Ein Gastbeitrag von Frank2000.
Vorvorwort (von Llarian): Unser geschätzter Zimmermann Frank2000 hat einen extrem ausführlichen wie ausgesprochen lesenswerten Gastbeitrag geschrieben, der sich mit Björn Höcke beschäftigt. Aufgrund des Umfangs haben wir beschlossen den Beitrag in drei Teilen zu veröffentlichen, heute erfolgt Teil 1.)
Vorwort
Höcke ist nach allgemeiner Lesart ein AfD-Politiker, der
selbst für die AfD ungewöhnlich "rechts" sei. Da bietet es sich doch
an, diese Aussage zu überprüfen. Sollte sich allerdings herausstellen, dass Höcke
tatsächlich radikale Positionen vertritt, muss das für die AfD insgesamt
keineswegs gelten. Die folgenden Zitate stammen allein von Höcke und sind keine
offizielle Stellungnahme oder Wahlaussage der AfD.
Nachprüfbare Zitate oder gar Texte zu Höcke sind in den
Medien Mangelware. Das führte den Autor Llarian zu der wütenden Bemerkung:
"Es kann doch nicht die Aufgabe des Bürgers sein, die journalistische
Arbeit zu tun, nur weil die Journalisten keine Lust dazu haben." (Link).
In ZkZ wurde ich auf ein Buch von Höcke aufmerksam gemacht:
"Nie zweimal in denselben Fluss"
Aber sogar in den Rezensionen dazu wird nur ÜBER das Buch
gesprochen, aber nicht MIT dem Buch argumentiert. Auch die Rezension bei Heise/Telepolis ist
kein Deut besser (Link).
Beispielhaft sei hier folgendes Telepolis-Zitat genannt:
"Für ihn sind "die westlichen Werte" "aufgeblasener
Werteschaum"" (S. 199).
Als ich das las, war ich ernsthaft erschrocken. Eine derart
radikale Ablehnung der westlichen Werte? Das tatsächliche Zitat geht dann aber
so:
Höcke: „Worin soll
sich denn überhaupt ein junger Muslim in unserem Land integrieren? In eine ihre
eigenen kulturellen und religiösen Traditionen vergessende bis ablehnende
Gesellschaft?“
Hennig: Von offizieller Seite werden die westlichen Werte angeführt.
Höcke: „Dieser aufgeblasene Werteschaum soll doch nur das tiefe Loch verlorener Identität zudecken. Das überzeugt aber keinen Migranten, der in ganz anderen kulturell-religiösen Milieus sozialisiert worden ist.“ -
Hennig: Von offizieller Seite werden die westlichen Werte angeführt.
Höcke: „Dieser aufgeblasene Werteschaum soll doch nur das tiefe Loch verlorener Identität zudecken. Das überzeugt aber keinen Migranten, der in ganz anderen kulturell-religiösen Milieus sozialisiert worden ist.“ -
Das liest sich für mich etwas anders. Eine komplette
Ablehnung der westlichen Werte kann ich so nicht erkennen - der Kontext ist ja
die Integrationskraft, also etwas sehr konkretes. Höckes Sichtweise kann falsch
sein oder auch nicht - jedenfalls ist das weit entfernt von der
Telepolis-Darstellung, Höcke würde die westlichen Werte rundheraus ablehnen. Im
Rest des Buches gibt es dann eine Vielzahl von Stellen, in denen einzelne Werte
unterstützt werden, andere eben nicht. Beispielhaft sei hier die Ablehnung
Höckes der aktuellen Genderdiskussion genannt: "... werden albernste gesellschaftliche Themen wie die Frage nach gendergerechten
Toiletten oder Prostitution auf Krankenschein für pflegebedürftige Menschen zu
einer politischen Dimension aufgeblasen."
Das ist ein Teil des "aufgeblasene Werteschaum",
der nach Höcke keine integrative Anziehungskraft auf muslimische Migranten hat.
An dieser Stelle ein Hinweis: wer jetzt glaubt, am Ende wird
Höcke hier mit einer Weste, weißer als mit Ariel gewaschen, vom Platz gehen,
der irrt. Ich werde noch sehr problematische Positionen Höckes thematisieren.
Aber dieses spezielle Zitat von Telepolis ist nun mal sinnverzerrend.
Hinweis: Ich rezensiere das eBook. Deswegen gibt es keine
Seitenangaben. Alle Zitate wurden aber per Copy&Paste wörtlich entnommen.
