"Those who would give up essential Liberty to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety."
--- Benjamin Franklin, 1755
Zugegeben,
das obige Zitat dürfte inzwischen eins der durchgenudeltsten (und damit meist
aus dem Kontext gerissenesten) Zitate der letzten Jahrzehnte sein. Was
allerdings wenig an seiner Aussage ändert.
Es war
tatsächlich nur eine Frage der Zeit bis nach den Morden von Paris die
Schlapphüte, Totalüberwacher, Kommunikationsspeicherer und Polizeistaatler aus
ihrem Bau kriechen würden und Morgenluft wittern. Allerdings hat nicht einmal
dieser Autor damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde. Man muss das
Eisen wohl schmieden so lange es heiß ist, und will man Bürgerrechte eindampfen,
so muss dies im Angesicht von Panik und Angst geschehen, damit nicht all zu
viele Leute darüber nachdenken, was man tatsächlich erreichen will.
Die FAZ
macht hier den Anfang und stellt die schöne wie demaskierende Frage: „Darf es so was in Zukunft noch geben ?“
Tja, darf
es das ? Es ist bezeichnend für den ansonsten auch nicht unbedingt durch kluge
Artikel auffallenden Herrn von Blumencron, dass er zwar durchaus darüber im
Bilde ist, dass die ganze Überwacherei von Terroristen vergleichsweise einfach
umgangen werden kann, er aber keinen Gedanken daran verschwendet, was eine
totale Überwachung eigentlich bedeutet, bzw. wo solche Möglichkeiten hinführen.
Edward
Snowden, unabhängig von dem was man von ihm persönlich denkt, hat uns mehr als
eindrucksvoll demonstriert, was ein entfesselter Geheimdienst so treibt, wenn
er keine entsprechende Beschränkung erfährt und das Ergebnis ist in nahezu
jedweder Betrachtung einfach nur erschreckend. Manche Leute betrachten 1984
offenkundig nicht als mahnende Dystopie sondern als Betriebsanleitung. Und das
die exakt selben (!) Leute, die bis heute dafür nicht bestraft worden sind, ja
mit aller Sicherheit nicht mehr bestraft werden, jetzt die nächsten
Bürgerrechte zu schleifen suchen, ist noch weit erschreckender.
Aus
technischer Sicht erlaube ich mir zu sagen, dass das Vorhaben vollkommen
sinnlos ist. Eine effektive Verschlüsselung ist so kompliziert nicht, ein mögliches
Stichwort wäre One-Time-Pad und eine Entschlüsselung ist ohne das Pad nicht
möglich. Terroristen sind auch nicht blöde, wenn sie damit rechnen müssen, dass
ihre Kommunikation gelesen wird, dann verwenden sie entweder eine sichere oder
lassen es ganz bleiben. Das kann man einem zehnjährigen Kind erklären und
selbst wenn man den durchschnittlichen Terroristen für ziemlich blöde hält, so
kann man wohl davon ausgehen, dass er soviel Verstand noch aufbringt.
Nun ist das
mit aller Sicherheit auch dem geneigten Schlapphut bewusst. Denn auch die sind
nicht ganz blöde. Warum also die totale Überwachung? Nun, eine exakte Antwort
zu geben ist schwierig, denn da der eigentliche Forderer ungern seine Motive
klar benennt, bleibt das ganze am Ende immer ein bisschen Spekulation. Aber
auch ohne zu spekulieren kann man zumindest eine Antwort darauf geben, was
diese totale Überwachung ermöglicht. Und das ist Kontrolle. Und zwar weniger
über Terroristen als über ganz "normale" Leute. Vor allem Leute, die einem im
Zweifelsfall nicht genehm sind. Die Stasi hat sich nicht damit beschäftigt
Terroristen oder Verbrecher zu fangen (naja, im Sprachgebrauch der Stasi
vielleicht doch). Sondern damit vor allem Leute zu überwachen, die mit dem
System nicht einverstanden waren.
Wollen Sie
ein paar Beispiele, was mit dieser Überwachung möglich ist ? Nun, Sie können
beispielsweise feststellen, wer alles zur letzten Pegida-Demo gegangen ist. Das
ist doch nett, oder? Ebenso können Sie feststellen (um mal die politische Seite
zu wechseln), wer alles bei der letzten „Freiheit statt Angst“ Demo mitgelaufen
ist. Oder Sie könnten feststellen mit wem der böse Herr Bachmann so in den
letzten Jahren Kontakt hatte. Vielleicht können Sie ihm nachweisen, dass er den
„Mann mit dem Galgen“ persönlich kennt? Oder Sie können feststellen, wann der
Herr Z., der so seltsame Kontobewegungen in den letzten Jahren hatte, nach
Luxemburg gefahren ist. Oder vielleicht reicht es auch nur festzustellen, dass
das Handy von diesem Journalisten, der immer so Whistleblower-Artikel
geschrieben hat, zufällig immer ein paar Tage vor einem Artikel in der Nähe
eines anderen Handys von einem Mitarbeiter der Bundesregierung gewesen ist. Oder dies oder das oder jenes. Die
Möglichkeiten sind wirklich klasse, jeder der sich schon einmal mit Datamining
beschäftigt hat findet ein ganzes Schlaraffenland an Möglichkeiten.
Freilich
hat das alles wenig mit Terrorismus zu tun und freilich hat das ganze auch
wenig mit Freiheit zu tun, aber wen juckt, wenn „wir doch endlich einmal etwas
tun“? Auch muss man natürlich die Dutzende von verhinderten Anschlägen bedenken, die die NSA durch ihre Überwachung verhindert hat (deren Offenlegung freilich aus naheliegenden Gründen nicht möglich ist.). So lange allerdings die größten Advokaten eines Polizeistaates mit dem grundsätzlich alles überwindenden Argument "Vertrauen Sie uns, das ist schon so." auftreten, so lange nimmt sich dieser Autor die Freiheit genauso sehr an diese Anschläge zu glauben wie an die Legion von Geldbörsen mit hohen Bargeldsummen, die derzeit landauf, landab von Flüchtlingen aufgefunden und abgegeben werden.
Llarian
© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.