7. August 2022

"Weltraumquallen II" oder: Gedränge im Weltraum





Oder, genauer gesagt: nicht im Weltall – wohl aber an den Weltraumbahnhöfen der Erde, von denen aus der Start in die irdische Umlaufbahn und darüber hinaus erfolgt. Und wenn auch für die einzelnen Startrampen dort vorgestern jeder Start eine Rakete „das übliche Programm“ darstellte, so manifestierte sich die drangvolle Enge doch immerhin im Terminkalender des Betrachters. Ich habe es jetzt nicht für jeden Tag in der Geschichte der Raumfahrt nachverfolgt, aber eine solche Häufung, eine solche Taktfolge, wie sie vor 2 Tagen, am 4. August 2022, an den Tag gelegt wurde, hat es in diesen fast 65 Jahren noch nicht gegeben. Nicht eine, nicht zwei, auch drei, sondern gleich vier verschiedene Missionen haben, über den ganzen Tag verteilt, ihren Anfang genommen. (Als kleines Beseit: es gibt kein griffiges deutsches Pendant für die englische Wendung „a busy day“ – wie in „a busy day in space“: hier werden nur Teilaspekte betont: „ein stressiger Tag,“ „das volle Programm“.) (Auf dieser Seite der ESA, „Space Environment Statistics,“ kann man nachlesen, daß seit dem 4 Oktober 1957, als das Raumfahrtzeitalter durch „Sputnik“ eingeleitet worden ist, bei gut 6220 Starts insgesamt 13300 Satelliten ins All befördert worden sind, von denen gute 6100 zurzeit noch ihren Dienst versehen; zu beachten ist, daß mehr als 2950 davon aus die Konstellation entfallen, die seit dem Mai 2019 durch „Starlink“ gebildet wird.)

Gelegentlich ist es vorgekommen, daß zwei Starts am selben Tag stattfanden – aber dann waren die Starts in der Regel Teil einer gemeinsamen Mission. So etwa beim Start der gemeinsamen Apollo-Sojus-Mission im Juli 1975 zum „Rendezvous im Weltraum,“ einer symbolischen Aktion, die das „Ende des Wettlaufs ins All“, des „Space Race“ symbolisieren sollte – offiziell ASTP, Apollo-Sojuz-Test-Programm genannt, als umgerechnet auf Mitteleuropäische Zeit (der Flug fand 5 Jahre vor der Einführung der Sommerzeit in Deutschland statt) um 13:20 die Kosmonauten Alexej Leonov und Waleri Kubasow mit Sojus-19 vom Kosmodrom Baikonur starteten, gefolgt um 20:50 von Thomas Stafford, Vance Brand und Deke Slayton in einer „Apollo“-Kapsel von Cape Canaveral. (Ältere Zeitzeugen werden sich erinnern, daß Amerikas Raumfahrtbahnhof während des Mondlandeprogramms als „Cape Kennedy“ in den Medienberichten figurierte; die Rückänderung des in Florida unbeliebten Namens erfolgte im Oktober 1973.) Möglich geworden war das Unternehmen dadurch, daß der US-Kongreß im Januar 1972 die Mittel für die drei letzten geplanten Mondflüge, Apollo 18 bis 20, gestrichen hate, die „Hardware“ aber schon gefertigt worden war.

So war es auch im Fall des letzten „Doppelstarts“ am gleichen Kalendertag von der amerikanischen „Space Coast“ aus, im März 1966, als Gemini 8 von der Startrampe 19 mit den Raumfahrern Neil Armstrong und David Scott abhob, um ein Rendezvous mit der Zweitstufe einer Atlas Agena-Rakete durchzuführen, die 100 Minuten zuvor vom benachbarten „Launch Complex-14“ auf den Weg gebracht worden war. Das Manöver diente zur Erprobung der Navigations- Kopplungstechniken, die für die Durchführung der Landung auf dem Mond notwendig werden sollten. Das Unternehmen stand unter keinem guten Stern: das Andocken gelang zwar, aber ein Ventil in der Agenda-Stufe hatte sich beim Start verklemmt, und bei dem Versuch, die instabile Lage mit dem dortigen Antrieb zu korrigieren, hatte zur Folge, daß Kapsel und Rakete in ein sich beschleunigendes Rotieren gerieten, bis sie sich einmal pro Sekunde drehten. Nach der Trennung und der händischen Korrektur der Lage des Raumschiffs durch Kommandant Armstrong war der Treibstoffvorrat der Kapsel so weit erschöpft, daß die Mission nach nur 10 Stunden abgebrochen wurde. (Beim ersten „gemeinsamen Raumflug“ drei Jahre zuvor, mit den Kapseln Wostok 5 und Wostok 6 im Juni 1963, mit den Kosmonauten Walentina Tereschkowa und Waleri Bykowski, lagen übrigens zwei Tage zwischen den beiden Starts)

Aber der Reihefolge nach; und zwar der zeitlichen.

