30. November 2011

Marginalie: Ist Anders Behring Breivik schuldunfähig?

Es gibt Fälle einer paranoiden Schizophrenie, die für den Psychiater sofort erkennbar sind. Über die subjektive Welt des Attentäters Dieter Kaufmann, der 1990 auf Wolfgang Schäuble geschossen hatte, schrieb damals der "Spiegel":

27. November 2011

Marginalie: Hier ist die Idee des Jahres

Deutschland hat zwei Probleme: Erstens, wer wird künftig "Wetten, dass..?" moderieren? Zweitens, was wird aus dem Freiherrn zu Guttenberg?

Die Lösung ist ebenso einfach wie genial; es hat sie heute ein Anrufer beim Bayerischen Rundfunk genannt. Es ist die Idee des Jahres:

26. November 2011

Zettels Meckerecke: Der Mensch ist ein Krieger. Kriegsberichterstattung bei den Castor-Gegnern

Der Mensch ist ein Krieger. Er hat die Neigung zum Kämpfen, zum Übertreten der Gesetze, zur Aggression. Er begeistert sich am Kriegsgeschehen, an den hin- und herwogenden Kämpfen.

Wenn Sie sich aktuell davon überzeugen wollen, dann lesen Sie bitte die Kriegsberichterstattung in der Zeitung "Tageszeitung".

Europas Krise (6): Der Wind wird eisiger. Ein Gastbeitrag von Erling Plaethe


Das Debakel um die Auktion zehnjähriger deutscher Staatsanleihen zieht weite Kreise. In Japan, London und Frankfurt stürzen die Kurse an den Börsen ab. Die Londoner City bereitet sich auf einen Zusammenbruch der Eurozone vor.

Doch Angela Merkel weiß - trotz oder gerade wegen dieser neuerlichen Zuspitzung der Krise - mit ihrer Prinzipien-festigkeit die deutsche Wirtschaft und den deutschen Wähler in großer Mehrheit hinter sich.

Marginalie: Des Freiherrn neues Image. Rätsel Guttenberg

Gewiß können Sie sich noch an diesen Herrn erinnern:

Das ist das "Offizielle freie Pressefoto von Karl-Theodor zu Guttenberg"; zu finden auf der "Offiziellen Homepage von Karl-Theodor zu Guttenberg". Soviel "offiziell" muß schon sein.

So kennen wir ihn: Den distinguierte Freiherrn, every inch a gentleman, das gegelte dunkle Haar zurückgekämmt, mit der seriösen Brille und der dezenten Krawatte.

Und nun sehen Sie sich bitte dieses Foto Guttenbergs an, das vor wenigen Tagen auf einer Sicherheitskonferenz im kanadischen Halifax aufgenommen wurde. Ein flotter junger Mann, brillenlos, das braune Haar keck nach vorn frisiert, die sportliche Tasche um die Schulter geworfen.

23. November 2011

Kleines Klima-Kaleidoskop (23): Die Strukturen des IPCC

Geht es Ihnen so wie den meisten Deutschen? Denken Sie, daß die Theorie von der menschengemachten globalen Erwärmung (ACC; anthropogenic climate change) nicht falsch sein kann, weil sie doch Stand der Wissenschaft ist?

Sie ist aber gar nicht Stand der Wissenschaft. Sie ist die Meinung einer wissenschaftlichen Gruppierung, die es verstanden hat, sich politisch durchzu-setzen, und die sehr erfolgreich darin war, andere wissenschaftliche Meinungen zu unterdrücken.

"Alle gegen Kristina Schröder". Die Jagd ist eröffnet


Nein, das ist kein Model und auch nicht eine Bundessiegerin von "Jugend forscht". Es ist - Sie haben sie erkannt - die Bundesministerin Kristina Schröder; das Foto stammt allerdings aus dem Jahr 2002, als sie noch ihren Mädchennamen Köhler trug und nicht Ministerin war, sondern einfache Abgeordnete.

Sie ist die wahrscheinlich mutigste Frau in der deutschen Politik.

22. November 2011

Marginalie: Der Rechtsextremismus ist das Erbe der DDR

Manchmal sieht man vor lauter Wald die Bäume nicht.

Die Morde der Zwickauer Zelle haben - berechtigterweise - eine Debatte über den Rechtsextremismus in Deutschland entfacht. Aber Deutschland hat kein Problem des Rechtsextremismus.

21. November 2011

Pfarrer als Lebensform. Grundsätzliche Überlegungen zum Pfarrberuf nebst Anwendung auf den Fall einer jüngst entlassenen Vikarin

Pfarrer ist nicht einfach ein Beruf wie jeder andere, schon gar nicht ein Job. Pfarrer ist eine Lebensform. Wenn der Gottesdienst, der Unterricht, das seelsorgerliche Gespräch vorbei ist, bin ich immer noch Pfarrer. Natürlich habe ich Freizeit, Urlaub, selbstbestimmte Zeit. Aber ich höre nicht auf, in dieser Zeit Pfarrer zu sein. Das Telefon kann klingeln, und ich werde als Seelsorger benötigt. Ich kann ans andere Ende der Welt reisen und treffe jemanden, der mich als Pfarrer kennt. Und habe ich dort “die Sau rausgelassen”, dann fällt das auf mich als Pfarrer, auf meine Glaubwürdigkeit, auf mein Glaubenszeugnis zurück.

Wer sich entscheidet, Pfarrer zu werden, der entscheidet sich für eine Lebensform, die schön ist, aber auch anspruchsvoll – und von der nichts ausgenommen sein kann.

