17. August 2025

W. B. Yeats, "Das Drehen des Seils" (1892/1904)





(Von den sechs Radierungen, die Yeats' Vater John Butler Yeats (1839-1922) für den Band "The Secret Rose" angefertigt hat, ist dies die einzige, die eine der Erzählungen um Hanrahan den Roten illustriert)

"Das Drehen des Seils" (1904)

Als Hanrahan eines Tages die Straßen nahe Kinvara entlangwanderte, während der Tag sich dem Ende zuneigte, vernahm er den Klang einer Geige, der aus einem Haus kam, das ein wenig seitab lag. Er wandte sich dem Pfad zu, der zum Haus führte, denn es zählte zu seinen Gewohnheiten, daß er in jedem Haus, in dem Musik und Tanz und gute Gesellschaft auf ihn warteten, einkehrte. Der Herr des Hauses stand in der Tür, und als Hanrahan näher kam, erkannte er ihn und sprach: „Ein Willkommen will ich dir entbieten, Hanrahan, denn lange bist du nicht mehr bei uns zu Gast gewesen.“ Aber die Hausherrin trat in die Tür und sprach zu ihrem Mann: „Es wäre mir recht, wenn Hanrahan heute Nacht bei uns nicht zu Gast bei uns einkehren würde, denn bei den Priestern hat er keinen guten Namen, oder unter den Frauen, die ihren eigenen Geschäften nachgehen, und so, wie er geht, hat er mehr als einen Tropfen getrunken.“ Doch der Mann sagte: „Ich werde niemals Hanrahan, dem Dichter, die Tür weisen,“ und er bat ihn, hereinzukommen.

Es waren zahlreiche Nachbarn im Haus versammelt, und manche erinnerten sich an Hanrahan; aber einige der jungen Burschen, die sich in die Ecken drückten, kannten ihn nur vom Hörensagen, und sie drängten sich nach vorn, um ihn sich gut anzusehen, und einer von ihnen sagte: „Ist das nicht jener Hanrahan, der die Schule geleitet hat, und der von IHNEN entrückt worden ist?“ Aber seine Mutter hielt ihm mit der Hand den Mund zu, und hieß Ihn, still zu sein und nicht von solchen Dingen zu sprechen. „Denn Hanrahan wird ungehalten,“ sagte sie, „wenn man diese Geschichte erwähnt, oder wenn ihn jemand danach fragt.“ Und einigen von ihnen meldeten sich zu Wort und baten ihn um ein Lied, aber der Hausherr sagte, daß es nicht an der Zeit war, ihn um ein Lied zu bitten, bevor er sich nicht ausgeruht hatte, und er reichte ihm ein Glas Whiskey, und Hanrahan dankte ihm und leerte es auf seine Gesundheit.

Der Geiger stimmte seine Fiedel für einen weiteren Tanz, und der Hausherr sagte zu den jungen Leuten, daß sie erst dann wüßten, was Tanzen ist, wenn sie Hanrahan tanzen gesehen hatten, denn dergleichen hätte es hier nicht mehr gegeben, seit er das letzte Mal hier gewesen sei. Hanrahan sagte, daß er nicht tanzen würde, er wüßte jetzt einen besseren Gebrauch für seine Füße, die ihn durch die fünf Provinzen Irlands trugen. Als er dies gesagt hatte, trat Oona, die Tochter des Hauses, durch die Halbtür herein, in den Armen trug sie Torf aus Connemara für das Feuer. Sie warf sie auf den Herd, und die Flammen schlugen empor, und ließen sehen, daß ihr Gesicht sehr anmutig war und daß sie lächelte, und zwei oder drei der jungen Männer standen auf und baten sie um einen Tanz. Aber Hanrahan ging zu ihr und schob die anderen beiseite, und sagte, daß sie mit ihm tanzen müsse, nach dem langen Weg, den er gereist war, bevor er sie gesehen hatte. Und vielleicht flüsterte er ihr noch einige angenehme Worte ins Ohr, denn sie erhob keinen Einwand, und trat zu ihm, und ihre Wangen erröteten leicht. Andere Paare standen ebenfalls auf, aber als der Tanz anhob, warf Hanrahan zufällig einen Blick nach unten, und er bemerkte, daß seine Schuhe ausgetreten und zerschlissen waren, und die groben Wollsocken durch das Leder zu sehen waren, und er sagte zornig, daß der Tanzboden schlecht sei und die Musik nichts taugen würde, und er setzte sich nieder in den Schatten, der neben dem Herdfeuer herrschte. Und das Mädchen setzte sich neben ihn.

