Wie das ZDF mitteilt, wird „Wetten, dass … ?“ zum Ende
dieses Jahres Fernsehgeschichte sein. Dreimal soll das einstige Flaggschiff des
Mainzer Senders noch über die Bildschirme flimmern, dann fällt der Vorhang und
breitet den Mantel gnädigen Schweigens oder seligen Erinnerns über ein
Dritteljahrhundert deutscher Unterhaltungshistorie.
Jüngeren Semestern wird kaum zu vermitteln, welche
Anziehungskraft die Samstagabendshows jedenfalls in den 80ern, vielleicht auch
noch Anfang der 90er-Jahre ausübten. Da saß die ganze Familie gebannt vor der
Mattscheibe und schaute „Einer wird gewinnen“, „Auf Los geht’s los“ oder eben
„Wetten, dass…?“ Am Montag wurde das, was Kulenkampff, Fuchsberger, Elstner und Gottschalk in die Wohnzimmer
getragen hatten, in der Schule, im Büro oder der Werkstatt Gegenstand des kollegialen Smalltalks. (Anmerkung zur unvollständigen
Auflistung der „Wetten, dass …?“-Gastgeber: Lippert wird wegen zu kurzer Moderationstätigkeit
nonchalant übergangen, die Nominierung Guttenbergs blieb eine Fußnote im Almanach der Ideen, und Lanz kam erst zu der Zeit, als die Party bereits vorbei war.)
Unter Gottschalks Regentschaft blieben dann auch
Heranwachsende begeistert bei „Wetten, dass …?“ sitzen, traten dort doch solche Weltstars
wie Michael Jackson live auf (das heißt: der Gig war nicht aufgezeichnet, erfolgte
oft genug aber mit Playback-Unterstützung). Heutigen Jugendlichen dürften solche Darbietungen nur noch ein Achselzucken abringen, können sie sich die Videos ihrer Idole doch jederzeit via Smartphone und Youtube zu Gemüte
führen.
Freilich: Das Ende von „Wetten, dass …?“ kommt nicht völlig
aus dem Nichts. Schon in den – im Rückblick ungetrübt rosig erscheinenden –
Gottschalk-Zeiten hagelte es Rezensentenverrisse, und auch zu Wahlkampfzwecken
instrumentalisierte, olfaktorisch-moralische Empörung musste sich der Samstagabendklassiker gefallen
lassen. Die Kritik an der Moderationsleistung des Markus Lanz entzündete
sich nur zum Teil an seinen Darbietungen in „Wetten, dass …?“ Viel weitere Kreise zog seine Talkshow-Konfrontation mit der Linken-Vorzeigedame Sarah
Wagenknecht.
Realistisch ist zweifellos die Einschätzung, dass dem einstigen Straßenfeger nichts Besseres nachfolgen wird. Kreativität und Originalität sind ja bekanntlich nicht gerade die auffälligsten Merkmale des staatsnahen Nullmediums. Es steht also zu erwarten, dass auch der künftige Samstagabendfüller nur noch vergleichsweise wenige Zuschauer vom Hocker reißen (beziehungsweise im Fernsehsessel fixieren) wird. Wetten, dass?
Noricus
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