10. Februar 2019

Höcke: Ein Fall für den Verfassungsschutz?

Ein Gastbeitrag von Frank2000.

Vorvorwort (von Llarian): Unser geschätzter Zimmermann Frank2000 hat einen extrem ausführlichen wie ausgesprochen lesenswerten Gastbeitrag geschrieben, der sich mit Björn Höcke beschäftigt. Aufgrund des Umfangs haben wir beschlossen den Beitrag in drei Teilen zu veröffentlichen, heute erfolgt Teil 1.)

Vorwort
Höcke ist nach allgemeiner Lesart ein AfD-Politiker, der selbst für die AfD ungewöhnlich "rechts" sei. Da bietet es sich doch an, diese Aussage zu überprüfen. Sollte sich allerdings herausstellen, dass Höcke tatsächlich radikale Positionen vertritt, muss das für die AfD insgesamt keineswegs gelten. Die folgenden Zitate stammen allein von Höcke und sind keine offizielle Stellungnahme oder Wahlaussage der AfD.

Nachprüfbare Zitate oder gar Texte zu Höcke sind in den Medien Mangelware. Das führte den Autor Llarian zu der wütenden Bemerkung: "Es kann doch nicht die Aufgabe des Bürgers sein, die journalistische Arbeit zu tun, nur weil die Journalisten keine Lust dazu haben." (Link).

In ZkZ wurde ich auf ein Buch von Höcke aufmerksam gemacht: "Nie zweimal in denselben Fluss"
Aber sogar in den Rezensionen dazu wird nur ÜBER das Buch gesprochen, aber nicht MIT dem Buch argumentiert.  Auch die Rezension bei Heise/Telepolis ist kein Deut besser (Link).

Beispielhaft sei hier folgendes Telepolis-Zitat genannt: "Für ihn sind "die westlichen Werte" "aufgeblasener Werteschaum"" (S. 199).
Als ich das las, war ich ernsthaft erschrocken. Eine derart radikale Ablehnung der westlichen Werte? Das tatsächliche Zitat geht dann aber so:

Höcke: „Worin soll sich denn überhaupt ein junger Muslim in unserem Land integrieren? In eine ihre eigenen kulturellen und religiösen Traditionen vergessende bis ablehnende Gesellschaft?“ 
Hennig: Von offizieller Seite werden die westlichen Werte angeführt.
Höcke: „Dieser aufgeblasene Werteschaum soll doch nur das tiefe Loch verlorener Identität zudecken. Das überzeugt aber keinen Migranten, der in ganz anderen kulturell-religiösen Milieus sozialisiert worden ist.“ -

Das liest sich für mich etwas anders. Eine komplette Ablehnung der westlichen Werte kann ich so nicht erkennen - der Kontext ist ja die Integrationskraft, also etwas sehr konkretes. Höckes Sichtweise kann falsch sein oder auch nicht - jedenfalls ist das weit entfernt von der Telepolis-Darstellung, Höcke würde die westlichen Werte rundheraus ablehnen. Im Rest des Buches gibt es dann eine Vielzahl von Stellen, in denen einzelne Werte unterstützt werden, andere eben nicht. Beispielhaft sei hier die Ablehnung Höckes der aktuellen Genderdiskussion genannt: "... werden albernste gesellschaftliche Themen wie die Frage nach gendergerechten Toiletten oder Prostitution auf Krankenschein für pflegebedürftige Menschen zu einer politischen Dimension aufgeblasen."

Das ist ein Teil des "aufgeblasene Werteschaum", der nach Höcke keine integrative Anziehungskraft auf muslimische Migranten hat.
An dieser Stelle ein Hinweis: wer jetzt glaubt, am Ende wird Höcke hier mit einer Weste, weißer als mit Ariel gewaschen, vom Platz gehen, der irrt. Ich werde noch sehr problematische Positionen Höckes thematisieren. Aber dieses spezielle Zitat von Telepolis ist nun mal sinnverzerrend.
Hinweis: Ich rezensiere das eBook. Deswegen gibt es keine Seitenangaben. Alle Zitate wurden aber per Copy&Paste wörtlich entnommen. Eine vernünftige Gliederung des mehrere hundert Seiten langen Textes gibt es nicht, es existieren lediglich einige sehr große Abschnitte.

