31. Januar 2018

Seitenhieb: Hollywood setzt ein Statement

In Los Angeles fanden vor einigen Tagen, wie jedes Jahr, auch mal wieder die Verleihungen des Golden Globe statt. Soweit nichts besonderes. Die Filmindustrie feiert sich selber und gerade die Golden Globes sind der perfekte Schauplatz dafür Flagge zu zeigen und weniger unbedingt die erfolgreichsten Filme oder Darsteller zu feiern, sondern sich auch ein wenig mit dem eigenen Gutsein auseinander zu setzen. Insofern ist es auch nicht unbedingt eine Überraschung, dass der deutsche Beitrag den Globe gewann, angesichts dessen, dass er sich mit dem NSU, der bekanntlich erfolglosesten Terrororganisation der europäischen Nachkriegsgeschichte, beschäftigt.
Besonders schön am Golden Globe war dieses Jahr die Auswirkung der #metoo Kampagne, die ja gerade seit man Harvey Weinstein zum Antichristen befördert hat, auch und gerade in Hollywood eine wichtige Rolle spielt. Und so waren die Schauspielerinnen aufgefordert dieses Jahr, zum Protest gegen sexuelle Übergriffe, Objektifizierung und generell Sexismus, schwarze Flagge, pardon, schwarze Kleider zu tragen. Irgendetwas scheint daran aber nicht so recht funktioniert zu haben, denn die Kleider waren zwar tatsächlich schwarz, aber ob sie die richtige Botschaft gegen Sexismus oder Objektifizierung sind, das kann man doch bezweifeln, wenn man sich mal ein paar Bilder der Verleihung ansieht. Nicht nur, aber durchaus insbesondere, das Kleid von Halle Berry scheint mir absolut geeignet stellvertretend für die #metoo Kampagne zu stehen.

Tiefausgeschnittene Kleider bei denen man bis auf die Unterwäsche sehen kann, sind somit der moderne Ausdruck um gegen Sexismus zu protestieren. Darauf muss man erst einmal kommen. In diesem Kontext könnte besagter Harvery Weinstein sich vermutlich auch darauf berufen, dass er seine Besetzungscouch vor allem deshalb betrieb, um gegen Puritanismus und Verklemmtheit zu kämpfen. Die kognitive Dissonanz einer Kampagne, die einerseits gesehen die Reizwirkung der Weiblichkeit gerne und viel einsetzt, aber sich andererseits moralisch empört, wenn dieser Reiz tatsächlich eine Wirkung hat, ist derart offenkundig, dass es nur schwer vorstellbar ist, dass selbst die vergleichsweise einfachen Gemüter von Hollywoodschauspielern nicht dahinter kommen. 
Ich finde das nicht nur schizophren, ich finde es in höchstem Maße abstossend. Es gibt eine Menge Sexismus und auch eine Menge sexuelle Gewalt auf dieser Erde. Es gibt Gesellschaften, die derart sexistisch durchzogen sind, dass sie es für völlig normal halten eine Frau zu vergewaltigen, wenn kein Mann sie beschützen kann. Das sich in dieser Welt nun ausgerechnet die beschweren, die am allerwenigsten davon betroffen sind, das hat nicht nur einen strengen Geruch.
Diese Kampagne ist ebenso unehrlich wie vor Jahren die nicht minder schizophere Kampagne "Lieber nackt als im Pelz", als sich diverse Sternchen, Modells und was sonst noch so rumsprang vor der Kamera auszogen, um gegen Pelze zu demonstrieren, die sie Monate vorher noch problemlos getragen haben (und besonders schön sind dann Exemplare wie Naomi Campbell, die das auch danach noch vorführten). Gutsein ist heutzutage mindestens ebenso wichtig wie schauspielerisches Talent oder gutes Aussehen. Wie lächerlich das Ganze ist, wen juckts?

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Llarian

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