4. November 2021

Herr Musk twittert auf Chinesisch





我想用中文写这篇课文. 我已经放弃了它, 因为我记得, 也许不是所有的读者, 读书「波頓的室」能够轻松阅读中文。

为什么是?

Ich hatte mir überlegt, ob ich diesen Beitrag nicht auf Chinesisch (中文) schreiben sollte, bis mir einfiel, daß die meisten Leser von „Zettels Raum“ sicher kein Chinesisch lesen.

Worum geht es?

I.
Elon Musk, gegenwärtiger Amtsinhaber des Postens „Reichster Mann der Welt mit interessanten Macken“ und als solcher ein würdiger Nachfolger seiner Amtsvorgänger John D. Rockefeller und Scrooge McDuck (a.k.a. „Onkel Dagobert“), ist dies unter anderem dadurch, daß er einer der wenigen Gründe für Nicht-Twitterati ist, sich bei diesem Kurznachrichtendienst zu registrieren. (Seit einigen Monaten ist es dort nicht Eingeschriebenen nicht mehr wie bislang möglich, die Tweets und Antworten oder die weiteren Etappen eines Threads nachzuverfolgen. Man bekommt nur noch den letzten, zuoberst im Konto stehenden Post angezeigt.) (Die beiden anderen Gründe waren die Wortspenden von Präsident Trump, bis ihm noch vor Ende seiner Amtszeit der Zugang zu sämtlichen (un-)sozialen Medien gesperrt wurde; und die Vorher/Nachher-Kontrastierungen von ArgoNerd.) Musks Meldungen – soweit sie sich nicht auf die Belange von Tesla oder SpaceX beziehen – zeichnen sich in aller Regel durch einen hohen Unterhaltungswert und ein beträchtliche ludische Beimengung aus.



("Reichster Mann der Welt mit charmanten Schrullen." Drei Amtsinhaber)

­

Mit den beiden Tweets, die Musk vor zwei Tagen, am 2. November 2021 in die unendlichen Weiten des Weltnetzes gesendet hat, dürfte er eine persönliche Bestmarke gesetzt haben.



Es begann damit, daß er sich als Fan von Ernst Jüngers „In Stahlgewittern“ geoutet hat („Aufwühlend. Ein großes Buch“), die im Dezember 2020 zum hundertjährigen Erscheinen des Originals in der mittlerweile dritten Übersetzung durch Kasey James Eliott auf Englisch erschienen sind – nach der Erstübertragung durch Basil Creighton von 1929 und der zweiten durch Michael Hofmann aus dem Jahr 2003. (Hofmann, der unter anderem Joseph Roth, Thomas Bernhard und Kafka ins Englische übertragen hat, hat kein gutes Haar an Creightons Fassung gelassen („There are literally hundreds of coarsenesses, mistakes, and nonsenses in his translation; open it just at about any page and you start to find them," schreibt er im Vorwort zu seiner Übersetzung; „Hofmann is coruscating in his criticism of Creighton's original translation. It was fortunate to have even 'survived' his predecessor's attentions. … Hoffman writes that ’his knowledge of German was patchy’. The rebuke is illustrated by a list of a considerable number of serious and important translational infelicities and errors," heißt es in einer Rezension).

Nicht nur, daß Musk hier einem Autor (und einem Werk) Respekt zollte, der/das so viele Lichtjahre jeder „politischen Korrektheit“ und zeitgeistlichen Empfindsamkeit entfernt ist, daß das Empörungsgeschrei der Wokistas bis zum Andromedanebel zu vernehmen wäre, wenn, ja wenn ihnen der Name Jünger etwas sagen würde: es erhöbe sich dann kein „Storm of Steel,“ sondern einer, der nach einer anderen, unappetitlicheren Substanz benannt ist.