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I – NROL-199

Den Auftakt machte der Start der Mission NROL-199 an der Spitze einer Electron-Rakete von kleinsten mir bekannten „Weltraumbahnhof“ aus, dem Rocket Lab Launch Complex 1 des amerikanischen Startups RocketLab auf der Halbinsel Mahia in Neuseeland von der Startrampe 1B, wo Ende Juni auch der CAPSTONE-Satellit auf den Weg zum Mond gebracht worden ist. Bei den Satellitenmissionen des NRO, des National Reconnaissance Office, einem der Nachrichtendienste der Vereinigten Staaten, handelt es sich um militärische Aufklärungssatelliten, so daß über ihren Zweck und ihre Ausstattung naturgemäß nichts bekanntgegeben wird – bis in voraussichtlich 30 Jahren die betreffenden Akten freigegeben werden. So war es etwa der Fall bei den 30 frühen Weltraumspähern der „Discovery“-Serie, die zwischen Februar 1959 und Februar 1962 im Rahmen des CORONA-Programms gestartet wurden. „Offiziell“ dienten sie dazu, biologische Experimente unter den Bedingungen des erdnahen Weltraums durchzuführen und die Proben nach Beendigung mit einer Rückkehrkapsel zur Auswertung landen zu lassen; aber schon den (westlichen) Medien vor 60 Jahren schien es wahrscheinlicher, daß diese Kapseln statt Pilz- und Bakterienkulturen belichtete Filme mit Aufnahmen sowjetischer Militärstützpunkte an Bord hatten. Die Entwicklung hochauflösender Fernsehbilder und die erhöhte Datenübertragungsrate haben die Episode zu einem Kuriosum der Raumfahrtgeschichte werden lassen. Immerhin war der Start der 18 Meter hohen zweistufigen Electron-Rakete beim „Antipodean Adventure“ um 7:00 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit über Videostream live zu verfolgen. (RocketLab hat die Gewohnheit, jeden ihrer Starts seit 2017 mit einem putzig anmutenden offiziellen Namen zu versehen: von „It’s a Test“ (Nr.1), „It’s Business Time“ (Nr.3) und „Pics or it didn’t happen“ (Nr.13) – der Kleine Pendant vermutet hier eine Hommage an die Tradition des Konkurrenzunternehmens SpaceX, ihre schwimmenden Landeplattformen nach Raumschiffen aus Iain M. Banks‘ SF-Roman „The Player of Games“ zu benennen: „Of Course I Still Love You,“ „Just Read the Instructions“ und „A Shortfall of Gravitas.“)





II. – SBIRS GEO6

Als zweiter Streich erfolgte der Start der Mission SBIRS GEO6 an der Spitze einer Atlas-V von der Startrampe 41 in Florida. Das Kürzel steht für „Space Based Infrared System,“ und auch hier handelt es sich um einen Teil eines militärischen Aufklärungssystems – nämlich dem 6 und letzten Satelliten einer seit 2011 im Aufbau befindlichen Konstellation, deren Infrarotsensoren die Wärmesignatur aufspüren sollen, die beim Einsatz von Kurzstreckenraketen entstehen. Der Start, der um 12:29 MESZ erfolgte, fiel zur Ortszeit 6:29 genau 17 Minuten vor den Sonnenaufgang – und infolgedessen kam es wieder einmal zu jenem Phänomen, das ich in meinem ersten Beitrag zum Thema „Weltraumquallen“ bebildert habe: zu einem „Space Jellyfish,“ und einer farblich irisierenden Lichtspur, als die Verbrennungsgase der Startstufe vom schräg einfallenden Sonnenlicht je nach erreichter Höhe in unterschiedlichen Winkeln beleuchtet wurden: zunächst nur von den langwelligsten Anteilen, die von der durchquerten Luft nicht absorbiert wurden, und sukzessive von den kürzeren Anteilen des Spektrums – was in der langgezogenen Regenbogeneinfärbung resultiert hat.















