8. Januar 2014

Die immergleiche Zukunft

Ach ja, und wieder einmal Artikel zur "Zukunft des Wohnens". Seit Jahrzehnten lesen sich die immer ähnlich.

Ganz typisch schon der Einstieg mit dem Hinweis, die alten Prognosen wären völlig überholt. Obwohl sich die von der präsentierten Version meist nur in Details unterscheiden.

Hier betrifft das Detail die Hauselektronik.
Mag schon sein, daß sich da in den nächsten Jahren nicht viel ändern wird. Solange sich die Haussteuerungssysteme im wesentlichen auf die automatische Betätigung der Rolladen beschränken, gibt es wirklich nicht viele Argumente für die Installation eines Bussystems.
Klar ist aber: Wenn sich bei der Elektronik etwas Größeres tun sollte, wenn eine "Killer-Applikation" den Durchbruch schaffen sollte - dann werden wir das vorher ohnehin in keiner Prognose lesen. Sondern der Durchbruch einer neuen Technik wird erst dann zum Feuilletonthema, wenn diese Technik für 5,99 bei ALDI erhältlich ist und sie daher als Zeichen für Zivilisationsverfall und Versagen der Marktwirtschaft gedeutet werden kann.
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Ansonsten aber immer die gleichen Prognose-Irrtümer.

Flexible Wohnungsgrundrisse? Ein Haus, daß sich über die Jahrzehnte den Bedürfnissen der Bewohner von der Wiege bis zur Bahre anpaßt?

Schlichter Unfug. Selbst im vergleichsweise immobilen Deutschland ist es weder üblich noch sinnvoll, sein Leben ihn immer der gleichen Immobilie zu verbringen. Bei sich ändernden Bedürfnissen ist es meist besser umzuziehen als beständig umzubauen. Denn der Unterschied zwischen einer jungen Familie und einem greisen Paar besteht nicht nur aus Kinderzimmer vs. Rollator-Rennbahn. Sondern es gibt dann ganz andere Vorstellungen über die Lage des Hauses. Da wird dann das Ärztehaus in der Nachbarschaft interessanter als der Kindergarten. Von der Notwendigkeit beruflicher Umzüge ganz zu schweigen.

Typisch auch der Irrtum: "In der Innenarchitektur der Zukunft wird es nicht mehr das klassische Denken in einzelnen Räumen geben."
Das ist die Vision von extrovertierten "Kreativen", die gerne auf großer Bühne agieren. Im praktischen Zusammenleben schätzen die meisten Menschen aber eher die Möglichkeit, auch mal die Tür hinter sich zumachen zu können. Um seine Ruhe zu haben, um sich unbeobachtet im Bad hübsch machen zu können, um das schmutzige Geschirr in der Küche oder die Unordnung im Arbeitszimmer aus den Augen zu bekommen.

Und dann kommen unvermeidbar die neuen Wunderbaustoffe. Von irgendwelchen utopischen Luftreinigungsteppichen bis zum Lehmhaus, das seit locker 50 Jahren kurz vor dem Durchbruch steht ...

Alles nett zu lesen, aber ziemlich realitätsfern.

Das Wohnen der Zukunft wird ziemlich so aussehen wie das Wohnen heute und gestern. Aber eben etwas größer, etwas bequemer, mit etwas aufwendigerer Ausstattung. Und etwas teurer, weil der Staat sich zusätzliche Vorschriften ausgedacht hat.
Da die Menschen und ihre Bedürfnisse weitgehend gleich bleiben, werden auch die bewährten Wohnformen bleiben.


R.A.

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