesetztes. In seiner Angst übertroffen wird er allerdings von einer dritten Person in der MGP, GAUpokalyptiker.
GAUpokalyptiker wird gepeinigt von der Angst, der GAU eines Kernkraftwerks könne eine nukleare Apokalypse auslösen. Diese Angst bestimmt sein Handeln, ordnet seine Welt. Für GAUpokalyptiker gilt es, um jeden Preis diese Katastrophe zu verhindern. Auch um den Preis, neue Kohlekraftwerke zu bauen und alte zu reaktivieren. Auch um den Preis, Mutter Erde auch noch den letzten Kubikmeter Erdgas zu entreißen und ihn zu verbrennen.
Wüßte das Klimatiker, dann wäre er entsetzt; denn just gegen "fossile Energien" kämpft er ja mit all seiner Kraft. Aber glücklicherweise ... wie gesagt, die Personen in einer MGP wissen nichts voneinander.
So wissen alle die anderen denn auch nichts von derjenigen ihrer Mitpersonen, die als die Älteste eigentlich den höchsten Rang in der Kontrollhierarchie haben sollte: Naturfreundin.
Das Denken von Naturfreundin kreist nicht um unser Essen und nicht um den Untergang der Welt, sei es nun durch eine atomare oder eine Klimakatastrophe. Es kreist um Krötenwanderung und Feuchtbiotope, um die Wiederansiedlung des Wolfs in Deutschland und um das Wattenmeer; kurz, um alles, was wächst, kreucht und fleucht. Außer um den Menschen, aber der kreucht und fleucht ja auch nicht; und zu wachsen hört er mit fünfzehn oder sechzehn auch auf.
Als die älteste Person ist Naturfreundin freilich schon ein wenig schwächlich geworden. Sie ist gegen Windräder, die das Wattenmeer verschandeln und deren Rotoren Vögel zerfetzen. Beim Essen geht es ihr nicht um die Gesundheit des Essenden, sondern um das üble Schicksal des Gegessenen. Vor einem GAU hat sie keine Angst, weil sie gar nicht weiß, was das ist. Als ihre Generationsgenossen vor Brokdorf demonstrierten, strickte sie gerade einen Wollpullover für ihren Liebsten.
Kurz, sie ist mit ihrer Sorge um Flora und Fauna zwar noch nicht wirklich im Abseits, die Person Naturfreundin in der MGP; aber doch auch nicht mehr voll im operativen Geschäft. Eher wie ein Ehrenvorsitzender oder ein Emeritus.
Ich habe das nur halb im Unernst geschrieben. Denn die Inkonsistenz des Denkens, das ich in der Gestalt der MGP personifiziert habe, ist ja real und wirklich beeindruckend.
Nicht nur kauft der engagierte Klimaschützer Bio-Äpfel, deren "CO2-Fußabdruck" so groß ist, daß er gar nicht auf ihre Oberfläche paßt; höchstens auf die eines Riesenkürbis. Nicht nur sind grüne Naturschützer entschlossen, die Natur mit Windrädern zu verschandeln, wo sie nur können.
Sondern seit dem Beginn der kollektiven Besoffenheit wg. Fukushima hat sich in Deutschland noch Erstaunlicheres zugetragen: Kohlekraftwerke, noch vor einem Vierteljahr das Sinnbild des Bösen, sind wieder gut. Die drohende Klimakatastrophe ist wie weggeblasen. Die MGP ist derzeit fest unter der Kontrolle von GAUpokalyptiker.
Das Phänomen der MGP ist mir schon oft aufgefallen. Jetzt wieder bei dem, was Pirx heute Vormittag in Zettels kleinem Zimmer in seinem Kommentar zum heutigen Zitat des Tages geschrieben hat:
Als im Zuge der EHEC-Gurken-Hysterie das österreichische Gesundheitsministerium ausgerechnet in Bioläden die spanischen Gurken fand, war ich doch etwas verwundert. Bio-Gurken aus Spanien? Predigen die Bio-Anhänger nicht auch noch besonders die "regionalen Produkte"?Ein klassischer Fall von MGP.
Aber dann erfuhr ich: In unseren Breiten gedeihen Gurken in dieser Jahreszeit nur im Glashaus. Glashaus ist aber nicht bio, sondern zählt offenbar als "industriell". Also muss man, wenn man Bio-Gurken im Mai haben möchte, diese aus Spanien importieren.
Wenn die MGP ißt, einkauft oder Essen zubereitet, dann hat die in ihr existente Bio-Person die Kontrolle; nennen wir sie Gärtnerin. Gärtnerin ordnet die Welt unter dem Gesichtspunkt der gesunden Ernährung; andere Aspekte kennt sie nicht. Also hat sie keine Bedenken gegen die Bio-Gurke aus Spanien oder Bio-Kartoffeln aus Ägypten. Es darf auch schon einmal der Bio-Apfel aus Südafrika sein oder aus Neuseeland. Zwar wurde er um die halbe Welt transportiert; und das selten im klimaneutralen Segelschiff. Aber das ist nicht die Welt von Gärtnerin.
