11. Mai 2015

Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen

Man wählt und wählt, doch was man kriegt, das weiß man nicht.

Zum Exempel Jens Böhrnsen. Bei ihm handelt es sich um eine bedeutende Erscheinung der deutschen Politik, der fast 10 Jahre Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen gewesen ist und einen Monat lang, den Juni 2010, sogar Bundespräsident, zwischen Horst Köhlers Rücktritt und der Wahl Christian Wulffs. Zudem verteidigte er die Demokratie energisch gegen den mächtigen Deutschen Fußballbund. (Siehe FR vom 26.7.2014 und "Unbestellte Leistungen", ZR vom 8.4.2015.)

So jemand ist verständlicherweise beleidigt, wenn er bei der Wahl statt einer Zweidrittelmehrheit nur noch eine schlichte absolute Mehrheit bekommt. Einen Böhrnsen hat so ein Wahlvolk keinesfalls verdient, und darum läßt dieser sich auch nicht wieder zum Bürgermeister wählen. Das haben die Bremer nun davon!

Recht geschieht ihnen.

Die Kehrseite davon ist freilich die, dass es nun jemand wird, von dem vorher nie die Rede war. Da werden sich jene 50% der Wahlberechtigten freuen, dass die anderen, die dumm genug waren, zur Wahl zu gehen, jetzt so schön reingelegt worden sind.

Nun wollen sich, wie Reuters meldet, SPD, CDU und CSU zusammensetzen und beraten, wie die Wahlbeteiligung wieder gesteigert werden kann.

Die Wähler müssten in der Möglichkeit zur Wahl in der Demokratie wieder einen Wert erkennen, sagte [die Generalsekretärin der SPD] Fahimi. Um die Wahlbeteiligung zu steigern, dürfe es keine Denkverbote geben. [...] Die Wahlen müssten mehr in den Alltag der Menschen gebracht werden. Auch einer öffentlichen Debatte über eine Wahlpflicht stehe sie offen gegenüber, sagte Fahimi.

Gemach. Wie wäre es für den Anfang damit, Kandidaten aufzustellen, die das Votum der Wähler akzeptieren? Man müsste dazu nur Politiker nehmen, die weniger bedeutend als Jens Böhrnsen sind, das sollte doch zu schaffen sein.

Kallias

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