Teil 1. "Tolerieren" heißt nicht "mögen"

Höcke vertritt eine ganze Reihe von Positionen, die ich nicht teile, oder sogar ablehne. Die aber nach meinem Kenntnisstand sehr wohl auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und damit eine legitime Position sind, die wir als Gesellschaft zu tolerieren haben.

1.1 Außenpolitik

Bereits früh  in dem Buch beschäftigt sich Höcke mit den USA und Russland. Höcke vermeidet jede direkte Kritik an Russland oder der aktuellen russischen Politik. Stattdessen betont er eine quasi natürliche Partnerschaft mit Russland:

Höcke: "...aber auch der unsinnige Konfrontationskurs gegenüber Russland und die zunehmende soziale Schieflage waren nur einzelne Puzzleteile in einem negativen Gesamtbild."

Höcke: "Der Boykott gegen Putins Russland in Folge der Krise in der Ukraine – einmal ganz abgesehen davon, wie tatsächlich oder fabriziert diese Krise war – hat heute schon der russischen Wirtschaft mehr genutzt als geschadet, was von der auf Export ausgerichteten deutschen Wirtschaft nicht behauptet werden kann."

So, so. Eine "Krise in der Ukraine". Nicht etwa mehrere Eroberungskriege zur Wiedererrichtung des russischen Einflussbereiches. Dieses Thema wurde hier in ZkZ ausführlich besprochen. Um Höckes Position hier richtig einordnen zu können, muss man seine Darstellung der USA dagegen halten. Im Folgenden eine kleine Auswahl:

Hennig: Aber Adenauer betrieb doch einseitig die Westbindung der noch jungen Bundesrepublik? Höcke: "... Im aufkommenden Ost-West-Konflikt konnte Deutschland keine neutrale Position einnehmen. ... Ein Zusammengehen mit der Sowjetmacht war nach den schrecklichen Begleiterscheinungen des russischen Einmarsches in Ostdeutschland im Volk nicht vermittelbar." -

Höcke: "Ja, aber die USA fahren eine doppelgleisige Politik, unter deren Folgen vor allem wir Europäer zu leiden haben: Einerseits die von den Neocons und Falken befeuerte penetrante Einmischungs- und Destabilisierungspolitik im islamischen Raum, die zu Staatszerfall, Chaos und religiösem Fanatismus führt. Und andererseits die ganz bewusst geförderte muslimische Masseneinwanderung nach Europa, die innergesellschaftliche Konflikte und islamische Terrorbedrohung züchtet."

Höcke: "Aber auch wenn Trump durch die republikanische Partei und die Vertreter des »Deep State« in das Netz der alten Eliten verstrickt und anscheinend mit der ihm zufallenden historischen Aufgabe überfordert ist, steht er zumindest symbolisch für einen Bruch mit dem Establishment. In den USA erleben wir die Verbündung des »Königs« mit dem Volk gegen den Adel – die Geldmacht. "

Das Buch vermittelt ein absolut konsistentes Bild, dass Höcke die Verbindung an die USA lösen und durch eine stärkere Bindung an Russland ersetzen will. Eine Zusammenarbeit sei "der Bevölkerung nicht vermittelbar" gewesen? Sehr interessante Formulierung, die absolut ausblendet, dass Russland und die USA nicht nur geografisch in verschiedenen Richtungen liegen, sondern auch gesellschaftlich-politisch diametral entgegengesetzte Modelle pflegen. Wie hätte denn eine Entwicklung Deutschlands ausgesehen, wenn eine russische Schirmherrschaft der Bevölkerung vermittelbar gewesen wäre?

Dazu schimmern immer wieder Redewendungen durch, die eine Art "Verschwörung" in den USA postuliert: "Hintermänner", "Geldmacht", "Abhängigkeiten", "sklavisch gekettet" - solches Vokabular könnte direkt aus der rhetorischen Waffenkammer der Linken stammen. Höcke zeigt hier eher LINKSradikale Ansätze. Wie überhaupt die Aufteilung in "Links" und "Rechts" bei Höcke oft nur schwer anwendbar ist.

Dazu passt auch, dass Höckes außenpolitischen Ansichten stark rückwärtsgewandt sind. China, Indien, Brasilien, Japan oder auch nur Frankreich kommen in Höckes Weltbild nicht vor. Zu China und Indien gibt es im ganzen Buch keinen Treffer; zu Brasilien, Frankreich, Japan jeweils einen Treffer in ganz anderem Zusammenhang. Insgesamt zeigt Höcke in außenpolitischen Themen ein naiv-primitives Weltbild... aber "rechtsradikal" ist das bisher nicht.