Eine vernünftige Gliederung des mehrere hundert Seiten langen Textes gibt es
nicht, es existieren lediglich einige sehr große Abschnitte.
Teil 1. "Tolerieren" heißt nicht "mögen"
Höcke vertritt eine ganze Reihe von Positionen, die ich
nicht teile, oder sogar ablehne. Die aber nach meinem Kenntnisstand sehr wohl
auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und damit eine legitime Position sind,
die wir als Gesellschaft zu tolerieren haben.
1.1 Außenpolitik
Bereits früh in dem
Buch beschäftigt sich Höcke mit den USA und Russland. Höcke vermeidet jede
direkte Kritik an Russland oder der aktuellen russischen Politik. Stattdessen
betont er eine quasi natürliche Partnerschaft mit Russland:
Höcke: "...aber
auch der unsinnige Konfrontationskurs gegenüber Russland und die zunehmende
soziale Schieflage waren nur einzelne Puzzleteile in einem negativen Gesamtbild."
Höcke: "Der
Boykott gegen Putins Russland in Folge der Krise in der Ukraine – einmal ganz
abgesehen davon, wie tatsächlich oder fabriziert diese Krise war – hat heute
schon der russischen Wirtschaft mehr genutzt als geschadet, was von der auf
Export ausgerichteten deutschen Wirtschaft nicht behauptet werden kann."
So, so. Eine "Krise in der Ukraine". Nicht etwa
mehrere Eroberungskriege zur Wiedererrichtung des russischen Einflussbereiches.
Dieses Thema wurde hier in ZkZ ausführlich besprochen. Um Höckes Position hier
richtig einordnen zu können, muss man seine Darstellung der USA dagegen halten.
Im Folgenden eine kleine Auswahl:
Hennig: Aber
Adenauer betrieb doch einseitig die Westbindung der noch jungen Bundesrepublik?
Höcke: "... Im aufkommenden Ost-West-Konflikt konnte Deutschland keine
neutrale Position einnehmen. ... Ein Zusammengehen mit der Sowjetmacht war nach
den schrecklichen Begleiterscheinungen des russischen Einmarsches in
Ostdeutschland im Volk nicht vermittelbar." -
Höcke: "Ja, aber
die USA fahren eine doppelgleisige Politik, unter deren Folgen vor allem wir
Europäer zu leiden haben: Einerseits die von den Neocons und Falken befeuerte
penetrante Einmischungs- und Destabilisierungspolitik im islamischen Raum, die
zu Staatszerfall, Chaos und religiösem Fanatismus führt. Und andererseits die
ganz bewusst geförderte muslimische Masseneinwanderung nach Europa, die
innergesellschaftliche Konflikte und islamische Terrorbedrohung züchtet."
Höcke: "Aber auch
wenn Trump durch die republikanische Partei und die Vertreter des »Deep State«
in das Netz der alten Eliten verstrickt und anscheinend mit der ihm zufallenden
historischen Aufgabe überfordert ist, steht er zumindest symbolisch für einen
Bruch mit dem Establishment. In den USA erleben wir die Verbündung des »Königs«
mit dem Volk gegen den Adel – die Geldmacht. "
Das Buch vermittelt ein absolut konsistentes Bild, dass
Höcke die Verbindung an die USA lösen und durch eine stärkere Bindung an
Russland ersetzen will. Eine Zusammenarbeit sei "der Bevölkerung nicht
vermittelbar" gewesen? Sehr interessante Formulierung, die absolut
ausblendet, dass Russland und die USA nicht nur geografisch in verschiedenen
Richtungen liegen, sondern auch gesellschaftlich-politisch diametral
entgegengesetzte Modelle pflegen. Wie hätte denn eine Entwicklung Deutschlands
ausgesehen, wenn eine russische Schirmherrschaft der Bevölkerung vermittelbar
gewesen wäre?
Dazu schimmern immer wieder Redewendungen durch, die eine
Art "Verschwörung" in den USA postuliert: "Hintermänner",
"Geldmacht", "Abhängigkeiten", "sklavisch
gekettet" - solches Vokabular könnte direkt aus der rhetorischen
Waffenkammer der Linken stammen. Höcke zeigt hier eher LINKSradikale Ansätze.
Wie überhaupt die Aufteilung in "Links" und "Rechts" bei
Höcke oft nur schwer anwendbar ist.
