Aus Anlaß des Aufmachers („Aufreißer“ wäre der Ehre zuviel) der aktuellen Ausgabe der „Sturmgeschützes der Demokratie,“ die gestern ausgeliefert worden ist, fand ich heute auf der Seite eines Facebook-Freundes (der Name tut nichts zur Sache) folgenden leicht galligen Kommentar:
Wir sprachen bereits darüber, wer Euch da gerade hübsch gemeindienstlich gesteuert ins Schloss Bellevue gelogen werden soll, oder? Es geht doch kaum noch offensichtlicher. Ihr müsst doch gar nicht lesen was geschrieben wird, nur wer und wie und das reicht dann schon völlig aus.
Und er zitiert aus dem Text der Ankündigung:
Um Angela Merkel ist ein neuer Kult entstanden. Videos mit ihr gehen viral, Memes werden tausendfach geteilt. Offline-Events mit ihr sind ausgebucht. Warum?
»Je länger Merkel nicht mehr im Amt ist, desto mehr verbinden die Menschen all das mit ihr, was sie an Friedrich Merz vermissen«, schreibt SPIEGEL-Autor Konstantin von Hammerstein in der Titelstory. Und zwar: »Das Empathische, das Verbindende, das Vertrauenswürdige.«
(Diese ins gleiche Raster passende Meldung läßt freilich den Umkehrschluß zu, daß drei Viertel ihrer ehemaligen Untertanen sie eher dorthin wünschen, wo der Pfeffer wächst - ein Schickal, das ihr aktueller Amtsnachfolger schon einmal vorweggenommen hat.)
(Friedrich Merz bei der internatoinalen Friedenkonferenz für Gaza in Kairo am 13. Oktober)
Entre nous: Ich halte die Aussicht, daß Frau M. in gut 15 Monaten, wenn die Bundesversammlung mit voraussichtlich 1260 Delegierten (in gleicher Zahl die Abgeordneten des Bundestages und der Landtage) über den Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier entscheidet, zum neuen Staatsoberhaupt dieses Landes gewählt wird, für äußerst unwahrscheinlich. Eher dürfte sie es zum Cover-Girl des „Spiegels“ geschafft haben, weil es einem Volontär dort auffiel, daß die Scharteke ihrer Memoiren mit dem Titel „Freiheit“ vor fast genau einem Jahr mit großem Tamtam im Buchhandel lanciert worden ist, sich Buchhandel und Verlag aber, abgesehen von den zu Verkaufsbeginn hochgejazzten Auflagenzahlen (400.000 Exemplare der Erstauflage vom 26. November 2024, und weitere 200.000 eine Woche darauf; das „Börsenblatt des deutschen Buchhandels“ meldete nach der ersten Woche, 200.000 Exemplare und damit die gesamte Erstauflage (!) seien verkauft worden) seitdem in Bezug auf den Absatz überaus bedeckt zeigen. Erinnerungen von Politikern gehören notorisch zu den Ladenhütern in diesem Metier – das galt schon für Konrad Adenauers „Erinnerungen,“ die zwischen 1965 und 1968 in vier Bänden bei der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart in Stuttgart erschienen und immerhin die politischen Weichenstellungen in den ersten 15 Jahren der Bundesrepublik wie die Westbindung und die Wiederaufrüstung aus der Sicht ihres wichtigsten Akteurs umfassen – während Frau Merkel mit Hilfe ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann nach dem Eindruck vieler Rezensenten schlicht ihren Terminkalender auf einen Umfang von 736 Seiten endloser Langeweile ausgewalzt hat. („Freiheit und Frechheit: ein Buchstabe Unterschied“ merkte schon Arno Schmidt, Spiritus Rector dieses Netztagebuchs, 1951 in „Brand’s Haide“ an.)
