Es ist
schon ein seltsames Erlebnis in diesen Tagen die Zeitungen liest: Egal ob man
Interviews, Reportagen, Berichte oder Kommentare liest, überall findet man ein
nahezu einheitliches Bild: Deutschland heißt die Flüchtlinge willkommen.
Deutschland zeigt Mitgefühl. Deutschland ist das Fanal der Humanität.
Deutschland führt Europa in eine bessere Zukunft. Deutschland löst sein Demographieproblem.
Nun kann
das –theoretisch- ja alles sein. Irritierend ist aber, dass es, nicht nur
nahezu sondern ganz praktisch, keinen Gegenstandpunkt mehr gibt. Und nicht nur
das, auch die Faktenberichterstattung zeichnet inzwischen ein sehr
interessantes, um nicht zu sagen seltsames, Bild der Realität.
Der Artikel
ist schon erstaunlich: Nicht nur das eine vollkommene Bagatelle zu einer
Schlagzeile aufgeblasen wird, nein sie muss auch auf wenigstens 10 anderen
Nachrichtenportalen ebenso wiedergegeben werden. Noch erstaunlicher allerdings
ist, dass der Familienvater so einsam nicht ist:
Dieser
Autor fragt sich da schon: Geht’s noch? Da fühlt man sich doch stellenweise
nicht mehr nur veralbert, da wäre schon eine deutlichere Wortwahl fällig. Den
latenten Rassismus der solchen Schlagzeilen inne wohnt (nämlich die
Unterstellung, dass es etwas Besonderes (!) und Berichtens wertes ist, wenn ein
Syrer eine Geldbörse zurückgibt) mal beiseite gelassen: Die dahinter stehende
Motivation ist nicht zu übersehen und hat mit Journalismus nichts zu tun.
Die zweite
Seite der Medaille ist dagegen noch deutlich schlimmer: Inzwischen leben fast
eine Million „Flüchtlinge“ in Deutschland. Die meisten davon junge Männer.
Junge Männer sind, sorry über die bösen Statistiken, die sowas sagen, die
Hauptquelle von Kriminalität, vor allem von Gewaltkriminalität. In Deutschland
wird, traurig wie es ist, pro Jahr auf 10.000 Einwohner ein Delikt gegen die
sexuelle Selbstbestimmung (Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung) angezeigt. Das
sind die ganz offiziellen Zahlen des BKA. Würde man diese Zahlen ohne jeden
Bias auf die Flüchtlinge übertragen, so würde das etwa 100 Delikten im Jahr
entsprechen. Tatsächlich ist, aufgrund der Struktur der Flüchtlinge, eine
deutlich höhere Ziffer zu erwarten. Lesen Sie etwas davon, lieber Leser ? Nein,
das tun Sie nicht. Oder Sie lesen andere Zeitungen als ich.
Das Thema
existiert nicht so richtig. Man muss es suchen. Ein Mitglied unseres kleinen
Zimmers war so nett (Danke dafür!) mir folgenden Artikel zu schicken:
Siehe da:
Das Thema existiert. Es ist nicht eingebildet. Und es ist deutlich schlimmer
als man zunächst erwarten würde. Aber lesen Sie das irgendwo in einer großen
Tageszeitung? Wenn man Tante Google bemüht, stellt man fest, dass das Echo auf
den Artikel nahezu null ist (Geldbörsen dagegen sind mindestens eine Potenz
wichtiger).
Lesen Sie
mal den Artikel in der Huffington Post durch, dann sehen Sie, dass das zentrale
Schreiben das die Verbände aufgesetzt haben, inzwischen wieder aus dem Netz
genommen wurde. Mit einiger Wahrscheinlichkeit aus dem selben Grund, warum sie
das Thema nicht in der FAZ, im Spargel oder in der Zeit wiederfinden: Das passt
nicht in das offizielle Bild, das derzeit erwünscht ist. Man berichtet lieber
von gefundenen Geldbörsen.
Nun handelt
dieser Artikel hier von denen da oben und denen da unten. Wer die da oben sind,
dürfte halbwegs klar sein: Politik wie Medien ziehen an einem Strang und
vermitteln ein gemeinsames Narrativ, von dem sie zutiefst überzeugt sind und
das wenig Abweichung duldet. Was aber ist mit denen da unten?
