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23. April 2009

Zitat des Tages: Aderlaß und Klistier. Gibt es in Deutschland demnächst Schmalspur-Mediziner?

Die Versuchung ist sicherlich groß, in Form jenes "Bachelors" die Bader und Feldscher der alten Tage wiederauferstehen zu lassen, den Krankenpfleger mit erweiterter Handlungsbefugnis, den Arzt mit eingeschränktem Spielraum. (...) Endlich würde der Ausstiegsbachelor zum weiteren Ausbluten der wissenschaftlichen Medizin in Deutschland führen. Aber das passt ja zur vorwissenschaftlichen Medizin: Aderlass und Klistier gehörten zu deren Lieblingstherapien.

Die Frankfurter Medizinprofessoren Josef Pfeilschifter und Helmut Wicht in der FAZ zu Überlegungen, im Rahmen des "Bologna- Prozesses" ein sechsemestriges Medizinstudium einzuführen, das zu einem Bachelor- Abschluß führen soll.

Kommentar: Bereits die Einführung der Bachelor- Studiengänge in denjenigen Fächern, in denen der Studienabschluß zuvor der Magister oder das Diplom gewesen war, hat zu den verheerenden Konsequenzen geführt, die ich hier im Oktober des vergangenen Jahres beschrieben habe: Verschulung des Studiums, das durch die ständigen studienbegleitenden Prüfungen zu einer Paukerei wird; die Erzeugung von Halbakademikern, nicht Fisch, nicht Fleisch.

Immerhin waren wenigstens diejenigen Studiengänge, die mit einem Staatsexamen abschließen - vor allem Medizin und Jura - bisher von dieser sogenannten Reform verschont geblieben.

Jetzt also soll auch über die Medizin die Sauce Bolognese ausgegossen werden. Wohl bekomm's!.

Wer, wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, in einigen Jahren zum Arzt geht, der wird gut daran tun, sich erst einmal über dessen Studienabschluß zu informieren.

Oder wie wäre es damit: Der Kassenpatient muß mit dem Bachelor- Arzt vorliebnehmen, der ja Aderlaß und Klistier beherrscht; vielleicht auch das Handauflegen und die Akupunktur. Der Privatpatient hingegen kann sich für sein gutes Geld einen Master- Arzt leisten. Und gegen entsprechende Zuzahlung bekommt er sogar einen promovierten Doktor.

Oder er läßt sich gleich im Ausland behandeln.



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2. Oktober 2008

Kurioses, kurz kommentiert: Julian Nida-Rümelin, der Bachelor und Humboldts Universitätsideal

Die Reform muss bis 2010 abgeschlossen werden, aber dann wird an einer Reform der Reform kein Weg vorbeiführen. Und zwar eine, die die Vorteile der Umstellung - stärkere Strukturierung, intensivere Betreuung - mit einer Renaissance des Humboldtschen Universitätsideals verbindet.
Julian Nida-Rümelin, Philosoph und zeitweiliger Staatsminister für Kultur und Medien, heute in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" über die gegenwärtige Universitäts- Reform in Deutschland, in deren Mittelpunkt die Einführung von Bachelor- Studiengängen steht.

Kommentar: Vielleicht ist "kurios" hier nicht ganz das richtige Wort. Aber hochgradig irrational ist die Hoffnung des Rationalitäts- Forschers Nida- Rümelin, die Bachelor- Studiengänge ließen sich mit einer Renaissance des Humboldt'schen Universitätsideals verbinden.

Nida- Rümelin tat die zitierte Äußerung am Ende des Interviews, nachdem er zuvor selbst erläutert hatte, wohin die Einführung dieser Studiengänge führt: Zu einer Verschulung des Studiums, zur Entstehung von Lehrprofessoren, die im Grunde Studienräte im Hochschuldienst sind, ohne Zeit für eigene Forschung. Und zu einer Haltung der Studierenden, die auf die effiziente Aneignung von in Klausuren verwertbarem Wissen ausgerichtet ist, nicht auf ein Verständnis für wissenschaftliches Arbeiten.

Das sind keine Fehlentwicklungen, sondern es sind beabsichtigte, in der Natur der Sache liegende Folgen der Einführung von Studiengängen von sechs (!) Semestern Dauer. (Nida- Rümelin weist zu Recht darauf hin, daß der Bachelor- Grad in den USA durch ein achtsemestriges Studium erworben wird. Das entspricht dem Umfang beispielsweise vieler früherer Diplom- Studiengänge in Deutschland).

Was man mit dieser extremen Verkürzung des Studiums wollte, das war die Verfachhochschulung der Universitäten. Genauer: Eines Teils des Universitäts- Studiums. Denn so richtig losgehen mit der Wissenschaft soll es ja erst in den Master- Studiengängen.

In den USA ist der Bachelor ein vollwertiger akademischer Abschluß. Den Master erlangt man durch ein zusätzliches Aufbaustudium, das häufig in ein Promotionsstudium mündet.

In Deutschland aber will man jetzt den Master zum eigentlichen, zum einzig vollwertigen wissenschaftlichen Abschluß machen. Darunter eine Masse von Studierenden, die durch den Durchlauferhitzer eines sechssemstrigen Kurzstudiums gejagt werden. Halbakademiker, nicht Fisch, nicht Fleisch.

Und das soll man so modifizieren können, daß es mit dem Humboldt'schen Ideal der Einheit von Forschung und Lehre übereinstimmt?



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