Vor kurzem befasste ich mich mit einem
Vorhaben der US Amerikanischen Justizministerin, die Leugnung des durch den
Menschen verursachten Klimawandels justiziabel zu machen. Das brachte mich auf
die Idee, die zugrunde liegende, wissenschaftliche Streitfrage etwas näher zu
beleuchten, welche mittlerweile sogar Gefahr läuft juristisch entschieden zu
werden.
Da ich sehr oft mit unzutreffenden Unterstellungen im
Hinblick auf meine Meinung konfrontiert werde, wenn ich Zweifel an dem äußere,
was man unter dem durch den Menschen verursachten Klimawandel versteht, würde
ich gerne zu Beginn des Beitrags drei Dinge klarstellen. Erstens: Ich bin davon
überzeugt, daß es einen Treibhauseffekt gibt. Die Erde selbst ist der beste
Beweis dafür. Ohne einen Treibhauseffekt hätte sich auf der Erde
höchstwahrscheinlich niemals intelligentes Leben entwickeln können. Zweitens:
Ich bin davon überzeugt, daß der Mensch die klimatischen Bedingungen auf der
Erde beeinflußt. Alles andere anzunehmen wäre in meinen Augen unsinnig.
Drittens: In den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts hat sich die
Durchschnittstemperatur auf unserer Erde erhöht. Dies voraus geschickt nun
meine Gedanken zu dieser wissenschaftlichen Frage, welche die Gemüter so
erhitzt.
Hin und wieder gerate ich in ein Gespräch über die
Klimaveränderung. Solche Gespräche drehen sich in der Regel um das Sakrileg,
das der Mensch an der Natur verübt. Ich habe noch niemals erlebt, daß
irgendjemand über die Grundlagen der Klimaveränderung bzw. die Annahmen, die den
bekannten Katastrophenszenarien zugrunde liegen, diskutieren möchte. Im
Gegenteil: Den durch den Menschen verursachten Klimawandel als solches
überhaupt diskutieren zu wollen, trägt mir mindestens Kopfschütteln, wenn nicht
gar Feindseligkeit oder Ablehnung ein.
Daraus schließe ich, daß für die meisten Menschen
die Wahrheit diesbezüglich fest steht und nicht nur das: Diese Wahrheit ist
zugleich ein moralisches Gebot und das Anzweifeln eben dieser Wahrheit hat nach
Auffassung vieler zu zwischenmenschlichen Sanktionen zu führen. Dies erscheint
für eine wissenschaftliche Fragestellung höchst ungewöhnlich, kennt man solche
"zwischenmenschlichen Sanktionen" doch ansonsten eher bei Fragen des
Glaubens oder ideologischer Präferenzen.
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie
behaupten demnächst im Kollegenkreis, Sie hätten in einem äußerst interessanten
Buch gelesen, daß Einsteins Relativitätstheorie womöglich falsch sei. Es gäbe
sogar schon Experimente, welche die zugrunde liegende alternative Theorie
belegen. So weit
hergeholt ist diese Überlegung nicht einmal. Glauben Sie einer ihrer
Freunde würde darauf emotional reagieren? Im Gegenteil: Es ist eine eher
verhalten neugierige Reaktion zu erwarten. Wäre das nicht spannend, wenn dem so
wäre? Nun stellen Sie sich vor, Sie berichten im gleichen Kollegenkreis, das
mit der durch den Menschen verursachten Klimaerwärmung sei womöglich falsch und
es gäbe erste Hinweise, die dies bestätigen. Glauben Sie eher an neugierige
Nachfragen oder an indigniertes Kopfschütteln als Reaktion?
