16. Juli 2020

Die Afd mal wieder. Heute in Thüringen.

Vor gar nicht langer Zeit erklärte mir ein Kollege, dass in Zettels Raum zu viele (oder nur noch) AfD Beiträge stehen würden. Nun, diese Beurteilung verdient heute einmal wieder der Bestätigung.

Am 30.7.2019 verabschiedete der Thüringer Landtag ein Gesetz zur paritätischen Besetzung von Wahllisten für die Landtagswahl. Ein verfassungsrechtlich massiv fragliches Gesetz, aber das Demokratieprinzip wird ja nach Meinung der vier Linksparteien ohnehin weit überschätzt. Verabschiedet wurde es von einer Mehrheit aus SPD, SED und den Grünen und sollte dann auch -wenn schon denn schon- bei der nächsten Wahl gelten. 

Die drei übrigen Parteien im deutschen Spektrum reagierten jeweils auf unterschiedliche Weise: Die CDU maulte ein wenig und tat ansonsten: Gar nichts. Verfassungsfragwürdige Gesetze scheinen dort nicht so recht zu kratzen, wenn ein deutlicheres Vorgehen dagegen vielleicht am Ende noch schlechte Presse oder gar Ärger von der Chefin einbringt. Die Reaktion der FDP war dann fast noch drolliger: Man erkannte zwar die Problematik und die Verfassungsfeindlichkeit (sogar recht präzise) aber statt juristisch dagegen vorzugehen legte man einen Gesetzentwurf vor, der im Wesentlichen das Gesetz zu Fall bringen sollte. Das war zwar eine nette Idee, aber politisch natürlich völlig sinnlos, weil man wohl kaum davon ausgehen kann und konnte, dass gerade die Abgeordneten, die just das letzte Gesetz durchgesetzt hatten, nun plötzlich für die Aufhebung stimmen würden, weil sie jetzt, dank FDP, die Verfassungsfeindlichkeit erkannt hatten. Am Ende ein politisches Manöver ohne Wert, das maximal dazu geeignet war ein bischen rechts zu blinken, aber ansonsten still zu sein. (Das die FDP mit ihrem Gesetzentwurf sogar noch eine Anleitung beigab, wie man das Prinzip dann doch durchsetzen könnte, sei nur am Rande erwähnt.)

Die einzige Partei, die wirklich etwas tat, war die AfD, die ein Normenkontrollverfahren gegen das Gesetz in Gang setzte. Und, oh wunder, diesem wurde nun auch statt gegeben. Der thüringsche Verfassungsgerichtshof hob das Gesetz zunächst einmal auf mit einem klaren Hinweis, dass Gesetze nicht der richtige Weg sind um eine Verfassung zu ändern. Oder billig gesagt: Es war schlicht verfassungswidrig. Und genau das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Partei des deutschen Spektrums, die nach Meinung der vereinigten Presse und der anderen fünf Parteien deutlich verfassungsfeindlich ist, hat erfolgreich eine Klage gegen ein verfassungsfeindliches Gesetz durchgebracht, das zuvor von drei anderen Parteien in voller Kenntnis des Problems durchgesetzt wurde und von den anderen beiden mit Maulen hingenommen wurde. Die AfD darf an dieser Stelle den Verteidiger der Verfassung geben, das hat schon einen gewissen Unterhaltungswert. 

Dabei geht es nicht einmal um die inhaltliche Fragestellung. Ich bin relativ sicher, dass die eine oder andere Form des Paritätsgesetzes in diversen Ländern und am Ende auch im Bund an den Start kommen wird. Einfach deshalb weil das Bundesverfassungsgericht inzwischen einschlägig unterwandert ist und das Prinzip der Demokratie in Deutschland wirklich keinen allzu hohen Stellenwert, mal ab von seinem Phrasenwert, mehr hat. Was eher interessant ist, ist, dass die sich so demokratisch und systemstützend gebenden Parteien von SED bis CDU in den letzten Jahren keine allzu großen Probleme damit hatten Gesetze durchzudrücken oder zu dulden, die zumindest deutlich an der Verfassung gekratzt haben (beispielsweise das Netzwerkdurchsetzungsgesetz aber eben auch das Paritätsgesetz), aber die Chuzpe haben mit dem Finger auf andere zu zeigen, die kein einziges solches Gesetz verantworten. Und ausgerechnet diese anderen müssen dann den verfassten Rechtsstaat, den sie angeblich gefährden, verteidigen. 

Ich denke man kann der AfD eine Menge am Zeug flicken. Gerade in Thüringen (das ist die Höcke Abteilung, dass sollte man sich schon klar machen). Aber das sie in Thüringen die Verteidiger der Verfassung vorstellen und das auch noch erfolgreich, das hat schon etwas ... sehr unterhaltsames.

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Llarian

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