3. Februar 2016

Angst ? Nein, wir doch nicht. Aber sowas von nicht. Eine kleine Phillipika.



Angst haben wir nicht. Das ist zumindest die Parole die Henriette „Armlänge“ Reker dieser Tage ausgibt. Wovor sollte man auch Angst haben, doch sicher nicht vor ein paar grabschenden Ausländern (© J. Augstein)? Und schließlich hat man sich doch die letzten Wochen bemüht durch Broschüren die letzten Grabscher noch davon zu überzeugen, dass das in Deutschland irgendwie nicht erlaubt ist und die Vorgänge von Sylvester nicht ganz in Ordnung waren.
Nur wenn dem so ist: Wofür braucht man dann eigentlich 2500 Polizisten? Wenn man doch keine Angst hat? Wobei ich nicht sagen will, dass die 2500 Polizisten fehl am Platze sind. Ganz im Gegenteil, jeder Polizist mehr wird sicher die Wahrscheinlichkeit von weiteren Augsteinschen Grabschern ein bisschen reduzieren. Und ich halte auch tatsächlich die Wahrscheinlichkeit, dass sich so etwas von Sylvester wiederholt aus diversen Gründen für eher unwahrscheinlich:
Zum einen die erhöhte Menge an Polizisten, die vorgewarnt ist und ohne  irgendwelche politisch korrekten Scheuklappen arbeiten kann. Zum zweiten werden auch eine Menge Bürger eine andere Sicht und damit andere Empfindlichkeiten zeigen, wenn Dinge aus dem Ruder laufen. Zum dritten würde ich auch vermuten, dass die „Grabscher“ nicht ganz so blöde sind und vielleicht auch mitbekommen, dass sie den Ast, auf dem Sie sitzen, sehr schnell abbrechen werden, wenn sie in so kurzer Zeit wieder in Horden auf Frauenjagd gehen. Und viertens würde ich vermuten, dass viele Frauen sich von vorneherein nur in größeren Gruppen in die Stadt begeben werden, um ggf. Schutz durch Freunde und Freundinnen zu haben.
Und dennoch: Wenn keiner Angst hat, warum dann dieses Riesenaufgebot an Polizei? Soll es der Normalzustand werden, dass wir große Veranstaltungen nur noch unter dem Schutz von zusätzlichen Hundertschaften Ordnungshüter abhalten können? Ist das die schöne Gesellschaft mit den „vielen Menschen“ zu der wir uns entwickeln?
Kann und darf das die Politik der Bundesregierung sein, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der zunehmend Angst regiert? Und damit meine ich keine unbegründete Angst, denn die Tatsache, dass es für völlig selbstverständlich betrachtet wird, dass man die Zahl der Polizisten massiv erhöhen, ja verdoppeln muss, um die Sicherheit zu gewährleisten, spricht dafür, dass diese Angst ganz rational ist. Die Karnevalsstädte zahlen nicht hunderttausende von Euro, um Hirngespinsten nachzulaufen, und, bei aller Liebe zum Veralbern von gescheiterten Journalisten, sie bezahlen das auch nicht, um ein paar Grabscher aufzuhalten. Die Gefahr ist da. Und sie wird in der Realität nicht einmal mehr in Abrede gestellt. Allenfalls in der politischen Diskussion von Leuten, die zu feige sind die Folgen ihrer eigenen Ideen zu betrachten.
Ich habe einige Jahre in einem Viertel gelebt, in dem nachts besetzte Streifenwagen an der Straße standen, an dem der Endpunkt der Straßenbahn lag. Nicht weil dort die Wache war, sondern um Präsenz zu zeigen und aufzupassen. Ein solcher Streifenwagen vermittelt einerseits ein Gefühl von Sicherheit. Da ist jemand, der auf mich aufpasst. Aber er vermittelt ebenso das Gefühl von Unsicherheit, denn er demonstriert damit auch, dass er da sein muss. Eben weil dieses Viertel so war wie es ist. Ich würde da heute nicht mehr hinziehen. Auf keinen Fall. Denn sicher war es gerade nicht, die Polizei hat nur getan was sie konnte. Aber soll das die Zukunft der BRD sein? Das wir überall Streifen aufstellen, die auf uns aufpassen? Klar kann man das tun, aber ein sicheres Land ist das nicht. Ein sicheres Land ist das und nur das, welches diesen Streifenwagen dort nicht braucht.
Köln ist auch sicher. Deswegen stehen dort auch morgen so viele Streifenwagen.
Llarian


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