Die Sorge um den Klimakiller Luftfracht ist Sache einer anderen Person in der MGP; sie mag Klimatiker heißen. Klimatiker sieht die Welt aus der Perspektive einer bevorstehenden Klimakatastrophe, von deren Kommen er überzeugt ist, wenn wir nicht alle "umkehren". Klimatiker fährt mit dem Fahrrad durch Wind und Wetter, um Benzin zu sparen. Er hält Glühbirnen für Teufelswerk und schaltet jeden Abend seine Unterhaltungselektronik komplett ab; denn die zwei oder drei Wattstunden pro Gerät im Standby-Betrieb bedrohen nach seiner Überzeugung unsere Erde.
Wenn Klimatiker die Kontrolle in der MGP hat, dann würde er niemals Importfrüchte und Importgemüse kaufen; denn er ist sich des "Klima-Fußabdrucks" eines Apfels aus Neuseeland nur allzu bewußt. Aber diesen kauft ja nicht Klimatiker, sondern eben Gärtnerin. Wie es in einer MGP nun einmal ist, weiß die eine Person nichts von der anderen und könnte, würde sie diese denn kennen, deren Werte und ihr Verhalten nicht nachvollziehen.
Gärtnerin hat ein eher optimistisches Weltbild, Klimatiker ein eher angstbesetztes. In seiner Angst übertroffen wird er allerdings von einer dritten Person in der MGP, GAUpokalyptiker.
GAUpokalyptiker wird gepeinigt von der Angst, der GAU eines Kernkraftwerks könne eine nukleare Apokalypse auslösen. Diese Angst bestimmt sein Handeln, ordnet seine Welt. Für GAUpokalyptiker gilt es, um jeden Preis diese Katastrophe zu verhindern. Auch um den Preis, neue Kohlekraftwerke zu bauen und alte zu reaktivieren. Auch um den Preis, Mutter Erde auch noch den letzten Kubikmeter Erdgas zu entreißen und ihn zu verbrennen.
Wüßte das Klimatiker, dann wäre er entsetzt; denn just gegen "fossile Energien" kämpft er ja mit all seiner Kraft. Aber glücklicherweise ... wie gesagt, die Personen in einer MGP wissen nichts voneinander.
So wissen alle die anderen denn auch nichts von derjenigen ihrer Mitpersonen, die als die Älteste eigentlich den höchsten Rang in der Kontrollhierarchie haben sollte: Naturfreundin.
Das Denken von Naturfreundin kreist nicht um unser Essen und nicht um den Untergang der Welt, sei es nun durch eine atomare oder eine Klimakatastrophe. Es kreist um Krötenwanderung und Feuchtbiotope, um die Wiederansiedlung des Wolfs in Deutschland und um das Wattenmeer; kurz, um alles, was wächst, kreucht und fleucht. Außer um den Menschen, aber der kreucht und fleucht ja auch nicht; und zu wachsen hört er mit fünfzehn oder sechzehn auch auf.
Als die älteste Person ist Naturfreundin freilich schon ein wenig schwächlich geworden. Sie ist gegen Windräder, die das Wattenmeer verschandeln und deren Rotoren Vögel zerfetzen. Beim Essen geht es ihr nicht um die Gesundheit des Essenden, sondern um das üble Schicksal des Gegessenen. Vor einem GAU hat sie keine Angst, weil sie gar nicht weiß, was das ist. Als ihre Generationsgenossen vor Brokdorf demonstrierten, strickte sie gerade einen Wollpullover für ihren Liebsten.
Kurz, sie ist mit ihrer Sorge um Flora und Fauna zwar noch nicht wirklich im Abseits, die Person Naturfreundin in der MGP; aber doch auch nicht mehr voll im operativen Geschäft. Eher wie ein Ehrenvorsitzender oder ein Emeritus.
Ich habe das nur halb im Unernst geschrieben. Denn die Inkonsistenz des Denkens, das ich in der Gestalt der MGP personifiziert habe, ist ja real und wirklich beeindruckend.
Nicht nur kauft der engagierte Klimaschützer Bio-Äpfel, deren "CO2-Fußabdruck" so groß ist, daß er gar nicht auf ihre Oberfläche paßt; höchstens auf die eines Riesenkürbis. Nicht nur sind grüne Naturschützer entschlossen, die Natur mit Windrädern zu verschandeln, wo sie nur können.
Sondern seit dem Beginn der kollektiven Besoffenheit wg. Fukushima hat sich in Deutschland noch Erstaunlicheres zugetragen: Kohlekraftwerke, noch vor einem Vierteljahr das Sinnbild des Bösen, sind wieder gut. Die drohende Klimakatastrophe ist wie weggeblasen. Die MGP ist derzeit fest unter der Kontrolle von GAUpokalyptiker.
Zettel
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