25. September 2014

Dummes, kurz kommentiert: Siggy Pop und die Programmiersprachen

Wer heute die Zeitung gelesen hat, der könnte über ein paar Aussagen von Sigmar Gabriel gestolpert sein. Mir sind vor allem zwei dieser Sätze aufgefallen: "Programmiersprachen gehören zu den Sprachen des 21. Jahrhunderts" und "Für mich wäre eine der Möglichkeiten, Programmiersprachen als zweite Fremdsprache in Schulen anzubieten."
Es sind zwei schöne, einfache Sätze, die die Technikaffinität unseres Vizekanzlers unterstreichen sollen. Und gleichzeitig sind sie unglaublich dumm und belegen genau das Gegenteil.
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Ein bischen muss man an Helmut Kohl zurückdenken, als er auf die Frage nach den Datenautobahnen antwortete: "Für den Bau von Autobahnen sind neben dem Bund hauptsächlich die Länder zuständig."
Das ist eine der Aussagen mit denen die Linke gerne versucht hat die Dummheit von Helmut Kohl zu belegen und das er sich mit moderner Technik nicht auskennen würde. Falsch war der Vorwurf nicht, offensichtlich konnte Kohl mit den Datenautobahnen nichts anfangen. Aber wenigstens hat er nichts falsches gesagt oder so getan, als würde er sich mit einem Thema auskennen, von dem er tatsächlich nicht das geringste verstand. 
Siggy Pop ist da schon weiter, denn offensichtlich hat er nicht ansatzweise begriffen, das Programmiersprachen zwar das Wort Sprache enthalten (und insofern auch Syntax und Grammatik kennen), aber ansonsten mit menschlichen Sprachen so viel nicht gemeinsam haben. Die Vorstellung statt einer Fremdsprache eine Programmiersprache zu lernen ist rundheraus dämlich, dient die menschliche Sprache der Verständigung und dem Austausch von Information, ist die Programmiersprache ein Werkzeug um in einem Computer bestimmte Abläufe festzulegen. Es sind fundamental unterschiedliche Konzepte mit gänzlich unterschiedlichem Ziel und auch gänzlich anderer Zielgruppe. 
Erschwerend kommt noch hinzu, dass das Erlenen von Programmiersprachen keinen Selbstzweck darstellt, sondern ein reines Werkzeug zur Umsetzung ganz anderer Denkprozesse ist. Anders gesagt: Man muss eine Idee oder eine Absicht haben, die man programmieren will. Menschliche Sprache bringt ihren Sinn, das Austauschen und Aufnehmen von Information, von sich aus mit, aber eine Programmiersprache ist ohne dahinter liegenden Sinn vollkommen wertlos. Und genauso sinnlos ist es, eine solche zu erlernen ohne einen Zweck dafür zu haben. 
Auch Sicht des Informatikers ist es natürlich schmeichelhaft, wenn nach Meinung von Siggy Pop sein Handwerkszeug so wichtig ist, dass es ein jeder erlernen sollte. Nur ist es das nicht. Es ist Handwerkszeug für Leute, die programmieren sollen oder wollen. Es schadet zwar nie seinen Horizont zu erweitern, aber ein Polizist, Verkäufer, Dachdecker oder auch Filialleiter hat nichts davon programmieren zu können und das wird sich auch nicht durch das beschworene "21. Jahrhundert" ändern. Programmieren ist ein Handwerk, genauso wie Mauern, Fliesenlegen oder Drechseln eines ist, vielleicht ein bischen komplizierter, aber ebenso ein Handwerk. Ich für meinen Teil würde gerne mauern können, oder Fliesenlegen, aber brauchen tu ich es für meinen Job nicht und das wird sich auch nicht ändern.
Zweifelsfrei würde es Sinn machen die Jugend stärker mit IT Themen vertraut zu machen, Ihnen computerbasierte Werkzeuge nahezubringen, seien es Office Programme, Betriebssysteme oder generell der Umgang mit moderner Kommunikationstechnik. Unsere Welt ist voll davon, keine Frage. Aber eben genau so, wie man auch nahezu jedem Jugendlichen irgendwann das Autofahren beibringt, weil es in unserer Welt wichtig ist. Deswegen muss aber nicht jeder lernen wie man bei einem Auto den Motor wechselt oder die Zündung neu einstellt. 

Ich kann aus den Aussagen von Gabriel nur zwei Sachen schliessen: Er hat noch nie in seinem Leben je irgendetwas mit Programmiersprachen zu tun gehabt und er macht ohne jedwelchen Hintergrund Aussagen, um irgendwie als modern und informiert zu gelten. Ersteres ist keine Schande, zweiteres ist rundheraus dumm.

Llarian


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