12. September 2025

Charlie Kirk, Gedanken und unsere Zeit

Es ist schwierig einen Nachruf auf jemanden zu verfassen, den die wenigsten in Deutschland überhaupt vor seiner Ermordnung gekannt haben oder viel von ihm wahrgenommen haben. Darum sollte ich es vielleicht gar nicht erst versuchen, aber um zu verstehen, was ich sagen will, ist es vielleicht sinnvoll damit anzufangen. 

Ja, das ist eine Form von Nabelschau, und sie wird einem Nachruf sicher nicht allzusehr gerecht werden, denn Nachrufe beschäftigen sich ja nun mit der Person selber und da haben wir wieder das Eingangsproblem, dass die meisten in Deutschland Charlie Kirk nicht gekannt haben und insofern auch nicht ermessen können was für eine zentrale Figur Charlie Kirk in den USA gewesen ist.

Um ein bischen zu ermessen was dort passiert ist, muss man verstehen das Charlie Kirk sowohl Gründer als auch Chef der größten, politischen Jugendorgansiation der USA, Turning Point USA, gewesen ist. Seine politische Reichweite war ernorm, deutlich höher als die der Jugendorganisationen der Parteien, mithin ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass Charlie Kirk irgendwann in Reichweite der Präsidentschaft gewesen wäre und angesichts seines Charismas, seines durch und durch vorbildlichen Characters und seinem wachen Verstand, wären seine Chancen für dieses Amt alles andere als schlecht gewesen. 

Doch das war nicht einmal die größte Besonderheit von Charlie Kirk, gute Redner und Debattenträger gibt es durchaus einige, viele ebenso sympathisch und von gutem Character (man denke, falls man sich ein bischen in den USA auskennt, beispielsweise an Ben Shapiro oder auch Ron DeSantis, wenn man einen direkten Kandidaten bevorzugt), aber Charlie Kirk hatte etwas besonderes an sich, dass nur wenige ihr Eigen nennen können. Er war durch und durch von seinem tiefen, christlichen Glauben, überzeugt. Und er hat es ebenso gelebt wie er es vorgab. Wer mal die Debatten von Charlie Kirk ansieht, der stellt fest, dass Kirk nie ausfallend wird, nie unter die Gürtellinie geschlagen hat und selbst diejenigen, die ihn aufs übelste beleidigten, immernoch mit Respekt und Würde behandelt hat. Das sieht man eigentlich verdammt selten. Wer öfter mal Debatten verfolgt, wird selbst bei gemäßigten Rednern feststellen, dass denen irgendwann die Hutschnur platzt. Bei Kirk findet man das durch die Bank nicht.

Und er war effektiv, eben weil er diesen fundamentalen, menschlichen Respekt selbst vor den größten Deppen, die auf amerikanischen Unis rumlaufen, aufbrachte und ebenso weil er, da beisst die Maus keinen Faden ab, verdammt smart war.  Er war extrem belesen, schnell im argumentieren und hat vermutlich so ziemlich jede bedeutsame Statistik aus den letzten 30 Jahren amerikanischer Geschichte, auswendig gelernt. Diverse "Meisterdebatteure" haben sich an ihm die Zähne ausgebissen und trotzdem trug er, trotz aller überlegener Debattenkunst, immer dieses jungenhafte, verschmitze Grinsen mit sich, dass selbst die übelsten Beleidigungen einfach an sich abprallen lässt. 

Es ist kein Wunder, überhaupt kein Wunder, dass Kirk bei der radikalen Linken eher als eine Form von modernem Göbbels verschrien war, sie konnten ihm argumentativ praktisch nichts entgegen setzen, aber umso intensiver wurde er gehasst. Eben weil er ruhig blieb, weil er ihnen nicht einen Ticken entgegen kam, zu belegen, dass er das sei, für das sie ihn erklärten. Er strebte Debatte und Diskussion an, distanzierte sich immer und seit jeher von jedweder politischen Gewalt, und behandelte seine Gegenüber grundsätzlich wie Menschen. Er lebte eben tatsächlich die Lehren von Jesus in seiner ursprünglichen Form. Und wenn das christliche Glaubenskonstrukt stimmen sollte (das muss jeder für sich entscheiden), dann habe ich unter dieser Annahme wirklich keinerlei Bedenken oder Zweifel, dass Kirk jetzt wirklich bei seinem Schöpfer ist. 

