Der Verfasser dieser
Zeilen hat meistens (und derzeit ganz besonders) subjektiv Besseres zu tun, als
sich in das einzuschalten, was hierzulande als gesellschaftlich oder politisch
relevante Debatte betrachtet wird. Doch in dem konkreten Fall, der im Folgenden
zu verhandeln sein wird, lohnt sich ein kurzer Abstecher auf den Schießplatz zu
Hornberg, weil das zum Vortrag gebrachte Spektakel so kennzeichnend ist für die
Scheindiskussionen, die in dieser Republik als abendfüllend durchgehen.
Der erste Gedanke des endunterfertigten
Autors, als er von Alexander Dobrindts Äußerung über die „aggressive
Anti-Abschiebe-Industrie“ las, war der, dass nun wohl die üblichen Verdächtigen
(und vielleicht auch einige Unverdächtige) über das ihnen hingehaltene
Stöckchen springen würden. Und so kam es dann auch.
Diese Erregungsroutinen haben etwas extrem Langweilendes an sich: Es ist nämlich offensichtlich, dass die CSU im Hinblick auf die im Herbst dieses Jahres anstehende Landtagswahl in Bayern sehr laut bellt – erst Söder und das Kreuz und nun Dobrindt –, um den Mangel an Beißfreude nach Möglichkeit zu kaschieren. Anders formuliert: Die freistaatliche Dauerregierungspartei leidet seit circa drei Jahren darunter, dass sich ihre Schwester, mit der sie dereinst in ritueller, aber doch beiden Seiten nutzender und frommender Hassliebe verbunden war, ihr nun tatsächlich entfremdet hat. Prosaischer ausgedrückt: CDU und CSU können nicht mehr miteinander, aber zur Scheidung kann man sich – vermutlich aus Opportunitätsgründen – nicht durchringen und deshalb gibt man das sich ankeifende alte Ehepaar, das dann letztlich doch unzertrennlich ist.
Aber auch Dobrindts
Kritiker haben sich ihr gerüttelt Maß an Schimpf und Schande redlich verdient.
Denn der Eiertanz, den die Linken dieses Landes seit geraumer Zeit veranstalten,
ist vor lauter Lächerlichkeit kaum noch anzusehen. Wohl aus Furcht vor dem
Wähler traut man sich bei SPD, Grünen und SED nicht auszusprechen, dass man im
Grunde ein ungehindertes Einreiserecht aller, die da wollen, nach Deutschland befürwortet.
Um das gewünschte Ergebnis dann doch zu erreichen, müssen die unverkennbaren
Vollzugsdefizite bei aufenthaltsrechtlichen Ausreiseentscheidungen als
humanitäre Errungenschaft unserer – Zitat – „weltoffenen, toleranten, liberalen
Gesellschaft“ – Zitatende – verkauft werden.
Eigentlich wäre die Sache
ganz einfach: Wo eine nicht mehr anfechtbare, vollziehbare Rückkehrentscheidung
vorliegt, ist diese auch durchzusetzen. Es gibt keinen Grund, im
Aufenthaltsrecht anders zu verfahren als in anderen Gesetzesmaterien. Wer die Verwirklichung
einer solchen Entscheidung zu vereiteln versucht, muss sich die Frage nach
seinem Rechtsstaatsverständnis gefallen lassen.
Gleiches gilt aber auch für
diejenigen, die einem Betroffenen vorwerfen, dass er einen ihm offenstehenden
Rechtszug ergreift. Niemand muss – auch wenn uns die veröffentlichte Meinung
Gegenteiliges glauben machen möchte – auf eine legale steuerliche
Gestaltungsmöglichkeit verzichten, weil bei deren Nichtanwendung der Staat höhere
Einnahmen erzielen würde. Und ebenso muss niemand, dem die Rechtsordnung die Befassung einer weiteren Instanz gestattet, von dieser Gelegenheit Abstand
nehmen, weil dies für die Gesellschaft wünschenswert wäre.
Der Gesetzgeber ist dazu berufen,
allfällige Missstände zu beheben. Der Einzelne braucht nicht in vorauseilendem
Gehorsam all das zu unterlassen, was ihm nicht ausdrücklich verboten ist, nur weil es einem oder vielen anderen gegen den Strich
gehen könnte.
Doch wahrscheinlich steht man mit einer Ansicht wie der vorstehend zum Ausdruck gebrachten in der Welt des binären Diskurses auf verlorenem Posten. Aber das macht ja nichts: Man hat schließlich Besseres zu tun, als sich in das einzuschalten, was hierzulande als gesellschaftlich oder politisch relevante Debatte betrachtet wird.
Noricus
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