Die "New York Times" schrieb am
01.01.14.:
As Middle East peace talks churn on, Israel has catapulted to the fore an issue that may be even more intractable than old ones like security and settlements: a demand that the Palestinians recognize Israel as a Jewish state.Prime Minister Benjamin Netanjahu has made such recognition the pillar of his public statements in recent weeks, calling it “the real key to peace,” “the minimal requirement” and “an essential condition.” Israeli, American and Palestinian officials all say it has become a core issue in the negotiations that started last summer.
Die Nahost-Friedensverhandlungen werden durchgeschüttelt, Israel hat ein Thema in den Vordergrund katapultiert das noch unlösbarer als ältere ist, wie Sicherheit und Siedlungen: Die Forderung, dass die Palästinenser Israel anerkennen als einen jüdischen Staat. Der israelische Ministerpräsident macht die Forderung nach der Anerkennung Israels als einen jüdischer Staat zur Grundlage seiner öffentlichen Statements und nennt sie den wirklichen Schlüssel zum Frieden, eine Minimalforderung und eine essentielle Bedingung. Israelische, amerikanische und palästinensische Offizielle sagen alle, sie wird zur Kernfrage in den Verhandlungen, die letzten Sommer begannen.
Dieser Schlüssel zum Frieden ist
auch der Schlüssel sich dem Thema rational zu nähern.
Es ist der Schlüssel mit dem der Raum
der Verhandlungen seine von Täuschungen, Konstrukten und
verschleierten Zielen vernebelte Atmosphäre entlässt. Der Schlüssel
zur Durchlüftung, der für klare Sicht sorgt und den Blick freigibt auf den fundamentalen Grund, weshalb es keinen Friedensvertrag zwischen
Israel und den Arabern in Palästina gibt.
1948 nicht, heute nicht und in naher
Zukunft auch nicht. Worüber erfolgreich verhandelt werden kann, sind
Waffenstillstände.
Seit 1922 der Völkerbund die Schaffungeiner nationalen Heimstätte für Juden beschloss, ist immer von
einem jüdischen Staat und einem arabischen Staat die Rede gewesen.
Israel ist der Name des jüdischen Staates der schließlich 1948
gegründet wurde.
Die Idee zur Gründung zweier Staaten
trug vor allem der Schaffung einer Heimstätte für die Juden
Rechnung, der Schaffung eines Staates der keine arabischen Wurzeln
hat, sondern jüdische.
Vertritt man also ernsthaft eine
Zwei-Staaten-Lösung, muss diese Trennung, diese Unterscheidung, vorausgesetzt werden.
Wer sich allerdings außerstande sieht,
eine solche Position einzunehmen, für den bleibt das
Modell eines Staates übrig.
Diese Position ist viel verbreiteter
als man nach all den Friedensverhandlungen glauben mag. Denn sie
bietet viel – nur eben keinen Frieden.
Für die Araber bietet sie die
Aufrechterhaltung ihres Traums von einem Nahen Osten ohne Israel und
für die Juden bietet sie die Aufrechterhaltung des Status Quo.
Somit ist diese Position der Ablehnung
einer Zwei-Staaten-Lösung mit Waffenstillstand besser als ein Krieg
und auch besser als Verhandlungen bei denen man eine solche
Zwei-Staaten-Lösung gar nicht als Ziel anstreben kann, weil die
Anerkennung des bereits bestehenden Staates der Juden abgelehnt wird.
Nicht die Forderung nach der
Anerkennung eines jüdischen Staates ist also unlösbar, wie die NYT
schreibt, sondern die Zwei-Staaten-Lösung selbst ist es. Die
Forderung nach Anerkennung macht dies nur deutlich.
Genau darum waren die
Friedensverhandlungen schon immer eine Farce.
Dennoch nicht umsonst, weil
sie der Sicherung und Stabilisierung immer längerer
Waffenstillstände dienten. Aber spätestens mit den im Jahr 2000
gescheiterten Verhandlungen von Camp David II wurden die Zweifel an dem
Willen der palästinensischen Seite überhaupt zu einem
Verhandlungsergebnis zu kommen, evident.