Rechter Terrorismus und linker Terrorismus in Deutschland. Anmerkungen zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden

Nach einer Pause von rund zwei Jahrzehnten gibt es in Deutschland wieder eine Debatte über den politischen Terrorismus; über einen deutschen Terrorismus, nicht den importierten der Islamisten.

Am 1. April 1991 beging die "Rote Armee Fraktion" (RAF) ihren letzten Mord. Bis heute ist unbekannt, wer den Vorsitzenden der Treuhand-Anstalt, Detlev Karsten Rohwedder, damals erschoß; in einem Bekennerbrief bezichtigte sich ein "RAF-Kommandos Ulrich Wessel" der Tat.

Die Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) wurden erst jetzt bekannt; aber der erste - das Opfer war der Blumenhändler Enver Simsek - liegt schon mehr als ein Jahrzehnt zurück. Er geschah am 9. September 2000.

Was terroristische Gewalt in Deutschland angeht, hatte es also nur eine Pause von knapp zehn Jahren gegeben; zehn Jahre zwischen dem letzten Mord der RAF und dem ersten der NSU.

Stratfors Analysen: "Die Finanzkrise wird dramatische Auswirkungen haben". George Friedman über die Zukunft Europas (mit deutscher Zusammenfassung)

Zusammenfassung: George Friedmans Analyse der gegenwärtigen Lage und der wahrscheinlichen Entwicklung Europas ist einfach, stringent und tief pessimistisch:

Die Zeche für die jahrzehntelange Schuldenmacherei, für die Europas Eliten verantwortlich sind, werden nicht diese Eliten zahlen, sondern die Masse der Bürger; nicht nur in Griechenland. Es ist unwahrscheinlich, daß sie sich das widerspruchslos gefallen lassen.

18. November 2011

An der Basis

Wer sich dafür interessiert, wie die FDP über den Mitgliederentscheid an der Basis diskutiert, kann sich bequem zu Hause dieses dreistündige Youtube-Video ansehen, das zeigt, wie am 4.11. Frank Schäffler und Volker Wissing in Koblenz aufgetreten sind. Man kann aber auch persönlich zu einer der Veranstaltungen hingehen, was ich gestern Abend gemacht habe.

Zur Schuldenkrise: "Ansteckungsgefahren"

Eines der Schlagworte, mit denen man sich in Politik und Medien über die gegenwärtige europäische Schuldenkrise verständigt, ist die Metapher der "Ansteckung" bzw. der "Ansteckungsgefahr". Was ist damit eigentlich genau gemeint?

Unstrittig ist – um im Bereich der medizinischen Metaphorik zu bleiben – das Symptom einer Ansteckung: Die Kurse der bereits auf dem Markt befindlichen Staatsanleihen sinken; die Rendite steigt in den oberen einstelligen Bereich (oder noch weiter). Ein infiziertes Land muß immer höhere Zinsen bezahlen, um sein (anscheinend gottgegebenes) Recht, auf Pump zu leben, auf den Märkten faktisch durchsetzen zu können.

Marginalie: Diese Nachricht lesen Sie so früh nur in ZR. Und sie ist auch noch lesenswert

Wer zur richtigen Presse, zu den Profi-Medien gehört, der wird von den Akteuren der Politik ständig mit Informationen versorgt. Verbunden damit, wie mit diesen Informationen zu verfahren ist, wenn man denn das gegenseitige Vertrauen respektiert. Man kann es natürlich brechen; aber dann wird man eben nicht mehr des Vertrauens gewürdigt.

"Unter Drei" zum Beispiel bedeutet, daß man von einer Information Gebrauch machen, sie aber ihrem Urheber nicht zuschreiben darf.

17. November 2011

Die CDU rückt nach links. Warum verliert sie dadurch nicht Wähler an die FDP? Ein Paradox, eine These. Und eine Hoffnung

Die CDU positioniert sich derzeit so weit links wie noch nie in ihrer Geschichte. Die politische Grund-haltung der Sozialausschüsse, die unter Adenauer ebenso wie unter Helmut Kohl am linken Rand gestanden hatten, ist in dieser Partei Mainstream geworden.

Nicht erst der Parteitag von Leipzig hat das gezeigt. Vom Atomausstieg über den Mindestlohn bis zur Abschaffung der Hauptschule bietet die CDU heute das Bild einer Partei der linken Mitte; etwa auf der Linie der SPD der sechziger Jahre, als Willy Brandt und Karl Schiller, Helmut Schmidt und Georg Leber deren maßgebliche Männer waren.

Wenn eine Partei ihre Position verschiebt, dann macht sie Platz. Die SPD hat das schmerzlich erfahren, als sie mit der Agenda 2010 in Richtung Mitte rückte und damit auf der Linken Raum freigab, den die WASG besetzte; damit begann der Aufstieg der Kommunisten im wiedervereinigten Deutschland. Wem macht die CDU mit ihrem Linksruck Platz?

Eigentlich müßte es die FDP sein. Aber paradoxerweise profitiert die FDP nicht nur nicht von der Linksbewegung der CDU, sondern das Gegenteil ist der Fall:

14. November 2011

Zitat des Tages: "Verfassungsrechtlich abenteuerlich". Wie Joschka Fischer, unbemerkt vom Bürger, die Vereinigten Staaten von Europa schaffen will

Statt langer Vertragsverhandlungen müssten die europäischen Staats- und Regierungschefs einfach handeln und ihre Politik zusammenwerfen. (...)