Dazu passt auch, dass Höckes außenpolitischen Ansichten
stark rückwärtsgewandt sind. China, Indien, Brasilien, Japan oder auch nur
Frankreich kommen in Höckes Weltbild nicht vor. Zu China und Indien gibt es im
ganzen Buch keinen Treffer; zu Brasilien, Frankreich, Japan jeweils einen
Treffer in ganz anderem Zusammenhang. Insgesamt zeigt Höcke in außenpolitischen
Themen ein naiv-primitives Weltbild... aber "rechtsradikal" ist das
bisher nicht.
Im weiteren Verlauf des Buches streift Höcke ein paar
Themen, die hier nicht weiter interessant sind. Seine Position zum Christentum
zum Beispiel oder seine Position zur Bundeswehr. Konservativ, aber unspannend
und vollkommen auf dem Boden des Grundgesetzes. Oder seine Ansichten zur
Entwicklung der AfD. Bei letzterem verwundert nicht, dass Höcke mehrfach
betont, er sei "Dialogbereit", "ausgleichend",
"vermittelnd" und wichtig sei die "gemeinsame Sache". Nun:
Wer selbst am Rand des Meinungsspektrums einer Partei steht, wird
selbstverständlich vom Rest der Partei einfordern, dass man nicht
"spalten" dürfe, sondern "gemeinsam" kämpfen müsse. Das
Verhalten ist absolut nachvollziehbar und war bei den Grünen und Linken auch
nicht anders.
1.2 Eliten-Denke
Ebenfalls wenig überraschend ist Höckes Position zu den
Themen "Rechtsextremismus und Linksextremismus". Er hält den
"Rechtsextremismus" für überbewertet und "Linksextremismus"
für vernachlässigt.
Auch Höckes Elitendenken ist objektiv betrachtet keine
Aufregung wert. Das Postulat einer politischen und gesellschaftlichen Elite,
die voranzuschreiten und das Land aktiv zu ändern habe, ist nun wirklich keine
Erfindung von Höcke. Exemplarisch einige Zitate:
Höcke: "Die
etablierte Politik hat den deutschen Karren auf sämtlichen
zukunftsentscheidenden Politikfeldern, so beispielsweise in der Währungs-, der
Energie-, der Familien- und der Einwanderungspolitik, in den Dreck gefahren. Ob
dabei die alten Eliten mitanpacken wollen oder können, ist fraglich – wenn,
dann nur ihre unverbrauchten und unkorrumpierten Teile. Die gibt es natürlich
auch. "
Höcke: "Jedem
Ding und Leben dieser Welt – auch einem Volk – ist die Aufgabe der
Selbstentfaltung mitgegeben. Um nun als Deutsche wieder zu einem vollwertigen,
eigenständigen und differenzierten Volk zu werden, brauchen wir weniger die Not
als Zuchtmeister, als eine fordernde und fördernde politische Elite, die unsere
Volksgeister wieder weckt. "
Ebenfalls keine Überraschung, dass sich Höcke selbst als
Teil dieser Elite sieht und glaubt, eine Verpflichtung zu haben.
Ich kann Höcke ein Verhalten nicht exklusiv vorwerfen, das
ich so bei vielen anderen Politikern auch bemerke. Diese Hybris, diesen
Wahrheitsanspruch der eigenen Ziele... das findet man ebenso bei vielen anderen
Politikern. Ich kann aber für mich feststellen, dass ich dieses
Sendungsbewusstsein und den Wahrheitsanspruch bei einem Höcke genauso abstoßend
finde.
1.3 Geschlechterrollen
Dezidiert "Konservativ" bzw. "Rechts"
ist Höckes Position zu "Mann" und "Frau":
Hennig: Gibt es denn
überhaupt einen solchen Reformwunsch in breiten Kreisen der Bevölkerung? Höcke:
"...Die Entladung des aufgestauten Drucks wird irgendwann kommen, die
geballten Fäuste werden dann in die Luft gerissen und das Volk, der große
Lümmel, an den Festungstoren der Machthaber rütteln. Ich bin fest davon
überzeugt: Vor allem die Männer werden aufwachen und sich ihrer besonderen
Verantwortung für das Ganze bewusst werden. Unsere Zukunft hängt auch an der
Frage männlicher Ehre und Würde."
Höcke:
"Wehrhaftigkeit, Weisheit und Führung beim Mann – Intuition, Sanftmut und
Hingabe bei der Frau, um nur ein paar wenige zu nennen. Und selbst dort, wo wir
diese Eigenschaften jeweils auch beim anderen Geschlecht vorfinden, so sind sie
dann auf typisch männliche oder weibliche Art und Weise ausgeprägt."