Nicht zuletzt dürfte die Wahl der „Spiegel“-Redaktion aus zwei Gründen auf „Angie“ gefallen sein. Zum einen ist der November im Printmediengeschäft die „toteste Zeit“ überhaupt, in der, falls nicht gerade Bundestagswahlen oder alle vier Jahre die Präsidentschaftswahl in der Vereinigten Staaten anstehen, die ohnehin stark geschrumpften Absatzzahlen in den Keller rauschen, ohne daß man ihnen durch „Menschen-Tiere-Sensationen!“ aufhelfen könnte. Und zum anderen macht ja die Gestaltung der „Spiegel“-Titels mehr als deutlich, daß hier ein Kontrastprogramm angesagt ist: die nostalgische Erinnerung an die Zeiten der Größten Kanzlerin des bekannten Universums (samt der im Rückblick schauerlichen Medienhymnen auf sie) – während selbst die geballte journalistische Intelligenz in der Redaktion an der Hamburger Ericusspitze nicht ausreichen dürfte, dem Duo Infernale des rückgratlosen Kanzlerimitators Merz und seiner grauen Eminenz Klingbeil, dieser Antwort der deutschen Politik auf Pat und Patachon, noch irgendwelche Kränze zu flechten. Und über Politiker den Stab zu brechen und ihre Ausfälle, ihr Versagen, ihre Lügen und zwielichtigen Mauscheleien und Hinterzimmer-Deals groß zu berichten, Skandale zu entfachen (oder zu inszenieren) und sich damit - als einziges Blatt – zur „vierten Macht im Staat“ aufzuschwingen, war zwar in seinen früheren Jahrzehnten die Kernkompetenz des „Spiegels“ (unvergessen sind seine „Stoppt Strauß!“-Kampagnen oder Barschels „Ehrenwort!“). Aber das ist lange her, Generationen sogar, es gehörte zur publizistischen und politischen DNA der Bonner Republik. Das letzte und schon sehr matte Echo waren die Treibjagden auf Rainer Brüderle (das „Dirndlgate“ von 2013) und auf den damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler im Frühjahr 2010, weil er den „Fehler“ begangen hatte, bei einem Besuch der deutschen Soldaten in Afghanistan gegenüber Journalisten während des Flugs erwähnt zu haben, daß „deutsche Interessen“ es wert seien, vertreten und notfalls verteidigt zu werden. Seither sind „die Mächtigen“ (die Schulzens und Scholzens, die Baerbocks, Habecks, Gabriels, die Maas, Kramp-Karrenbauers, Lambrechts e tutti quanti, ein Panoptikum sondergleichen) auch für den „Spiegel“ nur noch Götzen, die adorierend umtanzt werden.
Aber ungeachtet des oben Geschriebenen: die reine Vorstellung, auf der Wahl zwischen dem 14 und 18. Februar 2027 Angela Dorothea Merkel gewählt werden könnte, hat bei näherem Hinsehen etwas überaus Passendes, nachgerade Charmantes an sich. (Der Kleine Zyniker, die hier stets mitschreibt, merkt an, daß in Frau Merkels Geburtsstadt die gängige Form ihres zweiten Vornamens ‚Dörthe‘ lautet und daß die ursprüngliche griechische Version dieses Namens Δροθέα ist, so daß sich gemäß den Regeln der Steganographie, der antiken Buchstabenzählung, die bekannte biblische Zahl „6-6-6“ ergibt.)
Sämtliche dringenden und mittlerweile fast unlösbaren Probleme, vor denen dieses Land steht und die es, wenn sie weiter ungehemmt wachsen, es mit Sicherheit erwürgen werden, und die Pat und Patachon nicht einmal in homöopathischen Dosen angehen, sind die unmittelbaren Folgen von selbstherrlich getroffenen Fehlentscheidungen der „Heimsuchung im Hosenanzug“ (Michael Klonovsky) aus der Uckermark. Je nach Gusto lassen sich zwei oder vier davon auflisten. An erster Stelle steht natürlich die Grenzschleifung im Spätsommer 2015 (genauer am 4. September), als Frau Merkel die Grenzen par ordre du Mutti schleifen ließ und dieses Land de facto jedem Habenichts, Bittsteller und Tagedieb, der es bis hierher geschafft hat, zur beliebigen Verfügung überreicht hat, mit den Schon-Länger-Hier-Lebenden als Dienstpersonal zur Vollversorgung auf Lebenszeit. Patachon Merz ist von den üblichen Verdächtigen nach Kräften in den Senkel gestellt worden, als er vor zweieinhalb Wochen seine harmlose Aussage vom „Stadtbild“ gemacht hat. Tatsache ist aber, daß mittlerweile JEDEM, der sich auf Bahnhöfen, in Fußgängerzonen, in öffentlichen Parks umschaut, schneidend klar wird, was mit dem Ausdruck „Ersetzungsmigration“ gemeint gewesen ist.
Danach folgt der Atomausstieg und die „Energiewende“ von Juni 2011 im Gefolge des Tohoku-Erdbebens in Japan und der Havarie des Kernkraftwerks Fukushima. Die Abschaltung der 17 deutschen Kernkraftwerke, die verläßlich (und „CO2-frei“!) ein Drittel der deutschen Stromversorgung lieferten, und das sturheile Festhalten an diesem in der Industriegeschichte der gesamten Welt beispiellosen Sabotageakt hat die Grundlage für den industriellen, materiellen und in der Folge auch zivilisatorischen dieses Landes vom 3. Platz unter den Weltmächten auf das Niveau eines Drittweltlandes eingeleitet. (Und dieses „zivilisatorisch“ darf wortwörtlich genommen werden: glaubt irgendjemand, daß ein Land, das in naher Zukunft über keine verläßliche Energieversorgung mehr verfügen wird, das keine Rohstoffe exportieren kann, sondern nur hochwertige industrielle Endprodukte, genügend Kapitel generieren kann, um Pflegedienste, medizinische Versorgung, öffentliche Sicherheit finanzieren zu können?). Sollten Erich-und-Erich oder ihre Nachfolger „die Physikerin“ tatsächlich als Rachegöttin für den Untergang des Arbeiter-und-Bauern-Paradieses östlich der Elbe ins damals noch Bonner System eingeschleust haben, dann hat die von ihr angerichtete Verheerung alle feuchten Träume der kommunistischen Machthaber um Lichtjahre übertroffen.