Der wichtige Unterschied zu den intergouvernementalen Raufereien nach der Methode Merkel: Die Verhandlungspartner aus den Euro-Staaten können sich verbindlich, schnell und diskret auf eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik und deren gemeinsame Kontrolle einigen, weil sie ihre nationalen Parlamente sozusagen im Handgepäck haben: "Die parlamentarischen Kontrollbefugnisse werden aus den Hauptstädten mit nach Brüssel genommen."

Wie das gehen soll, hat sich Langläufer Fischer auch schon ausgedacht. Aus allen 17 Euro-Staaten reisen die Fraktionschefs des Regierungslagers und der Opposition jedes Mal mit und sitzen in Brüssel: ein überschaubarer Haufen von Menschen, der über gewaltige parlamentarische Macht verfügt. Was die Regenten mit den Parlamentariern aushandeln, hat dann sehr gute Chancen, daheim von den Fraktionen gebilligt und beschlossen zu werden.

Das ist eine Art Nebenzimmer-Demokratie, die verfassungsrechtlich ebenso abenteuerlich ist wie die Neben-Regierung, die sich da in Brüssel ohne jede Rücksicht auf Rat, Kommission und Parlament etablieren würde.
Der aktuelle gedruckte "Spiegel" (46/2011 vom 14. 11. 2011, S. 43) über die Pläne Joschka Fischers für den Weg in ein Vereintes Europa.

Kommentar: Was Fischer - vorausgesetzt, der "Spiegel" zitiert ihn korrekt - vorschlägt, das ist nicht weniger als ein kalter Staatsstreich.

13. November 2011

Mal wieder ein kleines Quiz. Diesmal als Quiz-Quiz

Dies ist einmal kein politisches Quiz. Ich bin allerdings durch einen politischen Blog darauf gestoßen; welcher es ist, verrate ich zusammen mit der Lösung.

Lösung? Nun ja. Ein Lösung im üblichen Sinn dürfte nicht ganz leicht zu finden sein ...

Hier also die Frage:

12. November 2011

Kurioses, kurz kommentiert: Das Paar des Jahres. Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine haben sich gefunden












Sie finden es abgeschmackt, Sie finden es unter dem Niveau von ZR, daß ich diese heutige Meldung kommentiere, die doch in die Sparte "Wer mit wem?" gehört; oder unter "Gesellschaft" oder "People"? Sie finden es fehl am Platz, daß ich diese Meldung darüber, daß sich zwei Menschen gefunden haben, auch noch in die Rubrik "Kurioses, kurz kommentiert" stelle?

Dann übersehen Sie vielleicht die politische Dimension dieser Liaison:

Zitat des Tages: Der Ausgabenhunger demokratischer Mehrheiten. Rainer Hank über Märkte und Massen, Rechtsstaat und Demokratie

Demokratien sind, nach einem berühmten Wort des schwedischen Finanzwissenschaftlers Knut Wicksell (1851 bis 1926), nichts anderes als die "Diktatur der zufälligen Mehrheit".

"Wenn einmal die unteren Klassen definitiv in Besitz der gesetzgebenden und steuerbewilligenden Gewalt gelangt sind", schreibt Wicksel, herrsche die Gefahr, "dass sie ebenso wenig uneigennützig verfahren werden, wie die Klassen, welche bisher die Macht in den Händen hatten, dass sie m.a.W. die Hauptmasse der Steuern den besitzenden Klassen auflegen und dabei vielleicht mit der Bewilligung der Ausgaben, zu deren Bestreitung sie selbst nunmehr nur wenig beitragen, so sorglos und verschwenderisch verfahren, dass das bewegliche Kapital des Landes bald nutzlos vergeudet und damit die Hebel des Fortschritts zerbrochen sein werden."

Können demokratische Mehrheiten ihren Ausgabenhunger mit Steuern nicht mehr befriedigen, (...) greifen sie in zunehmendem Maße zur Staatsverschuldung.
Rainer Hank, Leiter des Wissenschaftsressorts der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.), gestern im Wirtschaftsblog der FAZ und F.A.S. "Fazit" zur gegenwärtigen Finanzkrise.

Kommentar: "Kurszettel gegen Stimmzettel: Warum Habermas nichts von der Krise versteht" lautet der Titel dieses trefflichen Artikels, in dem Hank mit wenigen klaren Worten den Kern der jetzigen Krise herausarbeitet.

11. November 2011

Europas Krise (5): Der echte Tiefpunkt



Haben wir aktuell eine Krise in Europa? Vielleicht ein bißchen. Verglichen mit den Höhen und Tiefen der europäischen Geschichte haben wir derzeit wohl eher eine kleine Delle auf hohem Niveau.

Wenn vom Stammvater Europas, dem großen Karl, und seinem Frankenreich die Rede ist, dann wird das ja gerne als Ursprung Europas angesehen. Und das ist natürlich in Teilen berechtigt.
Aber man übersieht leicht, daß schon bald darauf das "christliche Abendland" fast am Ende war.

Begeben wir uns ins Jahr 878.

Europas Krise (4): Der Niedergang des Abendlandes. Ende einer Epoche. Und jetzt?


Als vor fast einem Jahrhundert Oswald Spenglers "Der Untergang des Abendlandes" erschien, löste das zweibändige Werk ähnlich heftige Diskussionen aus wie in unseren Tagen Thilo Sarrazins "Deutschland schafft sich ab". Damals wie heute haben erheblich mehr Menschen über das betreffende Buch diskutiert, als es Leser gefunden hat; damals wie heute kreiste die Diskussion um Schlagwörter und nur selten um das, was der Autor geschrieben hatte.

