15. April 2022

Elon Musk und der blaue Vogel

Man muss Elon Musk (wenigstens) eines lassen: Er ist ein Troll allererster Kajüte. Er fordert den russischen Präsidenten zu einem persönlichen Duell, er greift persönlich in den Ukraine-Krieg ein, ein paar Worte von ihm lassen den Bitcoin-Kurs explodieren. Seine Worte haben ein erstaunliches Gewicht für einen Privatmann, selbst Rockefeller, der am Ende noch einen Ticken reicher war (an seiner Zeit gemessen) hatte vermutlich nicht die selbe politische Macht seiner Worte.

Nun hat sich Elon Musk ein neues Ziel gesucht: Twitter. Eingeleitet mit ein paar eher nebulösen Fragen auf seinem Twitter Account ("Wie wichtig ist freie Rede?"), hat er vor einigen Wochen nicht ganz 10% der Twitter Aktien auf dem freien Markt erworben. Was ihn so um die drei Milliarden Dollar gekostet haben dürfte (was, wie ein amerikanischer Kommentator sehr treffend ausdrückte, vermutlich dem entspricht, was er an Kleingeld zuhause in seinem Sofa gefunden hat). Das war schon für die gemeine Linke ein kleiner Schock, war man es doch bisher gewohnt, dass man sich im Hause Dorsey darauf verlassen durfte, dass konservative Meinungen zuverlässig unterdrückt werden. Auch wenn man es jederzeit öffentlich von sich weisen würde, war und ist man sich schon darüber bewusst, dass alleine die systematische Unterdrückung der New-York-Post Story über Hunter Bidens Laptop (der "Laptop from hell") die letzte Wahl entschieden beeinflusst haben dürfte. Twitter ist und war, da beisst die Maus keinen Faden ab, weniger der Hort der freien Rede, sondern der Hort der freien, linken Rede. Und jetzt kommt Elon Musk und stellt das nicht nur in Frage, er schickt sich an das zu ändern.

Endgültig ist der Knoten dann geplatzt, als Musk diese Woche ein echtes Übernahmeangebot für Twitter aussprach. Das Ganze kündigte sich bereits an, als er am Wochenende auf einen Sitz im Verwaltungsrat verzichtete (der ihn dazu gezwungen hätte nicht mehr als 15% der Firma zu erwerben). Und was am letzten Wochenende schon zu extremer Nervosität führte, entwickelte sich innerhalb der Woche zu offener Panik. Das Angebot ist real und keiner hat so richtig Zweifel daran, dass Musk die 40 Milliarden, die er dafür braucht, auch stemmen kann. 

Die amerikanische Linke schäumt vor Wut: Brian Stelter versuchte Musk mit Marihuana in Verbindung zu bringen, Joy Reid drosch die unvermeidliche Rassismus Keule und die Washington Post (in fester Hand von Jeff Bezos) feuerte mit allen Kanonen, dass einzelne, reiche Leute keinen Einfluss auf die Meinungsbildung haben sollten. Alleine für diese Show muss man Elon Musk dankbar sein, zeigt sie doch offen wie wichtig der amerikanischen Linken ihre Zensurplattform ist. Und inhaltlich ist das absolut nachzuvollziehen: Die amerikanische Linke (die deutsche nebenbei auch) lebt inzwischen rein von der Zensur gegenteiliger Meinungen. Man hat sich inzwischen so daran gewöhnt, dass Big-Tech die andere Meinung wegfegt, dass man sich gar nicht mehr die Mühe gemacht hat, eigene Argumente zu schärfen. Umso größer ist jetzt die Panik das jemand darauf zeigen könnte wie nackt der Kaiser am Ende ist.

Das ist so weit der lustige Teil. Der weniger lustige ist, dass die amerikanische Linke eben auch die Regierung stellt und so ist es wohl kaum ein Zufall, dass das amerikanische Justizministerium just in dieser Woche eine große Untersuchung in Musks Aktivitäten bei Tesla angekündigt hat. Im Unterschied zu den großen Medien, denen ohnehin fast niemand mehr traut (mal abgesehen von eingefleischten Sozialisten), ist das für Musk eher ein Problem, es zeigt aber auch wie schamlos die "gute" Seite ihre Macht missbraucht, wenn sie eben jene in Gefahr sieht. Wie Musk darauf reagiert wird man sehen, da er durchaus auch den Mut hat sich mit der russischen Regierung anzulegen, die ja bekanntermaßen vor Mordanschlägen im Ausland nicht zurück schreckt, kann es durchaus sein, dass ihn das nicht so sehr beeindrucken wird. Man wird sehen. 

Mit all dem ist keinesfalls sichergestellt, dass er Erfolg haben wird. Der Verwaltungsrat von Twitter ist mit Sicherheit nicht allzu erfreut, dass sie sich einen neuen Job suchen sollen. Umgekehrt ist Musks kaum verhehlte Drohung seine Aktien zu verkaufen und damit einen gewaltigen Kurssturz auszulösen vielleicht nicht allzu nett, aber mit Sicherheit ein ganz reales Drohungsszenario. Da die meisten Managemente-Veträge in den USA sehr stark an den Aktienkurs gebunden sind, mag es dem einen oder anderen sympathischer sein mit einem goldenen Fußtritt verabschiedet zu werden als den verbleibenden Akionären erklären zu müssen, warum sie gerade viel Geld verloren haben. 

Es ist schwer Musk in die Karten zu blicken, aber wenns ihm wirklich nur um das schnelle Geld gegangen wäre, dann hätte er kein Übernahmeangebot abgeben müssen sondern hätte einfach seine Aktien mit sattem Gewinn wieder verkaufen können. Man sollte auch meinen das jemand, der auf 250 Milliarden Dollar sitzt, keine solche Nummer braucht um noch eine Milliarde mehr zu verdienen und sich anschließend den Zorn von all jenen zu verdienen, die darauf gehofft hatten, dass sein Gerede von freier Rede eben auch ernst gemeint war. Nein, es spricht einiges dafür, dass er es ernst meint und die Wirkung davon kann kaum unterschätzt werden. Twitter mag nicht die Größe von Google oder dem Gesichtsbuch haben, aber die Bedeutung der freien Rede kann man kaum unterschätzen. Facebook mag mit seinen Shadow-Bannings und Youtube mit seiner offenen Zensur eine Menge unterdrücken können, aber Twitter ist so weit verbreitet, dass es die Alternativen zu Youtube gewaltig pushen könnte. 

Bis dato hat sich Big-Tech mit gegenseitiger Unterstützung alle Alternativen erfolgreich vom Hals gehalten. Es könnte, nicht müssen, aber es könnte sein das dieses Bild jetzt einen Sprung bekommt. Und die Wirkung davon wäre vermutlich der größte Erfolg für die Freiheit seit Beginn dieses Jahrtausends. Und Elon Musk hat das Potential die wichtigste und bedeutendste Privatperson seiner Generation zu werden. 
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Llarian

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