11. September 2021

"Hey Joe"





(Link: https://www.youtube.com/watch?v=DMYx3FrjKIM)

Aus aktuellem Anlaß hat „Zettels Raum“ sein Musikprogamm geändert.

Es geht um das Video zum einem neu-alten Protestsong jener klassischen Machart, die älteren Zeitgenossen noch aus der Ära der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung im Ohr ist, damals vorgetragen von Joan Baez, Pete Seger und „His Bobness“ Dylan, Gitarrenballaden über die Themen Krieg und Rassenbenachteiligung – zu jenen Zeiten, als solcher Protest im Zeichen der „Great society“ Präsident Eisenhowers noch ein weites und durchaus auch von konservativer Seite begrüßtes Echo fand. Und als der Aufschrei gegen die bestehenden Verhältnisse durchweg von der „linken“ Seite kam, im Namen der Teilhabe und Achtung. Tempi passati. Protest gegen die politische Korrektheit, die „Wokeness,“ den Niedergang alles Politischen im Namen einer gekaperten Symbolpolitik kann heute nur noch von einer Seite erfolgen, die von der Politik und den ihnen aufs engste verbundenen Medien umstandslos in der „rechten Ecke“ verortet wird.

(Ein Beiseit vorweg: da der Blogeditor, auf dem „Zettels Raum“ gehostet wird, bei meiner letzten „Musiksendung“ („Mit Musik geht alles besser“) die dort eingestellten Videosequenzen, die zunächst eingestellt worden waren, im Lauf der nächsten zwölf Stunden teilweise oder ganz – je nach verwendetem Browser - wieder löschte und einen Link an ihre Stelle plazierte, die aber auch nicht in allen Browsern angezeigt werden, werde ich nicht nur die unten behandelten drei Videos einbinden, sondern auch noch die URL separat als Link zum Anklicken bringen.)

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Es geht hier um das Video zum Song „Hey Joe,“ das der in texanischen Dallas lebende Liedermacher Brad Skimistas gestern, am 10. September unter den Namen „Five Times August,“ unter dem er als Musiker firmiert, hochgeladen hat. Der Text ist deutlich genug in seiner Aussage, aber erst in Verbindung mit den unterlegten Bildern entfaltet dieses Lied eine Wirkung, die einem beim ersten Ansehen die Sprache verschlagen kann. Ich möchte deshalb alle Leser bitten, die 2 Minuten und 48 Sekunden ihrer Lebenszeit dafür aufzubringen.)

Hey Joe
Where you going with that gun in your hand?
You’ll strip the right from an American
But leave it locked and loaded for the Taliban

Hey Joe
Where you going with that blood on your hands?
I heard you say it, it was in the news
You’re the President, the buck stops with you

Now there ain’t no mommy and there ain’t no dad
‘Cause you wrapped them up in the American flag
13 kids, but you stopped a war
And there ain’t no sense in going back for more
‘Cause hey Joe, we did it: 81 million votes!

Hey Joe
Where you going? Why you’re moving so slow?
They’ll prop you up for the TV screen
But forget your job, what flavor ice cream is that?

And hey Joe
Where you going? Do you even know?
C’mon on man, it’s not a joke
Here’s the deal, the country’s broke

You ain’t no leader and you ain’t the boss
You wander around like you’re f***king lost
So check your watch, turn your back
Set us up for the big attack
‘Cause hey Joe, we did it: 81 million votes!

Hey Joe
So where you going with that gun in your hand?
And hey Joe
Where you going with all that blood on your hands?

