16. Oktober 2021

Gastbeitrag. „Moderner Kapitalismus. Eine politisch nicht ganz korrekte Einführung."



Aus aktuellem Anlaß hat „Zettels Raum“ sein Fernsehprogramm geändert.

Diesmal, anders als bei meinem letzten Posting, ein genuiner Gastbeitrag. Da es sich um einen auf YouTube eingestellten Beitrag handelt, der jedermann öffentlich zugänglich ist, geht es nur darum, auf ihn hinzuweisen, um (wenn Fortuna es will) die Reichweite noch ein wenig zu erhöhen. Da es Lesern/Zuschauern aus dem deutschen Sprachbereich nicht unbedingt zuzumuten ist, sich ungewarnt eine völlig unbekanntes Video von fast einer Viertelstunde Länge anzutun, habe ich den Text des Dialogs übersetzt; auch, um etwaigen Verständnisschwierigkeiten vorzubeugen – zumal mir auch die Erfahrung und die Übung fehlen, ein Video mit deutschen Untertiteln zu versehen.

Natürlich hat das Ganze etwas Schulfunkmäßiges. Die Animation ist schlicht; aber simpler als in der „Sendung mit der Maus“ ist dies auch nicht; während das Wechselspiel der beiden Sprecher als Kienzle und Hauser gemahnt (die allerdings konträre Standpunkte zu ihren Themen einnahmen. Einnehmen konnten. Tempi passati). Lesern von „Zettels Raum“ werden die aufgeführten Punkte nicht neu sein; es gilt das Schulfunk-Prinzip: eine kurze Wiederholung des Altbekannten kann nicht schaden. Von daher sei das Folgende allen Kindern zwischen 8 und 88 Jahren nahegelegt. Bei vielen davon, die in Medien und Politik tätig sind, ist freilich zu befürchten, daß sie mit diesen Aspekten des „modernen Kapitalismus“ noch nie konfrontiert worden sind. Manche von ihnen dürften aktuell sogar an den laufenden Berliner Koalitionsverhandlungen beteiligt sein.

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Michael Malice: Ich mag das Landleben ja wirklich. Eisangeln! Wie in alten Zeiten! Holla – da hat einer angebissen.

(Tom Woods taucht aus dem Eisloch auf, eingefroren in einem Eisblock wie Ötzi oder Monsieur Synthése in Louis Boussenards Roman 10.000 ans dans un bloc de glace (1890).

MM: Moment mal: das ist gar kein Fisch. Das ist Tom Woods! Wie in alten Zeiten.

Tom Woods: Schon gut, schon gut. Ich bin wieder mal im Eis eingebrochen. Wie lange war ich diesmal weg?

MM: Nach diesem mottenzerfressenen Löwenfell zu urteilen, so an die zehntausend Jahre.

TW: Wie bitte? 10.000 Jahre? Michael, kann ich mal deine Toilette benutzen? Ich muß mal gerade dinosauriermäßig…



[Titel] „Moderner Kapitalismus. Eine politisch nicht ganz korrekte Einführung“

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TW: Weshalb unterhalten wir uns hier überhaupt über den modernen Kapitalismus? Jeder scheint ihn zu hassen. Aber die Antwort lautet: er hat mehr als alles andere, das jemals in der Weltgeschichte passiert ist, dafür gesorgt, die Menschen aus der Armut zu holen.

[Zwischentitel] „Von den Höhlenmenschen zum Überfluß“

TW: Uns wird immer erzählt, daß der Kapitalismus die Leute arm macht, daß er den Armen alles wegnimmt und es den Reichen gibt. Und dadurch entstehen Hunger und Hoffnungslosigkeit.

