21. April 2024

Wenns die Demokratie nicht mehr tut

Was assoziieren Sie, lieber Leser, wenn Sie die Parole "Alles für Deutschland!" das erste mal hören oder lesen? Beantworten Sie die Frage für sich, bevor Sie weiter lesen!

Nun, es handelt sich offenkundig um eine Parole, die die SA vor mehr als 80 Jahren verwendet hat. Hätten Sie es gewusst? Wenn ja, herzlichen Glückwunsch zu ihrer Bildung. Ich hätte es nicht und ich halte mich nicht unbedingt für einen unbelesenen Zeitgenossen (Auch wenn mir das Thema drittes Reich, nachdem es vier(!) mal im Laufe meiner Schulzeit als zentraler Inhalt vermittelt wurde, irgendwann auf den Zeiger ging. Das wird nicht wenigen so gehen, aber so richtig sagen sollte man es dann doch nicht.). Ich möchte ebenso die Wette eingehen, die allermeisten Deutschen könnten die Parole nicht korrekt zuordnen (die meisten werden nicht einmal etwas mit "Arbeit macht frei" oder "Wollt ihr den totalen Krieg?" etwas anfangen können).

Nun, Björn Höcke (ja, der mit den Hörnern und dem roten Schwanz) hat diese Parole wohl auf einer Wahlkampfveranstaltung gesprochen. Und man muss sagen, als Geschichtslehrer hätte er es vielleicht wissen können. Weit bedeutender erscheint aber: Deswegen weiß es sein Publikum noch lange nicht. Und wenn die "Alles für Deutschland" als "Alles für Deutschland" interpretieren, dann dürfte damit alles erreicht sein, was der Spruch eigentlich bewirken sollte. Höcke selber zieht den Vergleich mit "America first" und das dürfte es am ehesten auch sein, ein Bekenntnis dazu das eigene Volk über die anderen Völker zu stellen. Eine übrigens vollkommen normale und richtige Sichtweise der Dinge für einen deutschen(!) Politiker, auch wenn das inzwischen den meisten Parteisöldnern abhandeln gekommen ist. Es ist der Auftrag der deutschen Politik das Wohl des deutschen(!) Volkes(!) zu mehren, so steht es im Amtseid. 

Doch Björn Höcke steht damit jetzt vor Gericht und da die Aussage selber nicht bestritten wird (oder auch sinnvoll bestritten werden kann), ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass er auch verurteilt werden wird. Die deutsche Justiz hat in den vergangenen drei Jahren durchaus mehrfach belegt, dass sich die deutsche Politik auf sie verlassen kann.

Ähnlich ergeht es derzeit Donald Trump. Donald Trump wurde just in einem Schauprozess zu einer Zahlung von mehr als 300 Millionen Dollar veruteilt für eine Tat, bei der es nicht einmal einen Geschädigten gibt oder auch nur jemanden, der sich geschädigt fühlt. Zwar ist die amerikanische Justiz von deutlich höherer Qualität als ihre deutschen Pendants, und wird das Urteil vermutlich irgendwann aufheben, aber der Schaden ist angerichtet. Weitere Prozesse gegen Trump stehen an und auch hier ist eine Verurteilung durchaus gut möglich.

Trump wie auch Höcke sind für Dinge angeklagt, die einem ordentlichen Verfahren kaum genügen würden und für die man auch niemand anderen belangen würde. Aber das ist nicht das Ende ihrer Gemeinsamkeiten. Beide schicken sich an bei kommenden Wahlen die linke Hegemonie massiv zu beschädigen. Und weil die Linke den beiden argumentativ nicht beikommen kann (und es auch gar nicht mehr versucht) und deshalb den demokratischen Verlust fürchtet, bringt sie den Rechtsstaat mit Schauprozessen in Stellung, um sich der demokraktischen Bedrohung ihrer Macht zu entledigen. 

Kurzfristig mag das erst einmal funktionieren. Die meisten Deutschen sind zu brav, um die politischen Verfahren als solche zu erkennen und bei den Amerikanern macht man gleich Nägel mit Köpfen: Donald Trump kann nicht gewählt werden, wenn er im Knast sitzt. Mittelfrisitig und vor allem langfristig ist das Ganze eine Katastrophe. Denn sowohl Höcke als auch Trump sind kaum gleichbedeutend mit den Botschaften, die sie verkünden. Und eine Botschaft kann man nicht in den Knast stecken oder verbieten. Das einzige was man schafft sind Märtyrer. Und noch dazu welche, die den Titel auch durchaus für sich reklamieren können. 

