25. Juni 2011

Zitat des Tages: "Wir wurden für verrückt erklärt". Hans-Christian Ströbele sagt, wie es ist. Und weiter geht er, sein "Kampf"

Wir wurden schon vor 35 Jahren für unsere Positionen für verrückt erklärt - heute sind sie mehrheitsfähig.

Der Abgeordnete der Partei "Die Grünen" Hans-Christian Ströbele in einem Interview mit "Spiegel-Online"


Kommentar: Ströbeles Bemerkung bezieht sich auf den "Ausstieg" aus der friedlichen Nutzung der Atomenergie. Aber das, was er mit Recht konstatiert, gilt ja nicht nur für dieses Thema.

"Grüne" Parteien gibt es weltweit, und zwar als die Parteien der kleinen Minderheit ideologischer Umweltschützer. Kaum anderswo als in Deutschland hat es diese Ideologie zur Massenbewegung geschafft; und die Partei "Die Grünen" damit zur Volkspartei.

Die jüngsten Umfragen sehen diese Partei zwischen 21 Prozent (Allensbach) und 25 Prozent (Forsa) und damit nur noch knapp hinter oder sogar (bei Forsa) vor der SPD. Wenn die SPD eine Volkspartei ist, dann sind es auch die "Grünen". Deutschland dürfte damit der einzige demokratische Rechtsstaat der Welt sein, in dem diese ideologische Partei vier- bis fünfmal so stark ist wie die Liberalen. (Die FDP liegt in vier der aktuellen Umfragen unter der Fünf-Prozent-Marke; zwei Institute geben ihr genau fünf Prozent).

Was ist los mit den Deutschen? Ich versuche das zu verstehen, seit der Aufstieg der Partei "Die Grünen" begann; das passierte ja schon ein halbes Jahr vor dem Unfall von Fukushima.

Als ich im Spätsommer letzten Jahres dazu einen Artikel schrieb (Noch nie hatte sich ein Jahr nach einer Wahl die Parteienlandschaft so grundlegend verändert wie jetzt. Versuch einer Erklärung; ZR vom 27. 9. 2010), lag die FDP noch gut über der Fünf-Prozent-Hürde und die Grünen bei den meisten Instituten bei oder knapp unter 20 Prozent. Aber der Trend war damals schon da. Fukushima hat die Expansion der "Grünen" und den Niedergang der Liberalen nicht verursacht, sondern nur verstärkt.

Ich habe das damals mit der massiven Verbesserung der Wirtschaftslage zu erklären versucht. In schwierigen Zeiten wählt man Parteien, denen man Solidität und wirtschaftliche Kompetenz zutraut. Wenn es einem gut geht, dann darf es abgehoben sein, realitätsfern und moralisierend. Man kann das auf die Stimmung seit Fukushima ausdehnen: Wenn es keinen Anlaß zur Realangst um die eigene wirtschaftliche Zukunft gibt, dann gewinnen eingebildete Ängste an Bedeutung. Wie diejenige, daß es demnächst einen GAU in einem deutschen KKW geben könnte.

Linke wie Ströbele schlachten das natürlich aus; die Linke hat immer auf Ängste gesetzt. Ströbele in dem Interview:
Jeder Tag ohne aktive Meiler ist ein guter Tag. (...) Der Kampf geht weiter, bis der letzte Meiler ausgeschaltet ist. Die Dinger sind einfach zu gefährlich.
Als gefährlich für die Linke dürfte Ströbele im Augenblick freilich erachten, daß seine Partei in Sachen "Ausstieg" gemeinsam mit der Union stimmt und damit die Weichen für eine schwarzgrüne Koalition stellt; gewiß eine Horrorvorstellung für den alten Unterstützer der RAF und Mitfinanzierer kommunistischer Revolutionäre (siehe "Die Anwendung von Waffen richtig und notwendig". Hans-Christian Ströbele und das "mörderische Regime" eines linken Christdemokraten; ZR vom 6. 12. 2008).

Deshalb geht für Ströbele jetzt der "Kampf weiter". Der Kampf um eine linke Dominanz, die er nicht durch eine schwarzgrüne Allianz gefährdet sehen möchte.
Zettel



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