MM: Wenn die Leute von „verarmt“ reden, dann meinen sie damit, daß jemand nicht über genügend Mittel verfügt, um seine einfachsten Lebensbedingungen erfüllen und überleben zu können. Es geht um Nahrungsmittel, es geht um sauberes Trinkwasser, um Medizin, um ein Dach über dem Kopf. Und wenn wir das als Maßstab nehmen, kennen wir die Daten. Wir wissen die Zahlen – und die Anzahl der Menschen, die dazu keinen Zugang haben, hat sich in den letzten 20 Jahren halbiert. Und das ist nicht trotz des Kapitalismus so, sondern er ist die Ursache dafür. Zwanzig Jahre! Das ist gerade mal eine Generation. Übrigens hat es vor kurzem in Amerika eine Umfrage gegeben. Die Frage lautete: Was glauben Sie, wie sich die Armut weltweit in den letzten zwanzig Jahren entwickelt hat? [Min. 1:49: Texttafel mit den Fragen] „Glauben Sie, daß sie sich verdoppelt hat? Ist sie in etwa gleichgeblieben? Oder hat sie sich halbiert?“ 95 Prozent haben die falsche Antwort gegeben (*). Und warum? Weil ihnen niemand die Wahrheit erzählt hat. Weil man ihnen den Eindruck vermittelt hat, daß alles nur schlechter wird. Denn wir wissen ja, daß alles nur schlechter werden kann, weil der Kapitalismus böse ist. Wir kennen diese Geschichte schon, noch bevor wir überhaupt einen Blick auf die Fakten geworfen haben.

MM: Es gibt gewaltige Anreize, damit die Zustände möglichst schlecht dargestellt werden. Wir hören keine Geschichten, in denen es heißt: „Niemand hat mehr Hunger!“ – „Jeder hat Kleidung!“ Stattdessen heißt es: „Schaut euch nur diese hungernden Kinder an!“ Das Wunderbare am Kapitalismus ist, daß diese hungernden Kinder früher auf der ganzen Welt zu finden waren. Und heute sind sie immer schwerer zu finden.

TW: Apropos Hunger - Michael, ich verschmachte. Ich hab‘ so lange hier im Eis festgesteckt. Kannst du mir etwas anbieten?

[Szenenwechsel. Küche]

MM: Also, was möchtest du? Ich hab‘ hier Schinken aus Spanien, ich hab‘ Sashimi aus Japan, Speck aus Kanada, Würstchen, Burger, Knödel aus hiesiger Produktion und zum Nachtisch gefüllte Schokoladeneier von Cadbury. Greif zu. Nichts Besonderes.

TW: Nichts Besonderes? Was redest du da? Du hast hier Gerichte und Delikatessen aus aller Welt. Deine Speisekammer ist voll mit leckeren Sachen aus der ganzen Welt, für die selbst Könige und Königinnen frühe über Leichen gegangen wären. Hast du mal darüber nachgedacht, wie das überhaupt möglich ist?

MM: OK, Boomer. Ich hab‘ Amazon aufgerufen, und es ist an die Tür geliefert worden.

TW: Amazon? Ich bin ja bloß ein schlichter Höhlenmensch. Nehmen wir doch mal die Schritte davor. Wie ist das bis zu deiner Haustür geliefert worden? Wie zu dem Lager, von dem an an deine Haustür gebracht worden ist? Wo kommt das alles her?

MM: Vor hundert Jahren waren wir alle wie Oliver Twist, der dastand und sagte: „Sir? Kann ich bitte noch eine Schüssel Brei kriegen?“ Heute haben wir das Problem, daß die Kinder zu dick sind. Heute haben wir „Honey Boo Boo.“ Ja, das ist immer noch ein Problem. Aber es ist ein wesentlich besseres Problem, wenn man Kinder hat, die zu viel zu essen haben, als wenn sie nicht ausreichend wachsen können, weil sie nicht genug zu essen bekommen. Oder gar verhungern. Wenn 19 von 20 Amerikanern von etwas überzeugt sind, das einfach nicht zutrifft, dann kann das nur an den Organisationen liegen, diese ihnen diese falschen Informationen liefern.

Es gibt einen Wirtschaftswissenschaftler namens Bob Lawson, der sich mit der wirtschaftlichen Freiheit in verschiedenen Ländern der Welt beschäftigt hat.



