19. Juli 2015

Und sie rufen nicht mal morgens an und sagen Danke dafür. Ein Gedankensplitter zu Anspruch und Dankbarkeit.


In einem heute fast vergessenen Film fällt das obige Zitat: Und sie rufen nicht mal morgens an und sagen Danke. Gemeint in diesem Kontext ist die Regierung der vereinigten Staaten, die eine Menge Geld – Steuergeld – für einen fragwürdigen Zweck ausgibt. Eine solche Regierung hat die Bundesrepublik ebenso. Und Narrhallamarsch, es ist eine Menge Geld. 

Und, hat jemals jemand bei Ihnen morgens oder auch nur sonntags angerufen und danke gesagt, lieber Leser? Vermutlich eher nicht. Bei diesem Autor auch nicht. Erstaunlich eigentlich. Denn inzwischen hat selbiger den Gegenwert eines kleinen Einfamilienhauses an direkten Steuern bezahlt. Stattdessen bekommt man öfter mal Schreiben vom Finanzamt, die unverschämter kaum sein könnten. Da steht oftmals kaum eine hingerotzte Grußformel und schon im dritten Satz geht es dann gerne mit Drohungen los. Denn wie jeder weiß: Der Staat hat einen Anspruch auf die Steuern, per Gesetz definiert, mit Gewalt durchgesetzt, damit er seine ganzen mehr oder minder sinnvollen Aufgaben, auch finanzieren kann.

Nun soll es an dieser Stelle nicht um das Wesen von Steuern an sich gehen oder die Notwendigkeit ein Gemeinwesen zu finanzieren. Worum es hier gehen soll ist die Haltung des Staates und der Gesellschaft. Vor gar nicht allzu langer Zeit entspann sich im kleinen Zimmer eine „Randiskussion“ (sofern man zwei Beiträge als Diskussion auffassen kann) über die Frage ob man jemandem dankbar sein sollte, der einem hilft, aber nicht aus Altruismus, sondern weil er seinen eigenen Vorteil in der Hilfe realisiert. Unser Zimmermann „Dennis the Menace“ vertrat dort die Ansicht, dass Danksagungen in den privaten Bereich gehören, und daraus schließend kommt man natürlich auch dazu, dass Steuern zu zahlen, absolut nichts ist, wofür eine Gesellschaft dankbar sein sollte.
Ich sah das in dieser Diskussion anders und ich sehe es auch heute noch anders. Es ist nicht der Sozialpolitiker, der das Geld verteilt, der den Reichtum geschaffen hat. Es ist der Schweiß, die Mühe und die Arbeit eines anderen, die es dem Sozialpolitiker erst ermöglicht etwas gegen diese böse, kalte Welt zu tun. Es ist keine besondere Leistung anderer Leute Geld zu verteilen oder zu verschenken. Es ist eine Leistung die sich dahinter befindenden Waren und Dinge geschaffen zu haben. Der Grund warum in Deutschland niemand verhungert besteht nicht darin, dass Oskar Lafontaine verkündet, dass doch bitte alle Millionäre enteignet werden sollen. Er besteht darin, dass "wir" das gerade nicht gemacht haben und diese Millionäre Steuern zahlen. 

Das erstaunliche ist, dass diese Sichtweise kaum bekannt, geschweige denn populär ist. Zumindest nicht so lange, wie man selber auf der vermeintlichen Nehmerseite sitzt. Die Sichtweise von Dennis dagegen ist weit verbreitet, eine viel schlimmere ist dagegen sogar oftmals noch populärer: Nämlich die Idee, dass die Reichen ja nur deswegen reich sind, weil sie die Armen ausbeuten. Insofern sollten in dieser Sicht doch die Reichen dankbar sein, dass man ihnen überhaupt was übrig lässt, wo es ihnen doch ohnehin nicht zusteht. Ich meine es war Franz Müntefering der es mal ganz ähnlich formulierte, dass der Staat einem ja mit der Hälfte noch eine ganze Menge lässt. Nun ja.

Interessant ist dagegen, dass diese Erkenntnis, respektive Sicht, in aller Regel da endet, wo man sich selber auf der Geberseite wiederfindet. Wie populär ist es in Deutschland derzeit festzustellen, dass „die Griechen furchtbar undankbar sind“. „Sie haben nicht nur in der Vergangenheit Abermilliarden bekommen, nein, sie beschimpfen einen noch, weil man ihnen geholfen hat.“ Und das stimmt in seinem Kern tatsächlich: Die allerwenigsten Griechen sind dankbar, dass die Werte, die das Land in den letzten 10 Jahren verfrühstückt hat, in anderen Ländern geschaffen wurden. Man erinnere sich an den berühmten Varoufakis-Finger.

Kommt in Europa irgendwo auch nur der Gedanke auf: "Hey, gut das die Deutschen in den letzten 20 Jahren nicht wie irre konsumiert haben, sondern etwas geschaffen haben, mit denen wir heute und die letzten Jahre dafür gesorgt haben, dass „die Griechen“ nicht auf dem letzten Loch pfeifen?" Nein, ein solcher Gedanke wäre zu irre. Warum sollte man dankbar sein, dass jemand einem hilft, der doch nur seinen eigenen Vorteil im Sinn hat? Wenn Frau Merkel ihre alternativlose Politik betrieben hat, dann deshalb, weil sie davon ausgegangen ist, dass das zum Wohle Deutschlands ist (nehmen wir das mal wohlwollend an). Nichtsdestotrotz hat dies anderen Ländern, in diesem Falle Griechenland, erst einmal massiv genutzt. Und wenn heute wieder Milliarden runtergepumpt werden, dann ist das selbstredend (!) für die Griechen erst einmal besser als voll vor die Pumpe zu laufen.  
Man mag es für salomonisch halten, aber hier beißt die Geisteshaltung, die auch die meisten Deutschen im "normalen" Alltag an den Tag legen, dem deutschen Michel mal so richtig in den eigenen Hintern. Er erlebt etwas was sonst eher nur Leistungsträgern bekannt ist: Er zahlt für etwas und erntet dafür Undank. Denn schließlich ist er ja schuld. Weil er spart, weil er zu viel arbeitet, zu viel exportiert, zu wenig konsumiert, zu wenig Geld verlangt, zu wenig streikt und damit all die, die das anders machen, damit schlechter stellt. Also ungefähr die Dinge, die der Michel gerne „dem Millionär“ vorhält. 

Das hier ist ein Gedankensplitter, keine endgültige Antwort. Aber ich meine es täte uns allen gut, dem deutschen Michel, wie dem Griechen oder dem Europäer, ein bischen darüber zu reflektieren, wer die Werte schafft und wer wieviel zur Gemeinschaft beiträgt. Ein bischen Dankbarkeit für das, was andere tun, würde uns als Gesellschaft nicht schaden. Dankbarkeit kostet wenig. Und sie kann demjenigen, der sie erhält, eine Menge Motivation bringen.
Fragen Sie sich selbst, lieber Leser: Wenn Sie ein Plakat sehen, auf dem Schäuble mit Adolfbart entstellt als neuer Hitler dargestellt wird (und es sage keiner, dass damit nicht auch „die Deutschen“ gemeint sind), was empfinden Sie da ? Und was würden Sie empfinden wenn ein Herr Tsipras vielleicht einfach mal danke sagen würde? 


Llarian


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