In praise of Brexit.
Nachdem auf diesem Netztagebuch bislang aktuelle keine Stellungsnahme zum anstehenden Austritt des Vereinigten Königreichs erfolgt ist, sei dies, gute zehn Tage nach der englischen Parlamentswahl und einen Tag, nachdem das Parlament den Fahrplan für dem Austritt zum 31. Januar 2020 abgesegnet hat, nachgeholt. Am 17. Januar dieses Jahres zog der geschätzte Kollege R.A. dieser Stelle unter dem Titel Insel im Nebel folgendes Resumé:
Völlig egal, was man nun inhaltlich vom Brexit hält: Die bisherige Performance von Mays Truppe ist eine Katastrophe. Die Chefin ist weiterhin ratlos, der Brexit-Minister findet nicht statt und der Außenminister kaspert rum. Man tritt das Erbe der großen Margret Thatcher mit Füßen, hat aber keinerlei Plan, was man stattdessen nun möchte. Die Vorstellungen für die künftige britische Rolle in der Welt und vor allem die ökonomische Zukunft des Landes sind immer noch so vage wie vor dem Referendum.
Wie sich die Zeiten ändern. Nach dem haushohen Sieg der Tories bei der Parlamentswahl (die natürlich mit ihren klaren Ergebnis zuförderst dem Prinzip des Mehrheitswahlrechts mit seinem "winner takes all" geschuldet ist), nach der Fokussierung auf das Ziel "Get Brexit done!", darf nun jeder Zweifel als ausgeräumt betrachtet werden, daß sich das Inselkönigreich wie auch die EU in rund eintausend Stunden einem neuen Status Quo gegenübersehen. Es werden nun Nägel mit Köpfen gemacht.
Es werden, und hier liegt der für einen Vorgang solcher Tragweite entscheidende Punkt, Nägel mit Köpfen gemacht werden müssen. Spieltheoretisch (im Sinn der Theory of Games, wie sie 1944 John von Neumann und Oscar Morgenstern formuliert haben) darf das dreieinhalb Pahre währende ergebnislose Patt um die Modalitäten des Auseiandergehens in keiner Weise überraschen. ungeachtet ihres leicht frivolen Namen zielt die Spieltheorie keineswegs auf das Verhalten von Teilnehmern in "Spiel und Sport" ab (wenn man einmal davon absieht, daß das Gewinnen einer Meisterschaft für die Teilnehmer auch eine ernste Angelegenheit mit handfesten Konsequenzen darstellt), sondern auf das Ausloten von Handlungsstrategien und Optionen in prinzipiellen Konflikt- oder Kooperationssituationen. Nach dem Stand der letzten 42 Monate gab es für alle Teilnehmer ein erdrückendes Übermaß von Gründen, auf ein Scheitern (und sei es nur in Gestalt der völligen Ergebnislosigkeit) des Austritts und der Verlängerung des Patt- des Istzustandes hinzuarbeiten: sowhl auf Seiten des EU, die naturgemäß an einem Scheitern des Brexit ein maximales Interesse vorzuweisen hat und für einen Sieg in dieser Sache nur für eine Nichteinigung sorgen mußte, also für ein rein passives Verhalten belohnt wurde; dieselbe Handlungsoption bot sich den Remainern wie auch den nur halbherzig dem Wählervotum zuarbeitenden Gremien und Ausschüssen der britischen Regierung. Das Auf-Zeit-Spielen entsprach für beide Seiten auf beiden Seiten des Ärmelkanals einem "Sieg", also einem endlosen Aufschub, der einem Kippen des unerwünschten Votums gleichkam, ohne es durch aktive Maßnahmen torpediert zu haben. Bei einer solchen Entscheidungsökonomie braucht man sich nicht zu fragen, welche Waagschale nach unten sinkt. Der Preis einer solchen Konstellation besteht im Ignorieren des Willens des Souveräns, des Wählerwillens also. Die Umfragen und die Wählerwanderungen haben deutlich werden lassen, daß die Option "wir spielen auf Zeit, und der Wähler wird sich daran gewöhnen" nicht aufgegangen ist.
