Vor nicht
einmal zwei Wochen ist Karl Albrecht gestorben. Er folgt damit seinem Bruder
Theo, der bereits vor vier Jahren verstorben ist. Ich muss gestehen, ich habe
beides zunächst nicht bemerkt, da beide ein zurückgezogenes und sehr privates
Leben geführt haben. Darüber gestolpert bin ich eigentlich nur, weil ich
zufälligerweise über einen, leider sehr typisch deutschen, Neidartikel bei
Telepolis gestolpert bin. Doch dazu später.
Die Brüder
Albrecht sich bekanntermaßen die Gründer von Aldi („Albrecht-Discount“).
Sie übernahmen nach dem Krieg das elterliche Lebensmittelgeschäft und
schmiedeten daraus ein kleines Imperium, das inzwischen aus nicht ganz
zehntausend (!) einzelnen Filialen besteht. Sie sind ein Beleg dafür, dass der „amerikanische
Traum“ durchaus auch in Essen funktionieren kann und funktioniert hat.
Nun wäre
das alleine noch eine Danksagung wert, denn auch wenn man jemanden
beglückwünschen kann, reich zu werden, so hat man als einzelnen nicht
automatisch etwas davon. Ich denke aber, dass die meisten von uns Aldi, und
damit auch seinen Gründern, eine ganze Menge verdanken. Ich für meinen Teil tus.
Wer öfter mal im (westlichen) Ausland unterwegs ist, der stellt etwas eher Überraschendes
fest: In Deutschland sind die Preise verdammt niedrig. Die Preise für
Lebensmittel sind sogar extrem niedrig, nahezu alle unsere, zumindest
vergleichbar reichen, Nachbarn, zahlen mehr. Wem verdankt man das? Billiger
Produktion? Nein. Niedrigeren Steuern? Haha. Kürzeren Lieferketten ? Auch
nicht. Nein, zu verdanken ist das der deutschen Discounter-Kultur, die zwar
nicht ausschließlich von Aldi abgedeckt ist, aber doch deutlich von Aldi
dominiert wurde und umgesetzt worden ist. Exemplarisch konnte man das an der
verheerenden Geschichte von Walmart in Deutschland sehen, die sich gezwungen
sahen nach herben Verlusten 2006 das Handtuch zu werfen, da sie nicht in der
Lage waren mit den einheimischen Discountern zu konkurrieren. Ich kann mich gut
an ein Interview mit einem Manager von Walmart erinnern, der treffend dazu
bemerkte, in Deutschland ginge es nicht um Service sondern einzig um den Preis.
Genau, es
geht um den Preis. Und genau das war und ist immer noch der zentrale Ansatz von
Aldi. Eine Sache so günstig zu verkaufen wie es nur irgend möglich ist. Dieses
gerne von Intellektuellen als „billig“ oder „geizig“ diffamierte Motto genießt
in technischen Bereichen sehr hohes Ansehen ("Perfektion ist nicht dann
erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr
weglassen kann."). Und Aldi war und ist sehr gut darin. Was habe ich als
Kunde davon, dass die Ware nicht in einem Karton liegt sondern in ein schönes
Regal geräumt wurde? Was habe ich davon, wenn ein Supermarkt 10 verschiedene
Bolognese-Saucen führt? Was habe ich davon, dass aus der Milch Landliebe statt
Milfina steht?
Umgekehrt
wird dagegen der Schuh draus. Wenn ich die Frage stelle was ich davon habe,
dass ich meinen Wocheneinkauf bei Aldi mache. Die Antwort ist konkreter: So um
die 20-30 Euro. Wenn man das mal aufs Jahr rechnet oder wie ich, eher auf 15
Jahre, dann kann man sich überlegen, was man Aldi so verdankt. In meinem Falle
reichts locker für einen Kleinwagen.
Insofern
bleibt mir zu den Aldi-Brüdern zu sagen: Sie haben meinen Tisch gefüllt. Und
nicht nur einmal. So erstaunlich sich das zunächst anhört: Aldi ist ein Stück
Lebensqualität. Es ist die Lebensqualität eine Woche mit der Familie für
deutlich weniger als 100 Euro essen und trinken zu können, ohne dabei allzu
sehr auf Nudeln oder Reis zugreifen zu müssen. Und dafür kann man auch einmal
deutlich danke sagen.
Nun habe
ich eingangs noch eine Ankündigung zum deutschen Neid gemacht. Was thematisch
gar nicht so ganz reinpasst, aber trotzdem irgendwie auch ein bisschen dazu
gehört: Es ist erstaunlich wie bezeichnend was man den Aldi-Brüder vorwirft. An
direkten „Skandalen“ hat man nicht viel anzubieten, denn Aldi bezahlt seine
Kräfte deutlich besser als der Branchendurchschnitt, die Qualität ist durchweg
gut, die Lebensmittel nicht fragwürdig, ja selbst am Auftreten der Aldi-Gründer
ist wenig zu bemängeln, weil sie öffentlich gar nicht mehr aufgetreten sind. Da
bleibt nicht mehr viel. Also greift man auf ominösen Blödsinn zurück, dass es
bei Aldi keinen Gesamtbetriebsrat gibt, dass die Gründer ihre Vermögen in
Stiftungen eingebracht haben, statt das Geld dem Erbschaftsfiskus in den Rachen
zu werfen, das man nicht transparent genug sei und all solcher Humbug. Nichts
davon ist illegal, aber dem deutschen Intellektuellen geht es weniger darum was
legal ist, als das sich jemand nach den Regeln der deutschen
Wirtschafts-political-correctness verhält. Und da wäre es ja wenigstens angebracht
gewesen, dass die Aldi-Brüder ihr Geschäft an den deutschen Staat abgetreten
hätten. Aus der Perspektive wird auch klar was das eigentlich kritische an den
Albrecht Brüdern war: Das sie reich sind, bzw. waren. Reich ist falsch. Dabei kommt es
nicht darauf an, wie vielen Leuten dieser Reichtum mal genützt hat, wie hart er
erarbeitet wurde oder ob er mal verdient wurde: Reich ist falsch.
Dabei kann
man ruhig einmal die Frage stellen, was Leute wie Herr Berger nun eigentlich
zum Leben anderer Menschen beigesteuert haben. Ich meine, mal ab von Büchern
die nur so vor Neid triefen ?
Ich denke
die Albrechts haben viel für dieses Land getan. Es ist schade, dass die
allermeisten, die jede Woche davon profitieren, je auch nur darüber nachgedacht
haben, dass es einen Grund hat, warum sie sich das eine oder andere Extra
leisten können, dass viele andere eben nicht haben. Den Bundesverdienstkeks heftet die Politik mit viel Freude jedes Jahr tausendfach irgendwelchen Leuten an (inzwischen mit Quote, ja hallamarsch). Karl Albrecht hat diesen wohl nicht angenommen. Auch das ist bezeichnend.
Ich habe
mir diese Gedanken gemacht. Und deshalb sage ich es noch einmal. Danke. Und
mögen sie in Frieden ruhen.
Llarian
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