Ehud Barak, damaliger Ministerpräsident Israels, drückte dies nach Camp David II lt. "The New York Review of Books" folgendermaßen aus:
What they [Arafat and his colleagues] want is a Palestinian state in all of Palestine. What we see as self-evident, [the need for] two states for two peoples, they reject. Israel is too strong at the moment to defeat, so they formally recognize it. But their game plan is to establish a Palestinian state while always leaving an opening for further “legitimate” demands down the road. For now, they are willing to agree to a temporary truce à la Hudnat Hudaybiyah [a temporary truce that the Prophet Muhammad concluded with the leaders of Mecca during 628–629, which he subsequently unilaterally violated]. They will exploit the tolerance and democracy of Israel first to turn it into “a state for all its citizens,” as demanded by the extreme nationalist wing of Israel’s Arabs and extremist left-wing Jewish Israelis. Then they will push for a binational state and then, demography and attrition will lead to a state with a Muslim majority and a Jewish minority. This would not necessarily involve kicking out all the Jews. But it would mean the destruction of Israel as a Jewish state. This, I believe, is their vision. They may not talk about it often, openly, but this is their vision. Arafat sees himself as a reborn Saladin—the Kurdish Muslim general who defeated the Crusaders in the twelfth century—and Israel as just another, ephemeral Crusader state.
Was sie (Arafat und seine Mitarbeiter) wollen, ist ein palästinensischer Staat in ganz Palästina. Was wir als selbstverständlich ansehen, (die Notwendigkeit von) zwei Staaten für zwei Völker, weisen sie zurück. Israel ist im Moment zu stark um besiegt zu werden, so wird es formal anerkannt. Aber ihr Spielplan ist es einen palästinensischen Staat zu etablieren, während sie sich weitere "legitime" Forderungen auf diesem Weg offen halten. Einstweilen sind sie bereit einen zeitlich begrenzten Waffenstillstand à la Hudnat Hudaybiyah (ein zeitlich begrenzter Waffenstillstand welchen der Prophet Mohammed mit den Führern vo Mekka zwischen 628-629 abschloss, den er anschließend einseitig brach). Sie werden die Toleranz und Demokratie Israels ausnutzen um es als erstes in "einen Staat für alle seine Bürger" zu wenden, wie vom extremen nationalistischen Flügel der israelischen Araber und dem extremen linken Flügel jüdischer Israelis, gefordert. Dann werden sie auf einen binationalen Staat drängen und dann werden die Demographie und die Zermürbung zu einem Staat mit muslimischer Mehrheit und jüdischer Minderheit führen. Das, glaube ich, ist ihre Vision. Sie können darüber nicht häufig und offen reden, aber das ist ihre Vision. Arafat sieht sich selbst als ein wiedergeborener Saladin - der kurdische muslimische General welcher die Kreuzritter im 12. Jh. besiegte - und Israel einfach als einen anderen vergänglichen Kreuzritter-Staat.
Arafat
ist tot. Mit viel gutem Willen kann man der palästinensischen Seite
mehr Bereitschaft zu einer Lösung zugestehen. Aber die Worte Ehud
Baraks sollten trotzdem nicht in Vergessenheit geraten.
Auch
deshalb ist es wichtig die Forderung nach der Anerkennung eines
jüdischen Staates Israel in den Vordergrund zu stellen.
Die Gründung eines arabischen Staates
der den Staat der Juden nicht bereit ist anzuerkennen, ist nicht im
Sinne irgendeiner Resolution des Völkerbundes oder der UNO und es wäre die Gründung eines Staates, der sich nicht auf ein Staatsgebiet festlegen kann, bzw. der bei
seiner Gründung das Gebiet eines bereits bestehenden Staates
beansprucht.
Gerade weil es zwischen Arabern und
Juden immer auch um die religiöse Zugehörigkeit geht und Konflikte
wie z.B. Terroranschläge in der Region auch unter Arabern religiöse
Hintergründe haben, ist es keine Petitesse ob Israel anerkannt wird
oder der jüdische Staat Israel.
Vielmehr offenbart dieser Unterschied
wie ernst es den potentiellen Staatsgründern eines arabischen
Staates mit der Zwei-Staaten-Lösung ist.
Vergleiche mit Europa und seiner
ethnischen Zusammensetzung helfen da nicht weiter. Sie versuchen die
europäische Situation nach zwei Weltkriegen in eine Region der Erde
zu transformieren, deren Staaten einen ganz anderen geschichtlichen
Hintergrund haben. In Staaten die Stammesgesellschaften übergestülpt
sind, gibt es ein anderes Verständnis von multiethnischem
Zusammenleben.
