Nach dem doch etwas unerwarteten Ende des Depp/Heard Prozesses in den USA versucht so mancher, in der Regel konservative, Kommentator das Ende von #metoo herbei zu sehnen. "Endlich" einmal glaubt man dem Mann und endlich einmal bekommt eine Frau die Rechnung für die öffentliche Zerstörung ihres Ex-Mannes mit einer erfundenen Misshandlungs-Geschichte. Lange hat Justitia geschlafen, doch nun ist sie endlich erwacht und hat den ganzen geifernden Hyänen endlich den Garaus gemacht.
Oder auch nicht.
Das sich mancher das Ende von #metoo herbei wünscht ist nahe liegend, verstellt aber schnell den Blick auf die Bedeutung von einzelnen Prozessen und ihre Wirkung in der gesamten Rechtsordnung. Wenn man der Logik folgen würde, dann hätte auch der Kachelmann-Prozess (der noch einmal deutlich krachender ausging als der Depp/Heard Prozess) auch das Ende von Falschbeschuldigungen bei Vergewaltigungen bedeutet. Dem ist nicht der Fall. Denn ebenso wie Kachelmann ist der der Depp/Heard Prozess von einigen sehr speziellen Details durchsetzt, die eben nicht typisch für jeden Prozess sind, in dem möglicherweise jemand zu Unrecht diffamiert ist.
So wird nicht jeder zu Unrecht beschuldigte das Glück haben umfangreiches Material zur Verfügung zu haben, dass verbale und physische Gewalt durch das vermeintliche Opfer belegt. Ebenso wird auch nicht jeder entsprechend Beschuldigte das Glück haben einem Gegner gegenüber zu stehen, der sich aus Eitelkeit in Lügen verstrickt und dabei auch noch erwischt wird. Und mit am wichtigsten ist der Unterschied, dass es sich nicht jeder leisten kann für wenigstens hunderttausende Dollar oder Euro eine ganze Armee von Anwälten und Fachleuten engagieren zu können, die jedes noch so kleine Details durchleuchten können.
Wer meint, dass sich durch den Sieg von Johnny Depp nun viel ändern wird, sich #metoo zurück nehmen wird oder sich die Twitter-Bataillone demnächst mehr zurück nehmen werden, dem möchte dieser Autor auch mal nahe legen darüber nachzudenken, ob Zitronenfalter wirklich Zitronen falten. Johnny Depp genauso wie Jörg Kachelmann sind die großen Ausnahmen in einem viel größeren Feld von Opfern und auf jeden Johnny Depp kommen hunderte(!) von einfachen Micheln, die ihre Kinder vor Gericht verlieren, weil sie der Gewalt beschuldigt werden und sich eben nicht dagegen wehren können. Das Schwert des Vorwurfs wurde in dem Moment scharf, als wir die Unschuldsvermutung sowohl in Familiengerichten, in den Firmen wie auch in der sonstigen Öffentlichkeit fallen gelassen haben. Es ist sicher mit besten Absichten passiert, denn kein Opfer soll zweimal bestraft werden, aber wie immer ist der Weg zur Hölle mit den besten Vorsätzen bepflastert.
Wie dem auch sei, auch wenn das Ergebnis eher unerwartet ist, sollte man nicht zuviel in das Ganze hinein interpretieren. Johnny Depp wird seine Karriere nicht wieder bekommen, weil er jetzt eine, für ihn eher lächerliche, Summe eintreiben kann. Für Amber Heard wird sich auch nicht viel ändern, denn eine schlechte Schauspielerin war sie auch vorher schon und sie brauchte keinen schlechten Ruf, um keine Rollen mehr zu bekommen. Und für #metoo wird sich auch nicht so viel ändern, das nächste Opfer wartet an der Ecke und der Twitter-Mob steht immer in den Startlöchern. Das einzige was sich verändern dürfte, wäre die Erkenntnis von öffentlichen Opfern der nächsten Generation, dass man, wenn man ein Opfer sein möchte, man vielleicht vorher nicht das Bett des Ex-Partners mit einer Toilette verwechseln sollte.
Llarian
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