17. Oktober 2017

Rechtsruck oder Linkskommutation? Eine Nationalratswahlnachlese

Viel dürfte sich beim Ergebnis der österreichischen Nationalratswahl nicht mehr tun: Bis auf diejenigen Wahlkarten, die am Sonntag in fremden Sprengeln abgegeben wurden, es soll sich dabei um circa 36.000 Stück handeln, sind alle Stimmen ausgezählt. Die ÖVP wird mit 31,5 Prozent die deutlich stärkste Kraft. Auf Platz 2 und 3 sind mit hauchdünnem Unterschied (26,9 zu 26,0 Prozent) die SPÖ und die FPÖ zu liegen gekommen. Die NEOS schaffen mit 5,3 Prozent komfortabel, wenn auch nicht mit einem berauschenden Resultat, erneut den Einzug ins Parlament. Die Liste des Grünen-Renegaten Peter Pilz überspringt knapp die 4-Prozent-Hürde, die von ihm verlassene Partei scheitert hingegen an der Untergrenze. Damit Abgeordnete der Ökobewegten doch noch im Hohen Haus Platz nehmen können, müsste es bei den noch nicht berücksichtigten Votumszetteln einen unwahrscheinlich großen Zuspruch für die Alternativen geben.
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ÖVP und FPÖ haben gemeinsam 13 Prozentpunkte gegenüber dem Urnengang des Jahres 2013 hinzugewonnen, weshalb in den Medien dem Schlagwort vom Rechtsruck Flügel wuchsen. Man könnte gegen diese Sprechblase einwenden, dass die Blauen zwar zum Beispiel in Sachen Migration klassisch rechte, in der Wirtschaftspolitik in wichtigen Punkten jedoch sozialdemokratische Positionen einnehmen. Am besten wird man der von HC Strache geleiteten Gruppierung wohl gerecht, wenn man ihr eine Ideologie sui generis zubilligt.

Jedenfalls lässt sich sagen, dass eine Merkel'sche Willkommenskultur in der Alpenrepublik keine Mehrheit hat und knapp 60 Prozent der gültigen Stimmen einen scharfen Kurs in der Frage der Zuwanderung legitimieren. Sebastian Kurz' überwältigender Erfolg straft auch das ohnehin nur mit überschaubarer intellektueller Fundierung gesegnete Argument Lügen, dem zufolge es nur dem Original nützt, wenn eine bürgerliche Partei die Rechtspopulisten kopiert. Bei der alten CSU hätte man diese Botschaft aus Wien nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern auch in praktische Politik umgesetzt.

Für den Verfasser dieser Zeilen weitaus überraschender als die Stärkung der ÖVP und der FPÖ sind die Entwicklungen im linken Lager: Erstens hält die SPÖ trotz der sie arg kompromittierenden Causa Silberstein ihr Ergebnis von vor vier Jahren. Zweitens lacht im Falle der Liste Peter Pilz (entgegen einem allgemeinen Trend, man denke an Haider und das BZÖ oder Lucke und die LKR) der Apostat und eben nicht die Stammpartei zuletzt und am besten. Drittens hätte der Endunterfertigte den Parlamentsabschied der Grünen nicht erwartet (wenngleich er Felix Austria dazu gratuliert).

Freilich dürften die Ökos beim heurigen Urnengang unter Wert verkauft worden sein. Der vorhersehbare Stimmengewinn der FPÖ wird nicht ganz wenige Anhänger der Grünen dazu veranlasst haben, der SPÖ ein Leihkreuzerl zu schenken, um einen zweiten Platz der Blauen zu vereiteln. Über das dirty campaigning der Sozialdemokraten hat man dabei in den Bobo-Vierteln der großen Städte gnädig hinweggesehen, da in der Liebe nicht mehr, jedoch im Kampf gegen Rechts weiterhin alles erlaubt ist.

Aus deutscher Sicht bleibt anzumerken, dass Österreich hinsichtlich des Migrationsproblems möglicherweise einmal wieder, so wie bei der Schließung der Balkanroute, für das große Nachbarland die Würstel vom Grill holen wird und es dafür als Lohn nur groben Undank ernten wird. Wie war das noch einmal mit Österreich als dem besseren Deutschland?

Noricus

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