Im weiteren Verlauf des Buches streift Höcke ein paar Themen, die hier nicht weiter interessant sind. Seine Position zum Christentum zum Beispiel oder seine Position zur Bundeswehr. Konservativ, aber unspannend und vollkommen auf dem Boden des Grundgesetzes. Oder seine Ansichten zur Entwicklung der AfD. Bei letzterem verwundert nicht, dass Höcke mehrfach betont, er sei "Dialogbereit", "ausgleichend", "vermittelnd" und wichtig sei die "gemeinsame Sache". Nun: Wer selbst am Rand des Meinungsspektrums einer Partei steht, wird selbstverständlich vom Rest der Partei einfordern, dass man nicht "spalten" dürfe, sondern "gemeinsam" kämpfen müsse. Das Verhalten ist absolut nachvollziehbar und war bei den Grünen und Linken auch nicht anders.

1.2 Eliten-Denke

Ebenfalls wenig überraschend ist Höckes Position zu den Themen "Rechtsextremismus und Linksextremismus". Er hält den "Rechtsextremismus" für überbewertet und "Linksextremismus" für vernachlässigt.
Auch Höckes Elitendenken ist objektiv betrachtet keine Aufregung wert. Das Postulat einer politischen und gesellschaftlichen Elite, die voranzuschreiten und das Land aktiv zu ändern habe, ist nun wirklich keine Erfindung von Höcke. Exemplarisch einige Zitate:

Höcke: "Die etablierte Politik hat den deutschen Karren auf sämtlichen zukunftsentscheidenden Politikfeldern, so beispielsweise in der Währungs-, der Energie-, der Familien- und der Einwanderungspolitik, in den Dreck gefahren. Ob dabei die alten Eliten mitanpacken wollen oder können, ist fraglich – wenn, dann nur ihre unverbrauchten und unkorrumpierten Teile. Die gibt es natürlich auch. "

Höcke: "Jedem Ding und Leben dieser Welt – auch einem Volk – ist die Aufgabe der Selbstentfaltung mitgegeben. Um nun als Deutsche wieder zu einem vollwertigen, eigenständigen und differenzierten Volk zu werden, brauchen wir weniger die Not als Zuchtmeister, als eine fordernde und fördernde politische Elite, die unsere Volksgeister wieder weckt. "

Ebenfalls keine Überraschung, dass sich Höcke selbst als Teil dieser Elite sieht und glaubt, eine Verpflichtung zu haben.
Ich kann Höcke ein Verhalten nicht exklusiv vorwerfen, das ich so bei vielen anderen Politikern auch bemerke. Diese Hybris, diesen Wahrheitsanspruch der eigenen Ziele... das findet man ebenso bei vielen anderen Politikern. Ich kann aber für mich feststellen, dass ich dieses Sendungsbewusstsein und den Wahrheitsanspruch bei einem Höcke genauso abstoßend finde.

1.3 Geschlechterrollen

Dezidiert "Konservativ" bzw. "Rechts" ist Höckes Position zu "Mann" und "Frau":

Hennig: Gibt es denn überhaupt einen solchen Reformwunsch in breiten Kreisen der Bevölkerung? Höcke: "...Die Entladung des aufgestauten Drucks wird irgendwann kommen, die geballten Fäuste werden dann in die Luft gerissen und das Volk, der große Lümmel, an den Festungstoren der Machthaber rütteln. Ich bin fest davon überzeugt: Vor allem die Männer werden aufwachen und sich ihrer besonderen Verantwortung für das Ganze bewusst werden. Unsere Zukunft hängt auch an der Frage männlicher Ehre und Würde." 

Höcke: "Wehrhaftigkeit, Weisheit und Führung beim Mann – Intuition, Sanftmut und Hingabe bei der Frau, um nur ein paar wenige zu nennen. Und selbst dort, wo wir diese Eigenschaften jeweils auch beim anderen Geschlecht vorfinden, so sind sie dann auf typisch männliche oder weibliche Art und Weise ausgeprägt."

