23. September 2021

Die Wahl, die FDP und überhaupt.

Es ist nicht ganz untraditionell in Zettels Raum vor großen Wahlen, wenn auch nicht unbedingt eine direkte Wahlempfehlung, so doch ein paar Gedanken zu Papier zu bringen, was man denn vielleicht in des einen oder anderen Lesers Überlegungen einfließen lassen könnte. Und auch wenn es dieses Jahr etwas chaotisch anmutet (und eigentlich sehr spät ist), so möchte ich mit dieser Tradition an dieser Stelle fortfahren. Ich verzichte an dieser Stelle explizit auf die ansonsten von mir meist verwendete indírekte Formulierung des "Autors dieses Artikels", da es meine persönliche Meinung darstellt und ich an der Stelle keine Trennung zwischen Faktenlage und Meinung suggerieren kann und möchte. 

Den ersten Gedanken, den ich Ihnen, werter Leser oder Leserin, ans Herz legen möchte, ist etwas verklausuliert, und entspricht der Wahlempfehlung, die ich Menschen gebe, die mich im realen Leben fragen, was sie denn überhaupt noch wählen sollen. Und der Gedanke ist: Es gibt keinen Grund nicht wenigstens die FDP zu wählen. Wer Corona und das beispiellose Versagen der Bundesregierung als auch der Parteien selber erlebt hat, der kann nach meinem Dafürhalten kaum dafür sein, dass diese Leute an der Macht bleiben und ihr Regime (beinahe hätte ich Schreckensregime geschrieben, aber ich will nicht über ein Wort den Gedanken entwerten) weiter führen können. Und an dieser Stelle möchte ich explizit die Grünen zur amtierenden Regierung dazu zählen, nicht nur weil sie den Kanzler faktisch seit Jahren stellen sondern auch, weil sie bei jeder Anordnung, mit der die Regierung den Rechtsstaat weiter beschädigt hat, nicht nur mitgemacht haben, sondern sich nur gegen einzelne Schritte gestellt haben, weil sie ihnen nicht weit genug gingen. 
Wer CDU, SPD oder Grüne wählt, der erklärt sich explizit(!) einverstanden mit dem Handeln der Regierung in den letzten, insbesondere letzten anderthalb Jahren. Ich gehe davon aus, dass die meisten Leser von Zettels Raum fundamentale Anhänger des freiheitlichen Rechtsstaates sind und insofern in diesen drei Parteien keine wählbare Möglichkeit finden können.

Jetzt mache ich meistens kein Geheimnis daraus, dass ich selber die AfD für die einzige, echte Alternative dazu halte (und nicht des Namens wegen). Die AfD ist die einzige Partei, die grundsätzlich dagegen gestimmt hat und die vor allen Dingen glaubwürdig(!) vertreten kann, auch in Zukunft der Vernichtung des Rechtsstaates, wie eben in der letzten Legislatur geschehen, entgegen zu treten. Aber: Ich kann dennoch verstehen, dass viele es nicht über sich bringen können, die AfD zu wählen. Ich finde Gauland beispielsweise in höchstem Maße unerträglich. Und die "nationalen Erweckungstheoretiker" erzeugen in mir nur eine Mischung aus Abstoßung und Mitleid. Die Spinnerquote in der AfD ist durchaus nicht so klein wie man es gerne hätte (wenn auch noch deutlich kleiner als bei den Grünen, aber das macht es nicht viel besser). Insofern verstehe ich, wenn jemand das nicht wählen will. Das ist aber kein Grund nicht wenigstens die FDP zu wählen. Natürlich kann man -zurecht- einwenden, die FDP ist so stabil wie eine Fahne im Wind. In NRW beispielsweise hat die FDP die ganzen Corona-Anordnungen voll mitgetragen (ein Armutszeugnis für sich). Und ob die FDP, wenn sie sich jetzt in SA der Regierung anschließen wird, nicht doch 2G mitträgt, bezweifele ich ernsthaft. Aber wie ein früherer Zimmermann in unserem Forum zurecht schrieb: Das ist eine Wahlkabine und nicht "Wünsch Dir was". Und unter all den Alternativen ist die FDP, wenn man es nicht über sich bringen kann die AfD zu wählen, die weit(!) beste Alternative. Die FDP will das Richtige, sie ist nur leider bereit um der Macht willen oftmals starke Abstriche zu machen. Aber immerhin wollen sie das Richtige und das ist besser als jemand, der von vorneherein das Falsche will. Sieht man sich Figuren wie Markus Söder, Helge Braun oder eben auch Angela Merkel an, dann kann man zurecht feststellen, diese tun nicht nur etwas Verheerendes, sie wollen das auch. Sie stehen fest in der Absicht in Deutschland einen dritten Totalitarismus aufzubauen. Und das ist ein fundamentaler Unterschied zur FDP. 
(Im persönlichen Gespräch folgen mir übrigens die meisten Gegenüber bei dieser Argumentation. Die FDP erscheint immer noch als beste Alternative, deshalb glaube ich auch, dass diese noch kräftig Platz nach oben hat.)