Damit nicht genug. Mit seinem zweiten Tweet, in dem er das oben abgebildete chinesische Gedicht postete, dürfte der Tesla-Chef bei seinen Followern im Westen eine heillose Verwirrung angerichtet haben, während durch die chinesischen sozialen Medien ein bemerkenswertes „Aber Hallo!“ rauschte. Ich muß offen eingestehen, daß auch ich anfangs zu diesen Verwirrten gehört habe – aber nicht, weil mir diese Zeilen böhmische Dörfer waren, sondern weil ich sie lesen konnte. Der fehlende Kontext hat mich zu einer falschen Deutung verführt – ein nachgerade Creighton’scher Mißgriff. Creighton übersetzt zu Beginn des Kapitels “Im Dorfe Fresnoy”: „The pleasure of my return was dashed by an unexpected alarm which had for me the peculiarly unpleasant consequence that I had to ride the company charger to Beaumont.“ Bei Jünger heißt es dagegen: “Die Wiedersehensfreude wurde durch einen unerwarteten Alarm gestört, der mir besonders durch den Auftrag, den Gefechtstroß nach Beaumont zu führen, unangenehm wurde.“ Welch einen Unterschied ein einzelner überlesener Buchstabe doch machen kann: Leutnant Jünger mußte also nicht das „Gefechts-Roß der Kompanie nach Beaumont reiten.“ In ähnlicher Weise habe ich beim ersten Lesen gedacht, die von Musk zitierten Verse würden sich auf seine Rivalität bei den beiden Milliardärs-Kollegen Jeff Bezos und Richard Branson beziehen, deren Unternehmen Blue Origin und Virgin Galactic ebenfalls das Ziel verfolgen, privatwirtschaftlich den Weltraum als Ausflugsziel zu erschließen (im Fall von Bransons VSS Unity bis an knapp unterhalb der Kármán-Linie in 100 Kilometern Höhe, an der nach internationaler Gepflogenheit der „wahre Weltraum“ beginnt; im Fall von Bezos‘“New Shepard“ mit 108 Kilometern knapp darüber; mit der seit 2017 in Entwicklung befindlichen zweistufigen „New Glenn“ sollen in Zukunft „richtige“ Orbitalflüge möglich werden.) Erst ein Blick in die chinesischen Medien sorgte hier für Klarheit. Aber der Reihe nach.

II.
Humankind
煮豆燃豆萁
豆在釜中泣
本是同根生
相煎何太急

Das kleine Gedicht zählt (ohne die Überschrift) zum klassischen Fundus der chinesischen Dichtung. Es findet sich im 三国演义, der „Geschichte der drei Reiche,“ einer der „vier klassischen Romane“ (四大名著) der chinesischen Literatur neben dem „Traum der roten Kammer“ (红楼梦) von Cao Xueqin, der „Reise nach dem Westen“ (西游记) von Wu Cheng’en, und dem „Shuǐhǔ Zhuàn“ (水浒传) von Luo Guanzhong, dem „Bericht aus den Sumpfgebieten,“ das seit seiner Übersetzung durch Fritz Kuhn von 1934 im Deutschen als „Die Räuber vom Liang-Schan-Moor“ bekannt ist. Bei der „Geschichte der drei Reiche“ handelt es sich um den ältesten Text dieses kleinen Kanons. Sein Autor, Luo Guanzhong (罗贯中) aus der zentralchinesischen Provinz Shaanxi, der von etwa 1330 bis 1400 lebte (genau weiß man es nicht, andere Quellen nennen die Jahre 1280 bis 1360) hat das Buch in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts verfaßt. Die erste bekannte Druckfassung stammt aus dem Jahr 1522 und umfaßt 24 Bände, in deren Vorwort das Jahr 1494 für den Abschluß der Niederschrift benannt wird. Bis 1690 gab es verschiedene Nachdrucke mit reduziertem Umfang, von 10, 12 und 20 Bänden. Die heute gelesene Standartedition, die zuerst 1679 gedruckt wurde, ist das Werk von Mao Lun (毛纶, genaue Lebensdaten unbekannt; das einzige gesicherte Datum zu ihm findet sich im Vorwort zu dem Drama 琵琶记 / „Die Geschichte der Pipa“ von Gao Ming aus der Mitte des 14. Jahrhundert, das er 1666 für eine neue Druckfassung edierte) und Mao Zongang (毛宗岗, 1632-1709), Vater und Sohn. Sie brachten den Text in die für chinesische Romane im klassischen Format gängige Form von 120 Kapiteln und reduzierten den Textumfang von 900.000 auf 750.000 Zeichen. (Man täusche sich da nicht: die vierbändige Ausgabe etwa, die 2015 bei 延边大学 / Yánbiān dàxué erschienen ist, umfaßt mehr als 2300 Druckseiten.).

