15. September 2015

Über die Pflicht und das Recht in einer multikulturellen Gesellschaft zu leben und dem Wunsch nach Demokratie.


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Vor einigen Tagen habe ich mir Gedanken zum gemeinen deutschen Pack gemacht, das Siggi Pop ganz gerne aus Deutschland ausschließen, zumindest dem gegenüber er seine Augen gerne verschließen möchte. Andere Autoren sind dann noch einen Schritt weiter gegangen und haben halb Sachsen zum Pack erklärt, womit der Begriff Dunkeldeutschland eine fragwürdige Renaissance erleben durfte. Und wie immer, wenn man etwas skalieren kann, so macht das in aller Regel nicht an einer Ländergrenze halt: Es gibt nicht nur Dunkeldeutschland, es gibt inzwischen auch Dunkeleuropa, zumindest in Teilen. Die Nummer eins der Dunkelmänner (Dunkelfrauen gibt es bekanntlich nicht) sind inzwischen wohl die Ungarn, die es angesichts des Elends dieser Welt tatsächlich gewagt haben, auf bestehende Verträge und Gesetze zu verweisen. Aber auch andere Europäer sind nicht so ohne, gibt es doch Länder die mehr oder weniger offen verkünden, dass sie eben keine oder nur bestimmte „Flüchtlinge“ (neudeutsch: Migranten) aufnehmen wollen. Und manchmal (aber nur manchmal) gibt es auch mal ein ehrliches Wort darüber, dass man seine kulturelle Homogenität gerne erhalten möchte. Das ist dann schon ziemlich Pack. Um nicht zu sagen Autobahn.

An dieser Stelle möchte ich weniger die Frage stellen, ob dieser Wunsch sinnvoll, zukunftsweisend oder richtig ist, sondern eher die Frage, ob man diesen Wunsch haben darf, ob man ihn artikulieren darf und ob man ihn auch durchsetzen darf. Fragt man die nationale oder auch internationale Linke, so darf man nicht. Es ist ausgesprochen Autobahn zu sagen, dass man die multikulturelle Gesellschaft nicht wünscht. In den (deutschen) Medien gilt analoges und selbst in der Union wird sich heute kaum jemand finden, der das überzeugend vorträgt. Da wird dann gerne auf wahlweise auf Völkerfreundschaft, Wirtschaft, Forschung, sogar Genetik (auch wenn das in anderen Kontexten noch viel mehr Autobahn ist) verwiesen und nicht zuletzt auch –zurecht- auf den Rechtsstaat. Das GG (wie auch die analogen Verfassungen anderer Länder) kennt keine Unterschiede der Kulturen. Und wer Staatsbürger ist, genießt uneingeschränkt die Grundrechte. Daran zu rütteln ist in der Tat undenkbar und muss auch undenkbar bleiben. Kein Staatsbürger ist irgendeiner Leitkultur verpflichtet.
Das gilt allerdings nicht (!) für diejenigen, die gerne Staatsbürger werden wollen oder auch in einem Land leben wollen, ohne die Staatsbürgerschaft zu besitzen. An Migranten wie Gäste kann und darf der Staat (und damit die Gesellschaft) andere Forderungen stellen als an Staatsbürger. Ein Land wird nicht zum Unrechtsstaat, wenn es beispielsweise beschließt, dass keine Zuwanderung oder nur eine bestimmte Zuwanderung stattfinden soll. Ob das klug ist, steht auf einem ganz anderen Blatt, aber es kann immer noch ein verfasster Rechtsstaat sein.
Nahezu alle klassischen Einwanderungsländer haben solche Regeln (wer sich mal die strengen Regeln ansieht, die beispielsweise in Neuseeland gelten, wird das nachvollziehen können). Übliche Unterscheidungsmerkmale sind Alter, Ausbildung (und damit in der Folge auch Intelligenz), Gesundheit oder auch wirtschaftlicher Status. Alles kein Problem. Nur Kultur kommt offiziell (!) nicht vor.
Warum eigentlich? Wenn wir nach Intelligenz diskriminieren (was eigentlich ziemlich fies ist, denn Intelligenz kann man nicht reinhexen), wo ist dann ein Problem nach kulturellem Hintergrund zu diskriminieren (den man vielleicht ja sogar ändern kann)? Unsere osteuropäischen Nachbarn finden diese Diskriminierung vergleichsweise normal (vielleicht weil sie noch nicht lange genug unter dem Dauerfeuer der political correctness stehen). Aber warum soll es das auch nicht sein?
Warum soll eine Gesellschaft nicht die Entscheidung treffen dürfen, homogen bleiben zu dürfen? Ist das nicht eine ziemlich üble Bevormundung? Ist das die im Moment permanent beschworene europäische Wertegemeinschaft, die ein Volk dazu verpflichten will, sich zu ändern und sich gefälligst nach dem Bild seiner Nachbarn zu orientieren?
Wie verträgt sich das mit der permanent von uns angebeteten Demokratie? Soll die nur so lange gelten, wie „uns“ das Ergebnis gefällt? Wollen wir jetzt, wie sich das ja diverse EU-Granden (und jede Menge deutsche Politiker) vorstellen, unseren osteuropäischen Nachbarn die Geldmittel kürzen, weil sie nicht so denken wie wir? Ist das Europa? Dann könnte man nur jedem empfehlen so schnell wie möglich aus diesem Europa auszutreten, denn mit Demokratie hat das nichts mehr zu tun.
Man kann ja durchaus ein Anhänger der multikulturellen Gesellschaft sein. Ich kenne solche durchaus. Aber dann sollte man auch so ehrlich sein und zugeben, dass diese durchaus massive Probleme mit sich bringt. Ich für meinen Teil habe mein Studium in einem Stadtteil gelebt, der zu fast einem Viertel aus arabischen Migranten bestand. Machen wir es kurz: Das brauche ich nie wieder. (Und heute kann ich es mir leisten, dass ich das auch nicht muss.) Die Probleme der multikulturellen Gesellschaft erleben viele von uns jeden Tag hautnah. Damit will ich gar nicht sagen, dass sie nicht auch große Vorteile bringt, aber die Nachteile sind eben auch da. Wenn unsere Nachbarn diese Nachteile nicht wollen, mit welchem verdammten Recht meinen „wir“ sie dazu zwingen zu dürfen?
Das ist eine Form deutscher Blasiertheit, die mich unheimlich abstößt. Deutschland, ausgerechnet Deutschland, erklärt seinen Nachbarn was es nach dem Krieg alles gelernt hat und wie man sich doch bitte verhalten soll, um kein Rassist zu sein. Ein kleines bisschen Bescheidenheit würde nicht allzu sehr schaden. 

Llarian


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