Deutschland, die Heimat der Dichter und Denker, ist Export-
und manchmal auch Fußballweltmeister. Es ist für seine Autos und andere – in
der breiten Öffentlichkeit weniger beachtete – Maschinen auf dem gesamten Globus
bekannt und geschätzt. Doch beim Humor wird der Klassenprimus nicht nur in der
Eigen-, sondern auch in der Fremdwahrnehmung zum Kandidaten für den Förderunterricht. Wenn selbst eine seriöse Welterklärungssendung wie South Park im entsprechenden Klischee badet,
dann lässt es sich nicht ohne weiteres von der Hand weisen.
Es grenzt an einen Betriebsunfall, wenn eine deutsche Filmkomödie einmal so etwas wie lustig ist; zumeist herrscht in diesem Format eine „Komik, die aus dem Kabarett kommt“ und eine „biedere[n] Witzigkeit“ – so Bert Rebhandl in der FAZ über zwei der jüngsten diesbezüglichen Versuche aus schwarz-rot-goldenen Gefilden. Und zu komischen Streifen aus anderer Herren Länder schweigt der Besucher eines deutschen Kinos, pardon: Filmkunsttheaters, jedenfalls dann, wenn das betreffende Opus als irgendwie anspruchsvoll und sozialkritisch wahrgenommen wird.
Es grenzt an einen Betriebsunfall, wenn eine deutsche Filmkomödie einmal so etwas wie lustig ist; zumeist herrscht in diesem Format eine „Komik, die aus dem Kabarett kommt“ und eine „biedere[n] Witzigkeit“ – so Bert Rebhandl in der FAZ über zwei der jüngsten diesbezüglichen Versuche aus schwarz-rot-goldenen Gefilden. Und zu komischen Streifen aus anderer Herren Länder schweigt der Besucher eines deutschen Kinos, pardon: Filmkunsttheaters, jedenfalls dann, wenn das betreffende Opus als irgendwie anspruchsvoll und sozialkritisch wahrgenommen wird.
Vielleicht spiegelt sich in diesem Verhalten die typisch deutsche Unterscheidung zwischen ernster und Unterhaltungskunst wider. So leicht lassen wir uns kein E für ein U vormachen; denn beide Sphären gehören sauber getrennt: Da gibt es einerseits den Bereich der hohen Muse, die in ihr eigens gewidmeten Tempeln von einer (immer weniger) festlich gekleideten Gemeinde gefeiert wird; und andererseits das straßenmädchengleiche Entertainment, dessen Dienste man zur schnellen und zwanglosen Triebbefriedigung in Anspruch nimmt.
Der in der Privatkorrespondenz – und gelegentlich auch im Werk – des Wolfgang Amadeus Mozart zu Tage tretende Hang zur Fäkalsprache wird
folglich zum Gegenstand psychiatrischer Betrachtungen. Dass der gute Mann
vielleicht einen ziemlich bodenständigen Sinn für Humor gehabt haben könnte: Undenkbar,
er war doch ein Genie!
Die Zoten in den Bühnenstücken William Shakespeares werden
dem Englischlernenden gnädigerweise gleich gar nicht als solche zur Kenntnis
gebracht. Aber gut, diese Angelsachsen sind ja ohnehin in ihre puns (Wortspiele) vernarrt, während
hierzulande eine Edelfeder das Prädikat „unterhaltsamer Stil“ als die
niederträchtigste Art der Disqualifizierung betrachtet.
Vielleicht liegt in diesen Erwägungen ja eine mögliche Erklärung für die präsumtive Humorlosigkeit der Deutschen: Aufgrund einer an Innerlichkeit und Tiefe orientierten Kulturtradition wird das Ernste in einen unversöhnlichen Gegensatz zum Komischen gebracht. Etwas Lustiges kann somit nie die höchsten Weihen des schöngeistigen Erbes der Nation empfangen. Die Spanier verehren ihren Cervantes, die Franzosen ihren Molière, die Engländer ihren Shakespeare und ihren Sterne; wir Deutsche haben keinen Sterne, dafür einen Morgenstern, mit dessen zum Teil grandiosen Galgenliedern der Verfasser dieser Zeilen übrigens zum ersten und letzten Mal in der Grundschule behelligt wurde.
Den Ursprung dieser Geringschätzung des Humoristischen mag man in der spezifisch deutschen Ausprägung der Romantik zu finden glauben. Und in der Tat: Der schwindsüchtig-melancholische Tenor der damaligen Poesie und Prosa steht in einem krassen Gegensatz zu dem, was seinerzeit im Ausland an Literatur produziert worden ist. Die Drei Musketiere eines Alexandre Dumas père suchen eben nicht in unstillbarer Sehnsucht nach der blauen Blume, sondern stolpern in unbändiger gallischer Lebenslust von einem militärischen oder erotischen Abenteuer zum nächsten.