Die Art und Weise, wie in diesem Zusammenhang auf
sachbezogene Äußerungen zu einem wissenschaftlichen Thema reagiert wird, ist in
meinen Augen ein Indikator dafür, daß bei diesem Thema längst nicht mehr das
wissenschaftliche, sondern ein anderes, möglicher Weise moralisches Interesse
im Fokus steht. Man denke nur an die Entlassung
eines Moderators beim französischen Fernsehen, weil er sich in einem Buch
kritisch mit den gängigen Thesen zum Klimawandel auseinander setzte. Man denke
an Lennart Bengtsson, einen angesehenen Klimawissenschaftler, welcher aufgrund
neuer Erkenntnisse seine Ansichten änderte und einer Gesellschaft beitrat,
die sich nach eigenen Angaben dafür einsetzt, "Überreaktionen gegen die
globale Erwärmung zu verhindern". Er wurde darauf hin von
ehemaligen Kollegen unter so großen sozialen Druckgesetzt, daß er aus der Gesellschaft wieder austrat. An solchen Beispielen kann man die gebräuchlichen
Mechanismen im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Diskurs zum Klimawandel
gut beobachten. Es geht um keine Diskussion zum wissenschaftlichen
Erkenntnisgewinn. Es wird keine inhaltliche Debatte gesucht, sondern moralisch
Position bezogen und das Amoralische ausgegrenzt. Genau dieser Punkt ist es,
der mich Handlungsmechanismen erkennen läßt, welche ich eher mit Religion in
Verbindung bringe als mit dem wissenschaftlichen Streben nach Erkenntnis. Das
was ich dabei als so etwas wie eine zugrunde liegende "Religion" wahr
nehme, erscheint mir ein statisches Naturbild zu sein, welches auch an vielen
anderen Stellen unserer Gesellschaft als Handlungsmaxime dient, die den
"moralischen Nullpunkt" setzt. Möglicherweise ist dies eine
gesellschaftliche Reaktion unserer Zeit, in der die Kirchen im Bewußtsein der
Menschen immer mehr in den Hintergrund gedrängt werden und so ein wichtiges
Rückzugsgebiet für Spiritualität verloren geht.
Vor diesem Hintergrund möchte ich daran erinnern, daß
die Frage nach den Ursachen des Klimawandels eine wissenschaftliche
Fragestellung ist. Sie ist weder durch politisches Kalkül zu entscheiden, noch
durch Dogmen. Um ein besseres Verständnis der Problematik dieser
wissenschaftlichen Fragestellung zu ermöglichen, versuche ich im Folgenden
verschiedene ihrer Teilaspekte zu beleuchten. Hierzu ist es zunächst notwendig
zu verstehen, wie die Modellierung des Klimas überhaupt funktioniert.
Die Modellierung erfolgt über ein gekoppeltes
System von nicht linearen, partiellen Differentialgleichungen, welches durch
numerische Verfahren gelöst wird. Zum Aufstellen dieser Gleichungssysteme ist
es notwendig die Faktoren zu kennen, die das Klima beeinflussen, sowie die
Sensitivität des Klimas gegen eine Veränderung dieser Faktoren. Ein Faktor über
den jeder spricht ist dabei die CO2 Konzentration in der Atmosphäre. Es gibt
allerdings auch viele andere, wie zum Beispiel Wasserdampf, kosmische
Strahlung, Ozean Strömungen oder die Kontinentaldrift, die auch untereinander
Wechselwirkungen unterliegen. Ohne in die Mathematik einzusteigen, möchte ich
auf ein wesentliches Detail der Klimamodelle hinweisen: Sie besitzen ein
sogenanntes chaotisches
Verhalten. Dies bedeutet, daß kleine Veränderungen in den Startbedingungen zu
komplett anderen Lösungen führen können. Zettel hat dieses Phänomen einmal in
einem seiner Beiträge im „kleinen Zimmer“ anhand eines Zellautomaten erläutert. Um klar
zu machen was dieser Sachverhalt bedeutet, möchte ich aus einem Klimabericht
des IPCC
zitieren. Dort steht auf Seite 774, letzter Absatz Kapitel14.2.2.2:
"In climate research
and modelling, we should recognise that we are dealing with a coupled
non-linear chaotic system, and therefore that the long-term prediction of
future climate states is not possible. The most we can expect to achieve is the
prediction of the probability distribution of the system’s future possible
states"
"Im Hinblick auf
Klimawissenschaft und Modellierung sollte man daran denken, daß es sich um ein
nicht-lineares, gekoppeltes, chaotisches System handelt. Dieser Umstand macht
eine langfristige Vorhersage über die Zustände des zukünftigen Klimas
unmöglich. Im besten Falle kann man erwarten, eine
Wahrscheinlichkeitsverteilung für mögliche zukünftige Klimazustände der Erde zu
erhalten."