Als Drittes wäre das Gipfel-Treffen in Bukarest im April 2008 zu nennen. Dort wurde, vor allem auf Drängen von Angela Merkel, der Ukraine der Beitritt zum westlichen Verteidigungsbündnis NATO verweigert – im Gegenzug zu einer Erneuerung der Nichtangriffsgarantie durch die Russische Föderation. Ich führe dies an nachgeordneter Stelle auf, da sich die Entwicklung seit 2014 mit der russischen Besetzung der Krim und des Donbass nicht so klar vorausahnen ließ, wie dies aus dem Rückblick der Fall ist. Aber aus diesem Rückblick wird deutlich, daß für diese Verweigerung das Talleyrandsche „C’est pire qu’un crime, c’est une faute“ gilt. Wäre die Ukraine damals, ungeachtet aller Fehler und politischen Korruption, unter den Schutz der NATO gestellt worden, hätte es die Besetzung von 2014 und die offene, mörderische Invasion vom Februar 2022 niemals gegeben.
Und zuletzt wäre, verwandt damit, die Entscheidung für die beiden Ostsee-Gaspipelines Nordstream 1 und 2 zu nennen. Die Bauarbeiten für Nordstream 1 begannen im Dezember 2005, einen Monat nach dem Amtsantritt Merkels als Bundeskanzler; die Gasdurchleitung begann im November 2011. Schon damals wurde von den Anrainerstaaten vor diesem Projekt gewarnt, weil Deutschland sich damit in eine gefährliche Abhängigkeit von der russischen Gasversorgung begab. Aber Merkel war nach ihrer Entscheidung für den Atomausstieg auf Gedeih und Verderb auf die dauerhaften und kostengünstige Versorgung mit russischem Erdgas angewiesen – nicht nur für eine Übergangsphase bis zum endgültigen Ausbau der „Erneuerbaren,“ sondern auf Dauer (da, wie es seit 15 Jahren wirklich jeder wissen konnte, der Wind nicht dauerhaft weht und Nachts sogar der Sonnenschein ausbleiben soll - was studierte Physiker*Innen natürlich nicht wissen können, wenn sie nicht in Meteorologie promoviert haben).
Vor allem ist hier das Projekt Nordstream 2 zu nennen. Die Bauarbeiten dafür begannen im Mai 2018, volle vier Jahre nach der Besetzung der Krim und der vier ostukrainischen Bezirke, drei Jahre nach dem Abschluß von Minsk I und II. Man hätte drei volle Jahre Zeit gehabt, sich den unabweislichen Realitäten zu stellen und anzupassen. Und im Nachhinein spielt es keine Rolle, ob dies aus Blindheit, aus Sturheit, aus Es-henn-noch-immer-jutjejohn-Wurstigkeit oder schlichter Handlungsunfähigkeit deutscher Politkasper unterblieben ist. Wenn uns die Geschichte der letzten 500 Jahre eins lehrt, dann, daß die Geschichte nach solchen billigen Entschuldigungen nicht fragt.
Da nicht zu erwarten ist, daß Frau Angela Dörthe Merkel sich je in ihrem Leben für all dies vor einer irdischen Gerichtsbarkeit verantworten muß, bleibt die oben erwähnte Aussicht als eine, zugegeben leicht zynische, Möglichkeit „ausgleichender Gerechtigkeit.“ Keiner der unter ihrer Fuchtel in Gang gesetzten Trends, dieser verheerenden Dynamiken, wird sich umkehren. Weder die islamische Landnahme, der industrielle Niedergang, die anstehende rapide Verelendung der Bevölkerung (mit der Aussicht darauf, daß die neuen rechtgeleiteten Landesherren ihrem durch Allah zugewiesenen Dienstpersonal die Hölle heißmachen werden, wenn die garantierte Rundumversorgung einmal nicht mehr gewährt sein sollte), der Verlust der öffentlichen Sicherheit, die in jedem Moment bis ins Mark spürbare Gewißheit, daß dies „nicht mehr unser Land“ ist, daß es für uns verloren ist. Die Abwanderung aller Industrien, die Einbunkerung der politischen Elite hinter dem Burggraben vorm Reichstag, der „molekulare Bürgerkrieg,“ die alltägliche Gewalt auf den Straßen, die unaufhaltsame Zerstörung der Grundlagen unseres Wohlstands, unserer Zivilisation, unsere Sicherheit – es ist keine Frage, OB das zunehmen wird, sondern nur noch eine des WIE SCHNELL? Und es ist klar, daß die anstehenden Jahre dieses Jahrzehnts, spätestens aber die Zeit bis 2035, hier der entscheidende Zeitraum sind. Die Messe ist zwar schon gelesen, aber noch zuckt der Patient in Agonie.