Ganz abgesehen von dem permanenten
Zustandes eines Waffenstillstandes (oder Krieges, je nach
Perspektive), in dem sich Israel befindet und der immer wieder von
Kriegen unterbrochen wird.
Sich als Staat der Juden zu begreifen
ist für Israel existenzsichernd.
Die Rolle der Religion als bindende und
auch abwehrende Kraft wird gerade in Europa vielfach unterschätzt.
Der säkulare Standpunkt gleicht in Bezug auf den Erhalt der
staatlichen Integrität dem des pazifistischen. Er meint auf etwas
verzichten zu können was nur in einem ideal-utopischen Weltbild
entbehrlich erscheint.
Denn nur dass eine Mehrheit einer
Gesellschaft die Zurückdrängung ihrer sie einst prägenden Religion
ebenso als Fortschritt begreift, wie die Reduzierung des
Verteidigungsetats, bedeutet noch lange nicht eine Vorbildwirkung für
Gesellschaften und Staaten die sich im weiteren Einflussbereich
befinden. Solche Entwicklungen werden mitunter als Schwäche
wahrgenommen, deren angenommenes Ausmaß auch schon mal auf die Probe
gestellt wird.
So wie die Unterhaltung einer
schlagkräftigen Armee auch denjenigen nutzt, die es sich nicht
vorstellen können auf einen Menschen zu schießen, mag er auch noch
so feindselig sein, so sehr nutzt die Religion und ihre Wurzeln auch
den Menschen, die sich als Atheisten oder Säkulare verstehen.
Denn mit der Konkurrenz und dem Kampf
der Religionen, welcher nun einmal stattfindet, verhält es sich
ähnlich wie mit der Macht:
Entsteht ein Vakuum, und eine säkulare
Gesellschaft ist in diesem Sinne ein religiöses Vakuum, wird der
Versuch unternommen, es zu füllen.
Wenn eine Gesellschaft anstelle der
Religion kein anderes verbindendes Element aufweisen kann, welches es
mit einer Religion aufnehmen kann, besteht die Gefahr, dass eine
andere Religion oder Idee dieses Vakuum nutzt um eine Machtbasis zu
schaffen die gesellschaftsprägend ist und damit die Säkularität
eines Staates in Frage stellt. Wie auch die Trennung von Staat und
Religion.
Problematisch ist deshalb auch nicht
der Standpunkt der arabischen Seite Israel ja bereits anerkannt zu
haben und dies periodisch nicht immer wieder tun zu wollen –
problematisch ist die explizite Ablehnung der Anerkennung des Staates
der Juden. Denn diese Ablehnung hat mit der Verbindung des Staates
Israel zur jüdischen Religion zu tun. Damit verfährt Israel genau
wie seine Nachbarländer – und im Gegensatz zu Europa.
Man kann auch sagen, Israel will auf
Augenhöhe verhandeln, nicht als säkularer Staat – ebenso wie
seine Nachbarn. Und wie der sich gründen wollende palästinensische
Staat.
Desweiteren entwertet die Ablehnung der
Anerkennung Israels als jüdischer Staat die vorherige Anerkennung
Israels. Sie legt die Unaufrichtigkeit der einst
zugestandenen Anerkennung bloß, und macht sie zu einem taktischen
Manöver um nicht zu sagen, zu einem billigen Trick. Israel ist
demnach nur ein austauschbarer Name für einen Staat der in den
vorgestellten Grenzen der palästinensischen Autonomiebehörde
aufgeht.
Ein Staat der sich im für die Juden
günstigsten Fall durch die Rückkehr der sich vervielfachten
Flüchtlinge demoskopisch in einen arabischen Staat verwandelt.
Netanjahu hat mit seiner Forderung
blauäugigen europäischen und auch amerikanischen Politikern und
Journalisten eine klare Sicht verschafft, welche sie offenbar gar
nicht wünschen, weil ihnen dieser Teil der Realität nicht ins
politische Bild dieser Region passt.
Mehr zum Thema hier:
http://www.washingtoninstitute.org/uploads/Documents/pubs/PolicyFocus108.pdf
© Erling Plaethe. Für Kommentare bitte hier klicken.