Diese Bemerkung ist übrigens für jeden Mathematiker
eine Selbstverständlichkeit und ich offenbare hier mitnichten ein streng
gehütetes Geheimnis. Trotzdem scheint diese Bemerkung nicht mit der Gewissheit
zu korrelieren, mit der "berechnete Klimaszenarien" oft als
Begründung für weitreichende Entscheidungen herangezogen werden sollen. Man
denke zum Beispiel an den letzten Klimagipfel in Paris, welcher
die Begrenzung der Erderwärmung auf maximal zwei Grad sicherstellen soll. Man
möchte etwas auf einen Wert begrenzen, den man, in der Art und Weise wie es oft
suggeriert wird, überhaupt nicht berechnen kann. Selbst wenn man das richtige
Differentialgleichungssystem zur Modellierung des Klimas exakt kennt, kann man
daraus keine bestimmte Vorhersage für das zukünftige Klima treffen. Man kann im
besten Falle Wahrscheinlichkeiten bestimmen, mit denen bestimmte Szenarien für
das Erdklima eintreffen.
Diese grundsätzliche Anmerkung zur angewandten
wissenschaftlichen Methode vorangestellt, möchte ich das was oft unter der
Bezeichnung "durch den Menschen verursachter Klimawandel" diskutiert
wird, in unterschiedliche Fragestellungen zerlegen.
1) Kennt man alle Faktoren, die das Klima
beeinflussen?
2) Kennt man die Auswirkungen von CO2 auf das
Klima?
3) Ist eine Erwärmung des Klimas gut oder schlecht
für den Menschen?
Ich kann diese Fragen nicht abschließend
beantworten. Ich möchte an dieser Stelle nur Hinweise darauf geben, daß die
Antworten auf diese Fragen alles andere als klar und einfach sind. Wenn dabei
gleichzeitig die Modelle, welche die klimatischen Zustände der Zukunft
berechnen, hochempfindlich auf jede Änderung der Startbedingungen reagieren,
wie will man dann aber eine zuverlässige Aussage über die Zukunft des Klimas
treffen, wenn man diese Startbedingungen gar nicht genau kennt? Das ist eine
Frage, deren Implikationen sich in der öffentlichen Diskussion niemand bewußt
zu machen scheint, gleichwohl diese Implikationen ungeheuer wichtig sind. Ich
versuche daher mit meinen Gedanken zu den drei formulierten Fragen im
Folgenden so etwas wie ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie zuverlässig, wie
exakt der aktuelle Wissenstand zu der Entwicklung des zukünftigen Klimas auf
der Erde sein kann.
Zu Frage 1) ist zu sagen, daß man per definitionem
niemals ausschließen kann, einen Einflußfaktor übersehen zu haben. Dazu ist das
Ökosystem, sind die Wechselwirkungen innerhalb der Atmosphäre viel zu komplex. Es
wurde und wird zum Beispiel in den letzten Jahren ein heftiger und teilweise
auch sehr emotionaler Streit darüber geführt, ob die These von Fritz Varenholt und Sebastian Lüning, daß
kosmische Strahlung über Einwirkung auf die Wolkenbildung das Erdklima
maßgeblich beeinflußt, richtig ist oder nicht. So sehr nun auch beide Lager
überzeugt davon sein mögen mit ihrer Theorie richtig zu liegen, ist die
Sachlage alles andere als klar. Die Zukunft wird diesbezüglich möglicher Weise
eine Entscheidung bringen, nur kann man heute keinesfalls sagen welche. Analog
zur kosmischen Strahlung kann es natürlich auch noch andere Effekte geben,
welche man bisher gar nicht auf der Agenda hat. Bei einem solch komplexen
Phänomen wie dem Klima, ist das in meinen Augen nicht einmal besonders
unwahrscheinlich.