10. August 2025

W. B. Yeats, "Der rote Hanrahan" (1903)







Hanrahan, der Heckenschulmeister, ein großer, kräftiger, rothaariger Mann in jungen Jahren, trat in die Scheune, in der sich einige der jungen Männer des Dorfes am Abend des Samhainfests versammelt hatten. Es war eine Wohnstätte gewesen, und als der Mann, der sie besaß, sich ein besseres Haus erbaut hatte, hatte er die Zwischenwand eingerissen und nutzte den Raum, um seine Gerätschaften darin unterzubringen. Auf der alten Herdstätte brannte ein Feuer, und Kerzenstummel steckten in Flaschenhälsen, und eine schwarze Literflasche stand auf einem Brett, das jemand auf zwei Fässer gelegt hatte und als Tisch diente. Die meisten der Männer saßen nahe am Feuer, und einer von ihnen sang ein langes Lied über einen Mann aus Munster und einen Mann aus Connaught, die über den Vorrang ihrer Provinzen stritten.

Hanrahan ging zum Hausherrn und sagte zu ihm: „Ich habe deine Botschaft erhalten“ – aber als er das gesagt hatte, hielt er inne, denn ein alter knorriger Mann, der ein Hemd und eine Hose aus ungebleichter Wolle trug, und der für sich allein in der Nähe der Tür saß, warf ihm einen seltsamen Blick zu; er hielt einen abgewetzten Stoß Karten in der Hand und flüsterte vor sich hin. „Beachte ihn nicht,“ sagte der Hausherr, „das ist nur ein Fremder, der heute abend hereinkam. Wir haben ihn willkommen geheißen, weil doch heute Samhain ist, aber ich fürchte, er ist nicht ganz bei Verstand. Hör dir nur an, was er sagt.“

Sie hörten hin, und während der Alte die Karten mischte, hörten sie ihn flüstern: „Pik und Karo, Mut und Macht, Kreuz und Herz, Wissen und Freude.“

„So redet er schon seit einer ganzen Stunde,“ sagte der Hausherr, und Hanrahan wandte seinen Blick von dem Alten ab, als ob ihm sein Anblick mißfallen würde.

“Ich habe deine Botschaft erhalten,“ sagte Hanrahan. „‘Er sitzt in der Scheune, mit seinen drei Vettern ersten Grades aus Kilchreist,‘ so hat es mir der Bote ausgerichtet, ‚und einige der Nachbarn sind auch dabei.“

„Mein Vetter dort drüben möchte dich sprechen,“ sagte der Hausherr, und er rief einen Jungen Mann in einem Mantel aus grober Wolle, der dem Lied lauschte, zu sich. „Das hier ist Hanrahan der Rote, für den du eine Botschaft hast.“

„Eine gute Nachricht ist es, die ich habe“ sagte der junge Mann, „denn sie kommt von deiner Liebsten, Mary Lavelle.“

„Wie kommst du an eine Botschaft von ihr, und woher kennst du sie?“

“Ich kenne sie gar nicht, aber ich war gestern in Lochrea, und einer ihrer Nachbarn, mir dem ich ein Geschäft abschloß, sagte mir, daß sie ihn gebeten hat, dir eine Nachricht zukommen zu lassen, wenn er jemand treffen würde, der in diese Richtung reist. Sie läßt dir sagen, daß ihre Mutter gestorben ist, und wenn du gewillt bist, zu ihr zu kommen, dann will sie ihr Versprechen, das sie dir gegeben hat, einhalten.“

„Ich werde zu ihr kommen,“ sagte Hanrahan.

9. August 2025

W. B. Yeats, "The Song of Wandering Aengus" / "Das Lied des umherirrenden Aengus" (1897)





(Zeichnung von Harry Clarke (1889-1931) aus dem Jahr 1913)

„The Song of Wandering Aengus”

I went out to the hazel wood,
Because a fire was in my head,
And cut and peeled a hazel wand,
And hooked a berry to a thread;
And when white moths were on the wing,
And moth-like stars were flickering out,
I dropped the berry in a stream
And caught a little silver trout.

When I had laid it on the floor
I went to blow the fire a-flame,
But something rustled on the floor,
And someone called me by my name:
It had become a glimmering girl
With apple blossom in her hair
Who called me by my name and ran
And faded through the brightening air.

Though I am old with wandering
Through hollow lands and hilly lands,
I will find out where she has gone,
And kiss her lips and take her hands;
And walk among long dappled grass,
And pluck till time and times are done,
The silver apples of the moon,
The golden apples of the sun.