Und angesichts dieser Aussichten wäre es ein kleiner, wenn auch wie gesagt zynischer Trost, wenn die Urheberin, die Totengräberin Deutschlands, aber in der Folge auch Westeuropas in diesen Jahren an der Tête dieser untergehenden Berliner Republik stehen würde: als ohnmächtige Gallionsfigur, die diesem Untergang so macht- wie tatenlos zusehen muß, während die Saat, die sie ausgestreut hat, rings um sie aufgeht: als Symbol all dessen, was nach der Verlegung des Regierungssitzes an die Spree an politischer Umnachtung, gepaart mit Größenwahn, sich (wieder einmal) Bahn gebrochen hat. Und diese Saat könnte auch en detail zutage treten, dort, wo es „die Raute“ tatsächlich schmerzt. Und das ist nicht die Notlage der Schon-Länger-hier-Lebenden: sie hat zur Genüge bewiesen, daß sie dafür keinerlei Gespür hat und ihr die Menschen, die dieses Land am Laufen halten und deren Interessen eine Regierung wahrnehmen solle, vollkommen gleichgültig sind. Nein: im politischen Tagesgeschäft. Wenn diese Trends, wie ich sie oben aufgezählt habe, sich tatsächlich bruchlos so fortsetzen und noch an Fahrt zunehmen, und wenn das Duo Infernale Pat/Patachon es tatsächlich schaffen sollte, seine politische Gro-Ko-Scharade bis ins Jahr 2029 fortzusetzen, dann dürften die Chancen nicht schlecht stehen, daß die Wähler, schon aufgrund der schieren Aussichtslosigkeit die blaue Schwefelpartei mit einer absoluten Mehrheit ausstatten. Auch deshalb, weil sowohl Rot, wie Schwarz, wie Grün seit dann geschlagenen 14 Jahren zur Genüge bewiesen haben, daß mit ihnen nur Unheil droht, nur mehr Katastrophe und Niedergang, und daß es die AfD auf keinen Fall schlechter machen könnte als diese Bruchpiloten. Damit soll nicht gesagt sein, daß die AfD dann noch eine reelle Chance hätte, den Karren tatsächlich aus dem Dreck zu ziehen. Die Flurschäden könnten bis dahin so weit angewachsen sein, daß keine Aussicht auf Besserung mehr besteht. (Der Hinweis auf das Argentinien von Milei geht an dieser Stelle fehl: dort hat man sich nicht ein Millionenheer an feindlich gesinnten Kostgängern ins Haus geladen, die man auf keinen Fall wieder loswird, man hat die Energieversorgung nicht mit Vorsatz zerstört.)
Und eine blaue Regierung, eine Koalition einer (vielleicht doch, aus schierer Verzweiflung) gewendeten CDU damit oder als von ihr geduldete Minderheitsregierung – das dürfte der schlimmste Alptraum sein, der Frau Merkel beschert werden könnte. Abgesehen davon, daß bei einem Austrocknen der Finanzquellen ihre gigantomanen Bauvorhaben – und in meinem Szenario wären das sowohl der Ausbau des Kanzleramts wie die Restaurierung ihres Amtssitzes im Schloß Bellevue – als unfertige Torsi enden würden. So wie die Domus Aurea Kaiser Neros oder des Conducators Nicolae Ceaușescus Parlamentspalast.
Wie gesagt, dürfte die Wahrscheinlichkeit, daß es so kommt, astronomisch nahe bei „Null“ liegen. Aber träumen wird man ja wohl noch dürfen.
PS.
Sollte jemand meinen, mein Rückgriff auf den Spitznamen aus der Anfangszeit der Kanzlerschaft dieser ... Dame ... sei angesichts ihrer Erbschaft leicht unangemessen, bleibt mir nur der Verweis darauf, daß der Leibhaftige im Englischen auch als "Old Nick" oder "Old Scratch" tituliert wird. Und der Hinweis auf diese Hagiographie aus dem Jahr 2024:
U.E.
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