Das sind nur zwei Zitate aus einer Vielzahl ähnlicher
Formulierungen. Dabei ist es nicht so, dass Höcke individuelle Rollenentwürfe
komplett ablehnt - zumindest nicht offen. Aber für Höcke sind es Abweichungen
oder Sonderformen von einer natürlichen Mann- bzw. Frau-Rolle.
Obwohl auch ich große Teil der derzeitigen
Mann-Frau-Diskussion für abgehoben bis abstrus halte: Höckes Thesen sind
geistiges Mittelalter. Eine natürliche "Ehre und Würde des Mannes“? Ganz
im Gegenteil hat die Zivilisierung Europas sehr viel damit zu tun, die Begriffe
von "Ehre und Würde des Mannes“ zurückgedrängt zu haben.
"Ehrenmorde", zum Beispiel, sind für mich ein deutlicher Rückschritt
von mehreren hundert Jahren zivilisatorischem Aufstieg, obwohl die
Protagonisten dieses Konzeptes unheimlich viel "Ehre" zu haben
meinen. Regelrecht abstrus wird es, wenn Konzepte wie "Weisheit" oder
"Intuition" mit einem Geschlecht verknüpft werden. Und massiven
Widerspruch melde ich an, wenn Höcke glaubt, mir Verpflichtungen auf Grund
meines Geschlechtes andichten zu können (..."so darf ein Mann den Blick
auf das größere Ganze nicht verlieren"). Was ich für Verpflichtungen habe,
entscheide ich ganz allein und gewiss kein Höcke an meiner Stelle.
1.4 Völkische Einstellung
Höcke zeigt also insgesamt extrem starke kollektivistische
Einstellungen. Es muss aber betont werden, dass diese kollektivistischen
Ansichten nur teilweise der gängigen Einstufung von "Rechts"
entsprechen. Sehr oft ist Höcke auch "Links-kollektivistisch". Diese
kollektivistische Sichtweise, die "Verpflichtung des Individuums" ist
für Höcke ein Kern seiner Denkweise:
Höcke: "Als Teil
einer Gemeinschaft, wie etwa als Angehöriger eines Volkes, kann jeder einzelne
zu einem wichtigen Glied einer langen historischen Kette werden. Wie bei einem
Staffellauf, bei dem der Staffelstab von Generation zu Generation
weitergereicht wird, jeweils versehen mit einem ganz bestimmten historischen
Auftrag. "
Höcke: "Wenn man
unter einem Volk eine Gemeinschaft versteht, deren Angehörige in einer
schicksalshaften, generationsübergreifenden Verbindung stehen, dann kann ich
mich als Deutscher nicht einfach mit der Bemerkung aus der Verantwortung
stehlen, das ginge mich gar nichts an, weil ich erst nach den Ereignissen
geboren wurde. "
Höcke betont diesen Gedanken immer und immer wieder:
Hennig: Was macht
denn die »gute, schöne Konstruktion« des Volkes aus? Was ist überhaupt ein
Volk? Höcke: "... Man kann das Phänomen des Volkes nur umschreiben, um es fassbarer
zu machen. Das heißt nicht, daß es nicht existiert. An einer genauen Definition
der Liebe knobeln wir Menschen auch seit ewigen Zeiten erfolglos herum, aber
keiner wird deshalb deren Existenz bestreiten."
Hennig: Aber was
sind nun die genaueren Merkmale, die ein Volk bestimmen und von einem anderen unterscheidbar
machen? Höcke: "Ein Volk kann als eine dynamische Einheit aus Abstammung,
Sprache, Kultur und gemeinsam erlebter Geschichte beschrieben werden."
Dabei gibt es sogar Ansätze von nachvollziehbaren
Argumenten, wenn Höcke sich mal von seiner Obsession löst und statt vom
"Volk" von einer "Kultur" spricht:
Höcke: "Eine
Kultur läßt sich nicht auf ein paar ethisch-moralische Grundsätze reduzieren,
an die sich alle bitteschön zu halten haben, egal wie sie sozialisiert wurden.
Kulturen bestehen aus einem kaum überschaubaren komplexen Geflecht von Regeln,
Anschauungen und Rechtsnormen, über die eine allgemeine, unausgesprochene
Übereinkunft besteht. Die Leute, die sich heute als Multikulturalisten
verstehen, nehmen im Grunde Kulturen gar nicht ernst, sondern reduzieren sie
auf ein bißchen exotische Folklore und abwechslungsreiche Gastronomie."