(Ausnahme von Erik Kuna, mit einem iPhone, aus einer Entfernung von 140 Meilen)















(Der "space jellyfish")

III – NS-22

"Dieses war der zweites Streich / doch der dritte folgt sogleich": Beim dritten Unterfangen, NS-22, dem 22. Flug der „New Shepard“ des privaten Raumfahrtunternehmens Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos und dem 6. bemannten Start seit dem Beginn der Passagierflüge vor einem Jahr, am 20. Juli 2021, könnte der Kleine Skeptiker Zweifel anmelden, ob es sich um einen „wirklichen Raumflug“ gehandelt hat – schließlich handelt es sich nicht einmal um einen „zünftigen Suborbitalflug,“ wie sie die Startstufen der Falcon 9 absolvieren, wenn sie in gut 130 Kilometern Höhe wie ein Stein ihren Rücksturz zur Erde beginnen und nach einer Flugdauer von gut 8 Minuten in einem Entfernung von 600 Kilometern vom Startpunkt weich auf einer der oben genannten Plattformen aufsetzen. (Für den Booster B1052 von Mission 4 war das in diesem Fall die „Just Read the Instructions.“) Daß sich die Landezone der New Shepard in der Nähe der nordtexanischen Ortschaft Von Horn um knapp 3.2 Kilometer versetzt zur Startrampe befindet, ist einzig der Erdrotation während der gut 10 Minuten geschuldet, die zwischen Start und Landung liegen. Es muß sich auch niemand eine Bildungslücke vorwerfen, wenn es den Namen dieser Ortschaft noch nie gehört hat; das Dorf zählt weniger als 1900 Einwohner; damit ist dieses Nest aber noch wesentlich metropolitaner als das Boca Chica Village direkt an der Grenze zu Mexiko, in dessen Umgebung Elon Musks SpaceX seine Raketen entwickelt und fertigt: dort wurden bei letzten Zensus gerade einmal 26 Einwohner gezählt. Freilich ist der Sinn & Zweck der New Shepard einzig der, für seine Passagiere für gut dreieinhalb Minuten einen Zustand der Schwerelosigkeit herzustellen (die seit einiger Zeit nur noch „Mikrogravitation“ genannt werden darf), ihnen den Anblick der Erdkrümmung zu ermöglichen und sie in eine Höhe von mehr als 100 Kilometern zu befördern, über die Kármán-Linie hinaus, die seit dem Beginn des Raumfahrtzeitalters nach internationaler Konvention den Beginn des Weltraum bezeichnet, so daß sich jeder, der sie überschritten hat, und sei es auch nur ein paar Minuten lang, als „Raumfahrer“ bezeichnen darf – so auch die sechs Aspiranten des gestrigen Flugs; die größte erreichte Höhe der Kapsel betrug 351.231 Fuß (oder, für „metrische Märtyrer,“ 107 Kilometer und 55 Meter. Damit erhöht sich die Anzahl der Blue-Origin-Astronauten von 25 auf 31. Der Deutsche Matthias Maurer, der im November 2021 zur Internationalen Raumstation ISS flog, war nach der offiziellen Zählung der NASA der 600. Mensch im Weltraum seit dem Beginn der bemannten Raumfahrt durch Juri Gagarin im April 1961. Hübsch war übrigens der erleichterte (oder amüsierte?) Zwischenruf, der im Funkverkehr aus der Kapsel zu hören war, nachdem sich nach 8 Minuten und 36 Sekundennach dem Start um 15:57 MESZ die Hauptfallschirme geöffnet hatten: „We’re not gonna die!“ Dem Kleinen Nostalgiker fällt in diesem Zusammenhang die Zeile aus Hildegard Knefs Chanson „Ferienzeit“ ein, in dem es heißt: „Heute kamen sie vom Mond zurück. /Ein Fallschirm ging nicht auf.“ Knef (man muß hier wohl: „die Knef“ schreiben) bezog sich damit auf die Landung von Apollo 15 am 7. August 1971, bei der sich einer der drei Hauptfallschirme nicht geöffnet hatte; die Fallschirme waren groß genug bemessen, daß ein solcher Fall, mit dem man gerechnet hatte, keine Havarie bedeutete. Die Einspielung des Stücks erfolgte knapp vier Wochen später, am 9. September 1971.











(Minute 10. In Vordergrund der gelandete Booster; im Hintergrund die Kapsel.)



