(Bild 11 aus der Photosequenz von Mariner 4)
„Lassen wir mal die Vorspeisen weg und kommen gleich zum Eingemachten,“ sagte von Braun, der sich auch mit dreiundfünfzig seinen Pennälerhumor bewahrt hatte. „Das entscheidende Photo ist das hier, Nummer elf.“ Er schob es in die Mitte des Tisches, und die anderen Wissenschaftler beugten sich darüber. Oppie spürte, wie sein Herz heftig schlug. Er hörte, wie Rabi tief Luft holte, und Kitty murmelte: „Mist!“
„Das ist aus einer Entfernung von 7800 Meilen aufgenommen worden,“ sagte von Braun und machte einen Schritt zurück, damit die anderen besser sehen konnten. „Von Osten nach Westen erfaßt das 170 Meilen, und von Norden nach Süden 150.“
„Und wo?“ wollte Oppie wissen. „Welche Koordinaten?“
Von Braun blätterte in einem Stoß zusammengehefteter Blätter, den er mitgebracht hatte. „Das ist ausgerichtet auf 31 Grad Süd und Ein-neun-sieben Grad Ost.“
Oppie wandte sich der großen Marskarte zu, die die Air Force 1962 veröffentlicht hatte, und strich die Knickfalten mit der Hand glatt. Er fand die Stelle schnell. Auf der Karte durchschnitt ein Kanal diagonal die Mitte des Gebiets, der sich vom Südwesten bis Nordosten erstreckte, als ob er vom Mare Cimmerium zum Mare Sirenum fließen würde.
Und auf dem MARINER-Photo war, möglicherweise, sehr schwach, wenn er sich wirklich anstrengte und etwas ausmachen wollte, eine schwache diagonale Linie zu sehen, in einem weniger steilen Winkel verlaufend. Sie mündete ... nein, nicht in ein Meer, nicht einmal eine Ebene, sondern in -
Es konnte sich um gar nichts anderes handeln, oder?
… in einen KRATER. Nur gut die Hälfte des Kraterrandes war zu sehen, wie die rechte Seite eines großgeschriebenen D, aber er beherrschte den Großteil des Bildes. Und er war nicht der einzige. Oppie zählte rasch sieben – nein, acht! – andere Krater auf Photo Nummer 11. Gemessen an der abgebildeten Fläche mußte der D-Krater einen ungefähren Durchmesser von 80 Meilen haben, der direkt daneben liegende vielleicht einen von 30, zwei weitere 20, und der Rest maß 10 bis hinunter zu 5 Meilen.
Oppie wußte, daß das Mare Cimmerium zu Ehren der Kimmerer benannt worden war, einem Volk, das Homer in der Odyssee erwähnte hatte und das in ewiger Finsternis lebte. Und nach dreieinhalb Jahrhunderten, in denen der Mars mit Teleskopen beobachtet worden war, hatte sich die Finsternis endlich gelichtet, und die Menschheit sah zum ersten Mal das wahre Angesicht ihres Nachbarn im All.
Es war herzzerreißend.