Die „Geschichte der drei Reiche“ spielt vor dem Hintergrund der vom Bürgerkrieg gezeichneten Epoche nach dem Ende der Han-Dynastie im Jahr 169, über die Entstehung der „drei Reiche“ 魏 / Wei im Norden 东吴 / Wu im Süden und 蜀漢 / Shu Han im Westen bis zur erneuten Einigung des Landes im Jahr 280 unter dem Kaiser Jin Wudi, dem ersten Kaiser der Westlichen Jin-Dynastie. Als Quelle diente Luo hauptsächlich die „Chronik der drei Reiche“ (三国志), die Chen Shou / 陈寿 in großer zeitlicher Nähe zu den geschilderten Ereignissen zusammenstellte. (Ich weiß: derlei Frou-Frou spielt für meinen Bericht keine Geige - oder Pipa – aber als Philologe entwickelt man nach einiger Zeit eine Déformation professionelle.)

Einer der drei Haupthelden in der ersten Hälfte des Buches ist nun Cao Cao. 曹操 (155-220) war auch im realen Leben der bedeutendste und fähigste Feldherr seiner Zeit. Dieses Urteil entbehrt nicht einer gewissen Ironie: seine unablässigen Feldzüge gegen die lokalen Kriegsherren nach dem Zerfall des Kaiserreichs hatte zur Folge, daß sich eben die „Drei Reiche“ herausbildeten, die sich in der Folgezeit als zu schwach erwiesen, gegen die jeweilige Konkurrenz die Oberherrschaft über das ganze Land wiederzuerlangen. Seine Taktik, seine „Blitzkrieg“-Strategie, die dafür sorgte, daß sich die gegnerischen Armeen nicht gegen seine Truppen formieren und in Stellung bringen konnten, hat zu der wohl bekanntesten sprichwörtlichen Redensart im Chinesischen geführt: 说曹操,曹操就到! („Shuō Cáo Cāo, Cáo Cāo jiù dào“ – „Sprich: Cao Cao, und Cao Cao ist schon da, oh!“ *), was genau der deutschen Wendung „Wenn man vom Teufel spricht…“ entspricht. Wenn’t man vun’n düwel spreckt, dan sitt häi all up de heck. (*SCNR)

Nach dem Tod Cao Caos (im Roman) kommt es zur offenen Rivalität zwischen seinen Söhnen um seine Nachfolge. Cao Pi, Benjamin und Schwarzes Schaf der Familie, schafft es schließlich, Kaiser Xian zum Rücktritt zu zwingen, den Thron zu usurpieren und lädt seinen ältesten Bruder Cao Zhi, das neue Familienoberhaupt, in den Kaiserpalast vor, um ihn dort meucheln zu lassen. Aber zuvor legt er ihm, dem sogar als Dichter Begabten, noch eine sadistische Probe auf: ohne Pause sieben Schritte zu tun und dabei aus dem Stegreif Verse nach klassischem Metrum über ein vorgegebenes Thema zu improvisieren. Und bei Gelegenheit dieser Talentprobe entstehen diese Verse, die im Chinesischen als 七步诗, als „Sieben-Schritt-Gedicht,“ bekannt sind.

Der Passus im Kapitel 79 lautet:

「子建懷才抱智,終非池中物;若不早除,必為後患。」丕曰:「母命不可違。」歆曰:「人皆言子建出口成章,臣未深信。主上可召入,以才試之。若不能,即殺之;若果能,則貶之,以絕天下文人之口。」丕從之。須臾,曹植入見,惶恐伏拜請罪。丕曰:「吾與汝情雖兄弟,義屬君臣;汝安敢恃才蔑禮?昔先君在日,汝常以文章誇示於人,吾深疑汝必用他人代筆。吾今限汝行七步吟詩一首。若果能,則免一死;若不能,則從重治罪,決不姑恕。」植曰:「願乞題目。」時殿上懸一水墨畫,畫著兩隻牛,鬥於土牆之下,一牛墜井而亡。丕指畫曰:「即以此畫為題。詩中不許犯著『二牛鬥牆下,一牛墜井死』字樣。」植行七步,其詩已成。詩曰:

兩肉齊道行,頭上帶凹骨。
相遇凷山下,欻起相搪突。
二敵不俱剛,一肉臥土窟。
非是力不如,盛氣不泄畢。

曹丕及群臣皆驚。丕又曰:「七步成章,吾猶以為遲。汝能應聲而作詩一首否?」植曰:「願即命題。」丕曰:「吾與汝乃兄弟也。以此為題。亦不許犯著『兄弟』字樣。」植略不思索,即口占一首曰:

煮豆燃豆萁,豆在釜中泣。
本是同根生,相煎何太急!