Den zweiten Gedanken, den ich Ihnen ans Herz legen möchte, lieber Leser, ist: Erinnern Sie sich bitte, bevor Sie in die Wahlkabine gehen! Wir haben alle ein erstaunlich kurzes Gedächtnis, und da will ich mich gar nicht ausnehmen. Wir vergessen die bösen Dinge, wie den "kurzen Lockdown von zwei Wochen, damit wir in Ruhe Weihnachten feiern können". Der dann Monate dauerte und zehntausende, wenn nicht hunderttausende von Existenzen ruinierte. Da die wenigsten von uns im Ahrtal wohnen, vergessen wir auch schnell das absolut desaströse "Management" der Flut in eben jenem Tal mit mehr als 160 Toten, die vor allem deswegen ertranken, weil sie nicht vor einer Katastrophe gewarnt wurden, die bereits drei Tage(!) der Bundesregierung und ihrem Katastrophenmanagement bekannt war. Alle drei Kandidaten der verantwortlichen Parteien hatten dann aber auch keine Probleme sich passende Wahlkampfbilder auf dem Deich angedeihen zu lassen und dann wieder simpel zu verschwinden und die Leute mit ihren Problemen im Stich zu lassen (wo sie heute(!) noch sind). Und als ob das nicht genügte glänzte die Regierung dieser Tage mit der Aussage, dass "im Großen und Ganzen" das Management der Katastrophe ja gut gelaufen sei. Als Normalsterblicher bleibt einem da der Mund offen stehen. Aber man vergisst eben auch das. Oder man vergisst die Aussagen von CDU, SPD und Grünen, die uns zu Merkels Flüchtlingsparty im Jahr 2015 einen davon erzählten, wie schnell und gut man die ganzen "Ingenieure" und "Ärzte" unterbringen könne. Heute, 2021, zeigt sich deutlich, wie falsch und verlogen das alles war, aber die Frau Bundeskanzler weiß noch immer nicht, was sie hätte anders machen sollen. Man vergisst auch, dass es eben jene Frau Kanzler war, die im Februar 2020 mit voller Rückendeckung ihrer Partei die Wahl von Thomas Kemmerich als "rückgängig zu machen" dekretierte, was in Folge durch Drohungen der Schlägertrupps der Antifa dann auch effektiv und schnell durchgesetzt wurde. Man vergisst mit welchen Methoden und warum Hans-Georg Maaßen aus seinem Job gedrängt und durch einen Jasager ersetzt wurde, man vergisst das mit vollständig noch untertrieben beschriebene Versagen von Jens Spahn bei der Beschaffung von Masken und Impfstoffen, man vergisst so unendlich viel, weil die Regierung in nur wenigen Jahren so unendlich viel Schaden angerichtet hat, dass einem die Details alle verloren gehen. Daher mein Gedanke und meine Aufforderung: Erinnern Sie sich! Setzen Sie sich hin und denken ein paar Minuten nach was die Regierung in den letzten Jahren alles versaut und hat und was sie richtig gemacht hat. Und wollen Sie diesen Leuten wirklich ihre Stimme geben? Wollen Sie noch mehr davon?