Zitat des Tages: Radiosprecher als ein Härtejob. Ein Amerikaner in Athen

In Härtejobs konnte ein griechischer Mann lange mit 55 in die üppige Rente gehen – nichts Besonderes. Besonders war, dass es mehr als 600 Berufe schafften, als so hart anerkannt zu werden, darunter Kellner und Radiosprecher. "Wo Verschwendung endet und Betrug beginnt, spielt praktisch keine Rolle", erklärt der Besucher aus einer anderen Welt. Amtsvertreter, Ärzte und andere Staatskräfte zu schmieren sei sowieso normal gewesen.
Uwe Jean Heuser in der aktuellen "Zeit" (46/2011 vom 10. 11. 2011) in einer Rezension des Buchs von Michael Lewis "Boomerang - Europas harte Landung".

Kommentar: Man kann diese Rezension sozusagen als Gegenmittel gegen das lesen, was gestern an optimistischen, ja euphorischen Kommentaren zur Entscheidung für den neuen griechischen Ministerpräsidenten Lucas Papademos die Medien brachten.

10. November 2011

Zitat des Tages: "Zwangsheirat - Deutsche, empört euch!" Sollten sich nicht in erster Linie die Moslems empören? Und handeln?

Tausende Migranten in Deutschland müssen gegen ihren Willen heiraten. Viele von ihnen sind hier geboren. Deutsche interessiert das kaum.
Vorspann zu einem Artikel in "Zeit-Online" von Cigdem Akyol. In der Rubrik "Neu im Ressort" wird dieser Artikel mit der Überschrift "Zwangsheirat - Deutsche, empört euch!" angekündigt; er trägt aber (gegenwärtig) den Titel "Zwangsheirat - Sie sind uns fremd".

Kommentar: Der Artikel von Frau Akyol weist auf ein gravierendes Problem hin; auf ein Problem, das beispielsweise gestern in "Spiegel-Online" verharmlost wurde, wenn es dort hieß "Auf mehr als 3000 Mädchen und Frauen - meist aus muslimischen Familien - wurde in Deutschland innerhalb eines Jahres Zwang ausgeübt, eine Ehe einzugehen".

9. November 2011

Zettels Meckerecke: Neue Arbeiter- und Bauernfakultäten in Deutschland? Feministische Irrwege

In der alten Bundesrepublik vor 1989 stand der DDR-Schriftsteller Hermann Kant bei Vielen in einem gewissen Ansehen. Doch immerhin ein Intellektueller, der die DDR verteidigte, befand man; nicht ein tumber Apparatschik wie Ulbricht und Honecker. Also ein gern gesehener Gesprächspartner.

Kant war Absolvent einer sogenannten "Arbeiter- und Bauernfakultät", und in seinem Bestseller (auch im Westen) "Die Aula" wertete er diese seine Studentenzeit literarisch aus.

Die Arbeiter- und Bauernfakultäten basierten auf einem simplen Gedanken: Arbeiter und Bauern waren im bisherigen Bildungssystem benachteiligt gewesen. Also mußten sie jetzt bevorzugt werden.

Zum "deutschen Schicksalstag" am 9. November einige Daten und Bilder. Sowie ein Vorschlag, was Sie sich heute Abend im TV ansehen sollten


Es ist ein seltsamer Zufall, daß sich Ereignisse der deutschen Zeitgeschichte immer wieder an einem 9. November zugetragen haben.

Die Liste können Sie in der Wikipedia sehen. Sie reicht von der Erschießung des Paulskirchen-Demokraten und Revolutionärs Robert Blum im Jahr 1848, mit der die demokratischen Hoffnungen dieses Schicksalsjahrs endeten, bis zum Fall der Mauer 1989.

Dazwischen liegen am jeweiligen 9. November die Ausrufung der Deutschen Republik durch Philipp Scheidemann (1918), der gescheiterte Putsch Hitlers und Ludendorffs in München (1923), der Beginn der von den Nazis inszenierten Novemberpogrome gegen Synagogen und jüdische Geschäfte und Einrichtungen (1938).

Europas Krise (3): Europa von unten



Irgendwann im vorgeblichen Sommer diesen Jahres, im idyllisch öden oberen Leinetal, auf einer Radtour im kalten Nieselregen reifte mein Entschluß: In den Herbstferien muß noch eine Woche Mittelmeerurlaub sein, in der Sonne in einem schönen Restaurant sitzend aufs Meer schauen ...

Und so ging es dann im Oktober - ausgerechnet nach Mallorca. Eigentlich waren diverse andere Ziele angedacht. Aber da waren die Flüge schwierig oder die Quartiere ausgebucht oder unsere Terminwünsche paßten nicht. Und siehe, die Insel ist wirklich sehr schön, die Landschaft wunderbar, die Sehenswürdigkeiten sind beachtlich, die Restaurants hervorragend (wenn man umsichtig auswählt) und die Unterkunft gut und preiswert.

Nur mit einem kleinen Nachteil: Es war Oktober, und abends zwischen 19:00 und 24:00 Uhr ging 200 Meter weiter im großen Zelt die Post ab.