曹丕聞之,潸然淚下。其母卞氏,從殿後出曰:「兄何逼弟之甚耶?」丕慌忙離坐告曰:「國法不可廢耳。」於是貶曹植為安鄉侯。植拜辭上馬而去。

Xin sagte: “Wenn wir uns seiner nicht entledigen, wird er uns in Zukunft noch viel Ärger bereiten.“ - „Ich darf nicht gegen die Gebote unserer Mutter verstoßen,“ sagte Pi. Daraus sprach Xin: „Es heißt, daß Zijian ein begabter Dichter ist. Eure Majestät sollten ihn zu sich rufen lassen und ihn auf die Probe stellen. Wenn er sie nicht besteht, wird er zur Strafe getötet; wenn er sie aber doch besteht, dann machen wir uns darüber lustig. Auf diese Weise werden wir die Literaten zum Schweigen bringen.“ Pi willigte in den Plan ein. Als Cao Zhi nach kurzer Zeit im Palast eintraf, warf er sich zitternd vor Angst zu Boden und bat um ein gerechtes Urteil. Pi sagte zu ihm: „Wir sind zwar Brüder, aber ich bin auch der Herrscher und du mein Untertan. Wie kannst du es wagen, gegen diese Ordnung zu verstoßen, nur weil du begabt bist? Als mein Vorgänger auf dem Thron noch lebte, hast du dich vor anderen mit deinem Talent als Dichter gebrüstet. Mach sieben Schritte und trag dann ein Gedicht vor. Wer dir das gelingt, bleibt dir der Tod erspart. Andernfalls wirst du streng und ohne Gnade bestraft.“ Zhi sagte: „Nenn mir bitte das Thema.“ Zu dieser Zeit hing an einer Wand des Thronsaals ein Tuschbild, auf dem zwei Stiere zu sehen waren, die vor einer Mauer miteinander gekämpft hatten und von denen einer in einen Brunnen gestürzt und dabei ums Leben gekommen war. Pi wies auf das Bild und sagte: „Das ist das Thema deiner Verse. In dem Gedicht dürfen die Worte „zwei Stiere,“ „kämpfen,“ „vor einer Mauer,“ „Brunnen,“ „hineinstürzen“ und „sterben“ nicht vorkommen.“ Als Zhi sieben Schritte gemacht hatte, war das Gedicht fertig. Die Verse lauteten:

Das Fleisch der beiden liegt dort am Boden
Auf den Köpfen tragen sie knöcherne Bogen
Erst sind sie friedlich ihres Weges gezogen
Und als sie sich trafen, gegeneinander erhoben.
An Kraft fehlt es beiden, doch das Fleisch des einen
Liegt jetzt tief in der Erde, vergessen
Nicht weil sie stärker oder schwächer erscheinen.
Sondern sie ihre Kräfte nicht messen.

Cao Pi und seine Ratgeber waren verblüfft. Daraufhin sprach Pi: „Sieben Schritte genügen für dich also, um ein ganzes Gedicht zu ersinnen. Und dennoch habe ich noch meine Zweifel. Kannst du noch ein zweites Gedicht improvisieren?“ Zhi antwortete: „Ihr dürft mich gerne darum bitten.“ Pi: „Du und ich – wir sind Brüder. Mach einen Vers darüber, wie wir zueinander stehen. Das Wort ‚Bruder‘ darfst du nicht benutzen.“ Ohne jedes Zögern sagte Zhi diese Verse auf:

Das Bohnenstroh brennt unter dem Kessel.
Im Kessel weinen die Bohnen.
Sie sind aus derselben Wurzel entsprossen.
Warum gibt es nichts Wichtigeres, als einander zu vernichten?

Als Cao Pi dies hörte, kamen ihm die Tränen. Seine Mutter Bian lief durch den Thronsaal zu ihm und fragte: „Warum setzt du deinem Bruder so hart zu?“ Pi erhob sich hastig von seinem Thron und sagte: „Das Gesetz des Landes muß befolgt werden!“ Daraufhin enthob er Cao Zhi seines Amts als Regent von Anxiang.

