6. Januar 2014

Auszeit

Satire war es nicht, bestätigt ist es aber auch noch nicht: Der Wechsel des Merkel-Vertrauten und Ex-Kanzleramtsministers Roland Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn.

Selbstverständlich kritisiert die Opposition diesen Wechsel. Und sie fordert eine Auszeit für Pofalla. Eine Frist von drei bis fünf Jahren, in denen er - bzw. überhaupt ehemalige Regierungsmitglieder - keine Führungsfunktionen in der Wirtschaft übernehmen sollen.

Eigentlich eine merkwürdige Forderung.
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Eine solche Sperrfrist ist eigentlich dazu gedacht, Interessenkonflikte zu verhindern. Ein Politiker soll nicht mit seinen Regierungsentscheidungen private Eigentümer begünstigen können, um anschließend dann die Belohnung in Form von Vorstandsgehalt oder Aufsichtsratstantieme zu kassieren. In anderen Ländern gibt es bereits solche Regelungen. Und in der Wirtschaft sind sie teilweise üblich, um den direkten Wechsel von Führungskräften zur direkten Konkurrenz zu verhindern.

In Deutschland wird das seit dem Fall Bangemann diskutiert. Ein ehemaliger EU-Kommissar wollte zu einem Unternehmen wechseln, daß er in seiner Amtszeit regulierte. Und seitdem gab es viele weitere Fälle, u.a. die Ex-Ministerpräsidenten Beck und Koch oder Gas-Lobbyisten Schröder und Fischer. Gerade diese beiden Fälle sind besonders problematisch, weil da nicht nur private Eigentümer begünstigt wurden, sondern fremde Staaten - das hätte man in anderen Zeiten als Hochverrat angesehen.
Es lag wohl nicht an der Größenordnung der jeweiligen Skandale, sondern an den entsprechenden Parteibüchern, daß manche Fälle von den Medien groß skandalisiert wurden und andere fast ohne Kritik blieben.

Aber auf jeden Fall ist das Thema im Raum: Amtsträger sollten nach ihrer Tätigkeit möglichst gar nicht in Bereichen Geld verdienen, für die sie regierungsamtlich zuständig waren. Oder aber wenigstens eine Auszeit von einigen Jahren nehmen müssen, damit kein direkter Zusammenhang mehr besteht und die Kontakte ihren Wert verlieren. Wobei man dann übrigens die Betreffenden während dieser Auszeit auch vom Staat bezahlen müßte - das wird in Oppositionskreisen jeweils gerne übersehen.


Das Merkwürdige ist nun: Mit dem Fall Pofalla hat das eigentlich überhaupt nichts zu tun.
Denn er soll ja nicht zu einem privaten Unternehmen wechseln - die Deutsche Bahn gehört zu 100% dem Bund.
Und selbstverständlich kann der Bund wie jeder Eigentümer in seine Besitzungen Führungspersonal seines Vertrauens entsenden. Es kann da zwischen Bundespolitik und Unternehmensinteresse keine Interessenkonflikte geben, die eine Auszeit nötig machen würden. Sondern im Gegenteil sollte so ein entsandter Manager möglichst genau die Linie im Unternehmen weiterverfolgen, die er vorher in der Regierung verfolgt hat.

Es kann auch nicht wirklich ein Problem sein, daß Pofalla in seiner alten Zuständigkeit die Auswahl eines neuen AR-Vorsitzende mitorganisiert hat. Das gehörte zu seinen Aufgaben, und es bleibt nur nach damaligem Kenntnisstand zu beurteilen, ob der Kandidat tauglich ist oder nicht. Verantwortlich ist für diese Wahl ohnehin ausschließlich der Aufsichtsrat bzw. die wählenden Mitglieder.

Es stellt sich bei einem Fall wie diesem eigentlich nur eine Frage: Hat der entsandte Politiker die nötige Qualifikation, um das angestrebte Vorstandsamt gut zu machen?
Und da ist hier ein sehr großes Fragezeichen angebracht. Denn Pofalla soll keinen vorhandenen und vakanten Posten übernehmen. Sondern es soll ein zusätzlicher Vorstandsbereich für ihn geschaffen werden. Dieser Bereich soll sich mit politischen Kontakten beschäftigen - dafür wäre er zweifellos qualifiziert.
Aber da die Bahn seit Bestehen ohne ein solches Ressort ausgekommen ist, ist die neue Position wohl eindeutig überflüssig und eine reine Versorgungsstelle - ein Millionengeschenk zu Lasten der Bürger.

Das also ist der eigentliche Skandal - nicht die fehlende Auszeit.

R.A.

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