Dritter Gedanke: Das dieser Tage häufigst gebrauchte Argument diese oder jene Partei zu wählen ist, "um schlimmeres zu verhindern". Beispielsweise: "Wählen Sie die CDU, um RRG zu verhindern."
Das mag als Ziel gar nicht unbedingt falsch sein. Eine Beteiligung der SED an einer Bundesregierung zu verhindern IST ein hehres Ziel. Nur: Das hat nix mit der Wahl der CDU zu tun. Wenn es eine Mehrheit für RRG im Bundestag geben wird, wird es zu RRG kommen. Die SED will das. Die Grünen wollen das. Und Parteiführung und Basis der SPD wollen das auch. Scholz mag es nicht wollen, aber er weiß auch, dass seine Tage gezählt sind, wenn er sich offen dagegen stellt (deswegen tut er es ja auch derzeit nicht, obschon ihm das ein paar Stimmen mehr einbringen würde). Damit ist es für einen bürgerlichen Wähler in dem Sinne egal ob er die CDU, die FDP oder auch die AfD wählt, es ändert nichts an den Mehrheitsverhältnissen von RRG. 
Ebenso schlecht sieht es dabei aus, man müsse (oder solle) CDU wählen, um die Grünen zu verhindern. Das mag kurzfristig sogar funktionieren. Wer die CDU stärkt, statt die FDP oder die AfD zu wählen, der kann möglicherweise in einer schwarz-grünen Regierung, oder einer schwarz-roten, bzw. schwarz-rot-grünen Regierung das Gewicht zugunsten der CDU ändern. Nur: Was ändert das denn wirklich? Ein Merz macht keinen Sommer und man sollte sich nicht die Illusion machen die CDU sei eine konservative Partei. Das war vor Merkel (und selbst damals gab es etliche nicht konservative Köpfe wie Töpfer oder Süssmuth). Heute hat die CDU praktisch keinen Konservatismus in sich und wenn man die CDU den Grünen vorzieht, dann ist der wesentliche Unterschied der, ob die Kochplatte, auf der man sich befindet sich langsam oder schnell erhitzt. In den Abgrund führt beides. Wer sich für die heutige CDU entscheidet, der entscheidet sich für den langsamen statt den schnellen Tod. Das kann man vorziehen, aber man sollte nicht glauben, dass man deswegen am Leben bleibt. Was die CDU an Schaden in den letzten 8 Jahren angerichtet hat, wäre von den Grünen vermutlich in deutlich kürzerer Zeit angerichtet worden, aber Schaden bleibt es trotzdem. 

Vierter Gedanke: Es gibt ja noch mehr Alternativen, beispielsweise die Partei oder die freien Wähler (die APPD darf dieses Mal wegen mangelnder Ernsthaftigkeit nicht teilnehmen (und dafür ist Karl Nagel früh aufgestanden...)). Zur Partei möchte ich sagen: Ich finde Martin Sonneborn klasse. Er ist einer der ganz, ganz Großen und ich finde ihn einen der ganz, ganz wenigen EU Parlamentarier, der sein Geld auch wert ist. Er hat politisches Kabarett auf ein ganz eigenes Niveau gehoben und steht dort auch einsam und alleine, es ist gut, dass er da ist, und er möge noch lange dort stehen. Das gilt nicht für seine Partei. Die anderen Abgeordneten neben Sonneborn, die Ämter erreicht haben, stimmen geradezu grundsätzlich mit den Grünen ab, denen sie, wenn sie nicht zur Partei gehören würden, auch entsprechen. Selbst davon ab, dass die Partei bundesweit die fünf Prozent nicht erreicht ist das eine reine Stimme für die Grünen. Und wenn ich schon bei der Hürde bin: Die freien Wähler sind ein großes Risiko. Nicht weil sie so falsch denken würden, ich denke die freien Wähler sind eine echte Alternative zu den Grünen mit deutlich weniger Totalitarismus. Wer sich was linker fühlt, aber das nicht seinem Nachbarn mit Gewalt aufzwingen will, der ist hier gar nicht mal so schlecht aufgehoben. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die freien Wähler die fünf Prozent schaffen, übersichtlich. Und am Ende ist es eine verlorene Stimme, die nur die etablierte Kamarilla stärkt. Ich würde für die freien Wähler die selbe Argumentation anbringen wie für die FDP: Wenigstens die könnte man wählen. Aber das Risiko der Hürde ist groß. Die Argumentation gilt übrigens für diverse, kleinere Parteien wie auch die LKR oder wen es da sonst so alles gibt. Es bleibt wie oben beschrieben: Das ist nicht "Wünsch Dir was". (Wir sind hier bei "So isses".)