(Ein kleines Beiseit: im Original sind beide Gedichte gereimt – das erste im Wechselreim a-b-a-b; das zweite a-a-b-a: qí / qì /shēng / jí. Luos Quelle für diese Episode – und die beiden Gedichte – war nicht die „Chronik der drei Reiche,“ sondern das 世說新語 / Shishuo Xinyu ("Neuer Bericht über Geschichten aus aller Welt"), einer Sammlung von 1100 Anekdoten, die Liu Yinqing in der 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts kompiliert hat, wo sie sich im 4. Kapitel findet, das dem Thema 文學第四, "Über Dichtung und Gelehrsamkeit" gewidmet ist.)

III.
In meinem jugendlichen Leichtsinn hatte ich vermutet, daß sich Musks Rezitation von Bohnen und Bohnenstroh nun auf die (vermeintliche) Rivalität etwa zu Jeff Bezos bezog. Bezos‘ Blue Origin hat heute ein Gerichtsverfahren vor dem U.S. Court of Federal Claims in Washington verloren: genauer gesagt, hat das Gericht die Klage nicht zugelassen, mit der Blue Origin gegen die Entscheidung vorgehen wollte, daß die amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde den Auftrag zur Entwicklung und Bau einer Mondlandefähre in Höhe von 2,9 Milliarden US-Dollar im Sommer and SpaceX und nicht an Blue Origin vergeben hat. Musk hat sich im Sommer in einigen Tweets sehr über die Klagewut des erfolglosen Konkurrenten mokiert, der es nicht in die Umlaufbahn schaffe, sondern erfolgreichen Nachbarn lieber mit Klagen überziehe.

Aber ach: ein Blick in die chinesische Berichterstattung hat für nähere Klarstellung gesorgt – und darüber hinaus erklärt, warum dieser Vierzeiler dort für ein solches „Hallo!“ sorgte und worauf sich das bezog. Dort heißt es u.a. auf der Seite von UND, den „United Daily News“ aus Taiwan unter der Überschrift: 馬斯克推特微博發曹植《七步詩》 網友:這什麼意思?(„Elon Musk twittert das Siebenschritte-Gedicht. Was bedeutet das?“):

因為馬斯克沒有說明發《七步詩》的用意,有不解的網友直接提問,「誰能告訴我,他發這個啥意思」。有網友猜測此事和柴犬幣(Shiba inu)超越狗狗幣(Doge)有關,甚至改寫成「煮doge燃doge萁,doge在釜中泣;bitcoin是同根生,相减何太急」。還有網友笑稱,馬斯克「又在裝被AI控制了」


Mir war die Einführung der neuen Krypto-Währung Shiba Inu im August des vergangenen Jahres schlicht entgangen (es gibt auch Sachgebiete, die unsereins mit völliger Nichtbeachtung straft), die nach dem Vorbild von Musks „Dogecoin“ erfolgte, und die in der letzten Woche derart angezogen hat, daß „SHIB“ den „DOGE“ auf diesem Gebiet schlicht abgehängt hat. Auf der Webseite „Block Builders.de“ erfährt man zum Thema Folgendes:

Shiba Inu (SHIB) überholt Dogecoin (DOGE) – was ist da los?

Die Top Ten der kapitalstärksten Kryptowährungen hat über Nacht einen Neuzugang: Shiba Inu (SHIB) verzeichnet aktuell rund 45 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung hat und sich damit auf Platz 8 vorgeschoben. Überrundet wurdet dabei mit Dogecoin (DOGE) auch der Token, den Shiba Inu sich selbst als Gegner ausgesucht hat. Mit erneut gut 100 Prozent Plus in den vergangenen sieben Tagen hat SHIB nahtlos an den überaus erfolgreichen Start in den Oktober angeschlossen. Bei den Zahlen können auch diejenigen kaum noch an Shiba Inu vorbeigucken, die SHIB und Dogecoin am liebsten als Meme Coins und Spielzeugwährungen abtun.