Die variierte Vorlage dieses Stücks ist natürlich das bekannteste Repertoirestück von Jimi Hendrix, das dieser 1966 nach der Version der Byrds eingespielt hat: jene Moritat, die eine Unterhaltung zwischen zwei Bekannten aus jenen Stadtbezirken, „wo die Polizisten nur zu zweit gehen“ (so Thomas Manns kleine Erzählung „Beim Propheten“) zum Thema hat: „Hey Joe, wo willst du hin mit der Knarre in der Hand?“ („Gun“ bezeichnet im Englischen sowohl das Gewehr als auch die Handfeuerwaffe) – „Ich suche meine Frau; ich hab’ gehört, sie treibt sich mit einem anderen herum – ich erschieß sie beide.“ Der amerikanische Folksänger Tim Rose, der 1966 eine Version davon aufnahm, hielt es jedenfalls für eine genuine alte Schauerballade aus Irland oder England. Meist wird angenommen, daß das Stück Anfang der 1960 entstanden ist, entweder von Tony Roberts oder Dino Valenti. Roberts, ein weiterer Vertreter des „folk song of protest“ aus Kaliforien, hat das Stück 1962 zum Copyright angemeldet, die erste Platteneinspielung nahmen The Leaves Ende 1965 auf; eine Neuinterpretation derselben Gruppe erzielte im folgenden Jahr eine Chartplazierung. Für die Gruppen der Garagenmusik-Szene an der amerikanischen Westküste war dieses Lied mit seinem schleppenden Sprechgesang und der schlichten Akkordfolge, die als die reinen Dur-Akkorde C-G-D-A-E-E-E-E den Quintenzirkel durchlaufen, ein Geschenk, das weder an die Saiten- noch Gesangeskünste der sich formierenden Szene größere Ansprüche stellte. Immerhin wirkt dieses „Bekenntnislied“ durch eben die scheinbar primitive Machart erheblich authentischer als etwa Charles Baudelaires Gehversuche im gleichen Milieu ein Jahrhundert zuvor in den „Blumen des Bösen,“ etwa in „Le vin de l’assassin“ („Ma femme est morte, je suis libre! / Je puis donc boire tout mon soûl. / Lorsque je rentrais sans un sou, / Ses cris me déchiraient la fibre“), von denen der damalige Starkritiker Sainte-Beuve nicht zu Unrecht befand: das sei doch alles am wohlbeleuchteten Schreibtisch ausgedacht; die wirklichen Sorgen und Wünsche der Armen in den Vorstädten sähen ganz anders aus.

Die Version von Five Times August ist wesentlich melodiöser, liedhafter. Bei den „13 kids“ handelt es sich um die amerikanischen Soldaten, die am 26. August bei dem Selbstmordanschlag am Flughafen von Kabul ums leben kamen (das Video zeigt ihre Gesichter), die Frage nach der Geschmackrichtung des Eises hebt auf die Tatsache ab, daß den amerikanischen Medien der Speiseeiskonsum ihres Präsidenten über Monate die wichtigste Nachricht des Tages zu sein schien, „sieh auf die Uhr“ meint die peinliche Szene bei der Überführung ihrer sterblichen Überreste vier tage später auf dem Luftwaffenstützpunkt Dover, bei dem Joe Biden, Augenzeugen zufolge, beim Entladen jedes einzelnen der mit dem Stars-and-Stripes-Banner drapierten Särge auf seine Armbanduhr schaute – ein Akt von derartigen Pietätlosigkeit, daß am folgenden Tag mehrere der betroffenen Eltern in den Medien ihrer Fassungslosigkeit Luft machten.

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Five Times August, der (die?) zwischen 2001 und 2014 ein gutes Dutzend CDs mit Stücken in Folksong-Manier aufgenommen hat und seitdem seine Musik über die Kanäle des Weltnetzes vertreibt, hat im laufenden Jahr auch einige weitere Protest-Lieder herausgebracht, die dieser seit wohl 40 Jahren überständigen und peinlichen Gattung (wer krümmt sich aus der Rückschau nicht innerlich vor dem unsäglichen „Do They Know It’s Christmas?“ des Projekts Band Aid aus dem Jahr 1984?) wieder zu ihrem Recht verhelfen. So im Januar 2021 das Stück „God Help Us All“:



(Link: https://www.youtube.com/watch?v=6z1ZpYcyku4)

Lock down all towns
Everybody slow down
Give ‘em everything you have
Mask up, vax up
Get your body trashed up
Better do what they ask

It’s alright, okay
Sorry, but you can’t pray
Gotta keep the church doors closed
No superstitions
A saint politician
Will tell ya what you need to know

Citizen fools
And brand new rules
Make everyone a hero now
So keep your distance
No resistance
Only do what you’re allowed

Cash that check
Go dance in the wreck
But just don’t speak your mind
Get your facts from the paid contracts
‘Cause never would they tell a lie

(Chorus)
They don’t know me
And they don’t own me

Oh God help us all
Look what we’ve become
Oh God help us all
And fix what we have done

See no evil
Bow to the needle
Didn’t we turn out great?
Sick is the new health
Poor is the new wealth
Truth is whatever they say

Expert lectures
Media protectors
Tell me who to love and hate
Jail in the network
Hail to the Zuck-burg
Head down, just behave

Liberty, freedom, angels, demons
Someone’s in control
(Well) no way, no how
I wouldn’t say it too loud
Don’t you know they’re on patrol?