Man könnte
an dieser Stelle anekdotisch darauf verweisen, was sich im persönlichen Umfeld
so tut und das die meisten Leute, die man kennt, von dem Narrativ der Presse
nicht überzeugt ist. Viel bezeichnender dagegen ist etwas anderes: Ist Ihnen,
lieber Leser, aufgefallen wie viele von den Artikeln zum Thema Flüchtlingen Sie
kommentieren können? Die Antwort ist simpel: Nahezu keinen. Die großen
Tageszeitungen sind dazu übergegangen das Thema in ihren Diskussionsforen nicht
mehr stattfinden zu lassen. Am Ende könnte ja vielleicht noch das Pack
auftauchen und einem das ganze Forum besudeln. Wenn das Pack aber, wie Siggi
Pop so schön festgestellt hat, nicht zu Deutschland gehört und eher aus
versprengten Spinnern besteht, wie kann es dann so groß sein, dass es den Meinungskanon
einer ganzen Zeitung, mit tausenden, wenn nicht sogar zehn- oder
hunderttausenden von Lesern, beherrscht?
Die Antwort
auf diese Frage kann man daran ablesen, wenn dann doch einmal einer der ganz
seltenen Fälle eintritt und ein Forum offenbleibt. So wie bei dem Geldbörsen
Artikel, der eingangs verlinkt ist. Die Reaktionen sind nahezu durchweg eins:
Negativ. Die Leser wissen, dass sie veralbert werden. Und sie finden das ganz
und gar nicht lustig. Es ist natürlich eine Unterstellung, aber man kann sich
durchaus vorstellen, wie wohl die Kommentarspalten unter einem der unsäglichen
Artikel in Welt, Zeit und neuem Süddeutschland aussehen würden, wenn es diese
denn geben dürfte.
Kurz
gesagt: Das Narrativ wird von der allergrößten Mehrheit der Schreiber nicht
geteilt. Jetzt kann man natürlich lange von Wutbürgern philosophieren und
darüber, dass sich „das Pack“ besonders gut digital vernetzte. Aber auch das
kann solche Effekte nicht vollständig erklären. Viel wahrscheinlicher ist, dass
das Volk an sich gar nicht so an die tolle Willkommenskultur glaubt. Und auch
nicht an die zig zurückgegebenen Geldbörsen und die tollen Flüchtlinge, die
sich nichts mehr wünschen als steuerzahlende Verfassungspatrioten zu werden.
Die Politik
ist dieser Erkenntnis inzwischen nicht nur scheinbar entrückt. Das mag nicht
zuletzt daran liegen, dass der einzige Kontakt, den die Bundespolitik noch zum
realen Leben hat, im Aufschlagen eben jener Zeitungen besteht, die das eigene
Narrativ transportiert. Die Zeitungen dagegen, zumindest diejenigen, die ein
Forum betreiben, wissen es vermutlich noch ein bisschen besser, halten es aber
für ihre moralische Pflicht das unter den Tisch fallen zu lassen. Und so bildet
sich diese fatale Welt von oben und unten. Siggi Pop macht sich Gedanken um die
Verachtung der Politik durch den Bürger. Ist ihm aufgefallen, dass diese
Verachtung sich in Umfragen wie auch im Wahlverhalten zeigt, in seiner
Filterblase „Zeitung“ aber nur am Rande stattfindet?
Fatale Welt
? Ja, sogar absolut fatal. Denn wer die Gesellschaft spaltet, der darf sich
nicht wundern, wenn die daraus resultierenden Konflikte sich verstärken und
irgendwann sogar gewaltsam entladen. Man muss für Pegida und Konsorten nichts
übrig haben, um zu sehen, dass diese Leute und ihre Parolen eine Folge der
Gesellschaftsspaltung sind, die von Politik und Presse aktiv betrieben wird („Ihr
hört uns sowieso nicht mehr zu.“). Wer aus der Gesellschaft ausgegrenzt wird,
der reagiert irgendwann auch nicht mehr innerhalb der gesellschaftlichen Ordnung.
Und wenn ganze Teile, unter Umständen bis zur Mehrheit hin, aus der öffentlich
dargestellten Gesellschaft, ausgrenzt werden, dann darf man sich nicht wundern,
wenn irgendwann keiner mehr bereit ist diese gesellschaftliche Ordnung zu
verteidigen.
Llarian
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