Marginalie: Sarkozy und Obama über Netanyahu. Hintergründe der Panne, Hintergründe der Bemerkung Sarkozys

Ganz so, wie es auf der WebSite der "Tagesschau" dargestellt wird, war es nicht. Dort berichtet unter der Überschrift "Sarkozy fällt erneut mit öffentlicher Schelte auf - Von Lügnern, Deppen und mangelnder Erziehung" die ARD-Hörfunk-Korrespondentin Evi Seibert über den französischen Staatspräsidenten Sarkozy:
Wenn der in Fahrt kommt, vergisst er schon mal, dass Mikrofone in der Nähe sind. Jüngstes Beispiel: Bei einem Plausch mit US-Präsident Barack Obama nannte er den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu einen "Lügner, den er nicht mehr sehen" kann. Dummerweise waren die Mikrofone für die anschließende Pressekonferenz schon eingeschaltet. Die Journalisten im Saal bekamen die Bemerkung prompt auf die Kopfhörer gespielt.
Sie hatten sie in Wahrheit gerade nicht auf die Kopfhörer gespielt bekommen, diese Bemerkungen von Sarkozy und Obama ("Je ne peux plus le voir, c'est un menteur" - "Tu en as marre de lui, mais moi, je dois traiter avec lui tous les jours!"; "Ich kann ihn nicht mehr sehen, er ist ein Lügner" - "Du hast ihn satt, aber ich muß mich jeden Tag mit ihm befassen").

Vielmehr rührte die Panne just daher, daß die Journalisten noch keine Kopfhörer ausgehändigt bekommen hatten. Und eine "öffentliche Schelte" war es darum eben gerade nicht gewesen.

8. November 2011

Zitat des Tages: "Das gesamte Europa und die USA werden das Schlachtfeld sein". Starke Worte aus Teheran

TEHRAN (FNA)- Iranian officials warned on Tuesday that Israel will find itself in war with Iran in Tel Aviv streets if it dares to attack the Islamic Republic.

"Israel is not in the size to launch a military strike on Iran, but if it takes such a foolish action, the Iranian militaries will fight with the Zionist soldiers in Tel Aviv streets and will force them out of the Palestinian soil," member of the Iranian Parliament's National Security and Foreign Policy Commission Seyed Hossein Naqavi told FNA on Tuesday.

Naqavi also warned that in case Iran comes under a military attack, the battlefield won't be Iran, but "the entire Europe and the US". "Iranian forces will fight with the enemies with maximum might and power all throughout the European and US soil, if Iran comes under attack," he reiterated.


(TEHERAN (FNA) - Iranische Verantwortliche warnten am Dienstag, daß Israel sich, wenn es einen Angriff auf die islamische Republik wagen sollte, in den Straßen von Tel Aviv im Krieg mit dem Iran befinden werde.

"Israel hat nicht die Stärke, einen Militärschlag gegen den Iran zu führen, aber wenn es eine solche törichte Handlung unternimmt, dann werden die iranischen Militärs in den Straßen von Tel Aviv mit den zionistischen Soldaten kämpfen und sie vom Boden Palästinas verjagen", erklärte Seyed Hossein Naqavi, Mitglied des Ausschusses für Sicherheit und Außenpolitik des iranischen Parlaments, am Dienstag gegenüber FNA.

Naqavi warnte des weiteren, daß im Fall eines militärischen Angriffs auf den Iran nicht dieser das Schlachtfeld sein werde, sondern "das gesamte Europa und die USA". "Die iranischen Streitkräfte werden mit äußerster Kraft und Stärke auf dem gesamten europäischen und US-Boden gegen die Feinde kämpfen, wenn der Iran angegriffen wird", wiederholte er.)
Beginn einer Meldung der iranischen Nachrichten-agentur FNA (der staatlichen Fars News Agency), die heute um 13.22 Uhr MEZ verbreitet wurde.

Kommentar: Säbelrasseln? Ja, natürlich. Gewiß hat der Iran nicht die Möglichkeiten, solche Drohungen wahrzumachen.

Sie zeigen aber dreierlei:

Europas Krise (2): Gute und schlechte Bundesstaaten


Im ersten Teil unserer Reihe stellte Zettel die berechtigte Frage, was eigentlich das Ziel des europäischen Einigungsprozesses sein soll. Darüber wird selten diskutiert, eine offiziell beschlossene Vorgabe gibt es nicht.

De facto ist die EU aber über den Staatenbund schon deutlich hinaus, unausgesprochen scheint es einen gewissen Konsens zu geben, daß am Ende ein Bundesstaat stehen sollte. Ein Bundesstaat, für den es in der Weltgeschichte kein Vorbild gäbe. Aber gut, einmal ist immer das erste Mal - das alleine wäre kein Grund, es nicht zu versuchen.

Aber es lohnt sich vielleicht einmal anzuschauen, was es an positiven und negativen Erfahrungen mit Bundesstaaten so gibt ...

Mal wieder ein kleines Quiz: Wie entwickelt sich der deutsche Anteil am weltweiten Bruttoinlandsprodukt?

Der Anteil der USA am weltweiten Bruttoinlandsprodukt (GDP = Gross Domestic Product) hat sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten wie folgt entwickelt: 1992 lag er bei ungefähr 23 Prozent. Er stieg dann leicht bis 2000, wo er bei rund 24 Prozent lag. Seither sinkt er kontinuierlich und ist auf derzeit 20 Prozent geschrumpft.

Im selben Zeitraum ist der Anteil Chinas von knapp 5 Prozent im Jahr 1992 auf jetzt fast 14 Prozent gestiegen. Es wird erwartet, daß bis Mitte dieses Jahrzehnts sich die Anteile Chinas und der USA weitgehend einander angenähert haben werden.

Die Quizfrage: Wie sehen die entsprechenden Daten für Deutschland aus?