Charlie Kirk hat in seinem kurzen Leben mehr bewegt, als der allergrößte Teil der Menschenheit es in 100 Jahren schafft. Und sein Anteil an der konservativen Wende in den USA, die seit 2016 mit der Wahl von Donald Trump, ihren ersten großen Erfolg feierte, ist erheblich, wenn nicht sogar essentiell. Es ist überhaupt kein Zufall, dass Trump ihm die Freiheitsmedaille zuerkennen will, dass Musk die Kosten für seine Kinder bis zum Ende ihrer Ausbildung tragen will und das JD Vance mit Airforce 2 nach Utah flog, um seinen Sarg persönlich abzuholen. Und zu tragen.

Um es ein wenig abzukürzen, auch wenn es ihm überhaupt nicht gerecht wird, so war Charlie Kirk tatsächlich einer der wenigen Menschen, die diesem Wort zur Ehre gereichen.

Und vor zwei Tagen wurde er ermordet. Was ein Zeugnis für die moderne politische Landschaft der USA, aber durchaus auch in Europa, ablegt. In den letzten 15 Jahren ist etwas passiert, dass viele nicht auf dem Radar hatten: Die Linke wähnte sich im Kulturkampf oder Krieg (je nachdem wie man ihn nennen will) als Sieger. Die Medien in fester Hand, die meisten Regierungen im Westen in fester Hand, die Schaltstellen der Macht in Regierungen, viele Firmen fest in der Hand, und, die nötige Brutalität und Rücksichtslosigkeit diese komplette Macht gegen jeden einzusetzen, der eine ernste Bedrohung für diese Hegemonie auch nur entfent darstellen könnte. 

Und dann kam die konservative Revolte. Charlie Kirk war ein wichtiger Teil davon, aber auch Donald Trump, Ron DeSantis, Elon Musk, Ben Shapiro, etc. pp. haben (in den USA) einen gewaltigen Anteil daran. In Deutschland fällt dieser Anteil auf die AfD, auf Alice Weidel, Bernd Lucke, Frauke Petry, Jörg Meuthen und selbst Björn Höcke. In Frankreich auf Marine LePen, in Holland auf Geert Wilders,  in Italien auf Meloni und in Ungarn auf Viktor Orban. Entsprechend wurde und wird jeder einzelne davon aus Nazi bezeichnet, als Faschist, Unmensch, Monster und Antidemokrat. Das hat zwei Gründe: Zum einen glaubt die mehr oder minder extreme Linke das inzwischen wirklich, wer sich das halbe Leben der Illusion hingeben will, er kämpfe als moderner Widerstanskämpfer gegen das dritte Reich, der erstarrt irgendwann tatsächlich in diesem Wahn. Zum anderen dient das Ganze der Feindmarkierung, die Linke hat (absolut zurecht) Angst, die kulturelle Hegemonie zu verlieren und am Ende so nackt dazustehen, wie sie eigentlich schon seit mehr als 20 Jahren steht. Und das schafft Panik und in Panik schlägt der Mensch um sich. 

Wenn Dunja Hayali (um in Deutschland zu bleiben) im Staatsfunk versucht Charlie Kirk als Faschisten und Monster zu diffamieren, einen Menschen, die sie mit aller Sicherheit nie in ihrem Leben getroffen hat und vermutlich bis vorgestern auch nicht kannte, dann ist das die linke Panik die Kontrolle zu verlieren. Die Markierung ist absolut notwendig, um zu vermeiden, zugeben zu müssen, dass die Linke argumentativ so nackt ist, dass ihr nur noch Kugeln bleiben, um ihre Macht zu verteidigen. 