Fünfter Gedanke: Natürlich sind alle Alternativen irgendwo doof. Wir haben eine seltsam sinnlose Wahl im Jahr 2021. Alle Kandidaten wollen irgendwie das selbe, was sie wirklich wollen, ist unklar und keiner hat ein Konzept was man wirklich tun müsste. Der CDU ist ohnehin alles egal, so lange sie an der Macht bleibt, die SPD hat sich von den realen Problemen der Welt verabschiedet und jagt im Genderwald nach gerechter Sprache und die Grünen glauben mit Kindergartenpolitik die Welt aus den Angeln zu heben. Und wir werden so oder so dieses Mal noch eine Regierung mit solchen Deppen bekommen (die Wahrscheinlichkeit einer echten Alternative dazu ist extrem übersichtlich). Und die werden auch wieder vier Jahre (oder sind es jetzt fünf?) vor sich hinmurksen. Aber manchmal brauchen Bewegungen eine Zeit, bis sich der Widerstand formiert. Und erst wenn dieser groß genug ist, kann er seine Wirkung entfalten. Deswegen kann ich nur jedem raten: Wählt dagegen. Macht da nicht mit! Sonst wird es nie aufhören. Wer Gaga wählt, möglicherweise um anderes Gaga zu verhindern, bekommt trotzdem nur Gaga. Und er verdient auch nur Gaga, Ich weiß, gerade habe ich davon abgeraten, aber es ist, auch wenn es nicht sehr sinnvoll ist, jemanden wie Bernd Lucke mit seinen Reformern zu wählen, als seine Stimme an CDU/SPD oder die Grünen zu verballern. 

Am Ende stelle ich fest, dass ich jetzt viel geschrieben habe und das Problem "Corona" oder eher "Corona-Politik" kaum gestreift habe. Was eigentlich sträflich ist, denn schon alleine dazu ließe sich noch mindesten das Doppelte schreiben. Aber ich will Sie nicht tot langweilen, lieber Leser, daher nur der letzte Gedanke: Ich persönlich habe die Hoffnung, dass, da es im Ausland mehr und mehr "Freedom-Days" gibt und selbst die deutsche Kampfpresse mehr und mehr Schwierigkeiten hat den Paniklevel hochzuhalten, das Problem irgendwann einschläft. Aber dann geht mir durch den Kopf, wie man grüne und schwarzes Politik der letzten Jahre am besten beschreiben kann: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Kann man es wirklich ausschließen, dass eine deutsche Regierung, völlig unabhängig vom Ausland, an ihrer Panik festhält? Kann es sein, dass der deutsche Mainstream, in größter Angst, dass jemand die letzten anderthalb Jahre aufarbeiten will, weiter im Panikmodus verbleibt, alleine um diese Aufarbeitung zu verhindern? Als wir vor vier Jahren wählten, gab es Corona noch nicht (zumindest nicht in freien Wildbahn in Deutschland). Und als Wähler konnten wir nicht wissen, dass unsere Politik den Rechtsstaat mal eben schleifen würde. Jetzt wissen wir es besser. Und wenn wir wieder den selben Verein wählen, dann stimmen wir im Nachhinein zu. Wenn wir jemals aufarbeiten wollen, was in den letzten anderthalb Jahren schief lief, dann dürfen wir nicht die in Macht bringen, die dahinter standen. 

Und so lasse ich Sie alleine, in ihrer Wahlkabine, lieber Leser. Viel Glück und ich hoffe für Sie, dass Sie ihre Entscheidung nicht in den nächsten Jahren bereuen müssen.

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Llarian

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