Marginalie: Irans Abschreckung gegen einen Angriff auf seine Nuklearanlagen. Warum ein israelischer Angriff gegenwärtig unwahrscheinlich ist

Versuche von Schurkenstaaten, sich die Atombombe zu verschaffen, konnten bisher meist schon in einem frühen Stadium vereitelt werden; beispielsweise durch die israelischen Luftangriffe auf eine irakische nukleare Anlage 1981 und auf eine syrische 2007. In zwei Fällen gelang das jedoch nicht: Bei Nordkorea und beim Iran.

Das liegt, schreibt heute Stratfor (Artikel nur Abonnenten zugänglich) daran, daß beide Länder über ein hohes konventionelles Abschreckungspotential verfügen. Nordkorea gibt sich den Anschein eines unberechenbaren, irrationalen Verhaltens, das die Gefahr eines neuen Koreakriegs einschließt. Der Iran hat vor allem drei Möglichkeiten der Abschreckung zur Verfügung:

7. November 2011

Zitat des Tages: "Maximal 15 Menschen können über einen eventuellen Angriff Israels kompetent urteilen". Nebst einer Anmerkung zur Krise Europas

In terms of democratic principles, the public debate over a prospective Israeli attack on Iranian nuclear facilities is justified, as long as it doesn't cause Israel diplomatic damage or require revealing secret information. But the current debate is actually a ritualized and pointless endeavor.

In effect, it's impossible to take a serious position on the matter without full knowledge of the facts. (...)

I am inclined to estimate that not more than 10 or 15 people in all of Israel know all the varied information that is essential for a level-headed decision on the Iranian issue, including the prime minister, defense minister and two or three advisers and professionals.


(Hinsichtlich demokratischer Prinzipien ist die öffentliche Debatte über einen möglicherweise bevorstehenden Angriff Israels auf iranische Nuklearanlagen gerechtfertigt, solange sie Israel keinen diplomatischen Schaden verursacht oder geheime Informationen enthüllt. Aber die gegenwärtige Debatte ist in Wahrheit eine ritualisierte und zwecklose Veranstaltung.

Es ist im Grunde unmöglich, ohne vollständige Kenntnis der Fakten in dieser Frage seriös Position zu beziehen. (...)

Ich neige zu der Schätzung, daß nicht mehr als 10 bis 15 Menschen im gesamten Israel alle die vielfältigen Informationen kennen, die für eine nüchterne Entscheidung zum Iran-Problem unabdingbar sind; dazu gehören der Premierminister, der Verteidigungsminister und zwei oder drei Berater und Fachleute.)
Der 83jährige Doyen der israelischen Politologie Yehezkel Dror heute in einem Kommentar in der Tel Aviver Zeitung Haaretz. Überschrift: "Here's how to decide whether to support an attack on Iran" - "Wie über die Unterstützung eines Angriffs auf den Iran entschieden werden sollte".

Kommentar: Dror ist nicht nur ein emeritierter Professor, sondern war auch im israelischen Verteidigungsminsterium und als Berater verschiedener israelischer Premierminister tätig. Er kennt also die Materie von beiden Seiten: Aus der Perspektive der verantwortlichen Politiker und aus derjenigen der Öffentlichkeit.

6. November 2011

Marginalie: Die Wahlbeteiligung in Tunesien betrug 50,99 Prozent

Heute vor zwei Wochen wurde in Tunesien gewählt. Am Tag nach der Wahl habe ich auf eine krasse Fehlmeldung des ZFD aufmerksam gemacht, in der es hieß: "Die Beteiligung war überwältigend. Mehr als neunzig Prozent der Tunesier folgten dem Aufruf, eine Verfassungsgebende Versammlung zu wählen" ("Mehr als neunzig Prozent der Tunesier haben gewählt". Behauptet das ZDF. Und läßt damit eine Ente watscheln; ZR vom 24. 10. 2011).

Es hat dann noch fast zwei Wochen gedauert, bis das vorläufige amtliche Endergebnis nicht nur für die Sitzverteilung, sondern auch für die an den Urnen abegebenen Stimmen veröffentlicht wurde. Am vergangenen Donnerstag war es so weit.

Kurioses, kurz kommentiert: Deutschland will verstärkt die Kerntechnologie fördern. Ja, Sie haben richtig gelesen. Nur ist es hinausgeworfenes Geld

Die Bundesregierung will zahlreiche europäische Forschungsprojekte kürzen, um 1,3 Milliarden Euro Mehrkosten für den internationalen Kernfusionsreaktor Iter aufbringen zu können. (...) Strom könne zwar nicht vor 2050 produziert werden, doch der Anstieg des Energieverbrauchs mache es nötig, die Technologie zu erproben, heißt es im Forschungsministerium.
Aus einer Vorabmeldung zum "Spiegel" der kommenden Woche (45/2011 vom 7. 11. 2011).

Kommentar: Daß der Kernfusion sehr wahrscheinlich die Zukunft in der Energieversorgung gehört, wird weithin angenommen. Die Kosten für die Entwicklung dieser neuen Technologie, die außerordentliche Ansprüche stellt, sind allerdings so hoch, daß sie kein Land allein bewältigen kann.

An dem Projekt Iter - der Versuchsanlage im französischen Cadarache - sind deshalb die Europäische Atomgemeinschaft, Japan, Rußland, China, Südkorea, Indien und die USA beteiligt. Deutschland trägt als Mitglied der Europäischen Atomgemeinschaft einen Teil der Kosten.

Aber warum in aller Welt tragen wir noch diesen Anteil?