("That apogee feeling" - Cline Kelly III, 100 km über Normalnull, ein Bild, das er gestern auf Twitter postete)



[Knef – „Ferienzeit“]

IV - KPLO



Und beim „vierten Streich,“ der „für uns“ den Tag um 1:08 MESZ beschloß, aber nach der Ortszeit in Florida mit 6 Stunden „Rücklauf“ noch in die Abendstunden des 4. August fiel, startete die wohl wichtigste Mission des Tages von der Startrampe 40 im Kennedy Space Center, gute fünfeinhalb Kilometer nördlich des zwölf Stunden zuvor verwendeten Launch Complex 41: der Start der südkoreanischen Mondsonde Korean Pathfinder Lunar Orbiter, die seit zwei Monaten offiziell statt des Kürzels KPLO den Namen Danuri trägt. Die zweite Stufe der Falcon 9 setzte nach gut 40 Minuten Flug über dem indischen Ozean in einer Höhe von 520 Kilometern die gut Sonde mit einer Masse von gut einer Zweidrittel Tonne auf einen Kurs aus, der sie, wenn nichts Unverhofftes dazwischen kommt, in gut 4 Monaten, am 16. Dezember 2022, in eine Umlaufbahn um den Erdtrabanten bringen wird, der in gut 100 Höhe über beide Mondpole hinwegführt: Zu den sechs Instrumenten an Bord zählt die sogenannte ShadowCam, die anhand der Veränderungen des von der Mondoberfläche zurückgeworfenen Lichts die seit Jahrzehnten diskutierte Frage klären soll, ob sich in den ewig im Schatten liegenden Polregionen Deposite aus Wassereis befinden. Dieses Instrument entspricht dem LROC, der Lunar Reconnaissance Orbiter Camera, das an Bord der NASA-Mondsonde LRO seit September 2009 den Mond umkreist (eine von drei aktiven Sonden, die sich zurzeit dort in der Umlaufbahn befinden), aber mit einer um das 800fache größeren Meßempfindlichkeit. In früheren Jahrzehnten dominierte die Hypothese, in diesen Regionen könnte sich Wassereis angesammelt haben, das von einschlagenden Kometen übriggeblieben sei; seit einiger Zeit wird die Überlegung bevorzugt, daß die hochenergetischen Protonen des Sonnenwinds das Eisenoxid, aus dem ein Großteil der Mondkruste besteht, chemisch reduzieren und durch eine Aufspaltung in Eisenoxid (Fe0) und Hydroxid-Ionen (OH−) dazu führen, daß durch den Einfang eines solchen Protons Wasser gebildet werden kann. Die indische Mondsonde Chandrayaan-1 hat zwischen September 2009 und März 2010 mehr als 40 Areale im Bereich beider Mondpole kartiert, deren Meßdaten auf das Vorhandensein von unterirdischen (oder sublunaren) Wassereisdepositen hindeuten; eine entsprechende Karte ist nach jahrelanger Auswertung der Meßdaten im August 2018 publiziert worden. Das nähere Verständnis eines solchen „Wasserzyklus“ dürfte sich vor allem auf die Planung einer permanent besetzten Mondstation auswirken, die als Nachfolgeprojekt der derzeit vorbereiteten Artemis-Missionen in Planung ist.









(Startstufe, 5 Sekunden vor dem Aufsetzen auf der "Just Read the Instructions")



(Aussetzen des KPLO nach 40 Minuten und 32 Sekunden Flugzeit)

Um sein Ziel zu erreichen, benutzt der Satellit eine für Laien höchst exzentrisch anmutende Flugbahn. Seine Trajektorie trägt ihn zunächst nicht Richtung Mond, sondern Richtung Sonne, bis sie den Lagrangepunkt L1 des Systems Erde-Mond erreicht (Zur Erinnerung: das JWST, das James Webb Space Telescope, kreist in langgezogener Ellipse ebenfalls um einen dieser Punkte, nämlich L2, auf der „sonnenabgewandten Seite.“) An jenem Punkt heben sich die Anziehungskräfte von Erde und Sonne, die auf die Sonde einwirken, gegenseitig auf, und schon eine geringe Kursänderung bewirkt, daß die Störkräfte, die die viel geringere Mase des Mondes ausübt, dazu führt, daß sich die Sonde ihm langsam nähert. Ein solches Verfahren, als BLT bezeichnet („Ballistischer Lunarer Transfer-Orbit“) ist zwar komplex und vor allem zeitraubend, es erspart aber im Gegenzug zum „direkten Kurs,“ eine erhebliche Menge an Bewegungsimpuls, der nur aus mitgeführtem Treibstoff gewonnen werden könnte.