[Einblendung Schautafel 3:53]

Er hat dies herausgefunden: Je mehr Kapitalismus in einem Land herrscht, desto weniger haben die Menschen dort unter Mängeln und Entbehrungen zu leiden. Das ist das genaue Gegenteil von dem, was uns erzählt wird. Jede Hungersnot, die es in den letzten 30 Jahren auf der Welt gegeben hat, hat nicht deswegen stattgefunden, weil es zu wenig Nahrungsmittel für die Menschen in diesen Ländern gab. Die Regierungen oder Verbrecherbanden (aber ich wiederhole mich wieder mal) haben die Menschen daran gehindert, daß sie diese Lebensmittel bekommen konnten.







4:15 (Einblendung Texttafeln)

Ob in Äthiopien, in Nordkorea, oder in Somalia: das sind alles Beispiele dafür, daß es daran lag, daß die Menschen keine Zugang zu Lebensmittel hatten.



[4:26 Zwischentitel] „Überbevölkerung: die zukünftige Krise?“

TW: Michael, jetzt heißt es bestimmt: das mit den übergewichtigen Kindern kannst du nicht mal so eben abtun. Wenn es so viele Lebensmittel gibt, dann doch nur deshalb, weil es mehr Abnehmer dafür gibt. Also schlicht mehr Menschen. Und so viele Menschen führen zur Zerstörung der Erde. Sie kann nicht so viele Menschen vertragen. Danke, Kapitalismus! Du hast gerade ein neues Problem erzeugt: Überbevölkerung!

Zumindest war die die Ansicht von Paul Ehrlich, Ökonom an der Stanford-Universität, der Bücher geschrieben hat, in denen er katastrophale Aussichten für die Zukunft der Menschheit und der Erde ausmalte. Ehrlich hielt die Überbevölkerung für ein riesiges Problem, weil wir so viele Rohstoffe verbrauchen würden, daß sie schlagartig zur Neige gehen würden, und unser ganzes System zusammenbrechen würde.







(Einblendung Texttafeln: 4:55 „1970: Alles Leben im Meer vernichtet“ 5:00 „1980: 65 Millionen Amerikaner fallen der Hungersnot zum Opfer“ 5:08 „2000: England gibt es nicht mehr“)

MM: Julian Simon, ein anderer Ökonom, war der Ansicht, daß Ehrlich mit seinen Befürchtungen zu hundert Prozent danebenlag. In Simons Buch „The Ultimate Resource“ – „Der wichtigste Rohstoff“ – weist er darauf hin, daß „mehr Menschen“ auch „mehr Köpfe“ bedeutet. Und diese Köpfe können Verbesserungen erfinden, sie können Probleme lösen. Es ist also nicht so, daß mehr Menschen etwas Schlechtes bedeuten. Sie bedeuten vielmehr eine Zunahme von dem nützlichsten Rohstoff, den es in der Geschichte je gegeben hat: dem menschlichen Verstand.



(Einblendung Texttafel 5:19: „The Ultimate Resource”)

MM: Und die beiden haben eine berühmte Wette miteinander abgeschlossen. Simon hat zu Ehrlich gesagt: „OK. Wenn diese vielen Menschen also die Rohstoffe aufbrauchen, dann dürfen Sie sich fünf Metalle aussuchen, die uns demnächst ausgehen werden. Oder sie werden aufgebraucht und deswegen unbezahlbar, weil die Preise in die Höhe schießen – weil bei allen Sachen, die selten werden. Und in 10 Jahren sehen wir nach, ob diese Preise gestiegen oder gesunken sind. Wenn der Preis steigt, sind sie seltener geworden. Wenn er gesunken ist, gibt es mehr davon. Und Sie dürfen sich die Metalle aussuchen.“ Nochmal: Simon hat es Ehrlich überlassen, welche Metalle er sich dafür aussucht. Also hat Ehrlich sich fünf Metalle ausgesucht. Und was glaubt ihr ist passiert? Jedes einzelne davon wurde billiger, und er mußte Simon einen Scheck ausschreiben. Und Simon hat diesen Scheck in seinem Büro an die Wand gehängt, bis zu dem Tag, an dem er starb. (**)

TW: Und ganz nebenbei, Michael: Simon hat nicht behauptet, daß es daran liegen würde, daß wir mehr von diesen Metallen finden. Es wäre auch möglich, daß man einen besseren Rohstoff findet und einen Weg, um sie besser nutzen zu können.