Das sind nur zwei Zitate aus einer Vielzahl ähnlicher Formulierungen. Dabei ist es nicht so, dass Höcke individuelle Rollenentwürfe komplett ablehnt - zumindest nicht offen. Aber für Höcke sind es Abweichungen oder Sonderformen von einer natürlichen Mann- bzw. Frau-Rolle.

Obwohl auch ich große Teil der derzeitigen Mann-Frau-Diskussion für abgehoben bis abstrus halte: Höckes Thesen sind geistiges Mittelalter. Eine natürliche "Ehre und Würde des Mannes“? Ganz im Gegenteil hat die Zivilisierung Europas sehr viel damit zu tun, die Begriffe von "Ehre und Würde des Mannes“ zurückgedrängt zu haben. "Ehrenmorde", zum Beispiel, sind für mich ein deutlicher Rückschritt von mehreren hundert Jahren zivilisatorischem Aufstieg, obwohl die Protagonisten dieses Konzeptes unheimlich viel "Ehre" zu haben meinen. Regelrecht abstrus wird es, wenn Konzepte wie "Weisheit" oder "Intuition" mit einem Geschlecht verknüpft werden. Und massiven Widerspruch melde ich an, wenn Höcke glaubt, mir Verpflichtungen auf Grund meines Geschlechtes andichten zu können (..."so darf ein Mann den Blick auf das größere Ganze nicht verlieren"). Was ich für Verpflichtungen habe, entscheide ich ganz allein und gewiss kein Höcke an meiner Stelle.

1.4 Völkische Einstellung

Höcke zeigt also insgesamt extrem starke kollektivistische Einstellungen. Es muss aber betont werden, dass diese kollektivistischen Ansichten nur teilweise der gängigen Einstufung von "Rechts" entsprechen. Sehr oft ist Höcke auch "Links-kollektivistisch". Diese kollektivistische Sichtweise, die "Verpflichtung des Individuums" ist für Höcke ein Kern seiner Denkweise:

Höcke: "Als Teil einer Gemeinschaft, wie etwa als Angehöriger eines Volkes, kann jeder einzelne zu einem wichtigen Glied einer langen historischen Kette werden. Wie bei einem Staffellauf, bei dem der Staffelstab von Generation zu Generation weitergereicht wird, jeweils versehen mit einem ganz bestimmten historischen Auftrag. "

Höcke: "Wenn man unter einem Volk eine Gemeinschaft versteht, deren Angehörige in einer schicksalshaften, generationsübergreifenden Verbindung stehen, dann kann ich mich als Deutscher nicht einfach mit der Bemerkung aus der Verantwortung stehlen, das ginge mich gar nichts an, weil ich erst nach den Ereignissen geboren wurde. "

Höcke betont diesen Gedanken immer und immer wieder:

Hennig: Was macht denn die »gute, schöne Konstruktion« des Volkes aus? Was ist überhaupt ein Volk? Höcke: "... Man kann das Phänomen des Volkes nur umschreiben, um es fassbarer zu machen. Das heißt nicht, daß es nicht existiert. An einer genauen Definition der Liebe knobeln wir Menschen auch seit ewigen Zeiten erfolglos herum, aber keiner wird deshalb deren Existenz bestreiten." 

Hennig: Aber was sind nun die genaueren Merkmale, die ein Volk bestimmen und von einem anderen unterscheidbar machen? Höcke: "Ein Volk kann als eine dynamische Einheit aus Abstammung, Sprache, Kultur und gemeinsam erlebter Geschichte beschrieben werden." 

Dabei gibt es sogar Ansätze von nachvollziehbaren Argumenten, wenn Höcke sich mal von seiner Obsession löst und statt vom "Volk" von einer "Kultur" spricht:

Höcke: "Eine Kultur läßt sich nicht auf ein paar ethisch-moralische Grundsätze reduzieren, an die sich alle bitteschön zu halten haben, egal wie sie sozialisiert wurden. Kulturen bestehen aus einem kaum überschaubaren komplexen Geflecht von Regeln, Anschauungen und Rechtsnormen, über die eine allgemeine, unausgesprochene Übereinkunft besteht. Die Leute, die sich heute als Multikulturalisten verstehen, nehmen im Grunde Kulturen gar nicht ernst, sondern reduzieren sie auf ein bißchen exotische Folklore und abwechslungsreiche Gastronomie."