Wenn Sarah Bosetti, finanziert vom deutschen Gebührenzahler, einen Teil der Bevölkerung als Wurmfortsatz bezeichnen kann (den man eigentlich ja auch nicht braucht) und das nicht einmal eine Rüge auslöst, während Björn Höcke ein Zitat aus der NS Zeit benutzt, von dem kaum einer weiß, dass es ein solches ist, das Wahlrecht genommen werden soll, dann sind das so extreme Mißverhältnisse, das davon am Ende nur eine Sache getroffen wird: Die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates, bzw. die Glaubwürdigkeit dass der Rechtsstaat sich überhaupt noch um Neutralität bemüht oder schert. Wenn dieser Zustand aber erreicht wird, dann wird der demokratische Konsens, auf dem jede(!) westliche Gesellschaft aufgebaut ist, unweigerlich zerstört. Und was wir danach haben ist vieles, aber kein freier Staat mehr. 

Es ist bezeichnend wie traurig, dass die heutige linke Bewegunge (die eigentlich nicht links heissen sollte sondern passenderweise woke oder grün bezeichnet werden müsste) so wenig an die eigene Argumentation glaubt, dass sie selber realisiert, dass sie demokratisch bald keine Mehrheiten mehr hinter sich sammeln kann. Und das sie den tiefen Staat braucht, um sich irgendwie noch an der Macht zu halten. Es zeigt auch, warum das angebliche "Stellen" von rechten (oder gar rechtsextremen) Ideen inzwischen ein reines Schwätzwort geworden ist: Weil schlicht die intellektuelle Potenz nicht mehr vorhanden ist. Weil die grünen Ideen einer Mehrheit schaden und dies inzwischen von immer mehr Menschen auch begriffen wird.

Die linke Bewegung in den sechziger und siebziger Jahren, als das erste mal linke Regierungen wieder möglich wurden (Brandt, Schmidt), hatte die Linke den Vorteil die Interessen der kleinen Leute (vor allem Arbeiter, aber auch Angestellte) zu repräsentieren zu können. Und da gibt es eine ganze Menge von. Aber seit sich der Fokus auf andere Leute und vor allem Dinge(!) gewechselt hat, sind linke Ideen eben nicht mehr demokratisch mehrheitsfähig. Gaia ist ja was dolles, aber sie hat keine Stimmen. Und "Mein Freund, der Flüchtling" mag sich wunderbar bei dem Flüchtling machen (und bei staatsversorgten Oberstudienrätinnen), aber die Menge an Stimmen ist übersichtlich. 

Der Linken ist mithin der Wähler abhanden gekommen und sie hat das durchaus realisiert. Und sie ist sich ebenso darüber bewusst, dass das sehr lange so sein wird. Und deshalb tut sie im Moment alles, um irgendwie die Macht zu zementieren, bevor sie ihr demokratisch genommen wird. Der jetzt aus dem Parlament ausscheidende Trittin hat das durchaus vorgemacht (wenn auch nicht in der selben Konsequenz, wie es die heutige Linke tut) und hat Nebenregierungen geschaffen wie die deutsche Umwelthilfe, die völlig demokratisch unkontrolliert die grünen Regeln durchsetzt und weiter treibt. Ihm war durchaus bewusst, dass die Grünen die Macht verlieren würden und deshalb hat er Pflöcke eingeschlagen, die sich auch demokratisch nur sehr schwer entfernen lassen. 
Die heutige Regierung macht genau das selbe, nur deutlich konsequenter. Es wird ein Riesenhaufen von NGOs mit Geld zugeworfen, die Amtszeit von genehmen Richtern soll zementiert werden, die Opposition juristisch verfolgt werden, ein Geheimdienst auf sie angesetzt, um sie auszuforschen. Was wir erleben ist eine Regierung, die in völliger Verzweifelung über den unweigerlichen Machtverlust, alles ihr irgendwie mögliche zu tun, um die Demokratie so lange zu behindern, wie es nur möglich ist. 

Früher hätte man das vielleicht Machtergreifung genannt. Ich werde das sicher nicht tun. Denn jeder, der das täte, müsste heute damit rechnen, sich einer Anklage wegen "Delegitimierung des Staates" gegenüber zu sehen. 

Und, wenn mir der Nachsatz noch erlaubt ist, wissen Sie, was das schlimmste daran ist, lieber Leser? Selbst wenn die demokratische Kontrolle dann irgendwann wechseln sollte (und das ist recht wahrscheinlich, angesichts des enormen Erfolges grüner Ideen), so wird der Schaden dennoch verbleiben. Oder glaubt irgendjemand die AfD werde dann "den Rechtsstaat wiederherstellen"? Glauben Sie ein Björn Höcke würde hingehen und sagen "wir brauchen wieder neutrale Richter am Verfassungsgericht"? Oder Donald Trump würde hingehen und sagen: "Okay, dass DOJ wurde missbraucht um die Opposition zu verfolgen, wir werden es jetzt wieder politisch neutral gestalten"? Glaubt das irgend jemand? 

Mit Verlaub, dann glaube ich lieber an den Weihnachtsmann. 
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Llarian

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