(Flugbahn von Danuri: Ballistic Lunar Transfer Orbit)



(Kartierung der wahrscheinlichen Wassereisvorkommen in den Polarregionen des Mondes, beruhend auf den Meßdatten der Chandrayaan-1-Sonde)

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Coda. (V und VI)

Ich muß mich korrigieren. Eingangs habe ich von vier Missionen geschrieben, und sie dann aufgelistet. Wie es sich beim Sichten der Daten und Meldungen herausgestellt hat, sind noch zwei weitere Starts für diesen Tag hinzuzufügen – nämlich zwei chinesische.

Zum einen handelte es sich um den Start des 陆地生态系统碳监测卫星 von der „25. Basis der chinesischen Volksbefreiungsarmee für Erprobung und Ausbildung,“ im Westen gemeinhin als Kosmodrom Taiyuan, 500 km westlich von Beijing gelegen, an der Spitze einer Trägerrakete vom Typ „Langer Marsch 4B,“ um 3.05 Mittereuropäischer Sommerzeit. (Der Name steht für „Satellit zur Erfassung des Kohlenstoffs des irdischen Ökosystems -die vier Instrumente an Bord dienen der Bestimmung der Biomasse und der Zusammensetzung des Atmosphäre.) Und zum anderen der zweite Testflug des Raumgleiters, oder wörtlich „Wiederverwendbares experimentelles Raumfahrzeug“ (可重复使用试验航天器) vom Weltraumbahnhof Jiuqian. Genauere Angaben über Startzeit und Mission werden im der knappen Pressemitteilung der offiziellen Nachrichtenagentur Xinhua dazu nicht genannt. Dort heißt es nur lapidar: „试验航天器将在轨运行一段时间后,返回国内预定着陆场,期间将按计划开展可重复使用和在轨服务技术验证,为和平利用太空提供技术支撑。“ – „Das Test-Raumschiff eine Zeit lang in der Erdumlaufbahn operieren, bevor es zu seinem vorgesehenen Landeplatz in China zurückkehrt. Während dieser Zeit werden die technische Überprüfung der Wiederverwendbarkeit und die Dienste im Orbit wie geplant durchgeführt, um die friedliche Nutzung des Weltraums technisch zu unterstützen.“ Im Westen wird von den Experten angenommen, daß sich das noch in der Entwicklung befindliche Projekt eng an den amerikanischen Raumgleiter X37B der Firma Boeing anlehnt – dessen Prototyp übrigens aktuell seit dem Mai 2020 auf seinem sechsten Testflug in der Erdumlaufbahn befindet. Ähnlich der sowjetischen Raumfähre „Buran,“ dem letzten Raumfahrtprojekt der UdSSR, das frappant dem Space Shuttle ähnelte, gleicht der chinesische Raumgleiter in seinen Spezifikationen, soweit sie bekannt sind, seinem westlichen Vorbild – angefangen mit der Länge von knapp 8,80 Metern und dem Startgewicht von gut 22 Tonnen; allerdings ist die chinesische Version auf eine Besatzung von 6 Mann ausgelegt. Bei dem jetzt erprobten Modell, dessen Erstflug im September 2020 zwei Tage dauerte, handelte es sich um eine Version „in halber Lebensgröße.“

Seit gut zwei Jahren sind die Missionen des chinesischen Raumfahrtprogramms wieder in einen Nebel der Geheimhaltung gehüllt –sofern es sich nicht gerade um Prestigeprojekte wie den Start des Besatzungen zum „Himmelpalast“ Tiangong handelt. Selbst von dem Wissenschaftsmodul Wentian, das vor knapp 10 Tagen, am 24 Juli 2022, gestartet wurde und noch am gleichen Tag andockte, gab es erst am jenem Start Videoaufnahmen im chinesischen Fernsehen zu sehen. Immerhin wurden die „Erstbegehungen“ durch die drei Taikonauten Chen Dong, Cai Xuzhe und Liu Yang und das Testen des „kleinen mechanischen Arms“ für das Positionieren von Teilen an der Außenseite der Station ausgiebig gezeigt. (Heute ist es übrigens 7946 Tage her, daß sich zuletzt sämtliche Mitglieder der Spezies Mensch im Bereich der irdischen Biosphäre aufgehalten haben. Wenn man so will, markiert hier der 2. November 2000 den Beginn eines „neuen Jahrhunderts“ wie sonst nur „9/11.“

U.E.

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