20. April 2014

Kurioses, kurz kommentiert: Liebesleid und ZEIT-Geist


Einer der in den vergangenen Tagen meistkommentierten Beiträge auf ZEIT-Online ist der Leserartikel einer gewissen Steffi Arendsee. Die Autorin beklagt sich darin über ihre letzten drei Beziehungsanbahnungsversuche, die allesamt „endeten, bevor sie richtig begonnen hatten“. Die beteiligten Herren „sind zwischen 30 und 35 Jahre alt, haben studiert oder befinden sich kurz vor dem Abschluss und arbeiten mit Zahlen bzw. in der Computerbranche“ und haben (jeder auf eine andere Weise) der Schreiberin nach kurzer Zeit ihr Desinteresse an der Intensivierung der Bekanntschaft signalisiert.
Angesichts dieser Erfahrungen fragt sich die Gastautorin im letzten Absatz ihrer Zuschrift:
Was ist nur los mit den Männern aus meiner Generation? Wenn ich von meinen Erfahrungen auf alle schließe, verdienen sie wahrlich keine Lorbeeren für ihren Umgang mit Frauen. Sie sprechen viel über sich, fragen aber wenig. Sie ergreifen selten die Initiative und wissen nicht, was sie wollen. Sie suchen Spaß – ohne Verpflichtungen. Wenn sie eine Verbindung auflösen, zeigen sie wenig Anstand, und suchen den Fehler bei der Frau.
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Kommentar: Steffi Arendsee ist nicht die erste junge Dame, die unter der Ägide des hanseatischen Wochenblattes ein Lamento über die Beziehungsunfähigkeit gleichaltriger Männer veröffentlichen konnte. Vor über zwei Jahren ist in der Energiewendepostille eine thematisch ähnliche Reflexion von Nina Pauer erschienen, die sogar zu einem kleinen Lufthauch im feuilletonistischen Wasserglas geführt hat. (Die Links zu den Repliken befinden sich in einem Kasten innerhalb des Artikels.)
Auf die Gefahr hin, uncharmant zu wirken, möchte man den beiden Autorinnen zurufen: Werdet endlich erwachsen! Moralischer Maßstab für das Verhalten junger Männer ist nicht das, was junge Frauen aus dem ZEIT-Milieu von ihnen wollen. Ausgerechnet eine andere junge Frau, die wohl nicht gerade als Vorbild für ihre Altersgenossinnen geltende Miley Cyrus, hat in der ihr gewidmeten Story im W Magazine Einsichten zu Tage gefördert, deren Beherzigung den Damen Arendsee und Pauer dringend anempfohlen sei:
Guys watch too much porn […] Those girls don’t exist. They’re not real girls. And that’s like us watching romance movies. That’s girl porn, because, like, those guys do not exist.
Die Kerle schauen zu viel Porno. Solche Frauen gibt es aber nicht. Das sind keine realen Frauen. Das ist so, wie wenn wir Liebesfilme anschauen. Das sind Pornos für Frauen, weil es solche Kerle auch nicht gibt.
Die „überfordernde Doppelbotschaft, in der Partnerschaft ebenbürtig, im Geschlechterspiel selbstbewusst zu sein“ (Nina Pauer) wird von manchen jungen Männern wohl gehört: Allein, ihnen fehlt der Wille oder die Fähigkeit, von der Rolle des gleichberechtigten Teamplayers auf den Modus des tatkräftigen Verführers umzuschalten. Wer mag es ihnen auch verdenken, dass sie nicht auf das Kommando ihrer selbsternannten Dompteusen über das vorgehaltene Stöckchen springen?
Dass die verhinderten Verehrer der Frau Arendsee ihrer offenbar erst in den Kinderschuhen steckenden Karriere den Vorrang vor einer als einengend empfundenen, da nicht „zwanglosen“ Verbindung einräumen, sollte auch nicht allzu sehr verwundern.
Pauers und Arendsees Einlassungen kann man wohl getrost als Ausdruck einer zeitgeistigen Misandrie betrachten: „Der Mann ist das Problem“, singt Udo Jürgens, und damit unsere Geschichte über blutende Herzen doch noch ein gutes Ende nimmt, kann man nur hoffen, dass sich folgende Strophe aus dem Lied des großen Barden bewahrheitet:
Er ist Diktator, Rambo, Bürokrat.
Heiratsschwindler, Luftpirat,
Treulos, vorlaut und auch noch bequem.
Doch die Frauen lieben ihn trotzdem.
Dies Wort in Amors Ohr!
Noricus


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