Auch die Frage, ob ein verstärkter CO2 Ausstoß
tatsächlich dauerhaft zu einem Anstieg der CO2 Konzentration in der Atmosphäre
führt, unterliegt schon einer gewissen Unsicherheit. Es gibt Überlegungen
dahingehend, daß durch eine höhere CO2 Konzentration in der Luft das
Pflanzenwachstum angeregt wird, welches dann netto CO2 aus der Atmosphäre
bindet. Selbst einer der bekanntesten Vertreter der These, die Klimaerwärmung
sei maßgeblich durch den Menschen verursacht, Mojib Latif, stellt
fest: "Noch nehmen die Pflanzen tatsächlich mehr CO2 auf.
Diese Senke wird sich möglicherweise gegen Ende des Jahrhunderts zu einer
Quelle wandeln." Möglicherweise ist aber nur eine Umschreibung für
"nicht wissen".
Was also die Annahmen darüber betrifft, welche
Effekte welche Wirkung auf unser Klima haben könnten und welche Rolle CO2
spielt, scheinen Zweifel durchaus angebracht. Betrachtet man dabei die
erdgeschichtliche Entwicklung der CO2 Konzentration im Vergleich zur
Temperaturentwicklung fällt auf, daß es zwar in vielen Phasen eine
gewisse Korrelation zwischen den beiden Größen zu geben scheint, andererseits
aber auch Phasen zu beobachten sind, in denen die Entwicklung der CO2
Konzentration in der Atmosphäre und die Entwicklung der Erdtemperatur
auseinander laufen. So lange man nun aber keine ausreichende Sicherheit über
die maßgeblichen Einflußfaktoren auf das Klima hat, kann man auch keine
zuverlässigen Aussagen über das zukünftige Klima treffen. Insbesondere gilt
dies, da es sich beim Klima, wie beschrieben, um ein chaotisches System im
mathematischen Sinne handelt.
Zu Frage 2) ist zu sagen, daß man CO2 betreffend
einige Dinge gesichert weiß, andere aber nicht. Was man genau kennt, ist der
grundsätzliche physikalische Wirkmechanismus von CO2 innerhalb der Atmosphäre.
Er beruht auf seinem wellenlängenabhängigen, asymmetrischen
Absorptionsverhalten. CO2 absorbiert die Wärmestrahlung von der Erde, welche es
symmetrisch wieder in alle Richtungen abstrahlt. Dadurch wird ein Teil der von
der Erdoberfläche ausgehenden Wärmestrahlung in der Erdatmosphäre gehalten.
Dies nennt man auch den Strahlungs Treibhaus Effekt. Auf der anderen Seite läßt
CO2 aber kosmische Strahlung fast ungehindert auf die Erdoberfläche, da diese
kaum absobiert wird. Eine höhere Konzentration von CO2 in der Atmosphäre
verschiebt damit das zugehörige Gleichgewicht hin zu mehr absorbierter
Wärmestrahlung aus Richtung der Erdoberfläche und erhöht so die
Atmosphärentemperatur. Der Strahlungs Treibhaus Effekt unterliegt dabei einer
Sättigung. Er nimmt also bei steigender CO2 Konzentration nicht beliebig (linear)
zu, sondern wird mit steigender CO2 Konzentration in der Atmosphäre tendenziell
schwächer. Diese ganzen Überlegungen gelten natürlich nicht nur für CO2,
sondern in ähnlicher Art und Weise für alle Treibhausgase, wie zum Beispiel
Wasserdampf oder Methan. Daß der Strahlungs Treibhaus Effekt grundsätzlich
erwärmend wirkt, kann man durchaus als gesichert annehmen. Eine ganz andere
Frage ist, wie stark erwärmend er ist. Diese Frage ist denn auch strittig. Von
moderat erwärmend, bis hin zu stark erwärmend könnte alles möglich sein.