Mögen wir die angebliche Humorlosigkeit der Deutschen nun auch einigermaßen plausibel begründet haben, bleibt doch ungewiss, ob dieses Postulat nicht auf einem Missverständnis beziehungsweise einem niemals kritisch geprüften Stereotyp beruht. Es gab und gibt in diesem Land ja durchaus ebenso begnadete wie anerkannte Spaßvögel. Die Verehrung, die einem Loriot von Berchtesgaden bis Buxtehude zuteilwurde und wird, dürfte auch im europäischen oder gar im globalen Vergleich erstaunliche Ausmaße angenommen haben. Und nennen wir Deutsche denn nicht eine fest verwurzelte, durchaus blühende Tradition des politischen Kabaretts unser Eigen? Wir lachen vielleicht nicht so selbstzweckhaft wie unsere Nachbarn, dafür gewinnen wir dem an und für sich so ernsten Thema der Politik eine komische Seite ab. Und hat uns der Kontakt mit dem amerikanischen Kulturimperialismus nicht wirklich zu einer neuen, unter unserem Himmel bis dato unbekannten Art von Humor befreit?
Alle diese Überlegungen münden nun in die folgende Frage: Sind die Deutschen humorlos oder woher stammt dieser Ruf?
Ich bitte die geschätzten Leserinnen und Leser von Zettels Raum, ihre begründeten Antworten in diesem Thread in Zettels kleinem Zimmer anzubringen oder von der dort näher erläuterten Möglichkeit des Einsendens einer Antwort per E-Mail Gebrauch zu machen.
Vielleicht liegt in diesen Erwägungen ja eine mögliche Erklärung für die präsumtive Humorlosigkeit der Deutschen: Aufgrund einer an Innerlichkeit und Tiefe orientierten Kulturtradition wird das Ernste in einen unversöhnlichen Gegensatz zum Komischen gebracht. Etwas Lustiges kann somit nie die höchsten Weihen des schöngeistigen Erbes der Nation empfangen. Die Spanier verehren ihren Cervantes, die Franzosen ihren Molière, die Engländer ihren Shakespeare und ihren Sterne; wir Deutsche haben keinen Sterne, dafür einen Morgenstern, mit dessen zum Teil grandiosen Galgenliedern der Verfasser dieser Zeilen übrigens zum ersten und letzten Mal in der Grundschule behelligt wurde.
Den Ursprung dieser Geringschätzung des Humoristischen mag man in der spezifisch deutschen Ausprägung der Romantik zu finden glauben. Und in der Tat: Der schwindsüchtig-melancholische Tenor der damaligen Poesie und Prosa steht in einem krassen Gegensatz zu dem, was seinerzeit im Ausland an Literatur produziert worden ist. Die Drei Musketiere eines Alexandre Dumas père suchen eben nicht in unstillbarer Sehnsucht nach der blauen Blume, sondern stolpern in unbändiger gallischer Lebenslust von einem militärischen oder erotischen Abenteuer zum nächsten.
Mögen wir die angebliche Humorlosigkeit der Deutschen nun auch einigermaßen plausibel begründet haben, bleibt doch ungewiss, ob dieses Postulat nicht auf einem Missverständnis beziehungsweise einem niemals kritisch geprüften Stereotyp beruht. Es gab und gibt in diesem Land ja durchaus ebenso begnadete wie anerkannte Spaßvögel. Die Verehrung, die einem Loriot von Berchtesgaden bis Buxtehude zuteilwurde und wird, dürfte auch im europäischen oder gar im globalen Vergleich erstaunliche Ausmaße angenommen haben. Und nennen wir Deutsche denn nicht eine fest verwurzelte, durchaus blühende Tradition des politischen Kabaretts unser Eigen? Wir lachen vielleicht nicht so selbstzweckhaft wie unsere Nachbarn, dafür gewinnen wir dem an und für sich so ernsten Thema der Politik eine komische Seite ab. Und hat uns der Kontakt mit dem amerikanischen Kulturimperialismus nicht wirklich zu einer neuen, unter unserem Himmel bis dato unbekannten Art von Humor befreit?
Alle diese Überlegungen münden nun in die folgende Frage: Sind die Deutschen humorlos oder woher stammt dieser Ruf?
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Noricus
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