Die
Zeit nach dem Weihnachtsfest ist eine seltsam zwischenzeitliche. Man
verharrt gewissermaßen zwischen zwei Festen. Zwischen den Festen, halte ich als Umschreibung dieser Zeit für passender als das traditionelle "Zwischen den Jahren".
Eine
Zeit des Wartens sozusagen - auf das nächste Fest.
Und eine der inneren Vorbereitung auf eine ganz andere Art von Feier
Vor Kurzem wurde noch das Fest der Liebe im Kreis der Familie gefeiert; man bemühte sich einer gepflegten Konversation, die geeignet erschien,
für ein Höchstmaß an Harmonie Sorge zu tragen.
Was der Kollege Meister Petz aus gutem Grund als totalitär bezeichnete, folgt Regeln, die jegliche Aggressivität vermeiden, den Ältesten
in den Familien ungewohnt viel Achtung entgegenbringen und auf
gute Sitten wert legen soll.
Ein
Fest, welches von Disziplin und Beherrschung geprägt ist. Aber auch
von einer positiven Einstellung zu traditionellen Werten, die durch
die Pflege von Ritualen und des Zusammenhalts der Familie zum
Ausdruck kommt.
Ihm
folgt: Silvester.
Die
akustische Untermalung erinnert eher an Krieg, es wird ausgelassen
bis enthemmt gefeiert, bisweilen sogar mit Verletzten. In dieser
Situation werden zu allem Überfluss auch noch gute Vorsätze
beschlossen, so als wäre eine orgiastische Junggesellenfeier der Kit
für eine lebenslange monogame Beziehung. Was vorher war, wird für
beendet erklärt und was kommt, willkommen geheißen. Aber es ist
nicht beendet. Es holt einen regelmäßig wieder ein. Darum sind die
guten Vorsätze nur der Beleg, dass man die Zeit der inneren
Vorbereitung nicht genutzt hat. Man ist nicht bereit für den
Antipoden des Weihnachtsfestes.
Im
Gegensatz zu Weihnachten wird zu Silvester gefeiert. Und zwar ein
Fest auf eine Art, wie es Sigmund Freud definierte:
"Ein gestatteter, vielmehr ein gebotener Exzess, ein feierlicher Durchbruch eines Verbotes. Nicht weil die Menschen infolge irgend einer Vorschrift froh gestimmt sind, begehen sie die Ausschreitungen, sondern der Exzeß liegt im Wesen des Festes; die festliche Stimmung wird durch die Freigebung des sonst Verbotenen erzeugt."
Die
Umstellung von der Besinnlichkeit auf den Exzess, oder besser die Ausgelassenheit, bekommt nicht jeder
gleichermaßen hin. Es ist gar nicht so einfach mit der gleichen Mentalität, auf beiden Festen den Ritualen gerecht zu werden. Deshalb beschleicht
einen mitunter das Gefühl, zu Silvester ausgelassen sein und eine
Party suchen zu müssen. Findet man keine, könnte sich u.U. ein leichtes
Gefühl von gesellschaftlichen Isolation einstellen.
Weil
es gar nicht so einfach ist dem kolportierten Charakter beider Feste
gerecht zu werden, sind die Präferenzen meist unterschiedlich
verteilt. In jungendlichen Jahren ist das Silvesterfest dem Weihnachtsfest
in Bezug auf seine Vorfreude und der Intensität der Begehung, klar
überlegen. Das kehrt sich mit der Zunahme an gelebten Jahren um. Als
holte man nach, was früher gering geschätzt wurde und verzichtete, wovon man nun genug hat.
Aber
was bleibt, ist der Spagat zwischen der Fähigkeit zur Besinnung auf
traditionelle Werte und zum Durchbruch von gewohnten Normen und Selbstbeschränkungen, innerhalb einer Woche. Wie gut einem
dieser Spagat gelingt, ist auch ein Synonym für das gefühlte Alter.
Natürlich
weniger aus eigener Perspektive, vielmehr aus der seiner Umgebung.
Wenn
einem also die ständigen Verbote auf die Nerven gehen, mit denen die
Politik, praktischerweise die „europäische“, auch im neuen Jahr
die Bürger der Staaten in Europa beschränken will, sieht er sich
direkt mit dem demographischen Faktor konfrontiert. Die Gesellschaft
altert. Die Fähigkeiten ihrer Individuen Lösungen ohne Verbote zu suchen oder mehr noch, Verbote aufzuheben, scheinen abzunehmen.
Deshalb ist jedes neue ausgelassene, laute und von Verbotsdurchbrüchen, wie es Freud beschreibt, geprägte (Silvester-) Fest ein gutes Zeichen. Und eine gute Gelegenheit sich zu erinnern, wie man einst als Jugendlicher feierte.
Deshalb ist jedes neue ausgelassene, laute und von Verbotsdurchbrüchen, wie es Freud beschreibt, geprägte (Silvester-) Fest ein gutes Zeichen. Und eine gute Gelegenheit sich zu erinnern, wie man einst als Jugendlicher feierte.
Ich wünsche allen Lesern und meinen Autorenkollegen einen guten Rutsch!
Erling Plaethe
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