Es gibt neben dem asymmetrischen
Absorptionsverhalten auch noch weitere Wirkmechanismen des CO2. Als zweites ist
seine Wechselwirkung mit anderen Treibhausgasen zu nennen. So unterstellen die
derzeitigen Klimamodelle, daß aufgrund einer moderaten Erderwärmung durch das
asymmetrische Absorptionsverhalten von CO2 durch Verdunstung von Wasser mehr
Wasserdampf in die Atmosphäre gelangt. Dieser besitzt ein noch stärkeres
asymmetrisches Absorptionsverhalten als das CO2 und heizt daher, so die Annahme,
die Atmosphäre sehr stark auf. Die vorhergesagten hohen Temperaturanstiege
beruhen also nicht auf dem CO2 selbst, sondern basieren auf einer angenommenen,
durch das CO2 induzierten Erhöhung der Wasserdampfkonzentration in der
Atmosphäre. Der genaue quantitative Zusammenhang zwischen CO2 und
Wasserdampfkonzentration ist dabei nicht bekannt und beruht auf Annahmen.
Ebenso wird eine erhöhte Wasserdampfkonzentration in der Atmosphäre natürlich
auch die Wolkenbildung beeinflussen, welche tendenziell kühlend wirken sollte
und bei der es ebenfalls schwer bis unmöglich ist, das Phänomen quantitativ,
wie auch qualitativ exakt zu erfassen.
Bisher ging es um den Strahlungsstransport der
Wärmeenergie innerhalb der Atmosphäre. Es gibt aber noch einen weiteren
Wärmetransport, den ich betrachten möchte, nämlich die ganz gewöhnliche
Wärmeleitungseigenschaft von Stoffen, wie auch den Wärmetransport über die
Strömung von Gasen (Konvektion). Wäre die Atmosphäre ein Vakuum, gäbe es nur
den Strahlungstransport. Dadurch, daß es Treibhausgase in der Atmosphäre gibt,
werden aber auch durch Wärmeleitung und Konvektion die äußeren Schichten der
Atmosphäre in gewissem Maße aufgeheizt. Diese Schichten strahlen dann diese
Wärmeenergie wieder in alle Richtungen ab, teils zurück zur Erde, teils in den
Weltraum. Obwohl nun ein Teil dieser Wärmestrahlung auch zurück in die Atmosphäre
gelangt, ist es wichtig zu verstehen, daß es die aus diesem Effekt resultierende
Abstrahlung in den Weltraum ohne CO2 (oder andere Gase) gar nicht gäbe. Beim
Strahlungs Treibhaus Effekt verhält es sich ja so, daß ohne das CO2 die
Wärmestrahlung der Erde ungehindert in den Weltraum entweichen würde und
aufgrund des CO2 ein Teil der Wärme in der Atmosphäre zurückgehalten wird. Bei
der Wärmeabstrahlung, welche über Wärmeleitung und Konvektion induziert wird,
handelt es sich dagegen um eine Abgabe von Wärme in den Weltraum, welche ohne
CO2 (oder andere Gase) überhaupt nicht zustande käme. Während also im ersten
Fall CO2 die Abgabe von Wärme in den Weltraum gegenüber einem Zustand ohne CO2
reduziert, erhöht in zweitem Fall CO2 die Abgabe von Wärme in den Weltraum
gegenüber einem Zustand ohne CO2. Mit anderen Worten, CO2 könnte mit diesem
Mechanismus tendenziell kühlend auf die Erdatmosphäre wirken. Dieser Effekt
dürfte wohl keiner Sättigung unterliegen, und eine höhere CO2 Konzentration
könnte daher eine immer stärkere Kühlwirkung bedeuten. Mit dieser
prinzipiellen Überlegung zu Effekten der Konvektion ist natürlich überhaupt
keine Aussage darüber getroffen, wie groß die tatsächlichen Auswirkungen sind.
Es dürfte auch schwer sein, sie zu quantifizieren. Von "komplett
vernachlässigbar" bis hin zu "unter bestimmten Bedingungen spürbar"
ist sicherlich alles möglich.
Was bedeuten diese ganzen prinzipiellen
Überlegungen nun aber? Genauere quantitative Auswertungen gibt es meines
Wissens zu keinem der Phänomene. Es besteht also mindestens eine "gewisse
Restunsicherheit" bezüglich dieser Effekte, wenn nicht mehr als das. Welche
Vorhersagen dabei für ein chaotisches System möglich sind, wenn man Anfangs-
und Rahmenbedingungen nicht genau kennt, habe ich weiter oben beschrieben.
