Dass der
Staat respektive dessen Diener eine unerschöpfliche Phantasie besitzen, wenn es
um die Schaffung neuer Abgabentatbestände geht, ist ein Kernelement des
liberalen Lamentos, und natürlich ist diese Klage nur allzu berechtigt. So hat
es zu verschiedenen Zeiten in Ländern deutscher Zunge einmal eine Jungfern- und dann eine Prostitutionssteuer gegeben, was reichlich inkohärent erscheint und den
Leviathan durchaus als Gargantua der klingenden Münze erscheinen lässt.
Kein
menschliches Bedürfnis ist vor der aufgehaltenen öffentlichen Hand sicher: „Pecunia non olet“ – „Geld stinkt nicht“ – antwortete der römische Kaiser Vespasian
bekanntlich seinem Sohn Titus, als dieser ihm die Anrüchigkeit des von seinem
Vater eingeführten Toiletten-Zwangsobolus vorwarf. Solcher Staatssäckelzynismus
reizte die Franzosen, bei denen laut André Siegfried „eine geheime
Missbilligung […] denjenigen umgibt, der die Steuer bezahlt“ („Une secrète
réprobation entoure en France celui qui paie l’impôt“), zu der urinsauren
Rache, das Pissoir nach dem Imperator des stillen Örtchens als vespasienne zu benennen, auf dass sein
Name, solange das galloromanische Führungsidiom lebendig ist, gleichsam
in die Kanalisation gespült werde.
Von einer
„Pink Tax“ war im Zusammenhang mit den dem Fiskus zu zollenden Tributen jedoch
noch nie die Rede, was freilich allein daran liegt, dass bislang noch kein
Schatzkanzler auf die Idee gekommen ist, eine solche Steuer zu erheben. Vielmehr
belegt der Zeitgeist Preisunterschiede zwischen dem nach den Anpreisungen der Reklame jeweils für Frauen
und für Männer bestimmten, äquivalenten Produkt, wie er zum Beispiel im Falle von Kosmetika
häufig vorzukommen scheint, mit diesem Ausdruck. Zum Sinnbild für diese vermeintliche
Ungerechtigkeit sind offenbar die unterschiedlich gefärbten, ansonsten aber (fast) identischen Rasierapparate geworden.
Der Autor
dieser Zeilen kann die Lektüre der verlinkten Beiträge, insbesondere auch des
auf Spiegel-Online veröffentlichten Artikels, nur dringend empfehlen, zumal der
Internet-Ableger des Hamburger Nachrichtenmagazins durchaus ausgewogen
einräumt, dass bei rosa Rasierapparaten auch die geringere Produktionsstückzahl
für den höheren Preis verantwortlich sein könnte, und dass – was auch ein
Ministeriumssprecher in nicht zu kritisierender reiner Vernunft zu bedenken
gibt – Frauen nicht daran gehindert sind, die als männlich beworbene,
günstigere, schwarze oder blaue Version des Haarentferners in ihr Eigentum zu überführen.
Eine solche
Kaufentscheidung wäre nach Ansicht des Autors dieser Zeilen nicht nur
kapitalistisch, sondern auch feministisch korrekt: Wie emanzipatorisch ist es, den
Frauen die – im diachronen Vergleich äußerst schwankende –
Farbklischee-Erfüllung zuschlagsfrei zu ermöglichen, anstatt ihnen die bewusste
Marktteilnehmerinnenentscheidung zwischen einem vielleicht ästhetisch und
sicher preislich höherwertigen pinken Rasierapparat einerseits sowie einem
wohlfeileren Schermesser in den Bürofarben Blau oder Schwarz zuzumuten?
Aufklärung ist bekanntlich der „Ausgang des Menschen aus seiner
selbst verschuldeten Unmündigkeit“ (Immanuel Kant). Was ist dann der etatistische Feminismus?
Noricus
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