Mit dem klaren Datum des Brexits in unmittelbarer Nähe (die Weihnachtspause abgerechnet bleiben der aktiven Politik nur noch knappe vier Wochen) hat sich die Position um 180 Grad gedreht. Die Wähler haben klargemacht, daß sie auch die Möglichkeit eines Hard Brexit, einer Kappung der Beziehungen zum Kontinent nicht schrecken würde; auf den 500 Seiten des vorliegenden Vertrages sind die strittigen Punkte in einen überschaubaren Rahmen gefaßt. Daß die Neuaustarierung der Details bis zum Ende des Jahres 2020 in trockene Tücher kommt, steht zwar noch unter dem Vorbehalt der Kippung der Verlängerungsklausel. Aber die Vorzeichen haben sich ausgetauscht. nun ist es im obersten Interesse der EU, hier durch zielgerichtete Entscheidungen ihre eigenen Handels- und sonstige (kulturelle, akademische) Optionen möglichst gut ins Portfolio aufzunehmen. Hinter den neuen Status Quo kann man nicht zurück; es gilt, das Beste aus den neuen Verhältnissen zu machen, und nicht: ihr Eintreten mit allen Mitteln zu verhindern. Hier liegt der Grund, warum in Fragen von dieser Gewichtigkeit und Tragweite, durchaus als Prinzip, auf Dezisionismus zu setzen ist. Es wäre taktisch klüger gewesen, wenn Großbritannien spätestens ein halbes Jahr nach dem Votum für den Brexit, Ende 2016, diesen Schritt rigoros durchgeführt hätte, und damit die EU in die Position gebracht hätte, in der sie sich heute sieht.
Wichtiger als alle Fragen zu den Modalitäten, zu Einzelaspekten (etwa der Frage nach der grüne Außengrenze auf der grünen Insel, dem Backstop) wiegt des Rekurs auf Traditionen, deren Verständnis den inneren Kern des nationalen Selbstverständisses nicht nur berühren, sondern ausmachen. Es dürfte unbezweifelbar sein, daß der letzte ausschlaggebende Faktor für die Engländer, aus der unbefriedigenden, aber letztlich funktionierenden Gemengelage der Europäischen Union auszusteigen, der selbstherrliche "ICH-bin-der-Staat"-Dirigismus von Frau Merkel war, und zwar als Dreierpack. Die verheerende (verheerend vor allem, weil nie aufgehobene und korrigierte) Grenzöffnung vom Herbst 2015 war nur der letzte Schritt; die Eurorettung und der kopflose Atomausstieg bereiteten hier den Boden. Zwar wurde England von der Energiewende nicht direkt tangiert; aber diese populistische Wahnsinnstat machte klar, daß beim wichtigsten Einzelstaat der EU der austarierende Pragmatismus, die Rücksichtnahme auf die Wirklichkeit, nicht nur in politicis, sondern auch in der Welt des Physik, wieder mal einem infantilen Idealismus gewichen war. Das Bedürfnis, über kleine Dinge wie die eigene Energieversorgung, die Konsequenzen einer Finanzpolitik mit volkspädagogischem Regierungsauftrag oder die Folgen einer ungesteuerten Massenmigration selbst bestimmen zu können, und dergleichen nicht an supranationale Organisationen zu delegieren, die vom wichtigsten Werkzeug demókratischer Willensbildung, der Wahlentscheidung des Bürgers, in keiner Weise mehr zu beeinflussen sind, hat in der ältesten parlamentarischen Parteiendemokratie der Welt den Ausschlag gegeben. Die Farce, die wohl unfähigste deutsche Politikerin, die in Deutschland seit mindestens 800 Jahren ein Amt ausgeübt hat, mit der höchsten Position zu belohnen, die in der EU zu vergeben ist, dürfte, wenn sie denn nennenswert mit hineingespielt hat, diese Haltung nur noch verstärkt haben. (Man sollte als deutscher Medienkonsument nie vergessen, daß Frau von der Leyen außerhalb des deutschen politmedialen Komplexes ein Niemand, ein Nobody, eine Nullität darstellt, wie auch alle ihre deutschen Ministerkollegen und Parteigrößen. Außerhalb der Blase dieser Monade existiert für den Rest der Welt allein Frau Merkel.) Englands Traditionen haben die nationale Souveränität ganz an oberer Stelle plaziert; die historische Erfahrung, daß auch der Besitz des weltgrößten Kolonialreichs der Geschichte diese politische Positionierung über fast 200 Jahre hindurch nie wirklich tangiert