25. Mai 2018

Die große Datenkraken-Show

Das große Finale hat stattgefunden. Die Ritter des Lichts gegen den erzbösen Feind, den großen Kraken. Manche behaupten, der Kraken habe gewonnen. Andere sehen ihn als Verlierer.

Wahrscheinlich haben sie beide recht. Einerseits ist es blamabel, wenn in einer solchen Sitzung nur Wahlkampf getrieben wird auf Kosten von Information und Diskussion. Andererseits ist generell zu befürchten, daß im Bereich Internet unkundige Politer schlechte Gesetze machen.

Das Ganze ist übrigens - bevor das übliche EU-Bashing anfängt - kein spezielles Problem der EU und ihrer Gremien. Auch in jedem anderen Parlament bleibt die Sacharbeit in Wahlkampfzeiten auf der Strecke. Auch in den nationalen Parlamenten wäre nicht mehr aus einer solchen Veranstaltung herausgekommen, siehe das Beispiel USA.
Und speziell der deutsche Bundestag mit seinem bekannten Internet-Analphabetismus und seiner Neigung zur moralisierenden Fachunkenntnis hätte so einen Termin bestimmt noch viel deutlicher versemmelt.

Das eigentliche Problem ist das Veranstaltungsformat selber.
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Denn es ging bei der Zuckerberg-Einladung nicht darum, daß sich der Gesetzgeber informiert um anschließend ein besseres Gesetz machen zu können. Grundsätzlich ist es sinnvoll, daß Informationsgespräche zwischen Politikern und wichtigen Leute aus einer Branche stattfinden, bevor irgendwelche Maßnahmen beschlossen werden.
Aber solche Gespräche finden sinnvollerweise nicht öffentlich statt, und meist nur mit Vertretern einer Fraktion - damit man offen nachfragen kann und die Experten auch mal "ungeschützt" aus dem Nähkästchen plaudern können. Und natürlich sollten solche Gespräche mit Firmenvertretern oder anderen Experten verschiedener Herkunft stattfinden, nicht nur eines mit dem Marktführer.

Was hier stattfand war kein Informationsgespräch, sondern es sollte ein Tribunal sein. Zuckerberg ist erfolgreich und verhaßt. Insbesondere bei Medienvertretern, denen er teilweise das Geschäft abgräbt. Was er macht ist legal und moralisch nicht wirklich angreifbar und viele Millionen Bürger nutzen sein Angebot. Es gibt auch niemanden, der von Facebook und seinen Angeboten geschädigt wird (außer der weniger erfolgreichen Konkurrenz).
Aber für den Mob ist Zuckerberg der pöse Datenkrake, der Feind von Bürgerrechten und Demokratie. Und wenn man ihn schon nicht vor Gericht stellen kann, dann sollte wenigstens ein Gericht simuliert werden. Mit Fragen, mit denen er "gegrillt" wird. Mit Erpressung und Druck solange, bis er sich öffentlich entschuldigt für seine angeblichen Vergehen.

Das war die Erwartungshaltung an diesen Termin, und die ist nicht erfüllt worden. Die Medienvertreter kritisieren, daß sie nicht die erwartete Show bekommen haben. Sie kritisieren nicht, daß seriöse und sachgerechte Politik solche Termine überhaupt nicht abhalten sollte.

Denn es kann ja wohl nicht sein, daß die für alle Bürger und Firmen gültigen Internet-Gesetze inhaltlich davon abhängen, ob ein spezieller Firmenchef mal eine gute Performance in der Ausschuß-Befragung hat oder sich öffentlich zerknirscht!

Wer Shows wie die Zuckerberg-Befragung will, der will keine seriöse Politik mehr. Und vielleicht auch keinen Rechtsstaat mehr. Und schon gar keine vernünftige Diskussion darüber, was im Internet wie zu regeln wäre.


R.A.

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