„Smart Money“ hat Shiba Inu für sich entdeckt

Auf Twitter gibt Daniel Khoo vom Analysedienst Nansen einen Anhaltspunkt für den Erfolg von Shiba Inu. Er ist sich sicher, dass sogenanntes „Smart Money“ konzentriert bei SHIB eingestiegen ist und so den Höhenflug verursacht. Unter Smart Money („kluges Geld“) wird bei Nansen Kryptokapital verstanden, welches Wallets zuzuordnen ist, die in der Sparte DeFi durch Bereitstellung von Liquidität nachweislich hohe Gewinne eingefahren haben. Im Fall Shiba Inu sind es demnach gerade einmal 67 Adressen, die über die letzten 30 Tage groß bei SHIB eingestiegen sind.

Unterstützt wird diese Beobachtung auch von Zahlen aus der Blockchain. Demnach sind es große Transaktion von Whales, die den Kurs von Shiba Inu treiben. Dazu passt, dass gut zwei Drittel des Handels mit SHIB auf dezentralisierten Kryptobörsen stattfindet und nur um 13 Prozent auf zentralisierten Handelsplätzen. Mit dem Start von ShibaSwap als Zentrum des Ökosystems von Shiba Inu im Juli hatte der angestrebte Einstige von SHIB als eigenständigem Spieler bei DeFi begonnen.

Selbst China begeistert sich für Shiba Inu

Auch ein drittes Indiz steuert bei, die Preisexplosion von Shiba Inu zu verstehen. Denn Google Trends als Analyseinstrument dafür, wonach im Web gesucht wird, zeigt für SHIB neben Höchstwerten in den USA auch ebensolche in China. Dort hat die Führung in Peking zwar den Handel mit ausländischen Kryptowährungen strafbewehrt reguliert. Doch Kryptokapital ist nach wie vor im großen Maßstab vorhanden und könnte in SHIB einen Kandidaten entdeckt haben, der kapitalstark über dezentralisierte Plattformen gehandelt wird. Dort ist üblicherweise keine Anmeldung mit Klarnamen notwendig.


Und damit ist alles klar: Das „Bohnenstroh“ in der ersten Zeile des Siebenschritt-Quatrains (煮豆燃豆萁), das 萁, wird auf Mandarin „qí“ ausgesprochen und entspricht der dortigen Aussprache des Kürzels SHIB, während die Bohnen, 豆在, in Zeile 2 (豆在釜中泣), im Mandarin als „dòu zài“ genau der Aussprache von DOGE entsprechen: Shiba Inu macht also Dogecoin dermaßen Feuer unter dem Kessel, daß es zum Weinen ist – obwohl beide doch derselben Wurzel entsprossen sind.

Frage an Radio Eriwan: Stimmt es, daß Witze, die man erst seitenlang erläutern muß, nicht mehr funktionieren?
Армянское радио: в принципе, да - но … das gilt natürlich nicht, wenn Sie Chinesisch können. Sie kennen ja den Satz: Der Optimist lernt Chinesisch, der Pessimist lernt Arabisch, und der Realist lernt schießen. Um es in Abwandlung von Camus zu sagen: Il faut imaginer Elon Musk optimiste.

Aber das wußten wir ja schon vorher.

PS. Zu meiner Übersetzung von "Zettels Raum" im einleitenden Satz: 波頓的室. Bei dem Namen dieses Netztagebuchs handelt es sich bekanntlich um eine Anspielung auf Arno Schmidts opus eximium, "Zettels Traum" von 1970. Und dieser wiederum spielt natürlich auf den Traum an, den Zettel, der Weber, in Shakespeares "Mittsomernachtstraum" träumt. "Zettel" heißt er nur in der Übertragung von Dorothea Schlegel; im Englischen trägt er den Namen Bottom. "I shall call it 'Bottom's Dream' because it hath no bottom." In der chinesischen Übersetzung des Stückes, 仲夏夜之夢, hat der gute, einfältige Weber seinen Namen lautmalerisch beibehalten: 波頓 Bō Dùn, und sein Traum figuriert dort als 底部的梦想. Für den "Raum" habe ich mich bei mehreren Wahlmöglichkeiten für 室 shì, eben Zimmer, Raum, gerade aber auch das Studierzimmer, entschieden; das 的 ist die besitzanzeigende Kupola. Also: 波頓的室 / Bōdùn de shì.



PPS. Einer geht noch.



U.E.

© U.E. Für Kommentare bitte hier klicken.