hat, daß also das Empire in aller praktischen Politik keiner Rolle spielte (wenn es nicht gerade um Aufstände und die direkte Bedrohung der Kolonialbehörden vor Ort in Übersee ging: was ein ganz anderes Kapitel darstellt); daß England praktisch-faktisch politisch während dieser Zeit eher "little England" war denn Weltmacht: das hat, mit seinen Facetten von Irland über Kanada, Australien und Ostasien dem Gedenken daran einen ironischen Touch verliehen (hier sieht man übrigens einen prinzipiellen Kontrast zur französischen Tradition, die die Kolonialtradition bis heute noch als Missionstätigkeit nicht im Zeichen des Evangeliums, wohl aber des säkularen Dekalogs der Déclaration des droits de l'homme et du citoyen von 1789 zu sehen geneigt ist). Es dürfte aber, aus derselben identitätsstiftenden historischen Erfahrung heraus, nicht überraschen, wenn sich der Wille, gegen die Machtzumutungen des Kontinents (sobald hier ein Weltgeist, sei es zu Pferde oder im Hosenanzug, sich anheischig macht, seinen frivolen Machtpoker über den angestammten nationalen Rahmen hinaus zu inszenieren), wie 1806 gegen den Kleinen Korsen und 1914 wie 1940 gegen Berlin, als erheblich zäher und fundamentaler erweisen würde als die luftigen Ideale von Überstaatlichkeit und "europäischem Erbe", die sich zwar im "Luftreich der Träume" humanistischer Ideale nett machen, zumal wenn man, wie bei uns, Politik als die Fortsetzung von Kirchentagen mit den gleichen Mitteln ansieht, aber in den Niederungen des Tatsächlichen die Gleichmacherei und der Dirigismus der EU übrigbleibt.
Aus dem Rückblick auf das, was man den "historischen Gang" im Bereich der EU in den ersten zwei Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts nennen kann, wird eines deutlich: Europa ("Europa", nicht als der vielfältige, multipolare, zerklüftete Kontinent, sondern als der bürokratisch-byzantinische Moloch "EU") ist ein Schönwettergebilde; eine idealistische Schöpfung aus dem Geist der Nachkriegszeit, der Römischen Verträge, das die Nationalstaaten als Quelle des Verheerungen des vorangegangenen halben Jahrhunderts sah. Während der folgenden sechs Jahrzehnte haben die supranationalen Kräfte, der Zentralismus hier ein Eigengewicht entwickelt. Der "römische Geist", in Freihandelsabkommen, in bilateralen Interessen implementiert, hat sich (wohl unvermeidlich angesichts der dort wirkenden Kräfte einer solchen Super-Verwaltung, die stets eine Eigengesetzlichkeit entwickeln. C. Northcote Parkinson mag seine "Gesetze" mit ironischem Unterton formuliert haben; das tangiert ihr fatale Gültigkeit in keiner Weise) in sein Gegenteil verkehrt. Das jetzt fast vergangene Jahrzehnt darf als Anwendungs- als Testfall für die Berechtigung dieses "Rettungsboots" für die Alte Welt gesehen werden. Die "Energiewende" von 2011 hat zwar (siehe oben) die Staaten der EU nicht direkt tangiert - mit Ausnahme der Anrainerstaaten, die die Folgen dieses energietechnischen Wahnsinns mitzutragen haben. Aber sie hat gezeigt, daß solche Wahnsinnstaten auf nationaler Ebene durch die supranationale Einbettung nicht zu unterbinden sind, daß der Willkür und Blindheit nicht gewehrt werden kann (auch wenn es sich hier nur um einen ökonomisches Suizidprogramm denn einen tatsächlichen militärischen Überfall auf Nachbarstaaten handelt); der "Mittelteil der Trilogie", das Kapitel "Rettungsschirm" (wie in allen Trilogien diente es der Ausweitung des Handlungsschauplatzes auf die gesamte Welt, die die Karte im Buchvorsatz abbildet und der Vorbereitung des Abschlußbandes) machte klar, daß das Gebilde "EU" nicht an Krisenlösungen interessiert ist, sondern an der maximalen Implementierung von Banken, Konzernen, Institutionen, deren einzige Berechtigung das Kriterium "Too big to fail" ist, um eine Kappung des Pyramidengeschäfts zuzulassen (anders ausgedrückt: eine Änderung des Status Quo herbeizuführen). Hier hat sich exemplarisch gezeigt, daß und