13. Juli 2025

Stippvisite im Sonnensystem. A11pl3Z





(Aufnahme des 2m-Twin Telescope des Observatorio del Teide auf Teneriffa vom 3. Juli 2025)

“Mit dem Jahr 2130 entdeckten die Radarteleskope auf dem Mars Asteroiden mit einer Rate von einem Dutzend pro Tag (…) Das Objekt, das zunächst als 31/439 katalogisiert wurde, nach dem Jahr und der Reihenfolge seiner Entdeckung, wurde entdeckt, als es sich noch außerhalb der Jupiterbahn befand. (…) Dann wurde die Umlaufbahn berechnet, und das Rätsel wurde gelöst – und durch ein größeres ersetzt. 31/439 bewegte sich nicht entlang einer gewöhnlichen Asteroidenbahn, auf einer Ellipse, die sie alle paar Jahre mit der Präzision eines Uhrwerks wiederholte. Es handelte sich um einen einsamen Wanderer zwischen den Sternen, der dem Sonnensystem seinen ersten und letzten Besuch abstattete – denn es bewegte sich so schnell, daß die Schwerkraft der Sonne es niemals einfangen konnte. Es würde sich ihr nähern, näher als die Umlaufbahnen von Jupiter, Mars, Erde, Venus und Merkur, und dabei beschleunigen, um dann die Sonne zu umrunden und erneut im Unbekannten zu verschwinden.

„An diesem Punkt schalteten die Computer ihr ‚Achtung! Wir haben etwas Interessantes aufgespürt“-Signal ein, und die Menschen wurden auf 31/439 aufmerksam. In der Zentrale von SPACEGUARD entstand eine kurze Aufregung, und der interstellare Vagabund wurde schnell mit einem Namen statt einer Katalognummer geehrt. Die Astronomen hatten die Götter und Mythen der griechischen und römischen Antike längst vergeben; jetzt arbeiteten sie sich durch die indische Götterwelt. Und so wurde 31/439 auf den Namen Rama getauft.“


(Arthur C. Clarke, „Rendezvous with Rama,“ 1973, Kapitel II, “Eindringling”)

„Das Objekt wurde zum ersten Mal am 1. Juli durch ein Teleskop in Chile gesichtet, das Teil des „Asteroideneinschlags-Warnsystems“ (Asteroid Terrestrial-Impact Last Alert System/ATLAS) ist, ein von der NASA finanziertes Projekt mit Sitz an der Universität von Hawaii in Manoa. Dieses System macht Forscher automatisch auf interessante Himmelsobjekte aufmerksam. Im Durchschnitt meldet das Team pro Tag ein Objekt an das Minor Planet Center für weitere Beobachtungen durch andere Astronomen. Als ATLAS-Manager Larry Denneau, ein Astronom an der University of Hawaii, diese spezielle Beobachtung weiterleitete, sah sie „absolut gewöhnlich aus,“ wie er sagt.

Aber andere Astronomen stellten sehr rasch fest, daß das keineswegs der Fall war. Sie sichteten neue und archivierte Daten von einer Reihe von Instrumenten, um weitere Aufnahmen des Objekts zu finden – einschließlich solcher, die schon vor Tagen oder Wochen aufgenommen worden. Sie dienten dazu, die Bahn von 3I/ATLAS zu bestimmen, und es stellte sich heraus, daß es sich dabei um eine offene, weitgeschwungene Hyperbelbahn handelt, nicht eine elliptische Umlaufbahn um unsere Sonne, und daß es sich somit um ein interstellares Objekt handelt, daß nicht durch die Schwerkraft an einem bestimmten Stern gebunden ist.

„An diesem Punkt wird einem schlagartig klar, daß dein simpler Mausklick aus der vergangenen Nacht diese Aufregung ausgelöst hat, und daß hunderte von Astronomen und Millionen von Laien sich jetzt dafür interessieren,“ sagt Dennau. (Nature.com, 3. Juli 2025)