Wir werden das öfter sehen, denn die Lippenbekenntnisse man lehne jede politische Gewalt ab, sind immer nur so lange am Start, wie es einen "Rechten" erwischt hat. Wenn morgen Björn Höcke erschossen würde, würde Hayali einen Tag lang politische Gewalt verurteilen, um dann zwei Woche zu berichten, dass er das voll verdient habe und wir froh sein sollten, dass er tot ist. Den Tanz sieht man in den USA derzeit durchaus an vielen Stellen, wo Moderatoren, die gestern noch Kirk als Hassprediger, Nazi und Faschisten bezeichnet haben, jetzt plötzlich erzählen, man müsse jetzt zusammen kommen und die Temperatur senken (um dann in einer Woche wieder wie vorher loszuhetzen).

Um an der Stelle mal mit Steven Crowder zu antworten (der das deutlich sagt, was viele denken): Wir machen das in dem Moment, wo ihr Charlie Kirk wieder ins Leben zurück holt.

Temperatur wird immer nur dann gesenkt, wenn linke Faschisten oder eine von ihr als wichtig erachtete Opfergruppe irgendwo wieder ein brachiales Verbrechen begangen haben. Die Temperatur sollte gesenkt werden, als ein Geschoss Donald Trumps Kopf nur um Millimeter verfehlte, aber als George Floyd, ein Junkie und verurteilter Gewalttäter, an einer Fentanyl Überdosis starb, brannte das ganze Land. Als Frank Magnitz von den Friedensstiftern der Antifa überfallen und niedergeschlagen wurde, war es wichtig die Temperatur zu senken, ebenso wie nach den Morden an Theo von Gogh oder Pim Fortuyn.  Aber nachdem in Altena ein mehr oder minder betrunkener Mann mit einem Messer auf den Bürgermeister losging, wurde wochenlang die Temperatur richtig hoch gedreht.

Ganz doof: Leckt mich. Ernsthaft. Wer jetzt davon redet wir müssten jetzt gemeinsam stehen und die Temperatur zurücknehmen, nur damit ihr nächste Woche wieder hetzten könnt: Ihr könnt mich da, wo nie die Sonne scheint. Das sollte vielleicht nicht in einem Nachruf stehen, schon gar nicht in einem für eine solche Ausnahmeperson wie Charlie Kirk, aber es gibt keine andere Ausdrucksweise dafür. Verarschen könnt ihr Euch selber! Euch geht es nicht um Temperatur oder gegen Gewalt, es geht darum, dass nicht so viele sehen wie nackt der Kaiser dasteht. Und ihr seid richtig nackig.

Aber es sollte ja eine Nabelschau sein und so schaue ich auf meinen Nabel. Mir geht nämlich eine Frage durch den Kopf, die mich seitdem nicht mehr so recht loslässt: Wie hätte ich reagiert, wenn es Angela Merkel gewesen wäre? Hätte ich dann auch die Temperatur senken wollen, hätte ich alle in einem Boot sehen wollen, hätte ich Bedauern dafür empfunden oder geäußert?

Wir lügen uns gerne selber in die Tasche und sagen uns: Ja, natürlich hätten wir das getan. Genauso wie Hayali vor der Kamera steht und die politische Gewalt einer Gruppe, mit der sie sympathisiert, beweint. Aber zum einen ist das hypothetisch (und in der Hypothese sind wir alle bessere Menschen), zum anderen wäre es mitunter genauso ein Lippenbekenntnis wie es Hayali von sich gibt. Und wenn ich mich einen Moment zur Ehrlichkeit zwinge, würde ich sagen, vielleicht auch nicht. Hätte sie Kinder wie Kirk, dann würde ich zumindest dieser ehrlich bedauern. Und hätte sie Freunde, täte es mir auch für sie leid. Aber für sie? Ich würde keinen Tanz darum ausfführen (wie es die radikale Linke derzeit in den USA tut, um zu beweisen was für Psychopathen sie eigentlich sind), weil ich Anstand habe und empfinde, aber ich würde es vermutlich nicht ernsthaft bedauern.