warum die EU "keine Antworten" auf existentielle Krisen kennt, sondern nur ein "mehr EU", "mehr Europa", "mehr Geld", "mehr Sanktionen und Ausgrenzung aller Teilnehmer, die sich diesem Programm verweigern". Mit Frau von der Leyens vor wenigen Tagen verkündetem Dreißig-Jahres-Plan zum Umbau von der ursprünglichen Handelskammer zum "klimaneutralen Kontinent" ist diese fatale Entwicklung an ihren konsequenten vorläufigen Schluß gekommen. Ein Planziel, das, sollte es jemals implementiert werden, auf ökonomischen und technologischen Selbstmord hinausläuft, mit genannten Summen, die jeder wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (die sie ja eben bei Umsetzung vernichten würden) blanken Hohn sprechen; mit Zeitrahmen (30 Jahre zur "Klimaneutralität", also dem Stand, daß alle wirtschaftliche Tätigkeit kein zusätzliches CO2 mehr in die Erdatmosphäre einträgt - wobei dies sich eben nicht nur auf die Wirtschaft, sondern sämtliche menschlichen Tätigkeiten bezieht; 80 Jahre, um das offene, von der Sonne gesteuerte, von langfristigen Zyklen, den Ozeanen und der Lithosphäre bestimmte Wettergeschehen auf einem willkürlich festgelegten Stand einzufrieren), angesichts derer die Planer sozialistischer Zwangssysteme früherer Prägung vor Neid im Boden versunken wären, unter der Fuchtel einer Domina Suprema, zu deren Erbteil eine Armee gehört, die nicht einmal mehr termingerecht mit neuem Schuhwerk versorgt werden kann. Das neofeudale Gebilde namens "EU" ist, das ist offenkundig, mittlerweile nicht mehr von einer garstigen Karikatur seiner selbst zu unterscheiden.
Demgegenüber steht mit dem Brexit die Renaissance des Nationalen. Nicht nur dort: auch die Präsidentschaft Donald Trumps ist hier ein klares Anzeichen; ebenso die der anhaltende Erfolg der "populistischen Rechten" in den letzten Jahren in der EU, vom Front National bis zu den Visegradstaaten. Wer sich die dortigen Verhältnisse, jenseits des Deutungsmusters des absoluten Schwarz-Weiß-Propaganda unserer Medien ansieht, muß feststellen: dort geht es nicht um die Durchsetzung der eigenen Ansichten, der eigenen Dafürhaltens in einem weit gefaßten, also transnationalen Rahmen, sondern um die Abwehr solcher Zumutungen von außen. Es geht darum, die im eigenen Land geltenden Verhältnisse, gemäß dem von der eigenen Bevölkerung (und zwar strikt im Sinn der eigenen Staatsbürger) erteilten Wählerauftrag. Es geht schlicht um die Vertretung des Eigenen, der eigenen Interesse, und um die Weigerung, diese Kernanliegen an Institutionen oder gar einzelne Personen, die nicht Teil dieser Gesellschaft und eben ihrer nationalen Institutionen sind und die ihr keine Rechenschaft schuldig sind. Der israelische Politikwissenschaftler Yoram Hazony hat Ende des vergangenen Jahres in seinem Buch The Virtue of Nationalism (Basic Books, September 2018, geb., 304 S., $ 20,99) ein eindrückliches Plädoyer für einen in diesem Sinn verstandenen, emphatischen Nationalismus veröffentlicht, den er als Widerpart zu den "imperialistischen" Tendenzen supranationaler, transnationaler Gebilde sieht, die, anders als es das volkspädagogische Klischee will, nicht nur in Gestalt "weißer Kolonialmächte" historisch in Erscheinung getreten sind, sondern ihren Anspruch auf universalistische Alleingeltung übergreifender in Erscheinung tritt. (Am deutlichsten tritt ein solcher "imperialer Anspruch" seit geraumer Zeit in den weltweit und auch bei uns immer sichtbareren Missions- und Alleingeltungsansprüchen einer bestimmten Religion zutage, deren mediale Omnipräsenz bei gleichzeitigem krampfhaften Herunterspielen ihrer totalitären Natur Bände spricht.) Roger Scruton hat ganz ähnliche Überlegungen hinsichtlich der Position Großbritanniens schon vor ein paar Jahren in seinem kleinen Büchlein England and the Need for Nations entwickelt. (Scrutons kleines Büchlein von 2004, das seit langer Zeit vergriffen ist, kann vollständig hier nachgelesen werden.)