MM: Das haben wir früher schon gesehen. 1920 hieß es: „Oh: wir haben nur noch Öl für die nächsten 20 Jahre.“ (6:43 Einblendung Texttafel) 1940 hieß es: „In 20 Jahren geht uns das Öl aus.“ (6:46 Einblendung Texttafel). Und dann passiert zweierlei: Es wird mehr Öl gefunden - aber es werden auch Wege gefunden, um das Öl, das wir schon haben, besser nutzen zu können. Wenn ich einen Motor erfinde, der nur ein Zehntel des bisher benötigten Benzins braucht, um mein Auto anzutreiben, dann habe ich unterm Strich die vorhandene Menge an Benzin um das Zehnfache vermehrt. Und das hat Julian Simon gemeint, als der den menschlichen Verstand als „den nützlichsten Rohstoff“ bezeichnet hat.

TW: Matt Ridley, ein bekannter Sachbuchautor, hat das so ausgedrückt (7:18 Einblendung Texttafel):



“Mobiltelephone haben heute die Rechenleistung von Computern die in den siebziger Jahren so groß wie ein ganzes Zimmer waren. Ich benutze meins anstelle von einer Kamera, einem Radio, einer Taschenlampe, einem Kompaß, einer Landkarte, einer Armbanduhr, eines CD-Spielers, einer Zeitung und eines Kartenspiels. LED-Glühbirnen verbrauchen nur etwa ein Viertel der Energie einer herkömmlichen Glühbirne und liefern ebensoviel Licht. Moderne Gebäude enthalten in der Regel weniger Stahl, und mehr davon ist recycelt. Büros sind noch nicht völlig papierlos, aber es wird dort erheblich weniger Papier verbraucht. Und selbst wo der Materialbedarf nicht zurückgegangen ist, nimmt er weniger stark zu als erwartet worden ist. In den 1970 haben Experten vorhergesagt, wie hoch der Wasserverbrauch auf der Welt im Jahr 200 sein würde. (7.55: Einblendung Texttafel) Der tatsächliche Wasserverbrauch war nur halb so hoch wie vorausgesagt. Und das lag nicht daran, daß es weniger Menschen gab, sondern weil es der technische Fortschritt bessere Bewässerungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft ermöglicht hat, in der das meiste Wasser verbraucht wird.” (***)



[8:13 Zwischtentitel] „Zerstören wir unsere Umwelt?“

TW: Gut. Wir haben viel mehr Menschen, und wir können sie ernähren. Aber wenn es mehr Menschen gibt und mehr Menschen ernährt werden müssen und mehr Menschen Wohnungen brauchen und mehr Menschen mehr Platz brauchen, dann heißt das doch, daß es für alle anderen Tiere, die auch noch auf dieser Erde leben müssen, weniger Nahrung und weniger Unterschlupf und weniger Platz gibt. Es heißt doch überall, daß die Menschen die natürliche Umwelt belasten und die anderen Arten, mit denen wir uns diesen Planeten teilen.

MM: Als Erzählung macht sich das gut, aber wir haben ausreichend Informationen, die zeigen, daß es im wirklichen Leben nicht so funktioniert. In den Vereinigten Staaten sind einige bedeutende Arten ausgestorben – etwa die Rocky-Mountain-Heuschrecke (Tafel 8:53), oder der Karolinasittich (Tafel 8:56) oder die Wandertaube (Tafel 8:57) – aber das fand alles vor 100 Jahren stand. Seitdem ist der Naturschutz im Westen wichtig geworden. Im Amerika hat Teddy Roosevelt hier Pionierarbeit geleistet. Heute wird das von den Regierungen betrieben – aber auch von Organisationen wie der NRA (der National Rifle Association) und von allen möglichen Jägervereinen. Die Auffassung, daß die Artenvielfalt für zukünftige Generationen erhalten werden muß, findet allgemeine Zustimmung. Wenn man über Wohlstand verfügt, dann wird das darauf verwendet, um Dinge zu erhalten, die selten und kostbar und etwas Besonderes darstellen. Wenn man keinen Wohlstand hat, dann werden solche seltenen und kostbaren und besonderen Dinge ihrerseits zur Ressource.

