6. August 2013

Fleischlos

Auch bei politischen Entwicklungen gibt es oft Wellenbewegungen. Erst wird eine Richtung Mode und entsprechende Ideen werden bis zum Exzeß propagiert - dann schlägt das Pendel um und die Gegenrichtung kommt wieder zum Zuge.

In den 70er und 80er Jahren war das Aufbrechen "veralteter" Moralvorstellungen angesagt. Insbesondere, aber nicht nur, wenn es um die "Befreiung" der individuellen Sexualität ging. Der Extrempunkt damals waren die Kindersex-Debatten bei den Grünen. Aber generell war die Richtung: Das Individuum sollte sich möglichst frei von gesellschaftlichen Konventionen entfalten können.

Das ist vorbei.
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Jetzt geht die Politik wieder in Gegenrichtung, heute wird wieder versucht, möglichst viele politisch formulierte Moralvorstellungen als verbindliche Vorgabe für die Bürger durchzudrücken.

Die alten Konservativen bekommen da wieder Aufwind. Und finden erstaunlicherweise gerade die alt gewordenen Grünen als Verbündete: Aus jungen Huren werden alte Betschwestern. Ausgerechnet bei den ziemlich überzogenen Gesetzesverschärfungen gegen "Kinderpornographie" waren die Grünen die Haupttreiber.

Aktuell macht die (nicht neue) Forderung der Grünen nach einem fleischlosen Donnerstag die Runde. Wobei man sich nicht davon beruhigen lassen sollte, daß die Grünen angeblich kein Fleischverbot fordern - sie wissen genau, daß ein solches Grundgesetzwidrig wäre. Aber es gibt genug Möglichkeiten, das gewünschte Ergebnis durch indirekten politischen Zwang zu erreichen. Ansonsten wäre es ja auch unsinnig, so eine Forderung in ein Wahlprogramm zu schreiben.

Spannend dabei ist, daß die Grünen sogar explizit an die alte kirchliche Tradition des fleischlosen Tags anknüpfen. Es geht ihnen gar nicht um direkte Wirksamkeit - dafür ist ein erzwungener Veggie-Tag ja auch gar nicht geeignet, der Fleischkonsum würde insgesamt wohl nicht zurückgehen. Sondern das ist eine reine Glaubenssache, ein religiöses Ritual.

Da wollen die Kollegen von der CSU nicht zurückstehen. Weniger nacktes Fleisch auf dem Computerbildschirm ist ihr Ziel, der Unterstützung der Grünen können sie sich dabei gewiss sein.

Ob dem CSU-Experten bewußt ist, daß seine Forderung ebenfalls nur Symbolcharakter hat? Nun ja, wenn die CSU einem 74-jährigen die Zuständigkeit für die Jugend gibt und der sich dann zum Internet äußert, kann das zu Fehleinschätzungen führen.

Die geforderte Anschlußsperre ist jedenfalls ziemlich ungeeignet, irgendeinen Jugendlichen zu schützen. Denn gesperrt würde nicht der konkrete Computer des Jugendlichen, sondern der Internet-Anschluß des ganzen Haushalts. Und so gut wie alle Jugendlichen leben mit Volljährigen in einem Haushalt ...

Nun ja. Der Sommer hat erst angefangen, der Wahlkampf geht auch noch eine Weile. Die grünen und schwarzen Moralapostel werden sich noch einiges einfallen lassen.

R.A.

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