Selbst bei exakter Kenntnis aller Informationen kann man im besten Falle
Wahrscheinlichkeitsverteilungen für das zukünftige Klima erwarten. Was aber
kann man erwarten, wenn die Informationen, welche man hat, sowohl qualitativ
wie auch quantitativ, noch recht vielen Unsicherheiten unterliegen? Es ist in
vielerlei Hinsicht ein "hoch komplexes Stochern im Nebel".
Mir persönlich erscheint es dabei recht plausibel, daß
die Temperatur der Erdatmosphäre keine lineare Funktion der CO2 Konzentration
sein kann, da gegenläufige Effekte in ihrer Stärke, mit steigender CO2
Konzentration, zu- bzw. abzunehmen scheinen. Mit anderen Worten: "Beliebige
Aufwärmung" der Atmosphäre, durch "beliebiges Steigern der CO2
Konzentration", erscheint mir recht unwahrscheinlich. Dafür könnten in
meinen Augen zwei empirische Beobachtungen sprechen. Zum einen die Tatsache, daß
die globale Temperatur seit etwa 15 Jahren nicht mehr gestiegen ist, sondern
seitwärts tendiert. Zum anderen die Tatsache, daß die Vorhersagen der gängigen
Klimamodelle, welche eine hohe erwärmende Wirkung durch CO2 vorher sagen, von der
empirischen Beobachtung recht stark nach oben abweichen. Ein
Beweis gegen den vom Menschen verursachten Klimawandel ist das natürlich nicht,
aber ein Grund für berechtigte Zweifel und genau darum geht es mir. Ich weiß
die "Wahrheit über das zukünftige Klima" genauso wenig wie
diejenigen, die eine "Klima Apokalypse" auf uns zusteuern sehen. Ich
bin genauso auf Vermutungen angewiesen, wie jeder andere auch. Wo man aber
vermuten muß, kann man nicht "wissen", sondern höchsten
"glauben" und der Glauben droht dabei in der Klimafrage zu einem Dogma
zu werden. Genau bei diesem Übergang von einer Vermutung zum einem Dogma
verläuft für mich die
Grenze zwischen Wissenschaft und Religion.
Kommen wir abschließend zu meiner dritten eingangs
gestellten Frage: Ist eine Erwärmung des Klimas gut oder schlecht für den
Menschen? Mich verwundert immer wieder, wie selbstverständlich fast jeder davon
ausgeht, daß diese Frage eindeutig mit "schlecht" beantwortet werden
muss, obwohl das alles andere als selbstverständlich ist. Beim Thema
Erderwärmung denkt jeder sofort an eine Vernichtung des Lebensraums der
Eisbären, verdorrende Landstriche, Extremwetterereignisse oder abtauende
Polkappen, welche Küstenregionen im Meer versinken lassen.
Eisbären sind aber lediglich die Anpassung der
Natur vor etwa 150000 Jahren an sich
veränderte Lebensbedingungen für Braunbären. Was spricht deshalb gegen
eine Anpassung zurück in die andere Richtung? Neben möglicherweise verdorrenden
Landstrichen scheint es durch eine Erderwärmung ebenfalls das Phänomen zu
geben, daß
bisher öde Landschaften wieder erblühen könnten. Auch ob
Extremwetter Ereignisse durch eine Erwärmung der Erdatmosphäre zunehmen, scheint
zumindest fraglich.
Ebenfalls die Bedeutung eines möglichen (bei weitem nicht gesicherten) Abtauens
der Polkappen erscheint mir nicht ausgemacht. Ganz sicher eine Veränderung,
aber ob zum Guten oder zum Schlechten, woher will man das wissen? Einem Anstieg
des Meeresspiegels und von Dürren betroffenen Landstrichen stehen
möglicherweise ein eisfreies, besiedelbares Grönland und eine grüne Sahara
gegenüber. Selbst wenn man sich nicht darauf einigen kann, ob die Veränderungen
unserer Welt positiv oder negativ sein werden, kann man doch zumindest
feststellen, daß der Mensch in seiner Entwicklung mehrfach gezeigt hat,
wie groß seine Anpassungsfähigkeit an sich veränderte Lebensbedingungen
ist. Auch seine gestalterische Kraft, wenn es darum geht seine Umwelt an die
gewünschten Lebensbedingungen anzupassen, könnte Hoffnung für
jedwede Zukunft geben.