Darüber könnte man glatt diskutieren... wenn Höcke nicht immer wieder, zwar etwas versteckt aber doch erkennbar, zum ethnischen Volksbegriff zurückkehrt:

Hennig: ... aber die Frage ist ja, ob diese natürliche Reproduktion auch eine ethnische Eingegrenztheit bedingt. Höcke: "Fakt ist: Die Fortpflanzung geschieht überwiegend in der eigenen Gruppe. Die Wissenschaft spricht hier von dem Phänomen der »relativen Endogamie«. Sie liegt selbst bei den kosmopolitischen Deutschen bei rund 70%, bei Türken ist sie noch sehr viel höher. Man bleibt also im großen und ganzen unter sich." 

Hennig: Aber trotz dieser Ethnomorphosen hat ein Volk auch bestimmte phänotypische Bandbreiten? Höcke: "Es gibt zumindest bestimmte Erwartungsbilder auf die Gesamtheit bezogen: eine japanische Fußballnationalmannschaft, die zu einhundert Prozent aus hochgewachsenen rotblonden Lockenköpfen mit Sommersprossen bestehen würde, würden wir nicht mehr als »japanisch« empfinden. Analog zur christlichen Auffassung des Menschen sind auch Völker leib-seelische Einheiten. Wir können den Körper nicht einfach von der Seele trennen und Körper haben nun einmal bestimmte Erscheinungsformen. Aber eine »phänotpyische Einheitlichkeit« anzunehmen oder gar anzustreben, ist Unsinn – es gibt im einzelnen zahlreiche Abweichungen und die Bandbreiten sind in Deutschland bekanntlich sehr groß. Exotische Farbtupfer sind Teil des Gesamtbildes." 

Höcke schwächt zwar die ethnische Sichtweise immer wieder etwas ab und eine faire Auseinandersetzung mit seinen Thesen muss diese Abschwächung erwähnen. Trotzdem ändern diese Abschwächungen nichts daran, dass Höcke Lichtjahre von einer liberalen Geisteshaltung entfernt ist. Nicht das Individuum steht im Zentrum von Höckes Denken, sondern ein Kollektiv. Und dieses Kollektiv ist nach Höcke zwar nicht ausschließlich aber zumindest sehr stark ethnisch geprägt.

Ich halte diese Sichtweise für schlicht und ergreifend dumm, fruchtlos und gefährlich. Im Zentrum meines politischen Denkens steht ein politisches Programm - man kann es eine Glaubenslehre nennen. Dieses Programm besteht aus dutzenden, wenn nicht hunderten Zielen und Thesen... was am Ende eine freiheitlich-demokratische, soziale und rechtsstaatliche, gleichberechtigte, offene Gesellschaft mit deutscher Sprache (ja, das ist tatsächlich wichtig), starkem Minderheitenschutz und einem ausgewogenen Blick auf Umwelt und Wohlstand ergibt.

Wer mich in diesen Zielen unterstützt, kann gern eine grüne Haut und Hörner statt Haaren haben. Tatsächlich bin auch ich der Meinung, dass es so etwas wie einen "Kulturdeutschen" gibt, der durch Sozialisierung deutsche Eigenschaften und Sichtweisen übernommen hat - im Gegensatz zu "Passdeutschen", die teilweise sehr stark abweichende soziale und kulturelle Vorstellungen haben. Eine Diskussion, was millionenfache Einwanderung mit diesem Land anstellt, ist mehr als überfällig. Aber Höckes Obsession für den ethnischen Bezug der Kultur lehne ich ab:

Höcke: "Wer den Völkern an den Kragen will, fördert im Grunde den »Rassismus«, denn er verzwergt den Menschen auf sein biologisches Sein. Wir sehen das in den USA: die »Weißen« und die »Schwarzen« setzten sich vor ihrer Amerikanisierung aus mehreren hochdifferenzierten Völkern mit eigenen Identitäten zusammen. Jetzt sind sie in einer Masse aufgegangen. Diesen Abstieg sollten wir Europäer vermeiden und die Völker bewahren."

Ich scheitere daran, einen solchen Satz noch wohlwollend auszulegen. Zwar bewegt sich Höcke mit solchen Aussagen absolut im Bereich des erlaubten; aber inhaltlich klingt das schon echt wirr. Wer so was von sich gibt, braucht sich wahrlich nicht zu wundern, in eine "braune Ecke" geschoben zu werden.

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Frank2000

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