18. Februar 2015

Der Pyrrhussieg (2)

Debalzewe ist gefallen. Ein weiterer militärischer Erfolg für Putin. Seine Truppen haben den strategisch wichtigen Verkehrsknotenpunkt erobert, damit ihre Kontrolle über den Donbass gesichert und sich neue Angriffsoptionen geöffnet.

Die Eroberung wurde durchgeführt, nachdem die in Minsk vereinbarte Waffenruhe begonnen hatte. Womit diese vom Start weg Makulatur ist - auch wenn die an der Verhandlung beteiligten Hauptstädte das noch mit diplomatischen Formulierungen vernebeln wollen.
Es kann sein, daß es trotzdem eine gewisse Pause gibt. Schließlich müssen Putins Leute das eroberte Gebiet erst einmal konsolidieren. Aber einen stabilen Frieden kann es in der Ukraine nicht mehr geben, solange es nicht einen Machtwechsel im Kreml gibt.

Ein Sieg für Putin, und eine bewußte Demütigung für seine Verhandlungspartner Merkel und Hollande. Schmerzlich mußten sie lernen, daß Verhandlungen nur dann erfolgreich sein können, wenn man auch Druckmittel hat. Diese fehlen dem abgerüsteten Westeuropa.
Und trotzdem: Auch dies ist wieder nur ein Pyrrhussieg für den Kreml.
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Denn an der grundlegenden strategischen Sackgasse Rußlands hat sich nichts geändert. Putins Vorgehen beruht alleine auf einer temporären militärischen Überlegenheit, kombiniert mit absoluter Skrupellosigkeit und Leichtgläubigkeit der Gegenseite.
Ansonsten besitzt er keine ernst zu nehmenden Machtmittel, seine wirtschaftliche Basis bröckelt. Seine Eroberungen bedeuten keine Erweiterung seiner Machtbasis, sondern fordern im Gegenteil eine beständige Unterstützung. Und Putin hat keine vernünftige Option, um aus seinen militärischen Erfolgen auch eine international anerkannte Länderneugliederung zu machen.

Vor allem aber: Der ungenierte Bruch der Waffenruhe wird seine bisher teilweise erfolgreiche Propaganda im Westen schwer beschädigen. Selbst die ganz überzeugten Putin-Fans werden es nicht mehr schaffen, dem Westen den schwarzen Peter für die Eroberung von Debalzewe zuzuschieben.
Die Mehrheit in Deutschland und der EU wird größer werden, um Gegenmaßnahmen einzuleiten und der russischen Expansion entgegen zu treten.

Es ist erstaunlich, wie ungeniert Putin inzwischen vorgeht. Offenbar fühlt er sich unbesiegbar und meint auf Glaubwürdigkeit und Partner verzichten zu können.
Das ist angesichts der überforderten Mittelmacht Rußlands und seiner strategisch ungünstigen Lage realitätsblind.

Aber genau diese Realitätsblindheit ist gefährlich.
Es ist dringend notwendig, daß der Westen gegensteuert. Weiteres Appeasement wäre deutlich gefährlicher.
Die Gefahr, daß aus der Ukraine-Krise wirklich ein europäischer Krieg wird, ist diese Woche leider deutlich gestiegen.

R.A.

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