Unser Land leistet sich nun eine Energiewende zur
Reduzierung des CO2 Ausstoßes, welche laut
Bundesumweltministerium 1000 Milliarden EUR kostet. Wie
hoch die Kosten tatsächlich sein werden, wenn die Schätzung eines Ministeriums
schon so hoch liegt, kann man möglicher Weise aus anderen Fällen Öffentlicher Planung hoch
rechnen. Dort können Planung und Realität mitunter um einen "Faktor
sechs" auseinander liegen. Wie von mir erläutert, weiß
man aus verschiedenen Gründen nicht, ob diese CO2 Emissionen, welche man
verhindert, überhaupt ein Problem wären. Man gibt diese riesige Summe demnach
aufgrund eines Verdachts aus. Aber selbst wenn man gesichert davon ausgeht, daß
weiter steigender CO2 Ausstoß unausweichlich in eine Katastrophe führt, gibt es
dennoch große Zweifel daran, daß
diese 1000 Milliarden EUR zur Behebung des Problems gut investiert sind.
Was mich in diesem Zusammenhang überrascht, ist das
völlige Fehlen einer öffentlichen Diskussion darüber, daß diese 1000 Milliarden
EUR der Energiewende nicht zur Behebung anderer Probleme in unserer Republik
investiert werden können. Solche "anderen Probleme" erscheinen mir
mitunter weitaus evidenter als das mögliche Problem des durch den Menschen
verursachten Klimawandels. Ist die innere und äußere Sicherheit unserer
Republik, Flüchtlingshilfe und Integration, Bildung oder auch Erhalt der Infrastruktur
nicht möglicher Weise dringlicher? Was könnte man hier mit einem Betrag von
1000 Milliarden EUR alles erreichen.
Die realen
Risiken für unser Stromnetz, welche die Energiewende bei einem gleichzeitigen
Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft dabei bedeutet und die Katastrophe, welche der
Zusammenbruch des Stromnetzes bedeuten würde, sind in dieser Betrachtung der "Kosten"
dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Mir persönlich erscheinen die Szenarien
im Zuge eines kurzfristigen Blackouts durchaus
bedrohlicher, als die langfristigen Szenarien von "Wahrscheinlichkeitsverteilten
Klimaszenarien".
Wissenschaft heißt zweifeln, weil es keine
Sicherheit über die Erkenntnis gibt. Karl Popper formulierte in
diesem Zusammenhang: "Die Objektivität der wissenschaftlichen Sätze liegt darin,
daß sie intersubjektiv nachprüfbar [also falsifizierbar] sein müssen".
Wissenschaftliche Theorien können daher per definitionem niemals Wahrheit im
Sinne eines Dogmas sein. Zettel schrieb dazu
einmal, wie er seinen Erstsemestern erläutert, daß Wissenschaft nicht durch
Mehrheitsbeschlüsse entschieden wird. Wo man den Zweifel in Richtung Dogma
verläßt, verläßt man die Wissenschaft hin zum Glauben. Das ist im Grunde weder
verwerflich noch ungewöhnlich. Verwerflich wird es in meinen Augen dann, wenn
man dem Dogma den Anstrich einer empirisch bestätigten, wissenschaftlichen
Theorie zu geben sucht. Dies ist nichts anderes als der Versuch, einen
"wissenschaftlichen Gottesbeweis" inklusive abgeleiteter Moral zu
konstruieren, welche dann einen weltlichen Machtanspruch legitimiert. Genau das
ist, was mich an dunklere Kapitel der Kirchengeschichte erinnert. Genau das ist
der Grund, warum ich die Art und Weise wie die Klimadebatte geführt wird, als
ein Vergehen an den Werten der Aufklärung empfinde.
© nachdenken_schmerzt_nicht. Für Kommentare bitte hier klicken.