Need more likes
Post up, let’s fight
There’s no way that you’re wrong
Gott listen to the science
‘Cause it’s all about compliance
You agree or you’re gone

(Chorus)
They don’t know me…

Sell my info
Hacked in, don’t know
Show me what I need to buy
Sex consumption, no corruption
Just as advertised

You’ve been labeled
And I’ve enabled
Better apologize
Propaganda
Racist slander
Time to organize

Shot, bang, who’s next?
Brain dead, useless
Show it on the TV screen
Tell me who to vote for
Gotta to start a new war
Wouldn’t want to live in peace

Divide and Conquer
Weak, not stronger
Everybody know your place
Do it now, won’t hurt
Dig into your own dirt
Virtue found its grave

(Chorus)
They don’t know me…

Incite violence
Enforce silence
Mainstream message
Won’t you guide us?
You know what is best
For our own good

Anti-this and anti-that
Cancel this and cancel that
Take it to the streets
And the neighborhoods

Worship actors
Food and drugs
Brand yourself
Give them your blood
Don’t believe your eyes
Don’t look around

Fake news, rumors,
Ok boomer
Ignorance will stain our future
Will ya make it through
Or burn it down?

Oh God! / Oh God! /Help us all…

Und, im August 2021, das Stück „Outtayerdaminde“ (eine Verballhornung für „(You‘re) Out of Your Damned Mind“), das die Umtriebigkeiten von Netz-„Influencern“ und nervigen Berufsjugendlichen vom Schlag eines Rezo und seiner spießigen Genossen im Geiste einmal gehörig einnordet. (Bitte nicht über das Video erschrecken, es zeigt ein paar abschreckende Beispiele genau solcher dekadenten Wohlstandmentalverfettung.)



(Link: https://www.youtube.com/watch?v=O7SvFffTwZg)

Oh my, heavy times
Everybody's angry, living lies
And you broke joke woke folk
Think you're gonna save the day
You've gone outtayerdaminde, kids
Nobody cares about what you say

So you scream "oh please, look at me!"
Living through an iPhone TikTok dream
Rate me, date me, grade me, pay me
Begging for attention, boo hoo
You've gone outtayerdaminde, kid
Nobody cares about what you do

Want to play the victim? Want to be the hero?
Lookin' like a miserable confused weirdo
Think you've got it figured out for everybody else
When you don't even know yourself
All your selfies ain't no revolution
They're slowing down our evolution
I s'pose I need to apologize
And if I don't you'll hope and wish I die

Oh cool, another rule
Made up by a teenage rebel who loves
Big tech, big pharm, big gov, big laws
Gonna talk about it on their new blog
You've gone outtayerdaminde, kid
Nobody cares 'bout what you want

So you cry "not true, I'll fact check you"
Getting your opinion approved
By some desperate, faceless, nameless, brainless,
Intern writer for the fake news
Hey, you're outtayerdaminde, kid
Nobody cares about what they say

Think you got a voice?
Think you got a choice?
Think you're something special
In the corporate white noise?
Tweet this, post that, gram this, Tok that
Swipe left, tap here, tube this, not that
You think that they're on your side?
They only share what they decide.
You're just part of the corruption
That's peddling crap for mass consumption

Oh geez, you labeled me
You're tolerance is so extreme
Which one do I get to be?
A fascist, bigot, or Nazi?
You're outtayerdaminde kid
'Cause I don't care 'bout what you think

Oh my, heavy times
Everybody's angry, living lies
And you broke joke woke folk
Think you're gonna save the day?
You've gone outtayerdaminde, kids
Nobody cares about what you say

You've gone outtayerdaminde, kid
Nobody cares about what you say



U.E.

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