Neues aus der Forschung (13): Ein Fall von Wissenschaftsbetrug. Nebst Anmerkungen zur Sozialpsychologie

In den Wissenschaften, jedenfalls den experimentellen Wissenschaften, wird ziemlich selten betrogen. Der Grund liegt auf der Hand: Wenn jemand gefälschte Daten publiziert, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder beachtet sie niemand. Dann hat ihm die Fälschung wenig eingebracht. Oder er findet mit diesen Daten Beachtung in der Fachwelt. Dann wird in der Regel früher oder später damit begonnen, die betreffenden Daten nachzuprüfen. Andere, die auf demselben Gebiet arbeiten, versuchen sie, wie man im Jargon sagt, zu "replizieren". Scheitert das, dann bringt das allerdings dem Fälscher etwas ein; nämlich Schmach und Schande.

Daten zu fälschen ist also dumm. Da die meisten Wissenschaftler nicht dumm sind, werden Daten selten gefälscht. Aber natürlich gibt es auch dumme Wissenschaftler. Früher oder später fliegen sie auf.

5. November 2011

Zitat des Tages: "Die Kontroverse über das Projekt Europa ist überfällig". Jürgen Habermas, die Zukunft Europas, die Tricksereien Papandreous

Eine Konzentration der Macht bei einem inter-gouvernementalen Ausschuss der Regierungschefs, die ihre Vereinbarungen den nationalen Parlamenten aufs Auge drücken, ist der falsche Weg. Ein demokratisches Europa, das keineswegs die Gestalt eines europäischen Bundesstaates annehmen muss, muss anders aussehen.

Dieses Projekt verlangt nicht nur institutionelle Phantasie. Die überfällige Kontroverse über Notwendigkeit und Nutzen eines solchen Projekts muss in der breiten Öffentlichkeit ausgetragen werden.
Jürgen Habermas heute in der FAZ.

Kommentar: Ich stimme Habermas zu. Wenn die jetzige Krise Europas etwas Positives haben kann, dann dies: Daß endlich die seit Jahrzehnten nicht geführte Debatte darüber einsetzt, was für ein Europa wir eigentlich wollen.

Diese Debatte blieb uns bisher verwehrt.

4. November 2011

Kleines Klima-Kaleidoskop (22): Was ist es denn, das zunimmt? Die Temperatur jedenfalls nicht

Nein, die Theorie des menschengemachten Klimawandels (anthropogenic climate change, ACC) ist nicht widerlegt. Nur wird sie seit einem Jahrzehnt nicht durch die Klimadaten bestätigt. Seit der Jahrtausend-wende gibt es keine globale Erwärmung mehr (siehe Die Energiepreise steigen drastisch. Die globale Temperatur steigt nicht mehr. Die Ersatzreligion bleibt stabil; ZR vom 26. 10. 2011).

Wenn dies der Sachverhalt ist, dann würde man in jeder Wissenschaft darüber nachzudenken beginnen, ob nicht vielleicht die herrschende Theorie falsch ist. Gewiß, man kann sie retten, indem man Zusatzannahmen macht (hier zum Beispiel die Sonnenaktivität betreffend, die Meeres-strömungen). Aber es könnte ja auch sein, daß sie gar nicht stimmt.

Zitat des Tages: Wie der Irak verloren wurde. Ein annus horribilis für den Westen

Barack Obama was a principled opponent of the Iraq war from its beginning. But when he became president in January 2009, he was handed a war that was won. The surge had succeeded. (...)

Al-Qaeda decimated. A Shiite prime minister taking a decisively nationalist line. Iraqi Sunnis ready to integrate into a new national government. U.S. casualties at their lowest ebb in the entire war. Elections approaching. Obama was left with but a single task: Negotiate a new status-of-forces agreement (SOFA) to reinforce these gains and create a strategic partnership with the Arab world’s only democracy.

He blew it. Negotiations, such as they were, finally collapsed last month. There is no agreement, no partnership. As of Dec. 31, the U.S. military presence in Iraq will be liquidated.


(Barack Obama war von Anfang an Gegner des Irakkriegs aus Prinzip. Aber als er im Januar 2009 Präsident wurde, übernahm er einen Krieg, der gewonnen worden war. Der Surge war erfolgreich gewesen. (...)

Al Kaida dezimiert. Ein schiitischer Premierminister, der eine entschieden nationalistische Linie verkündet. Die irakischen Sunniten bereit, sich in eine neue nationale Regierung zu integrieren. Obama blieb nur noch eine einzige Aufgabe: Ein neues Stationierungsabkommen für die amerikanischen Truppen (SOFA) auszuhandeln, um diese Fortschritte zu festigen und eine strategische Partnerschaft mit der einzigen Demokratie der arabischen Welt zu schaffen.

Er vergeigte es. Die Verhandlungen, so wie sie sich gestaltet hatten, brachen schließlich im vergangenen Monat zusammen. Es gibt kein Übereinkommen, keine Partnerschaft. Zum 31. Dezember wird die militärische Präsenz der USA im Irak liquidiert.)
Charles Krauthammer in seiner heutigen Kolumne in der Washington Post; Überschrift: "Who lost Iraq?" (Wer verlor den Irak?)

Kommentar: Welcher Staat der arabischen Welt und des Nahen Ostens gerade unsere Aufmerksamkeit findet, ändert sich in diesen Tagen schnell. Gerade war es Libyen. Dann schwenkte der Scheinwerfer auf Syrien, das einen Plan der Arabischen Liga akzeptieren will, der die die Unruhen in dem Land beenden soll. Zugleich geriet der Iran ins Visier der Aufmerksamkeit, gegen den es wegen seiner Atomrüstung offenbar konkrete militärische Planungen gibt.