Wohlgemerkt: es geht bei einem solchen Nationalismus in keiner Weise um einen "Relativismus", darum, barbarische Verhältnisse, die jedem Verständnis von Humanität, von menschlicher Würde Hohn sprechen, zu eskamotieren. Man tut gut daran, im historischen Auge zu behalten, daß die Abschaffung unmenschlicher Zustände im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert nur zu einem geringen Teil dem Eingreifen westlicher Kolonialmächte zu verdanken ist (etwa bei der Beendigung des Suttee, der Witwenverbrennung in Indien, zwischen 1820 und 1860), daß der überwiegende Teil humanistischer Reformen, von Bodenreformen über Bürgerrechte, Frauenrechte, religiöser Toleranz, wo sie denn stattfand, aus diesen Gesellschaften selbst heraus erfolgt ist. In jeder Gesellschaft, die "mittelalterliche Verhältnisse" abgeschafft hat, wird eine solche Verbesserung integraler Teil des nationalen Selbstverständnisses: das gilt für die Abschaffung der Sklaverei in den USA genau wie für das Unterbinden des "Lotusfüße" in China.
Es geht vielmehr darum, die Position zu vertreten, daß der Nationalstaat auch weiterhin eine bewährte Institution darstellt, die Interessen seiner Staatsbürger - sowohl nach innen wie auch im Wettstreit mit anderen Nationalstaaten - wahrzunehmen, daß diese über Jahrhunderte entwickelte Form die optimale Organisationsform auf der obersten Stufe gesellschaftlicher Ausbildungen (also über das Individuum und die Familie hinausgehend, die zwar die eiserne Grundebene bilden, aber nicht zur Ausbildung von Institutionen fähig sind, die alles über das Unmittelbare, zeitlich Begrenzte Hinausgehende erst schaffen und zur Verfügung stellen) - und daß supranationale Organisationen, die sich anmaßen, die Funktionen des Nationalstaats zu übernehmen, daran stets gescheitert sind, scheitern werden und scheitern müssen. Sei es dadurch, daß sie sich der Rechenschaftspflicht vor dem Bürger entziehen, daß sie in der Lage sind, diesen Bürger nachgerade aus aus ihren Machtmechanismen auszuschalten (das ist natürlich auch ein Kennmerk vieler Nationalstaaten; aber es gilt nicht als Gütesiegel), daß sie gleichberechtigte Vertretungen divergierender Ansprüche intern auszuschalten suchen und unter Kuratel stellen (die Versuche, "Klimaleugner" zu kriminalisieren, sprechen Bände); daß eine politische Feudalkaste - seien es Kader, Parteischranzen, oder NGO-Funktionäre - sich hier hier als Priesterkaste installieren kann.
Wenn dieser Befund zutrifft, sehen wir mit dem Brexit die bislang deutlichste Ausprägung der zukünftigen politischen Bruchlinie, die den Antagonismus der nächsten Jahrzehnte prägen wird: die "progressive", "globalistische" Vereinigung der verbliebenen kollektivistischen Ideen unter dem Dach einer bürokratischen Krake, die kein Programm außer dem metastasengleichen Wuchern, im schlimmsten Fall aber den Umbau in ein planwirtschaftliches Mangelsystem im Zeichen der "Klimagerechtigkeit" zum Ziel hat, und dem Rückgriff auf eine bewährte Organisationsform, die den Spagat zwischen der Bewahrung durch krisenerprobte Traditionen und vorsichtiger Anbordnahme punktueller Veränderungen (in diesen beiden Punkten hat man eine Definiotn von "Konservatismus" in a nutshell) in Form des Nationalstaats. Welcher der beiden Alternativen der Protokollant den Vorzug gibt, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Möge das Beispiel des Brexits noch vielen anderen Noch-Mitgliedern der EU als Inspiration dienen.
U.E.
© Ulrich Elkmann. Für Kommentare bitte hier klicken.