17. Dezember 2020

Streiflicht: Kauft nicht bei Amazon

Es wurde erfolgreich "nachgeschärft", der mehr oder minder volle Lockdown ist nun da und der Handel sieht sich zurückversetzt in den Horror des ersten Lockdowns, mit dem Unterschied dass dieser zeitlich deutlich befristeter war und nicht das überlebensnotwendige Weihnachtsgeschäft betroffen hat. Kurz gesagt: Der Handel steht vor der selben Katastrophe, die schon die Gastronomen erfasst hat, eine zweistellige Prozentzahl von Betrieben ist direkt von der Insolvenz bedroht, wie viele es am Ende werden, lässt sich derzeit nicht einmal vernünftig schätzen.

Aber: In einem kleinen germanischen Dorf, fast vergessen in rheinisch alten Gefilden, sitzt die weise Landesregierung des altehrwürdigen Bundeslandes NRW und wird geführt von einem noch ehrwürdigeren Großökonomen, der unter dem Namen Armin Laschet bekannt ist. Für die, die ihn etwas länger und besser kennen, auch zärtlicherweise als Flaschet bekannt. Nun, eben dieser weise Mann hat, unter Darbietung seiner gewaltigen geistigen Potenz nun die Lösung des Problem gefunden und war auch so nett und freundlich sie öffentlich darzubieten: Statt bei diesem bösen, amerikanischen, gierigen Konzern, der in Europa keinen Cent Steuern zahle, die Weihnachtsgeschenke einzukaufen, möge man doch Gutscheine bei den lokalen Händlern erwerben und diese verschenken.

Nun steht es mir kaum an das geistige Genie von Armin Flaschet in Frage zu stellen, aber an diesen Ausführung ist so ziemlich alles dumm, was dumm sein kann. Das der nicht genannte Konzern Amazon in Europa keine Steuern zahle ist dabei noch das kleinste Problem, diese Mär hält sich seit Ewigkeiten und man kann vom jemandem, der eigentliche gerne Bundeskanzler werden will, nicht erwarten, dass er es besser weiß. Aber das man in einem geschlossenen Laden keine Gutscheine kaufen kann, dieser geistige Schluss müsste selbst einem herausgeforderten Zweitklässler bewusst sein, ohne dabei in tiefes Nachsinnen versinken zu müssen. Die fragwürdige Empfehlung selber einem Händler, der mit einiger Wahrscheinlichkeit demnächst in finanzielle Schwierigkeiten geraten wird, einen nicht abgesicherten Kleinkredit zu gewähren, wäre dann das nächste. Die Empfehlung wäre irgendwo nachzuvollziehen, wenn es das Restaurant, die Kneipe oder der Fitnessclub in der direkten Nachbarschaft wäre, wo alleine die Schließung selbst einen Schaden direkten darstellt, aber das viele Leute den (entfernten) Händler in der Innenstadt durch einen Kredit absichern wollen, erscheint doch etwas sehr seltsam.

Aber auch menschlich sind Gutscheine außerordentlich schwierige Geschenke. Kleine Kinder können mit Gutscheinen generell wenig anfangen und Erwachsene brauchen sich sicher kein Geld zu schenken (sie können es sich dann auch selbst kaufen), die einzige wirkliche Zielgruppe sind vielleicht Teenager (deren Wunschverhalten ohnehin Außenstehenden nur schwer offenbar wird), die aber auch ganz sicher keine Gutscheine von einem lokalen Händler suchen, sondern dann doch den bösen, amerikanischen Konzern bevorzugen werden. Gutscheine sind am Ende ein ziemlich durchwachsenes Notgeschenk mit dem der Schenkende eigentlich nur zeigt, dass er irgendwie zwar dran gedacht, aber dann doch nicht die Zeit (oder die Lust) hatte, sich richtig Gedanken zu machen. 

Man könnte das Ganze unter der typischen Kommunikationsschwäche von Flaschet ablegen, aber ich sehe hier noch etwas mehr: Die Erkenntnis, dass man mit den Maßnahmen, die man so treibt, dann am Ende doch massiven Schaden beim heimischen Handel anrichten wird. Und wenigstens das scheint Flaschet durchaus bewusst zu sein. Wie der Zauberlehrling, der den Besen nicht einfangen kann, sitzt er nun daneben und sieht voll Horror wie sich die Badewanne füllt. Nur besteht seine Maßnahme nicht einmal im Griff zur Axt, sondern er versucht mit sinnlosem Gerede das Wasser davon zu überzeugen, doch bitte nicht die Badewanne zu überfluten. Das wird sicher viel bringen. Und Menschen mit solcher Qualifikation verdienen mehr als 200.000 Euro im Jahr. Vielleicht sollte man ihm auch lieber einen Gutschein geben. 

Llarian

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