18. Januar 2015

Verkehr 2025 (4)

Ob 2025 wirklich die "richtige" Jahreszahl für diese kleine Serie ist, das ist natürlich völlig offen. Aber wenn überhaupt, dann würde das maximal die Markteinführung selbstfahrender Autos betreffen. Bis sie unseren Verkehr dominieren würde es ein gutes Stück länger dauern. Schon etwas Zeit für die Gesellschaft, diese heftige Umstellung zu verdauen.

Ganz wesentlich betroffen ist natürlich Deutschlands größte Branche: Die Autoindustrie.
Auf den ersten Blick würde sie profitieren. Es werden Millionen neue Autos gebraucht, und die wären technisch aufwendiger und damit teurer als die bisher üblichen. Und es würden sich zusätzlich Leute Autos kaufen, die bisher mangels Fahrerlaubnis keine hatten.
Aber auf den zweiten Blick kommt schon die Frage, ob gerade die deutschen Autobauer Gewinner der Umstellung sein werden. Denn gerade ihre Lieblingsverkaufsargumente beruhen auf überlegener Fahrtechnik und wären dann eher wertlos. Es hat schon seinen Grund, daß die Autobauer zwar bei der Forschung an der neuen Technik dabei sind - die Einführung aber nicht forcieren. Sie können es sich nicht leisten, auf die Automatisierung nicht vorbereitet zu sein. Aber sie fürchten sie auch. Wie oft bei Technikumbrüchen kommt der entscheidende Druck von Außenstehenden, hier von Google.

Entscheidender für die ganze Branche wird aber sein, daß die Automatisierung wahrscheinlich dazu führt, daß sehr viele Autofahrer gar kein privates Fahrzeug mehr anschaffen, sondern nach Bedarf auf Mietwagen setzen. Damit würde der Gesamtfahrzeugbestand drastisch reduziert.
Auch wenn es einige gegenläufige Effekte gäbe: Die Mietwagenflotten wären differenzierter als heute, nicht mehr von Standard-Fahrzeugen dominiert, die für vier Leute plus Gepäck ausgelegt sind. Insbesondere gäbe es wohl einen großen Bedarf nach Fahrzeugen, die auf das bequeme Reisen einer einzigen Person optimiert sind.
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Deutlich wäre auch die Wirkung auf die Logistikbranche. Taxis und Busse würden weitgehend ihre Daseinsberechtigung verlieren, einige zehntausend Jobs dort wären aber volkswirtschaftliches kein größeres Thema.
Das sind schon anders aus bei über einer halben Million Berufskraftfahrern. Bis zu einem gewissen Grad wäre Automatisierung zwar hilfreich für eine Branche, die unter Überalterung ihres Personals und Nachwuchsmangel leidet. Aber auch über ein Jahrzehnt verteilt wird das ein spürbares Problem, gerade für Arbeitssuchende mit wenig theoretischen Qualifikationen.

Aber wie bei jedem technischen Umbruch werden auch neue Jobs entstehen. Die großen Mietwagenflotten brauchen Verwaltung, Wartung und Reinigung. Im Prinzip wird da viel als Dienstleistung zum Beruf, was bisher die Autobesitzer privat erledigt haben.

Die übrigen Effekte auf den Arbeitsmarkt wie auf andere gesellschaftliche Bereiche lassen sich nur sehr schwer prognostizieren.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es deutlich mehr Verkehr geben. Vielleicht so viel mehr, daß die Effizienzvorteile des vollautomatischen Betriebs kompensiert werden. Aber selbst eine etwas längere Fahrtzeit stört ja kaum, wenn es keine vergeudete Zeit mehr ist.
Die Fahrt in einem vollautomatisierten Auto entspricht in etwa einer Eisenbahn von Haus zu Haus, ohne Wartezeiten und Umsteigen. Mit etwas mehr Ruckeln und Geschwindigkeitsänderungen, aber bequemer und ohne Störungen durch Mitreisende. Man kann fast nach Belieben lesen, schlafen, fernsehen, am Computer arbeiten - der Unterschied von Reisezeit zu Arbeitszeit oder Freizeit ist nicht mehr groß.

In der Nachkriegszeit führte die verbesserte Mobilität zur Stadtflucht: Millionen Menschen zogen in Vororte oder aufs Land, und konnten dennoch per Auto ihre Arbeitsplätze erreichen. Staus und die gestiegenen Ansprüche der nicht-automobilen Familienmitglieder haben den Trend schon seit einiger Zeit umgekehrt: Man zieht wieder in die Stadt, wo ohne Auto alles Wesentliche erreichbar ist, incl. der Freizeitangebote für die Kinder.
Ob sich diese Tendenz wieder umkehren wird?
Die Bewertung von "gut erreichbar" von Arbeitsstätten, Wohnorten oder touristischen Zielen wird sich jedenfalls ändern. Es wird dabei Gewinner und Verlierer geben. Und eine Fülle von neuen Geschäftsideen.

Warten wir ab, wie sich das entwickelt - die meisten von uns werden es miterleben.

R.A.

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