Darüber könnte man glatt diskutieren... wenn Höcke nicht
immer wieder, zwar etwas versteckt aber doch erkennbar, zum ethnischen
Volksbegriff zurückkehrt:
Hennig: ... aber die
Frage ist ja, ob diese natürliche Reproduktion auch eine ethnische
Eingegrenztheit bedingt. Höcke: "Fakt ist: Die Fortpflanzung geschieht
überwiegend in der eigenen Gruppe. Die Wissenschaft spricht hier von dem
Phänomen der »relativen Endogamie«. Sie liegt selbst bei den kosmopolitischen
Deutschen bei rund 70%, bei Türken ist sie noch sehr viel höher. Man bleibt
also im großen und ganzen unter sich."
Hennig: Aber trotz
dieser Ethnomorphosen hat ein Volk auch bestimmte phänotypische Bandbreiten? Höcke:
"Es gibt zumindest bestimmte Erwartungsbilder auf die Gesamtheit bezogen:
eine japanische Fußballnationalmannschaft, die zu einhundert Prozent aus
hochgewachsenen rotblonden Lockenköpfen mit Sommersprossen bestehen würde,
würden wir nicht mehr als »japanisch« empfinden. Analog zur christlichen
Auffassung des Menschen sind auch Völker leib-seelische Einheiten. Wir können
den Körper nicht einfach von der Seele trennen und Körper haben nun einmal
bestimmte Erscheinungsformen. Aber eine »phänotpyische Einheitlichkeit«
anzunehmen oder gar anzustreben, ist Unsinn – es gibt im einzelnen zahlreiche
Abweichungen und die Bandbreiten sind in Deutschland bekanntlich sehr groß.
Exotische Farbtupfer sind Teil des Gesamtbildes."
Höcke schwächt zwar die ethnische Sichtweise immer wieder
etwas ab und eine faire Auseinandersetzung mit seinen Thesen muss diese
Abschwächung erwähnen. Trotzdem ändern diese Abschwächungen nichts daran, dass
Höcke Lichtjahre von einer liberalen Geisteshaltung entfernt ist. Nicht das
Individuum steht im Zentrum von Höckes Denken, sondern ein Kollektiv. Und
dieses Kollektiv ist nach Höcke zwar nicht ausschließlich aber zumindest sehr
stark ethnisch geprägt.
Ich halte diese Sichtweise für schlicht und ergreifend dumm,
fruchtlos und gefährlich. Im Zentrum meines politischen Denkens steht ein
politisches Programm - man kann es eine Glaubenslehre nennen. Dieses Programm
besteht aus dutzenden, wenn nicht hunderten Zielen und Thesen... was am Ende
eine freiheitlich-demokratische, soziale und rechtsstaatliche,
gleichberechtigte, offene Gesellschaft mit deutscher Sprache (ja, das ist
tatsächlich wichtig), starkem Minderheitenschutz und einem ausgewogenen Blick
auf Umwelt und Wohlstand ergibt.
Wer mich in diesen Zielen unterstützt, kann gern eine grüne
Haut und Hörner statt Haaren haben. Tatsächlich bin auch ich der Meinung, dass
es so etwas wie einen "Kulturdeutschen" gibt, der durch
Sozialisierung deutsche Eigenschaften und Sichtweisen übernommen hat - im
Gegensatz zu "Passdeutschen", die teilweise sehr stark abweichende
soziale und kulturelle Vorstellungen haben. Eine Diskussion, was millionenfache
Einwanderung mit diesem Land anstellt, ist mehr als überfällig. Aber Höckes Obsession
für den ethnischen Bezug der Kultur lehne ich ab:
Höcke: "Wer den
Völkern an den Kragen will, fördert im Grunde den »Rassismus«, denn er
verzwergt den Menschen auf sein biologisches Sein. Wir sehen das in den USA:
die »Weißen« und die »Schwarzen« setzten sich vor ihrer Amerikanisierung aus
mehreren hochdifferenzierten Völkern mit eigenen Identitäten zusammen. Jetzt
sind sie in einer Masse aufgegangen. Diesen Abstieg sollten wir Europäer
vermeiden und die Völker bewahren."
Ich scheitere daran, einen solchen Satz noch wohlwollend
auszulegen. Zwar bewegt sich Höcke mit solchen Aussagen absolut im Bereich des
erlaubten; aber inhaltlich klingt das schon echt wirr. Wer so was von sich
gibt, braucht sich wahrlich nicht zu wundern, in eine "braune Ecke"
geschoben zu werden.
Frank2000
© Frank2000. Für Kommentare bitte hier klicken.