Dort, wo es ruhiger ist, entwickeln sich die Dinge; aber wir merken weniger davon.

Der Irak ist das nahezu einzige arabische Land, in dem es nicht einmal in Ansätzen einen "arabischen Frühlings" gegeben hat.

3. November 2011

Zitat des Tages: "Wir tragen ein Kreuz". Papandreous Lamento. Nebst einem Link zur Live-Berichterstattung aus Griechenland

We are bearing a cross and on top of that, they are throwing stones at us.

(Wir tragen ein Kreuz, und sie bewerfen uns auch noch mit Steinen).
Der griechische Ministerpräsident Andreas Papandreou heute um 18.30 Uhr Ortstzeit (17.30 Uhr MEZ) über sein Land und die Reaktion der EU; so zu lesen bei Athens News.

Kommentar: Die Ereignisse in Athen überstürzen sich in diesen Stunden. Wenn Sie aktuell informiert bleiben wollen, dann kann ich den Live Ticker von Athens News nur empfehlen; direkt aus Athen.

Europas Krise (1): Zerfällt Europa?


Für künftige geschichtliche Entwicklungen fehlt uns meist die Phantasie.

Die Juristen sprechen von der "normativen Kraft des Faktischen" und meinen damit, daß etwas allein dadurch, daß es besteht, Recht schafft. Es gibt auch eine Kraft des Faktischen, die das Denken, die unser Vorstellungsvermögen bindet. Allein dadurch, daß etwas der Fall ist, daß es besteht, erscheint es uns, als müsse es so sein.

Aber Europa muß nicht sein. Natürlich hat es Bestand als eine geographische Bezeichnung; eine Halbinsel Asiens, die schon zur Zeit Herodots als einer der (damals drei) Kontinent gesehen wurde. Aber als politische Einheit muß Europa nicht existieren.

2. November 2011

Marginalie: Erdoğans Muttersprache. Die Sprache ist verräterisch

In seinem Interview mit "Bild" hat der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan eine bemerkenswerte Formulierung gefunden:
"Bild": Bei Ihrem letzten Besuch wurden Sie scharf kritisiert, weil Sie die Türken in Deutschland aufforderten, ihren Kindern zuerst Türkisch und dann Deutsch beizubringen. Wie sehen Sie das jetzt?

Erdoğan: Was ich sagte, ist nur eine sprachwissenschaftliche Erkenntnis. Wenn ein Kind eine neue Sprache erlernen soll, muss es die eigene Sprache gut können. Andernfalls kann man keine zweite Sprache erlernen.
Das ist, in a nutshell, die Überzeugung Erdoğans: Wessen Vorfahren einmal irgendwann aus der Türkei nach Deutschland eingewandert sind, dessen "eigene Sprache" ist Türkisch.

Zitat des Tages: "Die UN sind ein in Teilen zutiefst verlotterter Haufen". Clemens Wergin über die Aufnahme "Palästinas" in die UNESCO

Man hat sich ja längst an die antiisraelische Grundströmung der Vereinten Nationen (UN) und ihrer diversen Unterorganisationen gewöhnt. Aber die Aufnahme der Palästinensergebiete als Vollmitglied in die Unesco ist doch noch einmal ein besonderes Kapitel aus dem UN-Tollhaus. (...)

Die UN sind ein in Teilen zutiefst verlotterter, mehrheitlich undemokratischer und antiwestlicher Haufen. Und man wünschte sich, dass es nicht immer nur die Amerikaner sind, die das deutlich aussprechen und sich nicht alles bieten lassen wollen.
Clemens Wergin gestern in "Welt-Online".

Kommentar: Clemens Wergins Artikel ist von erfrischender Deutlichkeit, was die UNO angeht. Er ist auch von analytischer Klarheit, was die Politik der Fatah betrifft.

1. November 2011

Zitat des Tages: Die Verfehlung des Oberbürgermeisters Jens Beutel. Eine Määnzer Posse. Ein deutsches Lehrstück?

In der ersten Oktoberhälfte besuchte Beutel mit einer Delegation den ostafrikanischen Staat. Es handelte sich um eine Einladung: Ruanda und Rheinland-Pfalz sind seit Jahrzehnten Partnerländer (...)

Abends saßen die Deutschen an der Bar des schmucken Hotel Des Mille Collines in der Haupstadt Kigali. Beutel trank drei Gläser Rotwein, stand auf, entschwand auf sein Zimmer - ohne zu zahlen. Parteifreund und Landesinnenminister Roger Lewentz beglich die Zeche - und ärgerte sich. Offiziell grollt Minister Lewentz bis heute nicht, doch mitreisende Journalisten und Delegationsteilnehmer mit anderen Parteibüchern kolportierten den Vorfall.

Doch der beschauliche Trip nach Afrika löst in Mainz ein politisches Beben aus - die Posse um den Schoppen zwingt Beutel zum Rücktritt.
sueddeutsche.de über den Anlaß für den Rücktritt des Mainzer OB Jens Beutel (SPD).

Kommentar: Was man als Hotelgast an einer Hotelbar konsumiert, kann man im Allgemeinen entweder gleich bezahlen, oder es wird auf die Rechnung gesetzt. Beutel mag das zweite beabsichtigt haben; oder es gab sonst einen Grund, warum er nicht sofort bezahlt hat.

Daß, wie sueddeutsche.de im Vorspann zu dem Artikel behauptet, "Beutel die Zeche geprellt" hätte, ist jedenfalls albern.