TW: Die geläufige Ansicht, daß der Kapitalismus die Umwelt schädigt, weil all diese gierigen Unternehmer nur an den eigenen Profit denken, ist falsch. Und die Ansicht, daß wir Verbraucher, die wir derweil diesen Reichtum konsumieren, dadurch Ressourcen verbrauchen und sie so den Lebewesen, mit denen wir uns die Erde teilen, wegnehmen, ist genauso falsch.

MM: Machen wir mal den extremsten Vergleich, den wir anführen können. Ich werde mal die Vereinigten Staaten mit China vergleichen – das Land, wo den Menschen Organe entnommen werden, wo sie also selbst eine Ressource darstellen. Es gibt Tierarten, die seit Jahrhunderten als Symbole chinesischer Kultur gelten.

Nehmen wir mal den Löffelstör. Hier in Amerika gibt eine eine Störart, die so häufig vorkommt, daß ihr Kaviar als Ersatz für Kaviar aus Russland und dem Iran dient. Und die Russen und Iraner machen das ebenfalls. Die Chinesen haben den Schwertstör – der einmal der größte Süßwasserfisch der Welt war - ausgerottet. Hier bei uns wird der Löffelstör gezüchtet. Das zweite Beispiel ist der Baiji, der chinesische Flußdelphin, der wegen der Umweltverschmutzung und aus anderen Gründen ausgestorben ist. Er wurde einmal die „Göttin des Flusses“ genannt. Diese Göttin gibt es nicht mehr. (****) Ein reiches Land wird alles in seiner Macht Stehende tun, um sicherzustellen, daß die Natur erhalten bleibt. Etwa der Weißkopfadler, der kurz vor dem Aussterben stand und heute als ungefährdet eingestuft wird. Nehmen wir den Panda. Nehmen wir als Beispiel den Panda, eins der großen Symbole für das heutige China. Pandas dürfen nicht außerhalb Chinas gehalten werden – außer als Leihgabe der chinesischen Regierung, was für Zoos mit immensem Auswand verbunden ist. Die chinesische Regierung hat kein Interesse daran, daß es Zuchtkolonien in anderen Ländern gibt, um diese seltene und einzigartige Art zu erhalten. Sie möchten, daß sie selten bleiben und daß sie ein Monopol darauf haben, um damit möglichst viel Profit erlangen zu können. Auf die lange Sicht ist das äußerst riskant, was das Überleben der Pandas angeht.

Arten wollen leben, sie wollen sich so viel wie möglich vermehren und ihre Zahl wachsen lassen. Sie haben sich über Millionen von Jahren so entwickelt.



(11:20 Einblendung Tafel)

Das Vicuña, ein Verwandter des Lamas. Sie wurden 1974 in die Liste der bedrohten Tierarten aufgenommen. In ganz Südamerika gab es nur noch 6000 davon. Gerade einmal 6000. 45 Jahre nachdem sie unter Schutz gestellt worden waren, gab es 350.000. Wenn man eine Art schützt, erholen sie sich in der Regel sehr, sehr schnell.

TW: Unterm Strich läuft es darauf hinaus, daß private Besitzer dazu neigen, den langfristigen Kapitalwert von dem, was sie besitzen, bewahren möchten. Wenn Sie etwa einen kleinen Teich besitzen, fischt man ihn nicht im ersten Jahr leer, weil es dann im zweiten Jahr keine Fische mehr gibt. Die Tragödie der Allmende findet statt, wenn der Teich keinen Besitzer hat. Es gibt dann also niemanden, der den Wert, den der Teich hat, für das zweite und dritte und vierte Jahr sicherstellt. Es gibt keinen Besitzer, der dafür zuständig ist. Also versucht jeder für sich, im ersten Jahr möglichst viele Fische aus diesem Teich zu ergattern – es ist ja nicht so, daß diese Fische im nächsten Jahr noch da sein werden und sich vermehrt haben. Stattdessen werden andere, die den Teich auch nicht besitzen, selber diese Fische angeln. Und das Ergebnis ist Raubbau an Ressourcen. Wenn man also auf lange Sicht die Erhaltung und den Wert von Ressourcen sicherstellen will, ist es wichtig, daß es mehr Privatbesitz an mehr Ressourcen gibt.

