In einem Artikel vom 17.06.14 analysiert Stratfor die unterschiedlichen Perspektiven der Nachbarländer des Iraks angesichts der Ausweitung des Krieges in Syrien auf den Irak.
Da wäre zuerst die Türkei in ihrer Suche nach einer Strategie für den Irak und insbesondere für seinen kurdischen Teil. Der fordert zusammen mit dem türkischen Energieminister Bagdad heraus, in dem er, an der Zentralregierung vorbei, Tanker mit kurdischem Rohöl von türkischen Häfen aus auf Verkaufstour schickt.
Ankara wollte engere Beziehungen zur kurdischen Regionalregierung um Zugang zu den nördlichen Energiereserven des Irak zu erhalten, ohne freilich je eine kurdische Unabhängigkeit zu unterschreiben.
Zum Ärger der Türkei verstärken die PKK wie auch die Volksverteidigungseinheiten (YPG) nun in dem Maß ihre Positionen wie dies die ISIS tut.
Der Iran weitet ebenfalls seine militärische Präsenz entlang seiner nördlichen Grenze mit dem Irak aus. So wie er bemüht ist, und war, die schiitischen Milizen in die irakische Armee einzubinden, was (w.o. im Fall der Türkei) die Zentralregierung ebenfalls schwächt.
Je stärker dieser schiitische Einfluss auf die Armee wird, umso höher ist die Motivation für die Sunniten im Irak gegen die persischen Feinde und ihre arabischen Verbündeten auf Seiten der Jihadisten zu kämpfen. Die, insbesondere die ISIS, verdanken ihren Durchmarsch den sunnitischen Stämmen die dafür wiederum Unterstützung aus dem Persischen Golf erfahren.
Dort, wo die Suppe am Kochen gehalten wird. So will ich mal "Saudi Arabia Stirs the Pot" übersetzen.
Saudi Arabien hatte kein gutes Jahr, meint Stratfor. Erst die Annäherung (im zweiten Versuch) Amerikas Richtung Iran, dann die Aussicht Amerika könnte seine Energieversorgung aus eigener Kraft stemmen - sie schluckten die bittere(n) Pille(n) und öffneten ihrerseits die diplomatischen Kanäle zum Iran.
In Mesopotamien stehen sich nun auch der Iran, welcher seine Glaubensbrüder im Irak nicht im Stich lassen kann, und Saudi Arabien, das enge Beziehungen zu den sunnitischen Stämmen im Irak unterhält und auch zur ISIS, gegenüber.
Im eigenen Land ist die Terrorarmee allerdings als Terrororganisation gebrandmarkt.
Und die ISIS ist nicht die einzige Gruppe welche an der derzeitigen Offensive teilnimmt. Frühere Kämpfer der Baath-Partei vom Naqshbandiyya Way zusammen mit Jaish al-Mujahideen und Jaish Ansar al-Sunnah spielen eine substantielle Rolle bei den Kämpfen. Die meisten sunnitischen Milizen und auch eine wachsende Anzahl des Awakening Council (einst gegründet um sunnitische Stämme zum Kampf gegen Al-Qaida zu bewegen, was durchaus erfolgreich war) sind dabei. Zusammengeschlossen im Majlis Thuwar al Anbar, dem Rat der Aufständischen von Anbar.
Dieser Rat spricht sich mit der ISIS ab. Saudi Arabiens Geheimdienstchef, Yousef bin Ali al Idrisis, soll direkt mit dem Rat der Aufständischen von Anbar kommunizieren - um Einfluss auf das Geschehen auf dem Schlachtfeld zu nehmen, zum Ärger des Iran.
Dass mit diesem Krieg der Ölpreis wieder steigt, freut nicht nur Saudi Arabien, auch Russland dürfte diese Auswirkung der Ausweitung des Krieges gelegen kommen.
Nur Tage bevor die Offensive der ISIS begann, war der saudische Außenminister, Saud al-Faisal, in Sotschi bei Putin und dem russischen Außenminister Lawrow zu Gast. Sie diskutierten einen Beschluss zur Aufteilung der Macht in Syrien. Stratfor vermutet aber mehr hinter diesem Treffen.
Saudi Arabien und Russland teilen zwei Schlüsselinteressen:
Den Weg zu Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran zu unterminieren und den Ölpreis auf einem Level über 100 Dollar/Barrel zu halten.
Fakt ist für Stratfor, dass die Gefahr, welche von den Jihadisten in Syrien und Irak ausgeht, eine andere Ebene der Kooperation kreiert. Die Verschärfung der Problemlage im Nahen Osten lässt den USA also keinen Raum sich wichtigeren Regionen zuzuwenden, namentlich dem russischen Hinterhof.
Die Vereinigten Staaten und die Türkei sind sich nicht einig wie mit dem Irak umgegangen werden sollte; zu einer Zeit in der Washington die Kooperation Ankaras gegen Russland benötigt. Wenn eine Ablenkung von der Größe Iraks Moskau Zeit schenkt seine eigene Peripherie zu leiten, dann mit verringertem Einfluss Amerikas und umso besser für Putin.
Und wenn Saudi Arabien den Iran schwächen und die Kooperation USA-Iran testen kann, könnte es das Risiko für Riad wert sein. Es zu versuchen, erst einmal.
"The Intrigue Lying Behind Iraq's Jihadist Uprising is republished with permission of Stratfor."
Erling Plaethe
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