Ich bin, und das ist vielleicht traurig das zuzugeben, innerlich der Meinung, dass die eine oder andere Figur, die unser Land, meine Familie und auch mich, in den letzten 15 Jahren ins Unglück gestürzt haben, auch eine Strafe verdienen. Nicht die Kugel eines Attentäters, aber vielleicht die Kugel eines Hinrichtungskommandos. 

Mithin schrumpft der Unterschied zwischen mir und den Linksfaschisten auf den Anstand zurück und vielleicht eine grundsätzliche Überzeugung, dass Gerechtigkeit in aller Regel nicht aus dem Lauf eines Attentäters kommt. Es ist wirklich schwer und ich frage mich an der Stelle, ob unsere Gesellschaft, und ich nehme mich da leider(!) nicht aus, durch die Konfrontation der letzten Generation, massiv degeneriert ist. Wir streiten nicht mehr, wir wünschen uns die Pest an den Hals. Wir stellen uns nicht mehr zur Wahl, wir versuchen die Wahl des anderen zu verhindern. Wir versuchen nicht den anderen Standpunkt zu akzeptieren, wir moralisieren und vernichten den anderen. 

Ich sehe das Problem, aber ich sehe keine Lösung. Denn die Lösung kann (und wird!) nicht daraus bestehen, dass die konservative Seite sich immer wieder zurück nimmt und immer wieder in christlicher Form die andere Backe hinhält. Und wenn das Ganze tatsächlich in einem echten, heissen Bürgerkrieg endet, dann ist das eben so. Aber aufgeben werden wir auch nicht.  Wer also ab kommender Woche wieder ins Nazihorn tutet, wieder den Faschismus-Alaram klingelt und auf ganzer Linie wieder diejenigen markiert, die er oder sie ohnehin für nicht lebenswert hält, der wird genau das ernten, was er säht. 

Ich wünsche mir diesen Bürgerkrieg sicher nicht, wer will schon ernsthaft in einem Bürgerkrieg leben, aber ich glaube nicht, dass er automatisch von denen gewonnen wird, die sich heute in Machtpositionen sicher wähnen. Vielleicht wäre es für die ebenso vielleicht noch existente linke Seite (also eher gemäßigte Linke, die verstehen was zwei Geschlechter sind und nicht Donald Trump für den Antichristen halten) mal sinnvoll darüber nachzudenken, ob sie mit den Extremisten wirklich in einen Krieg ziehen will, den sie ganz schnell verlieren können. Jetzt nach ewigem Muster "die Rechte" zu beschwören sich bitte nicht so wie die Linke zu verhalten, wird irgendwann nicht mehr funktionieren. Es ist die Linke, die am Zug ist, sich von ihren Extremisten zu verabschieden und eine Linie zwischen sich un diesen zu ziehen. Lippenbekenntnisse helfen nicht mehr. Es wäre ein guter Schritt Leute wie Hayali als das zu entlarven, was sie ist und sie schlicht vor die Tür zu setzen. Oder Leute wie Whoopie Goldberg, Brian Stelter, Don Lemon oder Sunny Austin (um mal ein paar amerikanischen Beispiele zu nehmen). Das ist, was eigentlich passieren muss. Aber ich fürchte, es wird nicht passieren. Weil einem das Hemd dann doch näher ist als die Hose. 

Und so steigt die Temperatur. Charlie Kirk hätte das sicher nicht gewollt. Ihn umzubringen war mit Sicherheit, mal ab von der völliger ethischen Verwerflichkeit, keine gute Idee. 



Llarian

© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.