MM: Eine der großen Ironien des Kapitalismus besteht darin, daß die Leute mehr Zeit haben, sich über Dinge, die dringend verbessert werden müssten, Sorgen zu machen. Wenn man sich nicht mehr so viel Sorgen darum machen muß, wo die nächste Mahlzeit herkommt, oder ob man ein Dach über dem Kopf hat, oder darüber nachdenken muß, wie man sich wohl ein zweites Paar Schuhe leisten kann – dann verliert man den Blick dafür, welche Dinge wirklich ein wie großes Problem darstellen. Vor allem, wie es damit im Vergleich zur etwas weiter zurückliegenden Vergangenheit aussieht.

[Schlußmusik]

MM: Die moderne Medizin hat dafür gesorgt, daß Nieren richtig wertvoll geworden sind. TW: Ist das etwa meine Niere? MM: Falsch. Das WAR deine Niere.

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Anmerkungen:

(*) Es wurden dafür 14.000 Personen in 20 Ländern befragt. In Deutschland konnten nur 6 von 100 die richtige Antwort geben.

"Honey Boo Boo" war eine zwischen 2011 und 2014 in vier Staffeln ausgestrahlte Fernsehserie, die am Beispiel des "poor white trash" des amerikanischen Südens alle Klischees über das "basket of deplorables" überdrehte - nicht unähnlich Wolfgang Menges Abarbeitung an kleinbürgerlichen Deutschen Spießer in Gestalt des Herrn Tetzlaff einige Jahrzehnte zuvor. "OK, Boomer" ist die mittlerweile auch zum Klischee geronnene Antwort der Millenials an die technologisch noch auf dem Stand der Internetausdrucker befindlichen Generation der Baby Boomer.



(**) Ehrlich war in dieser Hinsicht durchaus Mainstream in der Reihe der frühen Öko-Alarmisten. In den "Grenzen des Wachstums," 1972 vom Club of Rome publiziert, hieß es, die Weltvorräte an Gold würden 1981 erschöpft sein, die an Quecksilber und Silber 1985, Zinn 1987 und Rohöl, Kupfer, Blei und Erdgas im Jahr 1992. Die Wette zwischen Paul Ehrlich und Julian Simon wurde 1980 abgeschlossen, nachdem Simon auf Ehrlichs Behauptung "Wenn ich ein Spieler wäre, würde ich eine Wette eingehen, daß England im Jahr 2000 nicht mehr existieren wird" hin diesen aufgefordert hatte, den Worten doch Taten folgen zu lassen. Ehrlich wählte Kupfer, Chrom, Nickel, Zinn und Wolfram. Der Zeitraum der Wette war vom 29. September 1980, als sie notariell beglaubigt wurde, bis zum 29. September 1990. Während dieser Zeit wuchs die Weltbevölkerung um 800 Millionen. Als Referenz wurden die Mengen der Metalle genommen, die man zu diesem Zeitpunkt zu je 200 US-Dollar gemäß der gelisteten Weltmarktpreise hätte erstehen können. Im Oktober 1990 hat Ehrlich Simon einen Scheck über den Betrag von 576 Dollar und 7 Cent ausgestellt.

(***) Matt Ridley, „We’ve just had the best decade in human history. Seriously.” The Spectator vom 29. Dezember 2019:
„Mobile phones have the computing power of room-sized computers of the 1970s. I use mine instead of a camera, radio, torch, compass, map, calendar, watch, CD player, newspaper and pack of cards. LED light bulbs consume about a quarter as much electricity as incandescent bulbs for the same light. Modern buildings generally contain less steel and more of it is recycled. Offices are not yet paperless, but they use much less paper.

“Even in cases when the use of stuff is not falling, it is rising more slowly than expected. For instance, experts in the 1970s forecast how much water the world would consume in the year 2000. In fact, the total usage that year was half as much as predicted. Not because there were fewer humans, but because human inventiveness allowed more efficient irrigation for agriculture, the biggest user of water


(****) Der Schwertstör (Psephurus gladius, 白鲟 / baixún, „Weißstör“), der endemisch im Jangtsekiang vorkam, gilt seit Ende 2019 als ausgestorben. Die letzten Exemplare des 白鱀豚 / báijìtún („Weißer Schweinsfisch,“ Lipotes vexillfer) wurden 1997 gesichtet. Seitdem kommt es immer wieder zu vereinzelten Meldungen (wie auch im Fall des tasmanischen Wolfs); sie gelten allgemein als Verwechslungen mit Glattwalen. Eine Videoaufnahme vom August 2007 gilt als vermutlich letztes Lebenszeichen; mit einer Population von nur wenigen einzelnen Tieren ist die Spezies zum Aussterben verdammt. Der volkstümliche Name 长江女神 / Chángjiāng nǚshén bedeutet „Göttin des Jangtse.“

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Tom Woods (geb. 1972), amerikanischer Ökonom, den Auffassungen Murray Rothbards nahestehend und aus der Weltsicht der österreichischen Schule herkommend, erlangte 2004 zuerst in konservativen und libertären Kreisen mit seinem Buch „The Politically Incorrect Guide to American History“ Bekanntschaft. Seit September 2013 hat er einen täglichen Podcast, The Tom Woods Show. Seine letzte Buchveröffentlichung war „Real Dissent: A Libertarian Sets Fire to the Card Index of Allowable Opinion” (2014). Michael Malice, 1976 als Майкл Крехмер/Michael Krechmer in Lviv in der Ukraine geboren und mit zwei Jahren mit seinen Eltern ins etwas Kapitalismus-kompatiblere Brooklyn übergesiedelt, beschreibt sich selbst als „Anarchisten ohne Adjektiv,“ den Tarrida de Marmol 1889 geprägt hat, als es in der europäischen anarchistischen Bewegung zur Debatte um die „Philosophie der Tat“ (also um den Terrorismus zur Beseitigung der herrschenden Ordnungen) auf der einen und der pazifistischen Verweigerung jedes Aktionismus ging, wie ihn etwa Peter Kropotkin vertrat. Sein erstes Buch war eine fingierte Autobiographie, „Dear Reader: The Unauthorized Autobiography of Kim Jong-Il,“ (2014), das parodistisch die Weltsicht des Lieben Führers schildert und auf dem reichhaltigen Propagandamatetrial beruht, das Malice (Nomen est omen) während einer einwöchigen Rundreise durch Nordkorea gesammelt hatte. 2017 wurde er einer der Late-Night-Talkshow-Gastgeber der Sendung „Your Welcome“ bei Compound Media; mit der Übernahme GaS Digital Network ein Jahr darauf wurde das Format zu einem Podcast. Die „Dangerous Documentaries“ mit einer Länge zwischen 10 und 15 Minuten mit ihren wechselnden Titeln (The Politically Incorrect Guide to the Industrial Revolution, The Politically Incorrect Guide to Public Education), die auf Woods Buchtitel von 2004 anspielen, begannen im Februar 2021 mit der „politisch nicht ganz korrekten“ Einführung in die Verfassung und finden sich u.a. auf der Netzseite des Mises Institute (vollständig: „Ludwig von Mises Institute for Austrian Economics“) in Auburn in Alabama.

„The Political Incorrect Guide to Modern Capitalism“ wurde als Folge 10 am 4. Oktober 2021 im Weltnetz veröffentlicht. Man möge mir nachsehen, daß ich mich bei der Wahl der deutschen Titelvariante für „Einleitung“ statt der üblichen „Anleitung“ entschieden habe.

U.E.

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